Der Zufluss auf ein im Soll stehendes Konto ist als Einkommen bei der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung zu berücksichtigen
Tatbestand
Der Kläger begehrt höhere ergänzende Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 4. November 2009 bis zum 31. März 2010.
Der Kläger war selbständiger Kameramann und leistungsberechtigt nach § 7 SGB II. Seine Unterkunftskosten beliefen sich im streitigen Zeitraum auf 229,-- Euro monatlich; das war sein Anteil an den Gesamtkosten
von 925,-- Euro einer 4er-WG. Der Kläger war über die Künstlersozialkasse (KSK) sozialversichert; sein Rentenversicherungs(RV)-Beitrag betrug 61,36 Euro,
sein Krankenversicherungs(KV)-Beitrag 48,72 Euro und sein Pflegeversicherungs(PV)-Beitrag 6,01 Euro bis Ende 2009. Ab dem
1. Januar 2010 wurde der RV-Beitrag ausweislich eines undatierten Bescheides der KSK aus dem Januar 2010 auf 53,90 Euro gesenkt.
Auf seinen Antrag vom 4. November 2009 unter Beifügung einer vorläufigen EKS bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 17.
Dezember 2009 dem Kläger vorläufig Leistungen nach den SGB II für den Zeitraum vom 4. November 2009 bis zum 31. März 2010. Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 31. März 2010 unter Beifügung
einer vorläufigen EKS und einer abschließenden EKS für den vergangenen Bewilligungszeitraum änderte der Beklagte mit Bescheid
vom 7. April 2010 die vorläufige Bewilligung für den Zeitraum vom 4. November 2009 bis zum 31. März 2010 ab (Leistungsbetrag
November 131,64 Euro, Dezember bis März 146,27 Euro).
Der Kläger reichte mit Datum vom 10. November 2010 eine abgeänderte EKS für den streitigen Zeitraum – auch für die Folgezeiträume
– nebst einem Erläuterungsschreiben und Belegen ein. Darauf wird wegen der Einzelheiten verwiesen. Zu erwähnen ist: Das ihm
im April 2010 zugeflossene Preisgeld von 4.500,-- Euro sei zweckgebunden für ein neues Projekt zu verwenden gewesen; dank
eines Dispokredits in Höhe von 4.000,-- Euro habe er schon vorab das entsprechende Equipment erwerben können. Eine Einnahme
von 400,-- Euro (H. T., L.) sei nicht anzurechnen, weil es sich um die Beteiligung an einem privaten Preisgeld handele und
ihm lediglich aus der Verschuldung habe heraushelfen sollen. Neben den Zuflüssen auf sein Konto habe er Bareinnahmen von 150,--
Euro und 400,-- Euro erzielt. Telefonkosten bei Eplus seien beruflich veranlasst, privat habe er den Anbieter O2 verwendet.
Fortbildungskosten seien entstanden durch das Anschauen von ausgewählten Filmen im Kino und auf DVD sowie aufgrund eines Abonnements
der Zeitschrift „TV Kameramann“. Weitere Kosten seien durch Anschaffung von Notebooktasche und Festplatte entstanden.
Mit Bescheid vom 5. Januar 2011 bewilligte der Beklagte endgültig Leistungen für den Bewilligungszeitraum vom 4. November
2009 bis 31. März 2010 (Leistung mtl. 211,84 Euro, für Nov. 190,65 Euro). Dabei ging er von einem Einkommen aus Selbständigkeit
des Klägers in Höhe von 618,04 Euro aus.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 21. Januar 2011 Widerspruch ein und rügte vor allem die mangelnde Nachvollziehbarkeit
der Berechnungen. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2012 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat am 27. Februar 2012 Klage erhoben, die zunächst auch weitere Bewilligungszeiträume umfasste. Mit Abtrennungsbeschluss
vom 8. Juni 2012 hat das Sozialgericht die Bewilligungszeiträume auf verschiedene Verfahren aufgeteilt und damit das vorliegende
Verfahren auf den Bewilligungszeitraum vom 4. November 2009 bis zum 31. März 2010 beschränkt. Der Kläger hat sich im Wesentlichen
gegen die Nichtberücksichtigung von Ausgaben gewendet und das im Einzelnen erläutert.
Mit Urteil vom 29. März 2018 hat das Sozialgericht den Beklagten – unter Abänderung der Bescheide vom 5. Januar 2011 und 27.
Januar 2012 – verpflichtet, dem Kläger um 693,76 Euro höhere Leistungen für den Zeitraum vom 4. November 2009 bis zum 30.
März 2010 zu gewähren, und die Klage im Übrigen – gerichtet auf höhere Leistungen und diverse Feststellungen – abgewiesen.
Ein Verzinsungsanspruch könne nicht erstritten werden; das setze zunächst die entsprechende Bescheidung durch den Beklagten
voraus. Im Einzelnen hat das Sozialgericht ausgeführt:
Der Bedarf des Klägers bestehe aus dem Regelbedarf von 359,-- Euro und Kosten der Unterkunft in Höhe von 229,-- Euro (588,--
Euro; im November anteilig 529,20 Euro). Auf der Einnahmeseite seien die vom Kläger angegebenen Einnahmen (300,-- Euro, 150,--
Euro, 350,-- Euro, 800,-- Euro, 550,-- Euro, 500,-- Euro, 93,25 Euro) sowie ein Zufluss von 500,-- Euro am 5. November 2009
anzurechnen. Als weiteres Einkommen sei ein Barzufluss von 400,-- Euro für Kameravermietung zu berücksichtigen. Insgesamt
ergäbe das eine Summe von 3.643,25 Euro. Auf der Ausgabenseite seien insgesamt 1.508,74 Euro anzuerkennen, nämlich
Reisekosten
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260,30 Euro
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Investitionskosten
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793,34 Euro (4.793,34 Euro Technik, Laptoptasche, Festplatte abzügl. Dispokredit 4.000,-- Euro)
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Büromaterial
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24,06 Euro
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Telefonkosten
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138,15 Euro (Hälfte der belegten 276,20 Euro)
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Mietfahrzeug
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38,-- Euro
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Fortbildung
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15,-- Euro
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Bewerbungskosten
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37,-- Euro
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S.
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2,99 Euro
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Tilgung
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200,-- Euro.
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Bewirtungskosten 13,20 Euro würden nicht zum Leistungsbezug passen. Bankzinsen könnten nicht der selbständigen Tätigkeit zugerechnet
werden.
Monatlich sei damit ein Gewinn von 426,88 Euro erzielt worden. Nach § 11 Abs. 2 Nr. 2 SGB II seien KV/PV-Beiträge von 54,73 Euro sowie RV-Beiträge von 61,36 Euro bzw. ab Januar 53,90 Euro zu berücksichtigen. Für private
Versicherungen seien pauschal 30,-- Euro abzuziehen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 AlgII-VO). Hier gingen auch die Unfallversicherungsbeiträge
des Klägers ein. Nach § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II seien die H.-Tickets im Januar und März (wegen der Lehrtätigkeit des Klägers) sowie die Kontoführungsgebühren jeweils zur
Hälfte anzurechnen, zudem die H.-Ergänzungstickets in den beiden Monaten. Weiter sei nach § 11 Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. § 30 SGB II ein Betrag von 20 % des den Sockel von 100,-- Euro übersteigenden Einkommens abzuziehen (426,88 – 100 = 326,88 x 20 % = 65,38
Euro). Schließlich seien nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II statt der Positionen nach Nrn. 3 bis 5 pauschal 100,-- Euro anzusetzen. Es ergebe sich ein Abzug von 281,47 Euro im November
und Dezember (54,73 + 61,36 + 100 + 65,38) bzw. 274,01 Euro von Januar bis März (54,73 + 53,90 + 100 + 65,38). Im Dezember
sei noch als Einkunft der nicht beruflich veranlasste Betrag von 400,- Euro vom 8. Dezember 2009 anzurechnen. Insgesamt ergebe
sich
für November 2009: 426,88 – 281,47 = 145,41, Anspruch also 383,79 Euro,
für Dezember 2009: 426,88 + 400 – 281,47 = 545,41, Anspruch also 42,59 Euro,
für Januar bis März 2010: 426,88 – 274,01 = 152,87, Anspruch also 435,13 Euro.
Die Differenz zu der Bewilligung vom 5. Januar 2011 betrage 693,76 Euro.
Gegen das ihm am 13. Juni 2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26. Juni 2018, einem Dienstag, Berufung eingelegt. Er
wendet sich u.a. gegen die Annahme des Sozialgerichts, dass die unter dem 5. Januar 2011 beschiedenen Leistungen auch tatsächlich
erbracht worden seien – vielmehr habe es keine Nachzahlung gegenüber der Bescheidung vom 7. April 2010 gegeben und fehlten
daher 321,29 Euro –, und gegen die Abweisung des Zinsanspruchs. Im Einzelnen macht er weiter geltend:
Die Einnahme von 400,- Euro dürfe nicht angerechnet werden, weil sie als lediglich wegen seiner Teilnahme an einem Filmfest
in Lünen ohne jegliche Rechtspflicht geleistet worden sei. Die Einnahme von 500,- Euro am 5. November 2009 sei kein bereites
Mittel gewesen, weil die Dispo-Kreditlinie anschließend gestrichen worden sei. Der Auslagenerstattung in Höhe von 93,25 Euro
stünden entsprechende Ausgaben entgegen, die unberücksichtigt geblieben seien. Der RV-Beitrag habe im Januar 2010 noch 61,36
Euro betragen. Die H.-Karte sei durchgehend zu berücksichtigen, weil diese Mobilität beruflich erforderlich sei. Für das Mietfahrzeug
seien Benzinkosten – pauschal – anzusetzen, weil es nicht ohne Benzinverbrauch hätte bewegt werden können. Die Bewirtungskosten
von 13,20 Euro hätten der Generierung von Einnahmen gedient. Die Sollzinsen stünden im betrieblichen Zusammenhang bzw. seien
wegen der verzögerten Bewilligung entstanden. Schließlich sei der Regelsatz zu niedrig berechnet i.S.d. Rechtsprechung des
BVerfG und müsse die Nachzahlung verzinst werden.
Der Kläger beantragt,
1. auf die Berufung des Klägers wird das ihm am 25. Mai 2018 zugestellte Urteil vom 29. März 2018 des Sozialgerichts Hamburg
teilweise aufgehoben.
2. Das Berufungsgericht verpflichtet den Beklagten, den Änderungsbescheid vom 5. Januar 2011 zurückzunehmen und stellt fest,
dass der Berechnung der dem Kläger zustehenden weitergehenden höheren Leistungen nach dem SGB II die ausweislich im formell bestandskräftig gewordenen Änderungsbescheid vom 7. April 2010 bewilligten Leistungen zugrunde
gelegt und die ausweislich unter Abschnitt Buchstabe C. mit „abschließenden Angaben zum Einkommen nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes“
(EKS vom 10.11.2010) ausgewiesenen Absetzbeträge ohne pauschalen Abzug berücksichtigt werden müssen.
3. Der Kläger beantragt die Zahlung von 321,29 Euro aus dem Bescheid vom 5. Januar 2011, der Betrag nämlich, der zwar bewilligt
aber nicht ausgezahlt wurde.
4. Das Berufungsgericht stellt ferner fest, dass die vorläufige Entscheidung gemäß §
328 SGB III in Gestalt des Änderungsbescheides vom 7. April 2010 formell bestandskräftig geworden ist,
5. hilfsweise stellt das Berufungsgericht fest, dass der Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2012 aufgehoben und der Änderungsbescheid
vom 5. Januar 2011 nichtig im Sinne des §
328 Absatz
3 SGB III ist und keine materielle Bestandskraft erreicht hat.
6. Darüber zu befinden, ob der Beklagte seine Verpflichtung aus § 20 SGB X in Verbindung mit § 11b SGB II, § 13 SGB II hinreichend nachgekommen ist.
7. Der Kläger ist seinen Mitwirkungspflichten ständig und ohne Fehlen nachgekommen und hat § 60 SGB II erfüllt. Er hat das Vorliegen seiner Hilfebedürftigkeit gemäß Anlagen K 1 bis K 17 plausibel und widerspruchsfrei dargelegt.
8. Weiter wird die Verzinsung des nachzuzahlenden Betrages nach §
44 SGB I beantragt.
Der Vertreter des Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtenen Bescheide.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der
Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats waren.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung ist statthaft (§§
143,
144 Sozialgerichtsgesetz –
SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§
151 SGG) erhoben. Sie ist auch überwiegend begründet. Der Kläger kann noch eine Zahlung aus dem Bescheid vom 5. Januar 2011 sowie
darüber hinaus eine höhere Bewilligung verlangen. Auch der Zinsanspruch ist berechtigt.
1.
Die Anträge 4 bis 7 jedoch, gerichtet auf verschiedene Feststellungen und im Wesentlichen bereits vor dem Sozialgericht verfolgt,
sind unzulässig mangels Feststellungsinteresses. Denn weder wird dem Kläger der Vorwurf mangelnder Mitwirkung bzw. Pflichterfüllung
(Antrag 7) gemacht noch vermöchten die Feststellungen (Anträge 4 bis 6) dem Kläger Vorteile zu verschaffen, die er nicht bereits
durch die Anträge 1 bis 3 erreichen kann.
2.
Den Anträgen 1 und 2 des Klägers ist das Begehren nach Abänderung des Urteils des Sozialgerichts und der für die endgültige
Leistungsentscheidung maßgeblichen Bescheide des Beklagten vom 5. Januar 2011 und 27. Januar 2012 sowie nach höherer Leistungsbewilligung
für den Zeitraum vom 4. November 2009 bis zum 31. März 2010 zu entnehmen. Dieses Begehren hat überwiegend Erfolg.
a.
Aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu den Regelleistungen des SGB II (Urteil vom 9.2.2010 – 1 BvL 1/09, 3/09, 4/09) ergibt sich allerdings nichts für den Kläger. Das BVerfG hat hier zwar die Verpflichtung des Gesetzgebers postuliert,
ein Verfahren zur realitäts- und bedarfsgerechten Ermittlung der notwendigen Leistungen zu schaffen; der Gesetzgeber sei aber
gerade nicht aus der Verfassung unmittelbar zur Festsetzung höherer Leistungen verpflichtet (juris, Rn. 211). Entsprechend
heißt es im Tenor unter 2.: „Bis zur Neuregelung, die der Gesetzgeber bis spätestens zum 31.Dezember 2010 zu treffen hat,
sind diese Vorschriften weiter anwendbar“.
b.
Der Senat errechnet allerdings auf der Grundlage der vom Kläger am 10. November 2010 eingereichten Unterlagen höhere Leistungsansprüche
– hinsichtlich der maßgeblichen Rechtsvorschriften wird auf das Urteil des Sozialgerichts verwiesen – als bislang bewilligt.
Auf der Einnahmenseite sind die Kontogutschriften
500,-- Euro I1 (vom 5.11.2009)
300,-- Euro M. (vom 4.12.2009)
350,-- Euro H1 (vom 15.12.2009)
400,-- Euro L1 (vom 8.12.2009)
800,-- Gage, Kameramiete J. (vom 5.3.2010)
550,-- Medienakademie (vom 9.3.2010)
500,-- I. (vom 16.3.2010)
sowie die vom Kläger angegebenen Bareinnahmen von 150,-- Euro und 400,-- Euro zu berücksichtigen, mithin insgesamt 3.950,--
Euro.
Der Senat lässt – anders als das Sozialgericht – die Gutschrift über 93,25 Euro (vom 29.3.2010) außer Betracht, weil es sich
hier um eine Erstattung handelte für Bahntickets im Zusammenhang mit einem beruflichen Zweck (Bl. 456 der Gerichtsakte). Die
Einnahme vom 5. November 2009 ist zu Recht angerechnet worden. Denn auch der Zufluss auf ein im Soll stehendes Konto ist als
Einkommen zu berücksichtigen; die entsprechende Dispo-Rückführung ist eine Art der Einkommensverwendung (vgl. Söhngen, jurisPK-SGB II, § 11 Rn. 53 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 29.4.2015 – B 14 AS 10/14 R). Auch wurde nicht im Nachgang die Überziehungslinie geschlossen und damit die Verwendung des Zuflusses verhindert; vielmehr
wurde im Vorgriff auf das zu erwartende Preisgeld die Dispo-Linie erhöht und die Kontoüberziehung erst mit dem Preisgeld zurückgeführt.
Auch die Einnahme von 400,-- Euro am 8. Dezember 2009 ist bei den Einnahmen aus der beruflichen Tätigkeit anzurechnen. Auch
als Gabe ohne Rechtpflicht, also als Schenkung, ist dies nämlich eine Einnahme, die überdies nach Auffassung des Senats in
beruflichem Zusammenhang steht.
Diesen Einnahmen stehen Ausgaben in Höhe von 1.772,61 Euro gegenüber. Der Senat berücksichtigt im Einzelnen: Reisekosten in
Höhe von 260,30 Euro, Investitionen in Höhe von 793,34 Euro und Bürokosten in Höhe von 24,06 Euro wie das Sozialgericht. Hinzu
kommen die geltend gemachten Bewirtungskosten in Höhe von 13,20 Euro, die nach ihrer Höhe angemessen erscheinen und deren
berufliche Begründung plausibel ist. Telefonkosten setzt der Senat in Höhe von 249,80 Euro an; bei E. sind 223,30 Euro belegt
und dem beruflichen Bedarf zuzurechnen, DSL in Höhe von 53,-- Euro kann wegen der gemischten privat/beruflichen Nutzung hälftig
berücksichtigt werden. Mietwagenkosten sind in Höhe von 43,63 Euro statt 38,-- Euro anzuerkennen, weil hier die Tankbuchung
vom 10. Dezember 2009 über 5,63 Euro zusätzlich anfiel. Die Fortbildungskosten sieht der Senat in Höhe von 148,29 Euro als
belegt und angemessen an und zweifelt weder hinsichtlich der Fachzeitschrift (64,90 Euro) noch hinsichtlich der DVD-Käufe
(12,90 Euro, 8,99 Euro) und Kinotickets (lesbar: 6,-- Euro, 9,-- Euro, 5,-- Euro, 6,-- Euro, 8,-- Euro, 5,50 Euro, 5,-- Euro,
11,-- Euro, 6,-- Euro) an dem beruflichen Zusammenhang der Ausgaben. Bewerbungskosten in Höhe von 37,-- Euro, S. 2,99 Euro
und Tilgung 200,-- Euro hat das Sozialgericht zutreffend einbezogen. Bankzinsen von 1,55 Euro können der beruflichen Seite
nicht klar zugeordnet werden, weil das Konto ohnehin im Soll stand, und Kontogebühren sowie die Kosten des ÖPNV gehen in den
Pauschalbetrag von 100,-- Euro monatlich zu berücksichtigender Werbungskosten (§ 11 Abs. 2 Satz 2 a.F. SGB II) auf. Der Senat verweist insoweit auf die Entscheidung des Sozialgerichts.
Der Überschuss der Einnahmen in Höhe von 3.950,-- über die Ausgaben von 1.772,61 Euro beträgt 2.177,39 Euro; das führt zu
einem monatlichem Gewinn von 435,47 Euro. Abzuziehen sind KV/PV-Beiträge von 54,73 Euro und RV-Beiträge von 61,36 Euro bis
Dezember 2009 und 53,90 Euro ab Januar 2010. Denn bereits ab Januar 2010 hatte die KSK den vom Kläger für die RV zu leistenden
Beitrag auf 53,90 Euro abgesenkt und auch die tatsächliche Zahlung des Klägers von 183,98 Euro per Überweisung am 26. Januar
2010 beinhaltete hinsichtlich des Januar 2010 nur diesen Betrag. Die in dem Überweisungsbetrag weiter enthaltenen Gebühren/Kosten
können nicht als beruflicher Aufwand des Klägers anerkannt werden. Zudem sind abzuziehen die Werbungskostenpauschale von 100,--
Euro nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II sowie 67,09 Euro nach § 30 SGB II (20% von 435,47 – 100); so bleiben anzurechnen 152,29 Euro bis Dezember 2009 und 159,75 Euro ab Januar 2010.
Unter Berücksichtigung des Bedarfs von 588,-- Euro bzw. anteilig 529,20 für November ergibt sich ein Anspruch in Höhe von
376,91 Euro für November 2009, 435,71 Euro für Dezember 2009 und 428,25 Euro für Januar bis März 2010. Die Differenz zu der
bereits erfolgten Bewilligung (durch Bescheid vom 5. Januar 2011) kann der Kläger mithin noch vom Beklagten verlangen:
|
bewilligt am 5.1.2011
|
Anspruch
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Differenz
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November 2009
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190,65
|
376,91
|
186,26
|
Dezember 2009
|
211,84
|
435,71
|
223,87
|
Januar 2010
|
211,84
|
428,25
|
216,41
|
Februar 2010
|
211,84
|
428,25
|
216,41
|
März 2010
|
211,84
|
428,25
|
216,41.
|
3.
Die Klage hat auch mit dem Leistungsantrag auf Zahlung von 321,29 Euro aus dem Bescheid vom 5. Januar 2011 Erfolg. Diesen
Antrag hat der Kläger ausweislich seines sachlichen Vorbringens und unter Beachtung des Meistbegünstigungsprinzips bei Auslegung
seiner Anträge bereits vor dem Sozialgericht verfolgt. Dass das Sozialgericht darüber nicht entschieden hat, hindert eine
Befassung und Entscheidung durch den Senat nicht.
Der hier geltend gemachte Anspruch folgt aus dem Bescheid und ist – wie ausgeführt – auch in der Sache berechtigt. Nach den
vom Beklagten vorgelegten Unterlagen ist der Betrag von 321,29 Euro dem Kläger bislang nicht ausgezahlt worden. In den Zahlungsübersichten
des Beklagten sind Beträge von 1 x 59,01 Euro sowie 4 x 65,57 Euro mit dem Vermerk „nachzahlen – offen“ vermerkt; das entspricht
betragsmäßig der Differenz zwischen den Bewilligungsbeträgen aus den Bescheiden vom 7. April 2010 und 5. Januar 2011. Der
Senat hat auch keine Zweifel an der Richtigkeit des Vermerks, zumal der Beklagte bei Vorlage der Zahlungsübersichten deren
Richtigkeit selbst nicht in Frage gestellt hat und der Kläger mit dem Hinweis, seine Kontoverbindung habe sich in dem relevanten
Zeitraum geändert, eine plausible Begründung für ein Ausbleiben der Zahlung selbst bei dahingehendem Handeln des Beklagten
geliefert hat. Rechnerisch ergibt sich ein Betrag von 321,29 Euro.
4.
Der Zinsanspruch folgt aus §
44 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I): Danach sind Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats
vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen (Abs. 1). Die Verzinsung beginnt frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten
nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger (Abs. 2). Danach ist auf den Antrag des Klägers
auf endgültige Festsetzung vom 10. November 2010 abzustellen. Die Verzinsung beginnt stets zu Monatsbeginn, Teilmonate werden
nicht verzinst (Groth, in: jurisPK-
SGB I, 3. Auflage, Stand 15.3.2021, §
44 Rn. 24; Rolfs, in: Hauck/Noftz,
SGB I, Stand 6/18, §
44 Rn. 39; Lilge, in: Lilge/Gutzler,
SGB I, 5. Auflage 2019, §
44 Rn. 36). Mithin beginnt nach §
44 Abs.
2 SGB I die Verzinsung ab dem 1. Juni 2011. Die Zinsentscheidung kann bereits im Urteil getroffen werden (so wohl auch Groth, Rn.
53); Erstattungsansprüche anderer Sozialleistungsträger aus der Hauptforderung sind nicht erkennbar (vgl. BSG, Urteil vom 25.1.2011 – B 5 R 14/10 R).
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und berücksichtigt, dass nicht alle Anträge des Klägers Erfolg haben.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG nicht vorliegen.