Wirksamkeit einer per Computerfax eingelegten Berufung
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen ein Anhörungsschreiben.
Die Klägerin bezieht laufende Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Schreiben vom 4. März 2020 hörte der Beklagte die Klägerin zu einer möglichen Überzahlung wegen der Erzielung höherer
Einnahmen aus Untervermietung an. Gegen dieses Schreiben legte die Klägerin Widerspruch ein. Der Beklagte verwarf den Widerspruch
mit Widerspruchsbescheid vom 27. April 2020 als unzulässig. Das Schreiben vom 4. März 2020 stelle keinen Verwaltungsakt dar,
sodass der Widerspruch dagegen unzulässig sei.
Am 11. Mai 2020 hat die Klägerin Klage erhoben, die sie als pdf-Dokument mit einfacher E-Mail übersandt hat. Sie meint, dass
von ihr keine Leistungen zurückgefordert werden dürften.
Das Sozialgericht hat zunächst die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt und sodann die Klage mit Gerichtsbescheid vom
5. Januar 2021 abgewiesen. Zur Begründung hat es auf die Begründung des angegriffenen Widerspruchsbescheides verwiesen.
Gegen den abweisenden Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 21. Januar 2021 Berufung eingelegt und trägt vor, dass ihr eine
von ihr herbeigeführte Überzahlung nicht bewusst gewesen sei. Sie könne sich daher auf Vertrauensschutz berufen. Einen konkreten
Antrag hat sie nicht gestellt.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 7. April 2021 ist die Berufung nach Anhörung der Beteiligten gem. §
153 Abs.
5 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) der Berichterstatterin zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakte sowie die Verwaltungsakte
des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung, über die der Senat gemäß §
153 Abs.
5 SGG durch die Berichterstatterin und die ehrenamtlichen Richter entscheiden konnte, hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig,
aber unbegründet.
Der Zulässigkeit der Berufung steht insbesondere nicht entgegen, dass die Klägerin ihre per Computerfax eingereichte Berufungsschrift
vom 21. Januar 2021 nicht unterschreiben hat. Zwar erfordert das in §
151 Abs.
1 SGG vorgesehene Erfordernis der Einlegung der Berufung in schriftlicher Form in der Regel, dass auch eine eigenhändige Unterschrift
des Berechtigten notwendig ist, um dem Schriftformerfordernis zu genügen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Auflage, §
151 Rn. 3a). In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist jedoch anerkannt, dass das Schriftlichkeitserfordernis des §
151 Abs.
1 SGG ausnahmsweise auch dann erfüllt sein kann, wenn die Berufungsschrift zwar keine eigenständige Unterschrift enthält, aber
sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen, das Schreiben
in den Rechtsverkehr zu bringen, hinreichend sicher, d.h. ohne die Notwendigkeit einer Klärung durch Beweiserhebung, ergibt
(BSG, Beschluss vom 30.3.2015 - B 12 KR 102/13 B, Rn. 8 m.w.N.). So liegt auch der Fall hier. Die Klägerin hat in dem Computerfax ihre volle Anschrift sowie das Aktenzeichen
des erstinstanzlichen Verfahrens angegeben und das Schriftstück mit ihrem vollem Namen abgeschlossen. Sie hat das Schreiben
außerdem an das Landessozialgericht adressiert und ausgeführt, dass sie „Widerspruch gegen den Gerichtsbescheid“ einlege.
Der Senat hat daher keine Zweifel daran, dass das Schriftstück von der Klägerin stammt und sie es mit Wissen und Wollen dem
Gericht zugeleitet hat.
Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, da die Klage sowohl unzulässig als auch unbegründet ist. Die Unzulässigkeit
der Klage folgt daraus, dass die Klägerin ihre Klage per einfacher E-Mail und nicht, wie die Berufung, per Computerfax erhoben
hat. Dies erfüllt weder das für die Klageerhebung geltende Schriftformerfordernis (§
90 SGG) noch die sich aus §
65a SGG ergebenden Voraussetzungen für die Einreichung als elektronisches Dokument. Danach muss das elektronische Dokument entweder
mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person
signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden (§
65a Abs.
3 SGG). Diesen Anforderungen genügt die mit einer einfachen E-Mail eingereichte Klage jedoch nicht.
Ungeachtet dessen ist die Klage jedoch auch unbegründet, da der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zu Recht als unzulässig
verworfen hat. Da das Anhörungsschreiben vom 4. März 2020 keinen Verwaltungsakt gem. § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) darstellt, ist ein Widerspruch dagegen nicht statthaft.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG nicht vorliegen.