Tatbestand:
Der Kläger wendet sich als Prozessstandschafter für die Ersatzkassen gegen den Schiedsspruch des Beklagten vom 17. Oktober
2008, mit dem die Punktwerte für vertragszahnärztliche Leistungen im Jahr 2008 um 1,5 Prozent erhöht wurden.
Zwischen den Ersatzkassen und der Beigeladenen fanden am 21. Mai 2008 Verhandlungen über die Vergütung der vertragszahnärztlichen
Leistungen im Jahr 2008 statt. Die Vertragspartner vereinbarten folgende höchstzulässigen Ausgabevolumen je Mitglied: BEMA-Teile
1 (ohne IP und FU), 2 und 4 für die Ersatzkassen BARMER, DAK, TK, KKH, HEK, Hamburg Münchener und hkk 138,48 Euro und für
die GEK 130,35 Euro. Hierbei orientierten sie sich an der für das Kalenderjahr 2008 maßgeblichen Veränderungsrate im gesamten
Bundesgebiet von plus 0,64 Prozent. Hinsichtlich der streitigen Punktwerte für die genannten Bereiche sowie für zahnärztliche
Gutachten und Individualprophylaxe/Frühuntersuchung erstrebte die Beigeladene eine Erhöhung über die Veränderungsrate hinaus,
da die Kosten in den Zahnarztpraxen wegen höherer Hygienekosten und weiterer Betriebsausgaben gestiegen und weil die Punktwerte
im bundesweiten Vergleich unterdurchschnittlich seien. Nachdem die Ersatzkassen dies abgelehnt hatten, erklärte die Beigeladene
die Verhandlungen mit Schreiben vom 21. Mai 2008 für gescheitert.
Mit Schreiben vom selben Tage rief die Beigeladene das Landesschiedsamt Berlin für die vertragszahnärztliche Versorgung an
und beantragte, den Punktwert für die vertragszahnärztlichen Leistungen im Jahr 2008 für
1. konservierende und chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen (BEMA-Teil 1), Behandlungen von Verletzungen des Gesichtsschädels
und Kiefergelenkserkrankungen (BEMA-Teil 2) und systematische Behandlungen von Parodontopathien (BEMA-Teil 4) in Höhe von
0,8125 Euro (Punktwert 2007: 0,7756 Euro; gewünschte Steigerung: 4,76 Prozent),
2. zahnärztliche Gutachten in Höhe von 0,8125 Euro (Punktwert 2007: 0,7756 Euro; gewünschte Steigerung: 4,76 Prozent)
3. Individualprophylaxe/Frühuntersuchung (IP/FU) in Höhe von 0,89 Euro (Punktwert 2007: 0,85 Euro; gewünschte Steigerung:
4,71 Prozent)
festzusetzen. Diese Vergütungsanpassung sei unter Berücksichtigung der drastisch gestiegenen Praxiskosten notwendig und auch
unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität angemessen.
Die Ersatzkassen als Antragsgegnerinnen beantragten, den Punktwert für die vertragszahnärztlichen Leistungen im Jahr 2008
für
1. konservierende und chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen (BEMA-Teil 1), Behandlungen von Verletzungen des Gesichtsschädels
und Kiefergelenkserkrankungen (BEMA-Teil 2) und systematische Behandlungen von Parodontopathien (BEMA-Teil 4) in Höhe von
0,7806 Euro,
2. zahnärztliche Gutachten in Höhe von 0,7806 Euro
3. Individualprophylaxe/Frühuntersuchung (IP/FU) in Höhe von 0,8554 Euro
festzusetzen.
Zur Begründung führten sie dabei im Wesentlichen an, aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 10. Mai 2000,
B KA 6 20/99 R; Urteil vom 27. April 2005, B 6 KA 22/04 R sowie Urteil vom 14. Dezember 2005, B 6 KA 25/04 R) ergebe sich, dass auch die Punktwerte nur im Umfang der Veränderungsrate von 0,64 % erhöht werden dürften.
Das Landesschiedsamt Berlin für die vertragszahnärztliche Versorgung hat am 17. Oktober 2008 entschieden, den Punktwert für
die vertragszahnärztlichen Leistungen im Jahr 2008 um 1,5 Prozent zu erhöhen und ihn wie folgt festzusetzen:
1. für konservierende und chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen (BEMA-Teil 1), Behandlungen von Verletzungen des Gesichtsschädels
und Kiefergelenkserkrankungen (BEMA-Teil 2) und systematische Behandlungen von Parodontopathien (BEMA-Teil 4) in Höhe von
0,7872 Euro,
2. für zahnärztliche Gutachten in Höhe von 0,7872 Euro und
3. für Individualprophylaxe/Frühuntersuchung (IP/FU) in Höhe von 0,8628 Euro.
Die weitergehenden Anträge hat das Landesschiedsamt zurückgewiesen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Nach §
71 Abs.
1 Sozialgesetz-buch/Fünftes Buch (
SGB V) hätten die Vertragspartner auf Seiten der Krankenkassen und der Leistungserbringer die Vereinbarungen über die Vergütungen,
falls nicht Ausnahmetatbestände vorlägen, so zu gestalten, dass Beitragssatzerhöhungen ausgeschlossen würden. Die vom Bundesministerium
für Gesundheit nach §
71 Abs.
3 SGB V festgestellte Veränderungsrate bilde dabei die Grenze, über die die Erhöhung der Gesamtvergütung nicht hinausgehen dürfe.
Ausnahmetatbestände nach §
71 Abs.
2 S. 2
SGB V lägen hier nicht vor. Eine Ausgabenverminderung durch die Einführung der Festzuschüsse im Bereich des Zahnersatzes sei vom
Gesetzgeber bewusst zur Entlastung der Krankenkassen geschaffen worden. Der Gesetzeszweck würde nicht erreicht, wenn gleichzeitig
über §
71 Abs.
2 S. 2
SGB V Ausgabensteigerungen einträten. Rechtsgrundlage für das Begehren der Beigeladenen sei daher allein §
85 SGB V. Die Kriterien, die bei der Vertragsgestaltung zu beachten seien, seien in §
85 Abs.
3 SGB V abschließend geregelt. So sei unbeachtlich, dass die Punktwerte im Bereich der Antragstellerin die Vergleichswerte der meisten
anderen Kassenzahnärztlichen Vereinigungen unterschritten. Die Beteiligten hätten aber eine höchstzulässige Gesamtvergütung
und damit mengensteuernde Regelungen in die Gesamtvergütungsvereinbarung aufgenommen. Damit sei sichergestellt, dass das Ausgabenvolumen
für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragszahnärztlichen Leistungen im Sinne des §
85 Abs.
2 SGB V von vornherein begrenzt sei. Unter dieser Voraussetzung seien die Vertragsparteien bei der Vereinbarung über die in §
85 Abs.
3 SGB V genannten Tatumstände nicht an die Veränderungsrate gebunden. Eine Erhöhung der Punktwerte über die Veränderungsrate hinaus
sei nur dann unzulässig, wenn, anders als hier, eine mengenbegrenzende Komponente fehle. Dies ergebe sich auch aus der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (Urteil vom 10. Mai 2000, B 6 KA 20/99 R). Anhand des dem Landesschiedsamt vorliegenden Zahlenmaterials sei der Anstieg der Praxiskosten im Sinne des §
85 Abs.
3 SGB V auf plus drei Prozent zu schätzen. Daher habe es sein Gestaltungsermessen dahin ausgeübt, für die drei strittigen Bereiche
die Punktwerte um 1,5 Prozent zu erhöhen. Die Erhöhung des Punktwerts um 1,5 Prozent setze sich damit zusammen aus einer Erhöhung
um 0,64 Prozent, die der Vertragszahnärzteschaft infolge allgemeiner Veränderungen zugute komme, und aus einer Erhöhung um
0,86 Prozent wegen gestiegener Praxiskosten.
Mit Bescheid vom 6. Januar 2009 beanstandete das Bundesversicherungsamt die Festsetzung in Nummer 1 des Schiedsspruchs (Punktwert
in Höhe von 0,7872 Euro für konservierende und chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen [BEMA-Teil 1], Behandlungen von
Verletzungen des Gesichtsschädels und Kiefergelenkserkrankungen [BEMA-Teil 2] und systematische Behandlungen von Parodonopathien
[BEMA-Teil 4]) gegenüber den Ersatzkassen. Zur Begründung führte es aus, zwecks Wahrung der Beitragssatzstabilität hätte der
Punktwert nicht über die gesetzlich festgelegte Veränderungsrate in Höhe von 0,64 % hinaus festgesetzt werden dürfen. Hiergegen
hat die hier beigeladene Kassenzahnärztliche Vereinigung Klage erhoben (L 7 KA 15/09 KL).
Gegen den Schiedsspruch vom 17. Oktober 2008 wendet sich der Kläger für die Ersatzkassen mit der am 24. November 2008 bei
dem Landessozialgericht erhobenen Klage. Er trägt vor, dass der Schiedsspruch hinsichtlich seiner Festsetzung zu Punkt 1 (BEMA-Teil
1, 2 und 4) und Punkt 3 (Individualprophylaxe/Frühuntersuchung) wegen Ermessensüberschreitung ermessensfehlerhaft und damit
rechtswidrig sei, da der Beklagte bei der Festsetzung der Punktwerte insoweit den gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Rahmen
überschritten habe. Hinsichtlich der Punktwertfestsetzung für die BEMA-Teile 1, 2 und 4 sei der Grundsatz der Beitragssatzstabilität
aus §
71 SGB V trotz der mengenbegrenzenden Komponente einer höchstzulässigen Gesamtvergütung anwendbar. Da der Beklagte selbst festgestellt
habe, dass Ausnahmetatbestände nach §
71 SGB V nicht vorlägen, verstoße der angefochtene Beschluss gegen den Grundsatz der Beitragssatzstabilität. Wie das Bundessozialgericht
in mehreren Entscheidungen festgestellt habe, lasse sich der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nicht auf die Festsetzung
des höchstzulässigen Ausgabenvolumens beschränken, sondern sei auch bei der Festsetzung der für die jeweiligen Einzelleistungen
maßgeblichen Punktwerte zu beachten. Dies ergebe sich unmissverständlich aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 27. April
2005 (B 6 KA 22/04 R). Entscheidendes Argument für die Anwendung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität auch auf die Punktwerte sei für das
Bundessozialgericht die Beitragsrelevanz der Punktwerte bei nicht ausgeschöpftem Ausgabenvolumen. Die Ausführungen des Bundessozialgerichts
seien nicht beschränkt auf die spezielle Regelung des Art. 15 Abs. 1 GKV-SolG und hätten auch keinen Bezug zur Problematik
mengenbegrenzender Regelungen. In diesem Sinne habe kürzlich zudem auch das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz mit Beschluss
vom 23. Oktober 2008 (L 5 ER 245/08 KA) entschieden. Der Schiedsspruch sei auch bezüglich der Punktwerte für Individualprophylaxe
und Frühuntersuchung rechtswidrig, da die Steigerungsrate gemäß §
71 Abs.
2 SGB V unzulässig überschritten sei. Der Grundsatz der Beitragssatzstabilität sei bei der Festlegung von Einzelleistungsvergütungen
zweigeteilt: Einerseits verpflichte er zur Begrenzung der Punktwertsteigerung auf den Prozentsatz der Grundlohnsummensteigerung
und andererseits verpflichte er zur Festlegung mengenbegrenzender Regelungen. Selbst wenn §
71 Abs.
1 S. 2
SGB V die Vertragspartner bei der Festsetzung von Einzelleistungsvergütungen von der Beachtung mengenbegrenzender Komponenten entbinde,
bleibe die Verpflichtung, die Punktwertsteigerung auf die Grundlohnsummenentwicklung zu begrenzen. Der Schiedsspruch missachte
zudem hinsichtlich seiner Festsetzungen zu Ziff. 3 die zwingende Vorgabe des §
71 SGB V und sei auch insoweit rechtswidrig und aufzuheben.
Der Kläger beantragt,
den Schiedsspruch des Beklagten vom 17. Oktober 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Schiedsantrag
der Beigeladenen unter Beachtung der Auffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass der Schiedsspruch mit der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 10.
Mai 2000 (B 6 KA 20/99 R) konform sei. Der Grundsatz der Beitragssatzstabilität sei bereits dann beachtet, wenn die Vertragspartner oder ein Landesschiedsamt
mengensteuernde oder -begrenzende Komponenten vorsähen. Die Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 27. April 2005 (B 6 KA 22/04 R) und vom 14. Dezember 2005 (B 6 KA 25/04 R) stünden dem Schiedsspruch nicht entgegen, da hier Rechtsgrundlage für die Erhöhung der Gesamtvergütung neben §§
71,
85 SGB V die Sondervorschrift des Art. 15 GKV-SolG gewesen sei, die die Gesamtheit der abgerechneten Vergütungen für ein bestimmtes Kalenderjahr zur Grundlage der
zu vereinbarenden Gesamtvergütung mache. Die in diesen Fällen geforderte Steigerungsbegrenzung sowohl für das höchstzulässige
Ausgabenvolumen als auch für die Punktwerte lasse sich nicht auf Fälle ausdehnen, in denen §§
71,
85 SGB V ausschließlich Rechtsgrundlage für die Vereinbarung der Gesamtvergütung seien. Das Ausgabenvolumen könne unterschiedlich
bestimmt werden, als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale,
nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten
ergebe (§
85 Abs.
2 SGB V). Je nachdem seien unterschiedliche Kriterien zu schaffen, nach denen dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität Rechnung getragen
werde. Würde die Erhöhung nur nach Maßgabe der Veränderungsrate vorgenommen, hätte das nur eine Anpassung an die allgemeine
Einkommensentwicklung zur Folge, während die übrigen in §
85 Abs.
3 SGB V genannten Faktoren unberücksichtigt blieben. Die Erhöhung des Punktwerts um 1,5 % aus Anlass der Steigerung der Praxiskosten
dürfte als maßvoll zu bezeichnen sein.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie schließt sich dem Vorbringen des Beklagten an und hält den angefochtenen Schiedsspruch
für rechtmäßig.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs
des Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung
war.
Entscheidungsgründe:
Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg ist erstinstanzlich zuständig nach §
29 Abs.
2 Nr.
1 SGG, weil die Klage sich gegen die Entscheidung eines Landesschiedsamtes richtet.
Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange Erfolg.
A. In Bezug auf die Nummern 2 und 3 des Schiedsspruchs ist die Klage schon unzulässig.
Die fristwahrende Klageschrift erstreckte die Klage ausdrücklich nur auf Nummer 1 und 2 des Schiedsspruchs. Da dessen einzelne
Regelungen ohne Weiteres von einander teilbar und daher auch gesonderter Bestandskraft fähig sind, ist Nummer 3 (IP/FU) des
Schiedsspruchs für die Ersatzkassen nach Ablauf der Klagefrist bestandskräftig geworden. Soweit das klägerische Begehren später
schriftsätzlich und auch bei Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Nummer 3 des Schiedsspruchs in die
Klage einbezog, ist die Klage daher unzulässig (§
87 Abs.
1 Satz 1
SGG).
In Bezug auf Nummer 2 des Schiedsspruchs (zahnärztliche Gutachten) fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis. Die Festsetzung eines
Punktwerts durch den Beklagten bringt für den Kläger keine Beschwer mit sich, denn - was zwischen den Beteiligten unstreitig
ist - die Honorare für zahnärztliche Gutachten werden nicht aus der vertragszahnärztlichen Gesamtvergütung bezahlt. Aus diesem
Grunde wollte der Kläger Nummer 2 des Schiedsspruchs anfänglich auch nicht in die Klage einbeziehen. Die Erstreckung der Klage
auf Nummer 2 des Schiedsspruchs mit der Klageschrift erfolgte offensichtlich nur versehentlich, zumal insoweit jede Klagebegründung
fehlt. Warum der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Nummer 2 des Schiedsspruchs in seinen Antrag einbezog,
ist nicht nachvollziehbar geworden.
B. Im Übrigen ist die Klage zulässig.
1. Der Kläger ist in gesetzlicher Prozessstandschaft für die Ersatzkassen zur Prozessführung befugt (§
212 Abs.
5 Satz 4 ff.
SGB V i.d.F. von Art. 1 Nr. 144 Buchst. e GKV-WSG).Danach haben die Ersatzkassen für alle Verträge auf Landesebene, die nicht gemeinsam und einheitlich abzuschließen sind,
jeweils einen Bevollmächtigten mit Abschlussbefugnis zu benennen. Ersatzkassen können sich auf eine gemeinsame Vertretung
auf Landesebene einigen. Für gemeinsam und einheitlich abzuschließende Verträge auf Landesebene müssen sich die Ersatzkassen
auf einen gemeinsamen Bevollmächtigten mit Abschlussbefugnis einigen. In den Fällen der Sätze 5 und 6 können die Ersatzkassen
die Verbände der Ersatzkassen als Bevollmächtigte benennen. Soweit für die Aufgabenerfüllung der Erlass von Verwaltungsakten
notwendig ist, haben im Falle der Bevollmächtigung die Verbände der Ersatzkassen hierzu die Befugnis (vgl. Bundessozialgericht,
Urteil vom 28. Juli 2008, B 1 KR 5/08 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 13).
2. Statthaft ist die Klage als Verpflichtungs- bzw. Bescheidungsklage gemäß §
54 Abs.
1 Satz 1
SGG. Der Kläger begehrt die Aufhebung des ergangenen und die Verpflichtung des Beklagten zum Erlass eines neuen Schiedsspruchs.
Die Festsetzung des Inhalts eines Gesamtvertrages zwischen einer Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung und Krankenkassen durch
ein Schiedsamt stellt einen Verwaltungsakt dar, den die Vertragspartner zulässiger Weise im Klagewege angreifen können, wenn
sie - wie hier der Kläger unter Bezugnahme auf den Grundsatz der Beitragssatzstabilität im Sinne von §
71 Abs.
1 Satz 1
SGB V - geltend machen können, der Schiedsspruch sei rechtswidrig. Sachgerecht ist der Antrag nicht auf Erlass eines bestimmten
Schiedsspruchs gerichtet, sondern auf eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung beschränkt (vgl. Bundessozialgericht,
Urteil vom 10. Mai 2000, B 6 KA 19/99 R, Rdnr. 20).
C. In Bezug auf Nummer 1 des Schiedsspruchs ist die Klage begründet. Insoweit ist der Schiedsspruch rechtswidrig, denn er
verstößt gegen den auch vom Landesschiedsamt zu beachtenden Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§
71 Abs.
1 S. 1, Abs.
2 S.1
SGB V).
Einem Schiedsamt kommt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. nur Urteil vom 10. Mai 2000, B 6 KA 20/99 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 37) bei der Festsetzung des Inhalts eines Gesamtvertrages über die vertragszahnärztliche
Vergütung gemäß §
89 Abs.
1 SGB V ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Seine Vertragsgestaltungsfreiheit, die der gerichtlichen Nachprüfung Grenzen setzt,
ist nicht geringer als diejenige der Vertragspartner bei einer im Wege freier Verhandlungen erzielten Vereinbarung. Die gerichtliche
Kontrolle der Festsetzung von Vergütungsvereinbarungen durch das Schiedsamt ist dementsprechend auf die Prüfung beschränkt,
ob der Entscheidung zutreffend ermittelte Tatsachen zugrunde gelegt worden sind, ob das Schiedsamt die Grenzen des ihm zustehenden
Beurteilungsspielraums eingehalten und sein Gestaltungsermessen - soweit ihm ein solches zukommt - sachgerecht ausgeübt hat.
Die Grenzen des Beurteilungsspielraums im dargestellten Sinne sind nicht eingehalten, wenn das Schiedsamt seiner Entscheidung
eine bestimmte Gewichtung der maßgeblichen Kriterien für eine Vergütungsvereinbarung zugrunde legt, die mit dem Gesetz nicht
in Einklang steht und sich hieraus Auswirkungen auf die Höhe der Veränderung der Gesamtvergütung ergeben können. Das ist hier
der Fall.
Der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nach §
71 Abs.
1 SGB V stellt eine solche verbindliche rechtliche Grenze für Vergütungsvereinbarungen und Schiedssprüche sowie deren Überprüfung
durch Aufsichtsbehörden und Gerichte dar (vgl. Bundessozialgericht, aaO., Rdnr. 38).
Zu Recht sieht der Kläger den Grundsatz der Beitragssatzstabilität als verletzt an, weil der Schiedsspruch vom 17. Oktober
2008 den Punktwert für bestimmte zahnärztliche Leistungen (BEMA-Teile 1, 2 und 4) über die Veränderungsrate gemäß §
71 Abs.
3 SGB V hinaus nicht nur um 0,64 Prozent, sondern um 1,5 Prozent erhöht. Die Überschreitung der Veränderungsrate bei Erhöhung des
Punktwerts verstößt selbst dann gegen den Grundsatz der Beitragssatzstabilität, wenn die Vertragspartner - wie hier - mengensteuernde
höchstzulässige Ausgabevolumen vereinbart haben (vgl. zur Verletzung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität schon wegen
des Fehlens mengensteuernder bzw. -begrenzender Komponenten: Bundessozialgericht, aaO., Rdnr. 52).
Selbst wenn eine unbegrenzte Mengenexplosion damit im vorliegenden Fall ausgeschlossen ist, hat doch auch der Punktwert selbst
entscheidenden Einfluss auf die Höhe der Gesamtvergütung, so lange das höchstzulässige Ausgabevolumen nicht erreicht ist;
der Grundsatz der Beitragssatzstabilität lässt sich damit nicht auf die Festsetzung des höchstzulässigen Ausgabenvolumens
beschränken, sondern wird auch durch die Festsetzung der für die Einzelleistungen maßgeblichen Punktwerte berührt. Seine Rechtsprechung
zur Notwendigkeit mengensteuernder Regelungen hat das Bundessozialgericht insoweit fortgesetzt und erweitert mit seinen Urteilen
vom 27. April 2005, B 6 KA 22/04 R, und vom 14. Dezember 2005, B 6 KA 25/04 R.
Maßgeblich ist §
85 Abs.
3 SGB V. Die Vorschrift lautet:
1Die Vertragsparteien des Gesamtvertrages vereinbaren die Veränderungen der Gesamtvergütungen unter Berücksichtigung der Praxiskosten,
der für die vertragsärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie der Art und des Umfangs der ärztlichen Leistungen,
soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs beruhen. 2Bei der Vereinbarung der
Veränderungen der Gesamtvergütungen ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71) in Bezug auf das Ausgabenvolumen für
die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen zu beachten. 3Abweichend von Satz 2 ist eine Überschreitung
der Veränderungsraten nach § 71 Abs. 3 zulässig, wenn Mehrausgaben auf Grund von Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses
nach § 135 Abs. 1 entstehen; dabei ist zu prüfen, inwieweit die Mehrausgaben durch Minderausgaben auf Grund eines Wegfalls
von Leistungen, die auf Grund einer Prüfung nach § 135 Abs. 1 Satz 2 und 3 nicht mehr zu Lasten der Krankenkassen erbracht
werden dürfen, ausgeglichen werden können.
§
85 Abs.
3 Satz 3
SGB V ist damit zu entnehmen, dass Veränderungen der Gesamtvergütung sich grundsätzlich im Rahmen der Veränderungsrate nach §
71 Abs.
3 SGB V zu bewegen haben und nur ausnahmsweise (in anderen als hier gegebenen Fällen) darüber hinaus gehen dürfen. Dementsprechend
hat das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 27. April 2005, B 6 KA 22/04 R (zitiert nach juris, dort Rdnr. 24) ausdrücklich formuliert:
Der Grundsatz der Beitragssatzstabilität lässt sich (...) nicht auf die Festsetzung des höchstzulässigen Ausgabenvolumens
beschränken, sondern wird auch durch die Festsetzung der für die Einzelleistungen maßgeblichen Punktwerte berührt. Denn aus
diesen ergibt sich, solange das höchstzulässige Ausgabenvolumen nicht voll ausgeschöpft wird, die tatsächliche Ausgabensumme
und dementsprechend der Beitragsbedarf mit eventueller Auswirkung auf den Beitragssatz. Der Punktwert ist Teil der realen
Vergütung und wird deshalb vom Wortlaut des §
71 SGB V miterfasst, durch den die "Vergütungen des jeweils folgenden Kalenderjahres" zur Verhinderung übermäßiger Ausgabensteigerungen
begrenzt werden (§ 71 Abs. 3 Satz 1, siehe auch Abs.
1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1
SGB V [...]). Also muss die Steigerungsbegrenzung sowohl für das höchstzulässige Ausgabenvolumen als auch für die Punktwerte gelten.
Nur das entspricht dem Ziel der Beitragssatzstabilität. Die gelegentlich geäußerte Ansicht, ihm komme es noch näher, an die
vorjährige faktische Ausgabensumme statt an das höchstzulässige Ausgabenvolumen anzuknüpfen, trifft dagegen nicht zu. Würde
hierauf abgestellt, so könnte das für die Vertrags(zahn)ärzteschaft einen Anreiz schaffen, den zulässigen Rahmen der tatsächlichen
Ausgaben jedes Jahr weitestgehend auszuschöpfen, um so für Folgejahre die höchstmögliche Basis für die Festlegung der weiteren
Ausgabenvolumina zu haben. Es liegt im Interesse der Beitragssatzstabilität, einen solchen Anreiz nicht zu geben.
Diese Ausführungen beziehen sich zugleich nicht nur auf die Sonderregelung in Art. 15 GKV-SolG, sondern ausdrücklich (aaO.
Rdnr. 19) auch auf die Grundregelung in §
85 Abs.
3 SGB V. In seinem Urteil vom 14. Dezember 2005, B 6 KA 25/04 R (zitiert nach juris, dort Rdnr. 19) hat das Bundessozialgericht diese Sichtweise wiederholt und vertieft.
Nach alledem hat der Senat keinen Zweifel daran, dass das Landesschiedsamt keine Punktwertsteigerung festsetzen durfte, die
über die Veränderungsrate nach §
71 Abs.
3 SGB V hinausgeht. Dies führt zur Aufhebung von Nummer
1 des Schiedsspruchs sowie zur Verpflichtung des Beklagten, über den Schiedsantrag der Beigeladenen insoweit unter Beachtung
der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht (§
160 Abs.
2 SGG).