Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass der Unfall vom 31.03.2006 ein landwirtschaftlicher Arbeitsunfall ist.
Der 1947 geborene Kläger hat sich am späten Abend des 31.03.2006 eine Sehnenruptur des rechten Kniegelenkes zugezogen. Er
ist deswegen im Kreisklinikum A-Stadt vom 01.04.2006 bis 15.04.2006 stationär behandelt worden. Dr.M. hat mit Arztbrief vom
26.04.2006 zur Vorgeschichte ausgeführt, der Kläger sei mit dem rechten Fuß ausgerutscht und auf das rechte Kniegelenk gestürzt.
Er sei in alkoholisiertem Zustand gewesen.
Der Kläger hat mit Unfallschilderung vom 27.04.2006 gegenüber der Barmer Ersatzkasse mitgeteilt, er sei am 31.03.2006 gegen
21.30 Uhr auf der Wiese S. nach Räumungsarbeiten und Essen beim Verlassen des Grundstücks ausgerutscht und gefallen. H. O.
sei der letzte vor ihm gewesen, der seine Hilferufe noch gehört habe. Dieser sei zurückgekommen und habe ihm bis zum Weg geholfen.
Dort sei er von einem Taxi in das Krankenhaus gebracht worden.
Die Barmer Ersatzkasse hat mit Schreiben vom 08.05.2006 einen Erstattungsanspruch bei der Beklagten angemeldet. In der Unfallanzeige
vom 25.07.2006 hat der Kläger gegenüber der Beklagten berichtet, er sei am 31.03.2006 gegen 20.15 Uhr gefallen. Er habe das
Grundstück der Gemeinde A-Stadt räumen müssen, weil diese es für eigene Zwecke benötigt habe. An einem kleinen Hügel sei er
mit dem linken Fuß ausgerutscht und habe sich mit dem rechten Fuß abfangen wollen. Dabei habe es einen Knall gegeben; die
Sehnen seien oberhalb der Kniescheibe gerissen. Nur durch Zufall sei er von einem Bekannten gefunden worden, der ihn mit dem
Schubkarren zum Weg und dann mit einem Taxi ins Krankenhaus gebracht habe. Anlass der Tätigkeiten sei der Abbau einer Futterstelle
und Maschinenhalle gewesen.
Die Beklagte hat die Unterlagen des Kreiskrankenhauses A-Stadt beigezogen. Auf Nachfrage hat der Kläger mitgeteilt, die Räumungsarbeiten
seien ca. 19.45 Uhr beendet gewesen. Der Unfall habe sich ca. 20.30 Uhr ereignet. H. O. und H. A. hätten bei den Räumungsarbeiten
geholfen.
Die Beklagte hat es mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 13.11.2006 abgelehnt, einen Entschädigungsanspruch aus Anlass
des Unfalles vom 31.03.2006 anzuerkennen. Die Räumungsarbeiten seien gegen 19.45 Uhr beendet gewesen. Der Kläger sei nach
eigenen divergierenden Angaben gegen 20.15 Uhr bzw. 21.30 gestürzt. Laut Auskunft des Krankenhauses A-Stadt sei er dort aber
erst am 01.04.2006 um 3.17 Uhr in stark alkoholisiertem Zustand eingeliefert worden, nachdem er angeblich im Dreck ausgerutscht
und auf das rechte Knie gefallen sei. Nach den vorliegenden Unterlagen bestehe zudem ein chronischer Alkoholmissbrauch und
zum anderen könne aufgrund der widersprüchlichen Angaben nicht mehr geklärt werden, wo und bei welcher Gelegenheit sich der
Unfall ereignet habe und was tatsächlich zwischen dem Ende der angegebenen Arbeiten und der Aufnahme zur stationären Behandlung
geschehen sei.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hat die Beklagte weitere ärztliche Unterlagen und die Schwerbehinderten-Akten des Amtes
für Versorgung und Familienförderung B-Stadt beigezogen. Der Grad der Behinderung (GdB) im Sinne des
SGB IX ist bereits mit Bescheid vom 04.10.2004 mit 100 bewertet worden. Das Merkzeichen "G" ist festgestellt. Der Kläger leidet
vor allem an einem progredienten Nervenleiden (Friedreich sche Ataxie) mit organischer Wesensänderung. Die Stadt A-Stadt hat
bestätigt, dass die Flur-Nr.2257 bis 31.03.2006 an den Kläger verpachtet worden ist. Am 01.04.2006 ist eine Teilfläche von
0,2780 ha an die Stadt A-Stadt zur Aufforstung zurückgegeben worden. Die andere Teilfläche zu 0,2450 ha ist weiterhin an den
Kläger verpachtet worden. Das Grundstück ist ca. 1.784 m vom Wohnort des Klägers entfernt. - H. O. hat am 08.11.2007 bestätigt,
dass Aufräumungs-, Instandhaltungs- und Abrissarbeiten auf dem Grundstück wegen Teilrückgabe an die Stadt A-Stadt durchgeführt
worden sind. Die Arbeiten hätten am Freitag, den 31.03.2006 ca. 10.00 Uhr begonnen und seien ca. 18.00 Uhr beendet gewesen.
An den Arbeiten hätten mehrere Personen teilgenommen, u.a. H. A., K. I., P. M. mit vier Freunden und diverse andere Personen
aus dem Umfeld des Klägers. Nach Beendigung der Arbeiten sei zusammen noch gegrillt und ein kleiner Umtrunk gehalten worden.
Nach Einbruch der Dunkelheit, die meisten seien bereits nach Hause gegangen, habe er den Kläger ca. 22.00 bis 23.00 Uhr um
Hilfe schreien hören. Er sei zu ihm gegangen. Dieser habe gesagt, er sei mit dem Fuß umgeknickt und könne nicht mehr aufstehen
bzw. gehen. Nach mehreren fehlgeschlagenen Versuchen, den Kläger aufzurichten und mit ihm zurück zur Hütte zu gehen, habe
er dann das Taxiunternehmen E. angerufen und habe den Kläger mit Hilfe eines Schubkarrens bis zur befahrbaren Grundstücksgrenze
gebracht. Dann sei man gemeinsam in das Krankenhaus A-Stadt gefahren, wo er bis zur Verlegung des Klägers geblieben sei. Anschließend
habe ihn derselbe Taxifahrer gegen ca. 2.00 Uhr nach Hause gefahren. Genauere Angaben zur Zeitabfolge bzw. zum Verlauf könne
er leider nicht abgeben, da der Unfall schon sehr lange her sei und sie "sehr gut angeheitert" gewesen seien.
Der Widerspruch ist mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2007 zurückgewiesen worden. Die im Widerspruchsverfahren durchgeführten
Ermittlungen hätten ergeben, dass die Räumungsarbeiten nach Zeugenaussagen um 18.00 Uhr beendet gewesen seien. Anschließend
sei gegrillt und ein kleiner Umtrunk gehalten worden. Nach Einbruch der Dunkelheit seien die meisten Helfer nach Hause gegangen.
Der Zeuge H. O., der mit dem Kläger den Umtrunk noch weitere Stunden fortgesetzt habe, habe ihn zwischen 22.00 und 23.00 Uhr
auf dem Grundstück liegend gefunden, nachdem er um Hilfe geschrien habe. Unabhängig von der Ursache des Sturzes seien zum
Unfallzeitpunkt die landwirtschaftlichen Räumarbeiten längst beendet gewesen und die meisten Helfer nach Hause gegangen. Der
weitere Aufenthalt auf dem Unfallgrundstück sei nur noch rein privater Natur gewesen und habe nicht mehr unter dem Schutz
der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden.
In dem sich anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht Landshut die Akten der Beklagten und die Schwerbehinderten-Akten
beigezogen. Die Bevollmächtigten des Klägers haben mit Klagebegründung vom 03.04.2008 hervorgehoben, dass sich der Kläger
auf dem Rückweg befunden habe, als er verunfallt sei. Durch die im Anschluss an die versicherte Tätigkeit eingeschobene Brotzeit
sei keine Lösung vom Versicherungsschutz eingetreten. Denn der Kläger sei innerhalb von zwei Stunden ab dem Ende der Räumungsarbeiten
verunfallt.
Das Sozialgericht Landshut hat in der mündlichen Verhandlung vom 24.04.2009 die Zeugen H. O., H. A. und K. I. gehört. H. O.
hat im Wesentlichen ausgesagt, dass die Aufräumarbeiten zwischen 18.00 und 19.00 Uhr vor Einbruch der Dunkelheit beendet gewesen
seien. An Einzelheiten (betreffend das Unfallgeschehen) könne er sich nicht mehr erinnern, da er sicherlich vier bis sieben
Biere getrunken habe. Der noch anwesende Helfer M. sei "sturzbetrunken" gewesen, so dass er ihn nicht einmal zur Mithilfe
bei dem Transport des Klägers habe aktivieren können. Zwischen der Ankunft im Krankenhaus gegen 24.00 Uhr und der stationären
Aufnahme sei ein erheblicher Zeitraum verstrichen. - H. A. hat ausgesagt, er habe bis zum Einbruch der Dunkelheit bei den
Aufräumungsarbeiten mitgeholfen (bis ca. 19.45 Uhr). Anschließend habe es dann ein Essen gegeben. Er habe eine Halbe Bier
getrunken und gegen 21.00 Uhr das Grundstück verlassen. - Auch der Zeuge K. I. hat berichtet, dass die Aufräumungsarbeiten
bis zum Einbruch der Dunkelheit gedauert hätten. Anschließend habe er bei der Brotzeit ein oder zwei Bier getrunken; er sei
dann gegen 21.00 Uhr nach Hause gefahren.
Das Sozialgericht Landshut hat die Klage mit Urteil vom 24.04.2009 abgewiesen. Die Kammer habe sich nicht zweifelsfrei davon
überzeugen können, dass der Kläger bei dem strittigen Unfallereignis sich auf einen versicherten Heimweg befunden (§
8 Abs.2
SGB VII) bzw. eine betrieblich versicherte Tätigkeit verrichtet habe. Allein die Örtlichkeit des Unfalles rechtfertige keine Zuordnung
zum betrieblichen Bereich. Aufgrund der Zeugenaussagen stehe lediglich fest, dass der Kläger am 31.03.2006 um 21.00 Uhr noch
nicht verunfallt gewesen sei. Hinsichtlich der Ereignisse nach 21.00 Uhr würden keine zuverlässigen Angaben darüber vorliegen,
wann und bei welcher Tätigkeit der Kläger verunfallt sei.
In dem sich anschließenden Berufungsverfahren hoben die Bevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 09.09.2009 hervor,
der Kläger habe sich nach Beendigung der Schlussaufräumarbeiten zu seinem Fahrzeug auf den Nachhauseweg begeben. Wenn er dabei
verunfallt sei, sei dies vom Versicherungsschutz umfasst.
Von Seiten des Senats wurden die Unfall-Akten der Beklagten und die erstinstanzlichen Unterlagen beigezogen.
In dem Erörterungstermin vom 23.11.2010 haben beide Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Einzelrichterentscheidung erklärt
(§
155 Abs.3 und 4
SGG). Daraufhin ist die Öffentlichkeit wieder hergestellt worden.
Die Bevollmächtigte des Klägers beantragt entsprechend dem Schriftsatz vom 09.09.2009,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24.04.2009 und den Bescheid vom 13.11.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 21.11.2007 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 31.03.2006 als Arbeitsunfall anzuerkennen und
dem Kläger Entschädigung im gesetzlichen Umfang zu gewähren.
Die Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gemäß §
202 SGG in Verbindung mit §
540 der
Zivilprozessordnung (
ZPO) sowie entsprechend §
136 Abs.2
SGG auf die Unterlagen der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Hiervon ausgehend ist unverändert ungeklärt, was sich am 31.03.2006 zwischen 22.00 und 23.00 Uhr im Einzelnen ereignet hat.
Nach der schriftlichen Aussage des Zeugen H. O. vom 08.11.2007 dürfte sich der Unfall in diesem Zeitraum ereignet haben, weil
der Zeuge in dieser Zeit den Kläger "fürchterlich um Hilfe" hat schreien hören, also zu einem Zeitpunkt, lange nach dem fast
alle Helfer die im Anschluss an die Aufräumungsarbeiten angesetzte gemeinsame Feier mit einem Abschlussessen bereits verlassen
haben.
Auch stehen weitere Zeugen nicht zur Verfügung. Der letzte noch anwesende Helfer M. ist so "sturzbetrunken" gewesen, dass
er nach Auskunft des Zeugen H. O. nicht einmal zur Mithilfe bei dem Transport des Klägers hat aktiviert werden können.