Aufnahme in die Künstlersozialversicherung
Begriff der musikalischen Früherziehung
Kunstbegriff aus dem Regelungszweck des KSVG
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Aufnahme in die Künstlersozialversicherung.
Die Klägerin ist 1968 geboren und ausgebildete Diplom-Pädagogin, nach eigenen Angaben mit dem Schwerpunkt Erwachsenenbildung
und außerschulische Jugendbildung. Die mündliche Prüfung habe sie zum Thema "Musikalische Früherziehung" abgeschlossen. Sie
nahm von 1990 bis 1999 einmal pro Woche Unterricht an der Musikschulde C-W im Fach Gitarre. Sie war von 1999 bis 30. September
2000 als pädagogische Mitarbeiterin des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) beschäftigt. Von September 2010 bis
Januar 2011 führte sie musikalische Früherziehung mit Kindergruppen an einer Musikschule durch. Sie bietet seit Januar 2003
in diversen Kindertagesstätten (KITA und Kinderläden) in Berlin musikalische Früherziehung für Kleinkinder in Gruppen an.
Die Klägerin betreut dazu wöchentlich bis zu 14 Kindergruppen in den Einrichtungen, 2012 noch für Kinder in einem Alter bis
zu 7 Jahren. In ihren Kursen singt die Klägerin den Kindern Kinder- und Volkslieder vor und animiert sie, mitzusingen. Die
Klägerin begleitet die Lieder selbst mit der Gitarre, die Kinder ihrerseits teilweise mit Orffschen Instrumenten (z.B. Xylophon,
Glockenspiel, Triangel, Klanghölzer, Trommeln, Rassel, Becken). Die Kinder singen je nach Altersgruppe unter ihrer Anleitung
im Chor in unterschiedlichen Zusammensetzungen. Ab dem fünften Lebensjahr singen sie auch im Kanon, ansonsten unisono. Die
Klägerin führt den Kindern verschiedene Instrumente vor (Gitarre, Laute, Mandola, Balalaika, Flöte, Geige, Akkordeon, Keyboard).
Instrumente, die sie nicht selbst spielen kann oder besitzt oder die nicht transportabel sind, zeigt sie auf Fotos und spielt
den Kindern die dazugehörenden Klänge auf Tonträgern, wie CD vor. Manchmal bittet sie befreundete Musiker/-innen, diese Instrumente
vorzuspielen. Sie vermittelt, woher die Instrumente stammen, wie ihr Klang entsteht, wie sie gespielt werden, wie sie zusammengefasst
werden (Instrumentengruppen). Teilweise probieren die Kinder die Instrumente auch aus. Sie werden durch das Vorspiel der Klägerin
auch veranlasst das Gehörte und Erlebte zuhause zu imitieren. Die Klägerin gibt den Erzieherinnen weiterführende Hinweise
z.B. zum Musikinstrumentenmuseum. Sie tanzt mit den Kindern Volkstänze aus unterschiedlichen Kulturen nach und bietet auch
freien kreativen Tanz zu Musik in unterschiedlichen Tonarten an, u.a. zur Schulung des musikalischen Gehörs. Sie macht mit
den Kindern ferner Rhythmusübungen, die diese auf einen späteren Musikunterricht vorbereiten sollen. Hin und wieder nehmen
Eltern an dem Unterricht teil, auch Erzieherinnen ist es freigestellt, dazu zu kommen. Die unterrichteten Kinder waren 2012
zu 40 % unter vier Jahren, zu 60 % über vier Jahren (Angabe der Klägerin vom 22.2.2012), 2013 unterrichtete sie meistens Drei-,
Vier- und Fünfjährige jeweils etwa zu einem gleichen Anteil, vereinzelt auch Zweijährige und Sechsjährige, ganz vereinzelt
in der ersten Jahreshälfte auch einmal Siebenjährige. Im Zuge der zunehmenden Betreuung auch noch jüngerer Kleinkinder im
Alter von ca. 1 bis 1 ½ Jahren durch die Betreuungseinrichtungen nehmen auch diese Kleinkinder an den Kursen der Klägerin
teil. Dabei ist die Altersstruktur der Gruppen nicht homogen.
Grundlage der Früherziehung ist für einen Teil der Gruppen eine Anmeldung der Kinder durch die Eltern gegenüber der Klägerin.
Die Zahlung des monatlichen Beitrags erfolgt dann an die Klägerin. Für andere Gruppen schließt die Klägerin einen (Honorar-)
Vertrag mit der jeweiligen Einrichtung. In diesem Fall erfolgt die monatliche Rechnungsstellung seitens der Klägerin direkt
an die jeweilige Einrichtung gemäß der Anzahl der Stunden; die Einrichtung leistet dann auch die Vergütung. Gemäß den Einkommensteuerbescheiden
erzielte die Klägerin im Jahr 2009 Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit in Höhe von 1.515 Euro, 2010 in Höhe von 8.314
Euro und im Jahr 2011 in Höhe von 8.182 Euro.
Die Klägerin ist freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie der sozialen Pflegeversicherung. Sie
meldete sich am 24. Januar 2012 bei der Beklagten als Ausbilderin im Bereich der Musik und beantragte die Feststellung ihrer
Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz für ihre o.g. Tätigkeit. Sie erwarte ein voraussichtliches Jahreseinkommen in Höhe von 18.650,00 Euro.
Die Beklagte lehnte die beantragte Feststellung mit Bescheid vom 26. April 2012 ab. Es stehe bei der Lehrtätigkeit nicht die
Vermittlung von Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Musikausübung im Vordergrund, sondern die Vermittlung allgemein pädagogischer
Lernziele.
Die Klägerin erhob Widerspruch. Sie vermittle sehr wohl nennenswerte Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Musikausübung. Der Großteil
ihrer Zielgruppe sei wesentlich älter als derjenige, den das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung zum "Musikgarten-Konzept"
(vom 1. Oktober 2009 - B 3 KS 2/08 R) zu beurteilen gehabt habe. Im Mittelpunkt stehe bei ihr nicht die Vor-Musikalische-Früherziehung.
Das Spielen von Musikinstrumenten und der aktive Einsatz der menschlichen Stimme stellten für die eigenständige aktive Ausübung
musikalischer Betätigung den Schwerpunkt des Unterrichts dar. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom
26. September 2012 zurück.
Mit ihrem neuen Antrag vom 18. Februar 2013 (Eingang am 20. Februar 2013) übersandte die Klägerin der Beklagten eine Bescheinigung
der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft zur Vorlage beim Finanzamt, wonach der Einrichtung "Musikschule
S L" bescheinigt wird, dass der angebotene Unterricht "musikalische Früherziehung" ordnungsgemäß auf eine vor einer juristischen
Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet". Diesen Antrag wies die Beklagte mit Bescheid vom 4. April
2013 und Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2013 zurück. Die von der Klägerin vermittelte musikalische Früherziehung sei als
Vorbereitung für einen späteren Musik- und Gesangsunterricht anzusehen. Aufgrund des Alters und der kognitiven Fähigkeiten
der Kinder könne der Unterricht nicht als eine Lehrtätigkeit angesehen werden, die schwerpunktmäßig der unmittelbaren Hinführung
zu einer eigenständigen Musikausübung diene.
Die Klägerin hat gegen den Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2013 am 15. Juli 2013 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben.
Unter Einsendung zahlreicher Fotoaufnahmen aus dem Unterricht hat sie zur Begründung ausgeführt: In ihren Musikkursen stehe
die eigenständige Ausübung musikalischer Betätigung im Mittelpunkt. Die Kinder erlernten den korrekten Umgang mit Instrumenten.
Die Instrumente würden dabei in Familien eingeteilt, die Tasteninstrumente bildeten am Beispiel des Klaviers den Anfang. Die
Kinder sähen auch Bilder von verschiedenen Klavieren, Spinetten, Flügeln und Cembalos. Die erste Begegnung mit den Tasten
stelle dabei ein Fußbodenklavier dar. In mehreren Stunden übten die Kinder dann an vier mitgebrachten Keyboards, Handhaltung
und Fingerstellungen würden korrigiert, kleine Lieder einstudiert. Die gelernten Spielweisen würden auf Melodika bzw. Triola
übertragen. Nach dem gleichen Prinzip stelle sie auch Saiten- und Streich- und Schlaginstrumente vor. Die Kinder hörten zudem
die entsprechende - die jeweiligen Instrumente hörbar machende - Musik von einer CD und beschäftigten sich gleichzeitig auch
theoretisch mit den Instrumenten, d.h., mit Aussehen und Klang. Die Kinder tanzten traditionelle Kreis- und Paar-Tänze wie
auch kreative Tänze zu unterschiedlichen Musik-Epochen und Gattungen. Das Singen stelle einen großen Teil der Musikstunden
dar, weil Singen für die Ausprägung des Gehörs, der Sprache (i.S. der Ausformung von Buchstaben) und für das Erlernen aller
Instrumente sehr wichtig sei. Es komme in jeder Unterrichtsstunde zur Anwendung, hauptsächlich in Gestalt traditioneller Kinderlieder.
Durch wiederholtes Üben würden die gesanglichen Fähigkeiten verbessert. Die Erzieherinnen erhielten Kopien der erlernten Lieder,
die sie auch den Eltern zur Verfügung stellten, damit sowohl im KITA-Alltag als auch zuhause wieder mehr gesungen werde. Das
Singen fördere u.a. die emotionale Ausdrucksfähigkeit der Kinder und habe nachweislich Auswirkung auf die (Sprach-)Entwicklung
(musizierende Vorschüler seien "schlauer"). An ihrer Unterrichtstätigkeit habe sich seit 2003 nichts geändert. Die Erzieherinnen
berichteten ihr, dass die Kinder z.B. im Morgenkreis, kreativ eigene Lieder erfänden. Die Unterrichtsstunden böten hingegen
weniger Raum für die freie Entfaltung der Kinder. Eltern berichteten, dass die Kinder zuhause viel singen würden. Auf Festen
würden die einstudierten Tänze wie auch Lieder vorgetragen, zu denen die Klägerin die Kinder begleite (z.B. "Auf der Mauer
auf der Lauer ", z.B. anlässlich eines Laternenumzuges). Sie arbeite nicht nach dem Konzept des Musikgartens, in welchem die
Kinder nur spielerisch an die Musik herangeführt würden und die Eltern am Unterricht beteiligt seien. Ihr Konzept reiche darüber
hinaus, was das Erlernen von Instrumenten und den Einsatz der menschlichen Stimme angehe. Gemeinsam sei mit dem genannten
Musikgarten-Konzept, dass sie auch ganz kleine Kinder unterrichte und diese in die Welt der Klänge einführe. Die Kinder erlernten
das Fundament des Notenlesens, so dass sie Tonhöhen an ihrer Position im Notensystem erkennen und auch die Länge der Töne
einordnen könnten. Viele Orffsche Instrumente kämen zeitgleich zum Einsatz. Sie hat zum Beleg und Beschreibung ihrer Tätigkeit
mehrere Bescheinigungen der Einrichtungen vorgelegt, in denen sie den Unterricht durchführt.
Mit Urteil vom 25. August 2017 hat das Sozialgericht im Einverständnis der Beteiligten im Wege einer Entscheidung ohne mündliche
Verhandlung die Klage abgewiesen. Ziel der Arbeit der Klägerin sei es nicht die Kinder darin zu unterrichten, Kunst auszuüben,
sondern die frühe musische Entwicklung der Kinder durch Musik und Gesang zu fördern und ihnen einen ersten Zugang zur Welt
der Musik zu eröffnen. Es sei jedoch nicht Ziel, den Kindern eigene musikalische Fähigkeiten und Fertigkeiten beizubringen.
Je nach Alter sängen die Kinder unter der Anleitung der Klägerin im Chor. Teilweise probierten sie die Instrumente auch aus,
es würden Volkstänze unterschiedlicher Kulturen nachgetanzt. Zur Überzeugung der Kammer unterrichte die Klägerin die Kinder
nicht überwiegend in Fähigkeiten oder Fertigkeiten auf musikalischem Gebiet, die es diesen wiederum ermöglichten, selbstständig
Kunst auszuüben. Sie sei vielmehr im Bereich der vormusikalischen Früherziehung tätig. Dazu habe das Bundessozialgericht in
der Entscheidung vom 1. Oktober 2009 ausgeführt, im Bereich der Lehre von Musik gebe es Bereiche der Lehre mit musikalischem
Einschlag, die vorrangig sozial- und psychotherapeutischen Zwecken dienten oder von pädagogischen bzw. didaktischen Zielen
geprägt seien. Der Unterricht habe also nicht das primäre Ziel, die Schüler zu befähigen eine künstlerische Leistung zu vollbringen
oder ein künstlerisches Werk zu schaffen, also z.B. Musikinstrumente zu spielen. Es könne auch bei Kindern im Alter von bis
zu sechs Jahren zwar im Einzelfall eine Lehre von Musik geben, dies aber nur dann, wenn den Kindern schwerpunktmäßig Fähigkeiten
oder Fertigkeiten im obigen Sinne vermittelt würden. Gegenstand der Lehrtätigkeit müsse vorrangig die Vermittlung praktischer
oder theoretischer Kenntnisse sein, die die Unterrichteten dazu befähigten, Musik oder Kunst zu schaffen. Nicht erfasst seien
Unterrichtstätigkeiten, die trotz des Einsatzes musikalischer Gestaltungsmittel, wie z.B. Gesang und instrumentaler Klangerlebnisse
in erster Linie dem Kommunikations- und Kreativitätstraining der Kinder, dem Erlernen von Körpererfahrungen sowie der Förderung
der Koordination oder der Konzentration des Gemeinschaftssinns und damit im weitesten Sinne pädagogischen Zwecken dienten.
Diesen Ausführungen schließe sich die Kammer an.
Gegen das ihr am 25. September 2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17. Oktober 2017 Berufung eingelegt. Sie wiederholt
ihr erstinstanzliches Vorbringen und beruft sich ergänzend auf die Einschätzungen der Eltern der unterrichteten Kinder. Sie
sei Künstlerin und Musikerin, da sie vor den Kindern ihrer Kurse auftrete und so Kunst schaffe. Sie befähige die Kinder zum
eigenständigen Ausüben von Musik, da sie diese dazu bringe, das in den Kursen Gehörte zuhause zu imitieren.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. August 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. April 2013 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2013 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin seit dem 18. Februar 2013 zu
dem vom Künstlersozialversicherungsgesetz erfassten Kreis der selbständigen Künstler und Publizisten gehört.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Gründe ihres angefochtenen Bescheides und die Entscheidungsgründe des
erstinstanzlichen Urteils.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs
der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung
war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin im Hinblick auf
ihre Tätigkeit als Lehrerin in musikalischer Früherziehung nicht zum erfassten Kreis der selbständigen Künstler und Publizisten
gehört. 1. Streitgegenständlich ist der Antrag der Klägerin vom 20. Februar 2013 und der Zeitraum ab 2013. Für den Zeitraum
2012 hat die Beklagte dagegen mit Bescheid vom 26. April 2012 und Widerspruchsbescheid vom 26. September 2012 festgestellt,
dass keine Versicherungspflicht nach § 1 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) besteht. Diese Entscheidung ist bestandskräftig. Sie hindert eine davon abweichende Feststellung für den erfassten Zeitraum.
Die Klägerin hat mit ihrem Antrag 2013 bereits nach dem Wortlaut, aber auch ihrem Begehren einen neuen Antrag gestellt, dagegen
keinen Antrag auf Überprüfung der vorherigen Entscheidung nach § 44 Sozialgesetzbuch/Zehntes Buch (SGB X, Bl. 101 Verwaltungsakte "Neuantrag").
2. Rechtsgrundlage für die Feststellung der Versicherungspflicht ist § 1 KSVG (in der Fassung vom 9.12.2004, BGBl. I, 3242). Hiernach werden selbstständige Künstler und Publizisten in der allgemeinen
Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie die
künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben (§ 1 Nr. 1 KSVG) und im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen,
es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder ist geringfügig i.S. des §
8 Sozialgesetzbuch/Viertes Buch (
SGB IV).
Die Klägerin übt die Tätigkeit als Lehrerin in der musikalischen Früherziehung erwerbsmäßig seit 2003 und nicht nur vorübergehend
aus, ohne dass sie dabei weitere Arbeitnehmerinnen beschäftigt. Erwerbsmäßigkeit liegt vor, wenn die Tätigkeit zur Sicherung
des Lebensunterhalts und nicht nur aus Liebhaberei ausgeübt wird, mithin die Absicht verfolgt wird, ein über der Geringfügigkeitsgrenze
(von 3.900 Euro, vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG i.d.F. vom 5.12.2006) liegendes Arbeitseinkommen zu erzielen. Dies ist hier der Fall, denn die Klägerin bestreitet ihren
Lebensunterhalt aus der Tätigkeit als Musiklehrerin mit einem jährlichen Einkommen zwischen 8.314 Euro (2010) und 8.182 Euro
(2011) bzw. 10.000 Euro (voraussichtliche Angabe für 2013 vom 18.2.2013). Einkommensnachweise für die nachfolgende Zeit liegen
nicht vor. 3. § 2 Satz 1 KSVG (in der seit dem 1. Juli 2001 unveränderten Fassung) benennt drei Bereiche künstlerischer Tätigkeit jeweils in den Spielarten
des Schaffens, Ausübens und Lehrens, nämlich die Musik sowie die bildende und die darstellende Kunst. Eine weitergehende Festlegung,
was darunter im Einzelnen zu verstehen ist, ist im Hinblick auf die Vielfalt, Komplexität und Dynamik der Erscheinungsformen
künstlerischer Betätigungsfelder nicht erfolgt. Der Gesetzgeber spricht im KSVG nur allgemein von "Künstlern" und "künstlerischen Tätigkeiten", auf eine materielle Definition des Kunstbegriffs hat er hingegen
bewusst verzichtet (BT-Drucks. 8/3172 S. 21). Der Begriff ist deshalb aus dem Regelungszweck des KSVG unter Berücksichtigung der allgemeinen Verkehrsauffassung und der historischen Entwicklung zu erschließen (BSG, Urteil vom 1. Oktober 2009 - B 3 KS 2/08 R -, Rn. 10, juris). Er erfasst auf jeden Fall solche künstlerischen Tätigkeiten,
mit denen sich der "Bericht der Bundesregierung über die wirtschaftliche und soziale Lage der künstlerischen Berufe (Künstlerbericht)"
aus dem Jahre 1975 beschäftigte (BT-Drucks. 7/3071, BSG, Urteil vom 1. Oktober 2009 - B 3 KS 2/08 R -, Rn. 10, juris). Ausgehend von einem an der Typologie von Ausübungsformen orientierten
Kunstbegriff ist dieser dann erfüllt, wenn das zu beurteilende Werk den Gattungsanforderungen eines bestimmten Kunsttyps (z.B.
Theater, Malerei, Musik) entspricht. Dies beruht auf der Vorstellung, dass bei diesen Berufsfeldern das soziale Schutzbedürfnis
der Betroffenen zu unterstellen ist, ohne dass es auf die Qualität der künstlerischen Tätigkeit ankommt oder eine bestimmte
Werk- und Gestaltungshöhe vorausgesetzt wird (BSG, Urteil vom 1. Oktober 2009 - B 3 KS 2/08 R -, Rn. 10, juris).
a) Die Klägerin erteilt Gruppenkurse in musikalischer Früherziehung für Kinder ab einem Alter von ca. knapp 1 Jahr bis zu
7 Jahren, überwiegend aber in einem Alter von 3 bis zu 5 Jahren. Es kommt in ihrem Fall daher allein darauf an, ob sie mit
dieser Tätigkeit als Musikerin arbeitet und/oder "Musik" i.S. des § 2 Satz 1 KSVG "lehrt".
Allgemein bezeichnet der Begriff der musikalischen Früherziehung (MFE) das Regelangebot der im Verband deutscher Musikschulen
(VdM) zusammengeschlossenen Musikschulen für vier bis sechs Jahre alte Kinder (vgl. M. Neuhäuser, Musikalische Früherziehung,
1971; H. Rauhe, Hören und Verstehen, 1975; RICHTLINIEN für die Mitgliedschaft im Verband deutscher Musikschulen e.V. (VdM),
Bestandteil der Grundstufe, vgl. https://www.musikschulen.de/medien/doks/richtlinien.pdf, recherchiert am 9.10.2020). Der
Begriff MFE ist in der "Elementaren Musikpädagogik" für diesen Altersbereich etabliert; Mit der Vorverlagerung des Kindergarteneintrittsalters,
wie sie auch die Klägerin in der mündlichen Verhandlung für ihren Bereich berichtete, wird die MFE mittlerweile aber in zunehmendem
Maße auch schon für drei Jahre alte und auch noch jüngere Kinder angeboten. Der Unterricht in der MFE wird typischerweise
ohne Eltern durchgeführt und kann ohne besondere Voraussetzungen besucht werden. Die Begegnung mit den elementaren musikalischen
Erlebnis- und Ausdrucksweisen (Schulung des Hörens, Umgang mit der Stimme, Singen, Erfahrung von Rhythmus als Musik und Bewegung,
erstes Spiel mit einfachen Instrumenten, Grundkenntnisse der Musiklehre, Kennenlernen verschiedener Musikinstrumente) steht
im Mittelpunkt der MFE (so BSG, Urteil vom 1. Oktober 2009 - B 3 KS 2/08 R -, Rn. 11, juris). Davon werden Kursangebote für Kinder im Alter zwischen sechs
Monaten und viereinhalb Jahren abgegrenzt, die im Wesentlichen die gleichen Ziele wie die MFE verfolgen, aber altersentsprechend
(nur) in der Form von Eltern-Kind-Kursen stattfinden (sog. Vor-MFE, dazu BSG, Urteil vom 1. Oktober 2009 - B 3 KS 2/08 R -, Rn. 11, juris). Zu diesem Bereich gehören die sog. Musikgarten-Kurse, die
die erste Begegnung der Kinder mit Musik und Klängen verschiedener Art umfassen, wobei die Eltern in die Lage versetzt werden,
Musik in den Familienalltag hinüberzutragen und sich zu Hause mit den Kindern musikalisch zu beschäftigen (Schlaf-, Wiegen-,
Wickel-, Spiellieder, näher BSG, aaO).
Die Klägerin ist nach ihren Angaben und den vorgelegten Unterlagen in einem Bereich sowohl der Vor-MFE als auch der MFE tätig.
Bei Abgrenzung nach der überwiegend von ihr unterrichteten Altersgruppe der Kinder ist sie gemäß ihrer Angaben schwerpunktmäßig
in der MFE tätig (Drei- bis Fünfjährige). Das unterscheidet sie auch von der Klägerin im Verfahren des BSG (B 3 KS 2/08 R), die schwerpunktmäßig im Bereich der Vor-MFE tätig war. Die Grundsätze, die das BSG darlegt, sind insoweit zwar als überzeugend anzuwenden, sie können aber nicht - wie es das Sozialgericht offenkundig vorgenommen
hat - im Verhältnis 1:1 auf den Unterricht der Klägerin übertragen werden.
b) Ein speziell auf die MFE/Vor-MFE bezogener Beruf der Musiklehrer- oder, Musikpädagogen oder musikalischen Ausbilder wird
in dem mehr als 30 Jahre alten Künstlerbericht nicht erwähnt. Dies ist aber unschädlich. Der Bericht dient in Anbetracht der
gesellschaftlichen Wirklichkeit, die sich weiterentwickelt hat und der Tatsache, dass eine abschließende Begriffsbildung der
Vielfalt und Dynamik in der Entwicklung künstlerischer und publizistischer Berufstätigkeiten widersprechen würde, nur als
Einordnungshilfe. Als solche findet sich in dem Künstlerbericht der Katalogberuf des "Pädagogen bzw. Ausbilders" im Bereich
Musik (BSG, Urteil vom 1. Oktober 2009 - B 3 KS 2/08 R -, Rn. 13 unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien zum KSVG, BT-Drucks 8/3172, S. 21 und 9/26, S. 18; zu Musikpädagogen, siehe BT-Drs. 7/3071, S. 7). Für die Aus- und Weiterbildung
von Sängerinnen und Sängern sowie Instrumentalmusikern aller Art, Komponisten, Arrangeuren, Dirigenten, Chorleitern, professionellen
Discjockeys, Liedermachern sowie Liedtextern und Librettisten werden "Pädagogen bzw. Ausbilder im Bereich Musik" vom Regelungszweck
des § 2 Satz 1 KSVG erfasst. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Lehrer/Lehrerinnen über eine staatlich anerkannte musikalische Berufsausbildung
als Musiker oder Musikerin oder eine Berufsqualifikation als Musiklehrer verfügen oder ob angehende Berufsmusiker und -musikerinnen
oder Amateurmusiker und -musikerinnen unterrichtet werden, die nur in ihrer Freizeit am Unterricht teilnehmen und das Gelernte
auch nur für Freizeitzwecke verwenden wollen. So können auch Kinder und Jugendliche einen als "Lehre von Musik" einzustufenden
Musikunterricht z.B. im Musikverein, in der Schule oder im Internat erhalten. Voraussetzung ist aber jeweils, dass sie durch
den Unterricht befähigt werden sollen, selbst aktiv musikalisch tätig zu werden, etwa als Instrumentalmusiker, Gesangssolisten
oder Chorsänger (so einschränkend BSG, Urteil vom 1. Oktober 2009 - B 3 KS 2/08 R -, Rn. 14, juris unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung). Nicht mehr als
Lehre von Musik gilt ein Unterricht mit musikalischem oder sonstigen künstlerischem Einschlag, der aber vorrangig von sozio-
und psychotherapeutischen Zwecken (z.B. Musiktherapie, Tanztherapie, Mal- und Zeichentherapie) oder von pädagogischen bzw.
didaktischen Zielen geprägt ist. Denn hier stehen die musikalischen und sonstigen künstlerischen Elemente der Therapie oder
des Unterrichts im Dienste eines übergeordneten, nicht-künstlerischen Zweckes, haben also nicht das primäre Ziel, Schüler
zu befähigen, eine künstlerische Leistung zu vollbringen oder ein künstlerisches Werk zu schaffen, also z.B. ein Musikinstrument
zu spielen (BSG, Urteil vom 1. Oktober 2009 - B 3 KS 2/08 R -, Rn. 15). Das BSG hat diesen Zuschnitt des Begriffs "Lehre von Musik" unter expliziter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung skizziert und
zur Begründung der verengten Betrachtung ausgeführt:
"Die gesetzliche Gleichstellung der Lehre von Musik und darstellender bzw. bildender Kunst mit der - von der Verkehrsauffassung
schon immer als "künstlerische" Tätigkeiten eingestuften - Schaffung und Ausübung von Darbietungen und Werken der Kunst ist
nur gerechtfertigt, wenn die Lehre, also der praktische und theoretische Unterricht, darauf gerichtet ist, dem Lernenden die
Fähigkeiten und Fertigkeiten beizubringen, die erforderlich sind, um selbst zur Schaffung und Ausübung künstlerischer Darbietungen
und Werke in der Lage zu sein." (BSG, Urteil vom 1. Oktober 2009 - B 3 KS 2/08 R -, Rn.15, juris)
Davon ausgehend ist eine Lehrerin nicht bereits deshalb im Bereich der "Lehre von Musik" tätig, die an einer Musikschule Kinder
im Alter ab vier Jahren im Rahmen der MFE im Fach "Kreativer Tanz" unterrichtet, weil sie mit den Kindern unter Einsatz von
sogenannten Orffschen Instrumenten und Musikkassetten Rhythmus- und Klangübungen durchführt. Ein entsprechend weiter Begriff
der "Lehre von Musik" wird von den Gesetzesmaterialien nicht getragen und vom Sinn und Zweck des KSVG nicht gerechtfertigt (BSG, aaO, Rn. 17). So kann es auch bei Kindern im Alter bis zu sechs Jahren zwar im Einzelfall eine "Lehre von Musik" i.S. des
§ 2 Satz 1 KSVG geben, dies aber nur dann, wenn den Kindern schwerpunktmäßig Fähigkeiten oder Fertigkeiten vermittelt werden, die auf die
eigenständige aktive Ausübung musikalischer oder künstlerischer Betätigungen gerichtet sind, z.B. das Spielen eines Musikinstruments.
Dies kann durch theoretischen und praktischen Unterricht gleichermaßen geschehen. Steht bei einem solchen Unterricht die aktive
Musikausübung im Vordergrund, ist es auch unerheblich, wenn daneben pädagogisch-didaktische Zwecke verfolgt werden. Gegenstand
der Lehrtätigkeit muss daher vorrangig die Vermittlung praktischer oder theoretischer Kenntnisse sein, die den Fähigkeiten
und Fertigkeiten der Unterrichteten zur Ausübung bzw. Schaffung von Musik oder Kunst dienen" (BSG, Urteil vom 1. Oktober 2009 - B 3 KS 2/08 R, Rn. 17). Eine solche Vermittlung ist nicht gegeben, wenn trotz des Einsatzes
musikalischer Gestaltungsmittel wie z.B. Gesang und instrumentaler Klangerlebnisse der Unterricht in erster Linie dem Kommunikations-
und Kreativitätstraining der Kinder, dem Erlernen von Körpererfahrungen sowie der Förderung der Koordination, der Konzentration
und des Gemeinschaftssinns, also im weitesten Sinne pädagogischen Zwecken, aber nicht der unmittelbaren Hinführung zu einer
eigenständigen Musikausübung dient (BSG, aaO, Rn. 17).
c) Dem Berufsbild einer "Lehrerin für Musik" ist die Klägerin nur dann zuzuordnen, wenn ihre Tätigkeit in den Gruppenkursen
darauf gerichtet ist, die Kinder unmittelbar zur "Ausübung von Musik" zu befähigen. Dabei kommt es auf die Ziele, Inhalte
und die Gestaltung ihres Unterrichts an. Sie kann sich hingegen nicht auf die Bescheinigung der Senatsverwaltung für Bildung,
Jugend und Wissenschaft vom 7. November 2012 berufen. Diese bescheinigt, dass der angebotene Unterricht der musikalischen
Früherziehung ordnungsgemäß auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet.
Die Bescheinigung trifft hingegen unmittelbar keine Aussage dazu, ob die Klägerin Musik lehrt oder den Kindern Gesang und/oder
das eigenständige Ausüben von Musikinstrumenten und somit die "Ausübung von Musik" vermittelt. Eine für § 2 KSVG verbindliche Aussage i.S. einer Tatbestandswirkung kann der Feststellung schon deshalb nicht entnommen werden. Auch eine
Indizwirkung zugunsten einer Eigenschaft als Ausbilderin in Musik ist der Bescheinigung unter Berücksichtigung ihres Aussagegehalt,
des Prüfprogrammes sowie Sinn und Zwecks nicht beizumessen. Sie beruht auf § 4 Nr. 21 lit. a) bb) Umsatzsteuergesetz (UStG). Die Vorschrift benennt Leistungen, für deren Umsätze an sich gemäß § 1 UStG Umsatzsteuer zu entrichten ist. Dazu gehören auch entgeltliche Unterrichtsleistungen. Befreiungsfähig gemäß § 4 Nr. 21 lit. a) bb) UStG ist die allgemein- oder berufsbildende Wissensvermittlung durch private Schulen und andere Einrichtungen, wenn sie auf einen
Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Da es
auf die Rechtsform des Trägers der Einrichtung nicht ankommt, können so auch natürliche Personen die Steuerbefreiung für ihre
angebotenen Unterrichtsleistungen in Anspruch nehmen (BeckOK UStG/Ehrt, 25. Ed. 31.7.2020, UStG § 4 Nr. 21 Rn. 27). Maßgebend für die Auslegung ist aus Sicht des Steuerrechts die Art der erbrachten Leistungen, konkret ihre
generelle Eignung als Schul- oder Hochschulunterricht in Abgrenzung zur bloßen Freizeitgestaltung. Dabei haben die Bescheinigungen
der Landesbehörde für das Steuerrecht insofern Indizwirkung als davon auszugehen ist, dass Leistungen, die tatsächlich dem
Anforderungsprofil der Bescheinigung entsprechen, nicht den Charakter einer bloßen Freizeitgestaltung haben. Es lässt sich
nach steuerrechtlicher Rechtsprechung aus der Bescheinigung ein Indiz dafür entnehmen, dass die Unterrichtsinhalte auch unmittelbar
dem Schul- und Bildungszweck dienende Unterrichtsleistungen an allgemeinbildenden Schulen sein könnten (BFH, Urteil vom 24.1.2008
- V R 3/05 - beckonline). Für die Frage, ob die Inhaberin der Bescheinigung gerade Fertigkeiten zur eigenständigen Ausübung von Musik
an die Kinder vermittelt, ergibt sich hingegen keine entsprechende Indizwirkung. Die Bescheinigung ist also für die Begrifflichkeit
der Künstlersozialversicherung schlicht zu unspezifisch. d) Der Sache nach sprechen mehr Argumente dafür, dass der von der
Klägerin verantwortete Unterricht zwar Elemente aufweist, die der (späteren) Heranführung zu einer eigenständigen Musikausübung
der Kinder dienen können. Dies geschieht aber vorbereitend und i.S. einer Grundlagenvermittlung. Der Unterricht vermittelt
hingegen (noch) keine Kenntnisse und Fertigkeiten für die eigenständige Musikausübung selbst. Das gilt auch bei Berücksichtigung
der Tatsache, dass die Kinder die ihnen von der Klägerin auf einzelnen Instrumenten dargebotenen Inhalte imitieren (dazu aa)
und bb)). Die vermittelten Grundlagen dienen zudem der (allgemein) frühkindlichen ganzheitliche Entwicklung der Kinder und
haben so pädagogischen Charakter (cc). Bei Gesamtbetrachtung der verschiedenen Unterrichtsmerkmale vermittelt der Unterricht
der Klägerin so einerseits einen (unbefangenen) Zugang zu musikalischen Aktivitäten, er zielt aber andererseits auch darauf
ab, die kindliche Entwicklung der Bereiche Kognition, Emotion und Selbstempfinden, Motorik, Interaktion, Sprache, Sinneswahrnehmungen
sowie Inter- und Transkulturalität wie auch die Kreativität zu fördern. Insoweit wird bei den Kindern ein breiteres Bildungsziel
verfolgt, wie es der frühkindlichen Bildung in Kinderbetreuungseinrichtungen eigen ist und diese im Gegensatz zum Ziel in
den Musikschulen auszeichnet (e.).
aa) Für die Frage, ob die Kinder von der Klägerin mit dem Unterricht befähigt werden, aktiv Musik/Gesang auszuüben, ist zwar
nicht entscheidend, ob es das Ziel ist, sie zu Berufsmusikerinnen oder Amateurmusikerinnen auszubilden (dazu oben). Die Kinder
müssen aber gerade mit dem klägerischen Unterricht befähigt werden, Musik selbst auszuüben, d.h. mit Stimme oder Instrument
zu interpretieren und darzubieten, d.h. auch vor Dritten aufzuführen. Dazu gehört, dass sie im Unterricht nicht nur mit einzelnen
Instrumenten bekanntgemacht, sondern in deren Handhabung konkret unterwiesen und i.S. einer planhaft-weiterentwickelnden Ausbildung
zur eigenen Musikausübung geführt werden. Das gilt unabhängig davon, ob die eigene Stimme als "Instrument" dienen soll, also
eine Solo- oder Chor-Gesangsausbildung erfolgt, oder ein Musikinstrument erlernt wird.
Ausgehend davon spricht für eine Vermittlung von Fertigkeiten zwar, dass die Klägerin schwerpunktmäßig mit den Kindern singt
und dies auch im Chor tut. Ein wöchentliches gemeinsames Singen fördert, dass die Kinder die eigene Stimme kennenlernen, ihre
Ausdrucksfähigkeit erforschen, Grundlagen der Melodieführung kennenlernen, das Hören trainieren sowie das gemeinsame (musikalische)
Agieren erfahren. Dies geschieht vor allem durch Wiederholung von Liedern und nutzt die naturgegebene Fähigkeit und Neigung
von Kindern zur Wiedererkennung und Nachahmung. Der Effekt ist zwar nicht allein Kindern vorbehalten, sondern jedem Lernen
eigen. Er stellt im Bereich des Musizierens darüber hinaus auch einen unverzichtbaren Baustein des späteren eigenständigen
Ausübens von Musik, z.B. bei der Improvisation dar. Die Kinder, die die Klägerin unterrichtet, werden aber vor allem durch
Anregung zur Imitation angeleitet, selbst zu singen. Die Klägerin berichtete in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anschaulich,
dass sie es mit ihren eigenen Darbietungen vor den Kindern versteht, bei diesen nicht nur Interesse, sondern Begeisterung
zu erwecken, so dass sie das Gehörte zuhause vielfach imitieren. Das ergibt sich aus den Erzählungen der Eltern. Damit erhalten
die Kinder in den Kursen keinen Unterricht i.S. eines Repetierens und Einübens unter Aufsicht der Klägerin, ggf. auch verbunden
mit regelmäßiger Kontrolle des Erlernten. Die Kinder erhalten weder eine besondere Stimm- oder Atembildung noch eine theoretische
Ausbildung oder Einzelunterricht bzw. individuelle Förderung nach einem Curriculum, das auf eine Gesangsbildung hin zu eigenständigem
Singen zielt. Speziell das wöchentliche Gruppen-Singen (unisono und im Kanon) dient schwerpunktmäßig nicht dazu, die Kinder,
zu (Chor-)Sängerinnen und Sängern auszubilden, die eigenständig Musik ausüben. Dazu würde gehören, ihnen gezielt weitere Grundlagen
bzw. Techniken und Fertigkeiten im (Chor-)Gesang zu vermitteln, wie z.B. eine Harmonie- und Notenlehre, z.B. basierend auf
aufeinander aufbauenden und bezogenen Elementen. Auf eine solche spezielle (Aus-)Bildung ist der Unterricht, den die Klägerin
anbietet, aber zur Überzeugung des Senats und auch nach eigener Darstellung nicht ausgerichtet. Dies zeigt sich u.a. darin,
dass sie bevorzugt altersgerechte Kinderlieder und einfache Volkslieder mit den Kindern einstudiert und diese zum Teil mit
Orffschen Instrumenten von den Kindern begleiten lässt. Dazu bewegen sich die Kinder u.a. auch rhythmisch mit den Instrumenten
im Raum, wie sich auch den aktenkundigen Fotoaufnahmen gut entnehmen lässt. Zwar erfordert das eigenständige Musizieren wie
auch allgemein die Ausübung von Kunst keine bestimmte Werkhöhe, so dass (wohl) nicht darauf abgestellt werden darf, welche
Lieder gesungen werden und ob Krippen- und Vorschulkinder überhaupt in der Lage sein können, auch komplexere musikalische
Werke zu singen. Ein Merkmal ausgebildeter (Chor-) Sängerinnen und Sänger ist aber gerade, dass sie nicht nur Kinder- und
Volkslieder, sondern auch Kunstlieder und geistliche Lieder etc. interpretieren. Renommierte (Knaben-)Chöre (z.B. der Thomanerchor)
besuchen zwar auch Kindertageseinrichtungen, um talentierte Kinder zu finden. Sie bilden nach eigener Darstellung aber erst
Grundschulkinder gesanglich aus, um diese zu befähigen ggf. als "Anwärter" eine Aufnahmeprüfung zu durchlaufen (vgl. nur beispielhaft:
https://www.thomanerchor.de/de/thomaner-werden.html). Die Klägerin betont hingegen selbst für ihren Unterricht: Das Singen
der Kinder fördere u.a. deren emotionale Ausdrucksfähigkeit und habe nachweislich Auswirkung auf ihre (Sprach-) Entwicklung
(musizierende Vorschüler seien "schlauer"). Diese Ziele des Singens und begleitenden Musizierens und Bewegens sind keine gesangsbildenden
Ziele, sondern solche, die jede MFE für sich in Anspruch nehmen kann. Sie dienen neben der Vorbereitung auf einen möglichen
späteren Musik- und Gesangsunterricht der allgemeinen kindlichen Entwicklung (dazu cc. und e.).
bb) Die Klägerin vermittelt keine Kenntnisse und Fertigkeiten, die die Kinder zur eigenständigen Instrumental-Musikausübung
ermächtigen. Zwar singt sie nicht nur mit den Kindergruppen, sondern hat nachvollziehbar dargelegt und mit Fotoaufnahmen zuletzt
im Berufungsverfahren illustriert, dass auch die Verwendung von Instrumenten einen großen Raum in ihrem Unterricht einnimmt.
Dies vermittelt den Kindern aber noch nicht unmittelbar Fähigkeiten und Fertigkeiten, die sie dazu befähigen, Instrumentalkünste
eigenständig auszuüben. Es ist daher nicht zu prüfen, ob dieser Unterrichtsanteil einen Schwerpunkt bildet. Auch insoweit
zielt der Unterricht darauf ab, dass die Kinder animiert werden, sich zuhause mit Instrumenten zu beschäftigen. Ein Unterrichten
der Kinder an den Instrumenten im Unterricht mit ggf. auch korrigierenden Eingriffen in das Spiel findet nicht statt (vgl.
dazu bereits oben zum Singen unter aa.). Der Unterricht verbleibt so noch auf einer Vorstufe zu einer möglichen planhaften
Ausbildung im Instrumentenspiel. Das gilt auch, wenn der weitere Unterrichtsteil mit in den Blick genommen wird, in dem die
Klägerin einzelne Musikinstrumente in einer Art Instrumentenkarussell einführt. Dabei geht es darum, Instrumente und Instrumentengruppen
den Kindern erstmals vorzustellen und zu erklären. Es werden einzelne Instrumente demonstriert, indem die Klägerin diese nicht
nur - visuell unterstützt mit Fotos und Übersichten - darstellt, sondern auch Klangbeispiele vorspielt oder vorspielen lässt
(live oder auf Tonträger). Die Fotodokumentation und die schriftlichen Erläuterungen der Klägerin dazu zeugen von einer teilweise
sehr intensiv-anschaulichen Beschäftigung mit einzelnen Instrumenten und Instrumentengruppen (z.B. Flöten und Streichinstrumente).
So hören die Kinder Musik, während sie sich gleichzeitig mit Plakaten zu dem Gehörten beschäftigen, indem diese den Aufbau
und Klangerzeugung der verschiedenen Instrumente illustrieren. Die Kinder lernen nicht nur Instrumentenfamilien kennen, sondern
auch unterscheiden (Holz-, Blechblas-, Seiteninstrumente). Dies befähigt sie aber nicht unmittelbar dazu, einzelne Instrumente
zu spielen, sondern viele Instrumente erst einmal quasi auf einer Vorstufe auch spielerisch kennenzulernen. Das dient ohne
Zweifel dazu, neben der Wissensvermittlung und Orientierung in Gestalt der Instrumentenkunde auch gleichzeitig eine persönliche
Neigung von einzelnen Kindern für ein bestimmtes Instrument früh auszuloten oder konkret zu wecken. Auf die Vermittlung von
Fähigkeiten und Fertigkeiten, bezogen auf ein konkretes Instrument, ist auch dieser Unterrichtsteil aber nicht ausgerichtet.
Das belegen die Fotos, die die Klägerin eingereicht hat. Sie lassen erkennen, dass es teilweise mehrere Instrumente gibt,
die die Kinder einzeln oder gemeinschaftlich ausprobieren können (Akkordeon, Klavier, Gitarren und Balalaika, Fubodenklavier).
Nichts anderes folgt aus der Einbindung von allen Arten von Orffschen Instrumenten als Begleitung zu Gesang und Tanz ("Elementarisches
Instrumentarium" u.a. mit einer Dominanz des Perkussiven). Deren Einsatz dient nach der Grundkonzeption von Carl Orff selbst
dazu, Musik mit Bewegung (Tanz) zu verbinden und sich dabei selbst wahrzunehmen (vgl. auch cc)).
Dabei lässt der Senat nicht außer Betracht, dass der Unterricht der Klägerin Kinder dazu motiviert, sich zu Hause eigenständig
musikalisch kreativ zu betätigen, wie z.B. zu improvisieren etc. (zu solchen nachweisbaren Wirkungen in der Zielgruppe der
vier- bis sechsjährigen Kinder, die an MFE zwei Jahre teilnahmen, vgl. "Studie zu Wirkungen und Voraussetzungen der Musikalischen
Früherziehung" des Verbandes deutscher Musikschulen (VdM) aus dem Jahr 2008, https://www.musikschulen.de/medien/doks/projekte/Zusammenfassung-MFE-Studie-deutsch.pdf,
recherchiert am 7.10.2020). Auch dies kann für eine spätere Ausbildung Türöffnerfunktion haben, stellt aber noch keine eigenständige
Musikausübung i.S. des § 2 KSVG dar. Es kann ihr nach Sinn und Zweck der "Lehre von Musik" auch nicht gleichgestellt werden. Das zeigt sich im Fall der Klägerin
nicht zuletzt daran, dass das gemeinschaftliche Singen und Musizieren nicht darauf angelegt ist, mit den Kindern vor Publikum
aufzutreten. Auftritte erfolgen nur im Rahmen von Veranstaltungen der Betreuungseinrichtungen (Laternenumzug), somit im "geschützten
Raum". cc) Die von der Klägerin vermittelte Bildung ist eine breite Bildung der Krippen- und Vorschulkinder, dagegen keine
spezifisch musikalische. Das wird daran deutlich, dass ihr Unterricht, wie vorschulische Bildung allgemein, das ganze Kind
in den Blick nimmt und weniger einzelne Fertigkeiten und Fähigkeiten vermittelt. So animiert und leitet die Klägerin die Kinder
zu - auch kreativem - Tanz, d.h. zur Bewegung zur Musik an. Dies erfolgt allerdings nicht im Sinne eines Tanzunterrichtes
zur eigenständigen Ausübung durch die Kinder. Gefördert wird zwar das Rhythmus- und Körpergefühl der Kinder. (Kreativer) Tanz
dient bei Klein- und Vorschulkindern aber stets auch dazu, Bewegung und Koordination zu fördern sowie zur mentalen und emotionalen
Ausgeglichenheit beizutragen. Die interaktive Kommunikation von "Musik im Körper", wie sie gerade im Rahmen der MFE zum Einsatz
kommt, fördert Sozialkompetenzen und soll sich positiv auf spätere Schulleistungen auswirken (vgl. dazu https://www.erzieherin-ausbildung.de/praxis/fachpraktische-hilfe-fachtexte/hier-spielt-die-musik-musikalische-frueherziehung-krippe-und-kita.de).
Dazu passend wohnen Eltern und Erzieherinnen teilweise dem Unterricht bei oder nehmen an ihm teil und achtet die Klägerin
darauf, dass das Erlernte auch in die Familien mitgenommen werden kann.
e.) In der Gesamtschau animiert der Unterricht der Klägerin Kinder dazu, eigenständig kreativ zu werden, macht sie mit einzelnen
Instrumenten vertraut und fördert genauso Intelligenz, Begabung und soziale Kompetenzen (vgl. dazu die (vergleichende) "Studie
zu Wirkungen und Voraussetzungen der Musikalischen Früherziehung" des Verbandes deutscher Musikschulen (VdM), 2008, https://www.musikschulen.de/medien/doks/projekte/Zusammenfassung-MFE-Studie-deutsch.pdf,
vgl. auch https://www.erzieherin-ausbildung.de/praxis/fachpraktische-hilfe-fachtexte/hier-spielt-die-musik-musikalische-frueherziehung-krippe-und-kita.de,
recherchiert am 7.10.2020). Auf eine möglicherweise abweichende Beurteilung der MFE, soweit sie in Musikschulen stattfindet,
kann sich die Klägerin nicht berufen. Dies hängt zum einen von der konkreten einzelnen Ausgestaltung des Unterrichts ab. Zum
anderen ist insoweit auch der institutionelle Rahmen "Musikschule" in den Blick zu nehmen. Diese sind schwerpunktmäßig auf
die Vermittlung von musikalischen Kenntnissen und Fertigkeiten ausgerichtet. Dieses besondere "Setting" wirkt in die Unterrichtssituation
hinein.
f.) Die Klägerin schafft schließlich nicht selbst Musik i.S. des KSVG, weil sie regelhaft vor den Kindergruppen in ihren Kursen Musik (Gesang und Musikspiel) darbietet. Leitbild von Musikern
und Künstlern i.S. des KSVG ist - ausgehend von den im Künstlerbericht 1975 genannten Berufsgruppen - die nach außen gerichtete Darstellung von Kunst
oder Musik. Das meint Darbietungen, die sich grundsätzlich an eine unbeschränkte, wenn auch wechselnde und unterschiedlich
große Öffentlichkeit als Publikum richten. Darbietungen, die allein in einem Unterrichtskontext erfolgen, erfüllen dieses
Merkmal nicht. Sie können allenfalls Bestandteil der Lehre von Musik sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen - vor dem Hintergrund der Grundsätze des BSG (B 3 KS 2/08 R), die zur Anwendung gelangen - nicht.