Tatbestand
Die 1972 geborene Klägerin wurde vom 20. März 2013 bis zum 22. April 2013 hausärztlicherseits unter der Diagnose K29.1 (sonstige
akute Gastritis) und vorübergehend hinzutretend einer akuten Pharyngitis (Rachenentzündung) arbeitsunfähig geschrieben. Nach
Ende der Entgeltfortzahlung nahm die Beklagte ab dem 22. März 2013 die Zahlung von Krankengeld auf und gewährte dieses für
den Zeitraum bis zum 22. April 2013. Für den 16. Mai 2014 und 22. Mai 2014 wurde während des Bezugs von Arbeitslosengeld jeweils
wegen Beschwerden in Teilen des Unterbauchs bzw. nicht näher bezeichneten Bauchschmerzen Arbeitsunfähigkeit festgestellt.
Ab dem 14. Juni 2014 bescheinigten dann laufend Ärzte verschiedener Fachrichtungen Arbeitsunfähigkeit vor allem wegen Gastritis,
nicht akuter abdomineller Beschwerden, Schmerzen im Bereich des Oberbauchs, funktioneller Dyspepsie, gastroösophagealer Refluxkrankheit
ohne Ösophagitis, Enterokolitis, aber zum Teil auch ohne Angabe einer Diagnose, dies vor allem in Privat-Attesten. Insoweit
wird Bezug genommen auf die Aufstellung der Arbeitsunfähigkeitszeiten auf Bl. 198 ff. der Verwaltungsakte der Beklagten nebst
darin enthaltener Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Bereits im Juni 2014 beschrieb der Internist Dr. B. wechselhafte Krankheitsbeschwerden
und teils aggressives Verhalten und Schwierigkeiten in der Kommunikation mit der Klägerin, die deshalb auch der Praxis verwiesen
worden sei; aus seiner Sicht sei eine Vorstellung beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) und beim Psychiater
sinnvoll. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin, Homöopathie und Psychotherapie, Dr. P. gab im Juli 2014 als Diagnose den Verdacht
auf eine kombinierte Persönlichkeitsstörung/Psychose an.
Die Beklagte gewährte der Klägerin ab 17. Juni 2014 kalendertägliches Krankengeld i.H.v. 38,68 Euro (Bescheid vom 1. Juli
2014).
Nachdem die Beklagte am 11. März 2015 wegen Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin eine Anfrage beim MDK gestellt
hatte, hieß es in dessen sozialmedizinischer Stellungnahme vom 30. März 2015 (Dr. K.), die Klägerin sei aus medizinischer
Sicht nicht weiter arbeitsunfähig. Nach telefonischer Rücksprache mit der zuletzt Arbeitsunfähigkeit attestierenden Ärztin
sei die Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Gastritis nicht weiter medizinisch begründet. Bei auffälligem Verhalten der Versicherten
werde eine fachärztliche psychiatrische Behandlung abgelehnt.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 1. April 2015 eine Weitergewährung von Krankengeld über den 2. April 2015 hinaus
ab, wogegen die Klägerin Widerspruch einlegte.
Unterdessen bescheinigten weiterhin wechselnde Ärzte laufend eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin, zum Teil ohne, zum Teil
mit Angabe einer Diagnose wie insbesondere Gastritis und Dyspepsie.
Im Auftrag der Beklagten erstellte die Fachärztin für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie Dr. B1 vom MDK
nach Untersuchung der Klägerin am 21. Mai 2015 ein Gutachten und kam unter Hinzuziehung der die Klägerin nach deren anfänglicher
Weigerung ebenfalls untersuchenden Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. gemeinsam mit dieser zu der Einschätzung,
dass das Leistungsvermögen der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aktuell eingeschränkt, die Arbeitsunfähigkeit in
der Zusammenschau aus psychiatrisch-psychotherapeutischer Sicht plausibel sei. Es eine ausgeprägte Psychopathologie deutlich
geworden, ohne dass wegen des nur einmaligen Kontaktes und fehlender Vorinformationen eine gesicherte psychiatrische Diagnose
gestellt werden könne. Eine psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung werde dringend empfohlen, wobei keinerlei Krankheitseinsicht
bestehe. Es sei kaum vorstellbar, dass die Klägerin ihren Alltag angemessen gestalten könne. Aus somatischer Sicht werde eine
gastroenterologische Abklärung mit Magen-Darmspiegelung empfohlen.
Daraufhin half die Beklagte dem Widerspruch der Klägerin gegen die Einstellung der Krankengeldzahlungen mit Bescheid vom 10.
Juni 2015 voll ab.
Mit Schreiben vom 10. Juni 2015 forderte die Beklagte die Klägerin unter Hinweis auf deren Mitwirkungspflichten und die Möglichkeit
einer Leistungsversagung nach §§
62,
66 des
Ersten Buches Sozialgesetzbuch auf, einen Facharzt für Gastroenterologie aufzusuchen, um die vom MDK-Gutachter empfohlene Abklärung auf diesem Gebiet anzugehen,
wozu es trotz weiterer Aufforderungen vom 25. (E-Mail), 26. und 29. Juni 2015 sowie schließlich einer Terminvereinbarung durch
die Beklagte vom 14. Juli 2015 zur gastroenterologischen Vorstellung der Klägerin im U. am 3. September 2015 nicht kam.
Unterdessen stellten trotz Aufforderung der Beklagten an die Klägerin, den ständigen Arztwechsel zu meiden, wiederum wechselnde
Ärzte fortlaufend eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin fest. Als Diagnosen wurden ein gastroösophagaler Reflux, eine nicht
näher bezeichnete somatoforme Störung, sonstige nicht näher bezeichneten Bauchschmerzen und eine Pharyngitis genannt.
Nach vorheriger Ankündigung vom 7. September 2015 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 30. September 2015 die Zahlung von
Krankengeld ab dem 7. November 2015 ein. Zur Begründung führte sie aus, dass die Klägerin seit dem 14. Juni 2014 arbeitsunfähig
erkrankt sei und der Anspruch auf Krankengeld für längstens 78 Wochen innerhalb einer Rahmenfrist von drei Jahren bestehe.
Diese Frist beginne am 20. März 2013 und dauere bis zum 19. März 2016. Auf die Arbeitsunfähigkeit ab dem 14. Juni 2014 seien
weitere Arbeitsunfähigkeitszeiten von 32 Tagen (20. März bis 22. April 2013) sowie zwei Tage, an denen der Anspruch wegen
anderer Geldleistungen geruht habe (16. Mai 2014, 22. Mai 2014) anzurechnen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 30. Oktober 2015 Widerspruch und suchte am 10. Dezember 2015 beim Sozialgericht (SG) Hamburg um einstweiligen Rechtsschutz nach, der ihr mit Beschluss vom 5. Januar 2016 versagte wurde.
Unter dem 15./16. Dezember 2015 führte der die Klägerin behandelnde Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. N. aus, dass sich die
Diagnose somatoforme Störung durch den gesamten Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit vom 10. Juni bis zum 9. Dezember 2015 „wie
ein roter Faden“ gezogen habe. Andere Diagnosen seien hinzugekommen, hätten teils den Ton angegeben, die Musik habe aber die
somatoforme Störung gespielt. Eine psychotherapeutische Behandlung der Klägerin sei vorgesehen. Dieser fehle jedoch die Einsicht
in die Notwendigkeit.
Nachdem Dr. B1 vom MDK in einer weiteren Stellungnahme vom 14. Dezember 2015 unter anderem ausgeführt hatte, dass hinsichtlich
der von einer Gynäkologin bescheinigten Arbeitsunfähigkeit am 22. Mai 2014 wegen Unterbauchbeschwerden kein Zusammenhang mit
den im Übrigen Arbeitsunfähigkeit begründenden Diagnosen bestanden habe, half die Beklagte dem Widerspruch der Klägerin mit
Bescheid vom 15. Januar 2016 teilweise ab und gewährte Krankengeld für den 8. November 2015.
Die Beklagte holte zur Frage, ob zwischen den Arbeitsunfähigkeiten vom 20. März bis 22. April 2013, am 16. und 22. Mai 2014
sowie seit dem 14. Juni 2014 ein Zusammenhang im Sinne einer durchgängigen Erkrankung bestehe, ein weiteres Gutachten des
MDK ein. Dr. B1 kam am 13. Januar 2016 zu dem Ergebnis, dass seit dem 14. Juni 2014 durchgehend Arbeitsunfähigkeit bei mitgeteilter
Oberbauchsymptomatik und auffälliger Psychopathologie bestehe. Weitere Erkrankungen seien zeitweilig hinzugetreten. Diese
Symptomatik habe auch während der Arbeitsunfähigkeit vom 20. März bis zum 16. April 2013 bestanden. Es sei anhand der vorliegenden
Angaben anzunehmen, dass auch vom 17. April bis zum 22. April 2013 sowie am 16. Mai 2014 ein enger Zusammenhang mit der gleichen
Symptomatik vorgelegen habe. Dr. B1 wiederholte seine Ausführungen vom 14. Dezember 2015, wonach lediglich für den 22. Mai
2014 ein innerer Zusammenhang mit der aktuellen Arbeitsunfähigkeit nicht bestätigt werden könne. Hinsichtlich des bereits
im März/April 2013 bestehenden Verdachts auf eine psychosomatische Ursache der angegebenen Oberbauchbeschwerden verwies Dr.
B1 unter anderem auf ein Attest von Dr. W. vom 29. Dezember 2015, wonach deshalb auch damals schon zur psychiatrischen Vorstellung
geraten worden sei.
Nachdem der erkennende Senat die Beschwerde der Klägerin gegen den den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ablehnenden
Beschluss des SG vom 5. Januar 2016 zurückgewiesen hatte (Beschluss vom 29. Februar 2016 – L 1 KR 8/16 B ER –), wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen die Einstellung der Krankengeldzahlung mit Widerspruchsbescheid
vom 17. März 2016 (nach der Teilabhilfe im Übrigen) zurück. In den Gründen wurde ausgeführt, dass nach der für die Zeit vom
20. März bis 22. April 2013 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit wegen sonstiger akuter Gastritis die Arbeitsunfähigkeit vom 14.
Juni 2014 zwar zunächst nur mit der Diagnose Gastritis begründet gewesen sei, aber im weiteren Verlauf der Arbeitsunfähigkeit
durch verschiedene Ärzte weitere Diagnosen als Hinzutritt bescheinigt worden seien. Spätestens am 1. Juli 2014 sei eine Arbeitsunfähigkeit
wegen danach durchgehend bestehender somatoformer Störung hinzugetreten. Rechtlich sei dieser Hinzutritt so zu behandeln,
als habe die Erkrankung wegen somatoformer Störung bereits von Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 14. Juni 2014 an bestanden.
In Fällen, in denen mehrere Erkrankungen Arbeitsunfähigkeit begründeten und nicht eindeutig geklärt werden könne, ob die Erkrankungen
von Anfang an gleichzeitig vorgelegen hätten oder ob gegebenenfalls die eine oder andere hinzugetreten sei, sei anzunehmen,
dass die Arbeitsunfähigkeit von allen Erkrankungen einheitlich verursacht worden sei. Des Weiteren habe eine Prüfung ergeben,
dass für den 16. Mai 2014 von Dr. W. eine Erstbescheinigung mit der Diagnose R10.4 (Sonstige und nicht näher bezeichnete Bauchschmerzen)
ausgestellt worden sei. Diese falle in den maßgeblichen Dreijahreszeitraum und sei anzurechnen.
Die Klägerin hat am 8. April 2016 Klage beim SG Hamburg mit dem Ziel erhoben, Krankengeld über den 8. November 2015 hinaus
zu erhalten. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass sie in maßgeblichen Zeitraum zwischen dem 20. März 2013 bis zum 8. November
2015 wegen verschiedener Erkrankungen arbeitsunfähig geschrieben gewesen sei. Zwischen den einzelnen Diagnosen bestehe kein
innerer Zusammenhang; insbesondere leide sie auch nicht rückwirkend seit dem 1. Juli 2014 unter somatoformen Beschwerden.
Diese Diagnose sei erstmalig im Juli 2015 von dem seinerzeit behandelnden Arzt Dr. N. ausgestellt worden. Mehrere Ärzte hätten
der Klägerin erklärt, sie seien von Mitarbeitern der Beklagten angerufen und nach der Ursache ihrer Arbeitsunfähigkeit befragt
worden. Die Klägerin könne sich nicht des Eindrucks erwehren, dass ihre Ärzte massiv unter Druck gesetzt worden seien, zuletzt
eine somatoforme Störung als Diagnose auszustellen, damit der Bezug des Krankengeldes enden könne.
Die Klägerin hat es mehrfach abgelehnt, die sie behandelnden Ärzte von deren Schweigepflicht zu entbinden, und sich gegen
eine Anforderung von Befunden sowie gegen eine „Zwangsbegutachtung“ verwahrt.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass gemäß § 1 Abs. 1 der Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien
in den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen die Diagnosen einzutragen seien, welche die Arbeitsunfähigkeit begründeten und entsprechend
zu bezeichnen. Des Weiteren habe gemäß der Berufsordnung der Ärzte der behandelnde Arzt bei der Ausstellung ärztlicher Gutachten
und Zeugnisse die notwendige Sorgfalt walten zu lassen. Deswegen könne die Beklagte dem Eindruck der Klägerin, die streitigen
Bescheinigungen seien unter Druck der Beklagten ausgestellt worden, nicht folgen.
Das SG hat zunächst ein Sachverständigengutachten von dem Facharzt für Neurologie, Psychiatrie Dr. L. einholen wollen. Jener hat
mit Schreiben vom 12. Dezember 2018 mitgeteilt, dass aufgrund fehlender aussagefähiger Befunderhebungen für den genannten
Zeitraum eine somatoforme Störung nicht zu sichern sei, weil allein eine schier unübersehbare Anzahl an Bescheinigungen mit
jeweils nur ICD 10 Ziffern und zahllose Schriftsätze der Klägerin vorlägen. Es müsse auch bezweifelt werden, ob eine aktuelle
Untersuchung der Klägerin hier weiterhelfen würde.
Nachdem sich die Klägerin auf entsprechende Nachfrage des SG mangels erkennbaren Sinns gegen eine gutachterliche Untersuchung ausgesprochen hatte, hat das SG Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nach Aktenlage von dem Facharzt für Psychosomatik und Psychotherapie
sowie Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H1, der unter dem 9. April 2020 ausgeführt hat, dass die Klägerin ab dem 20. März
2013 unter Bauchschmerzen und psychischen Auffälligkeiten gelitten habe. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei von dem Verdacht
auf eine psychosomatische Ursache der Oberbauchbeschwerden ausgegangen und eine psychiatrische Vorstellung empfohlen worden,
zumal eine somatische Ursache für die Bauchschmerzen nicht gefunden worden sei. Auch alle weiteren arbeitsunfähigkeitsbegründenden
Diagnosen ab dem 14. Juni 2014 bezögen sich auf eine gastrointestinale Symptomatik mit im Vordergrund stehenden Bauchschmerzen,
für deren Ursache von Beginn an eine psychosomatische Genese diskutiert worden sei. Auch ab dem 14. Juni 2014 seien von den
unterschiedlichsten Ärzten eine Bauchschmerzsymptomatik und psychische Auffälligkeiten beschrieben worden, wobei auch dann
eine somatische Ursache für die Bauchschmerzen nicht gefunden worden sei. Eine angeratene endoskopische Untersuchung oder
psychiatrische Diagnostik sei von der Klägerin nicht wahrgenommen worden. Dr. H1 hat die Beweisfragen abschließend dahingehend
beantwortet, dass bei der Klägerin im Zeitraum ab dem 20. März 2013 eine somatoforme Störung mit im Vordergrund stehenden
Bauchschmerzen bestanden habe. Es habe sich bei der ab dem 20. März 2013 die Arbeitsunfähigkeit begründenden Krankheit um
dieselbe Krankheit gehandelt, die auch die Arbeitsunfähigkeitszeiten ab 14. Juni 2014 und ab 7. November 2015 begründet habe.
Die Arbeitsunfähigkeit ab dem 14. Juni 2014 habe nicht auf einer hinzugetretenen Krankheit beruht. Ab dem 7. November 2014
sei bei der Klägerin eine akute Entzündung des Rachens, eine Pharyngitis, hinzugetreten. Der behandelnde Allgemeinmediziner
Dr. N. bescheinige allerdings am 16. Dezember 2015, dass die somatoforme Störung bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeitszeit
am 9. Dezember 2015 die hauptsächlich Arbeitsunfähigkeit begründende Krankheit gewesen sei.
Die Klägerin hat gemeint, dass aus den Ausführungen von Dr. L. zu schließen sei, dass eine gesicherte Diagnose einer durchgehenden
somatoformen Störung nicht gestellt werden könne. Zudem dürfe das Gutachten von Dr. H1 nicht verwertet werden, weil sie hierzu
keine Schweigepflichtentbindungserklärung abgegeben habe.
Das SG hat die Klage nach diesbezüglicher Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 19. November 2020 als unbegründet abgewiesen.
Rechtsgrundlage des Krankengeldanspruchs seien die §§
44 ff.
SGB V. Nach §
44 Abs.
1 SGB V hätten Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig mache oder sie auf Kosten der Krankenkasse
stationär behandelt würden. Nach §
48 Abs.
1 SGB V erhielten Versicherte Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit
jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Die
Klägerin habe die Krankengeldanspruchshöchstdauer am 8. November 2015 erreicht.
Die Klägerin sei sowohl im Zeitraum vom 20. März bis 22. April 2013, am 16. Mai 2014 und vom 14. Juni 2014 bis zum 8. November
2015 an einer somatoformen Störung mit im Vordergrund stehenden Bauchschmerzen erkrankt, welche zur Arbeitsunfähigkeit geführt
habe. Bei dem Begriff „dieselbe Krankheit" im Sinne des §
48 Abs.
1 S. 1
SGB V handele es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Auslegung allein Sache der Gerichte sei. Nach der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (BSG) sei eine stark verfeinernde, eng fachmedizinisch-diagnostische Sichtweise zu vermeiden, die die Gefahr begründe, dass dem
Merkmal im Kontext des §
48 Abs.
1 SGB V letztlich gar keine eigenständige rechtliche Bedeutung mehr zukomme, obwohl das Gesetz damit gerade eine Einengung des zeitlichen
Umfangs der Krankengeldgewährung bezwecke (Hinweis auf BSG, Urteil 21. Juni 2011 – B 1 KR 15/10 R –).
Dr. H1 habe für das Gericht plausibel aus den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des streitigen Zeitraums herausgearbeitet,
dass die somatischen Beschwerden in Form von Oberbauchbeschwerden der Klägerin eine psychische Ursache hätten. So habe die
Klägerin bereits am 21. März 2013 gegenüber der behandelnden Ärztin Dr. W. berichtet, dass große familiäre Probleme bestünden,
weshalb Frau Dr. W. davon ausgegangen sei, dass Oberbauchbeschwerden eine psychische Ursache hätten, und eine psychiatrische
Vorstellung empfohlen habe. Zu dem gleichen Ergebnis sei Dr. B. am 14. Juni 2014 und am 11. Juli 2014 gekommen, der aufgrund
der bescheinigten Gastritis und unklarer Oberbauchschmerzen psychische Auffälligkeiten bescheinigt und eine psychiatrische
Vorstellung für indiziert gehalten habe. Auch die Allgemeinmedizinerin und Psychotherapeutin Dr. P. habe im Juli 2014 eine
nicht näher bezeichnete Persönlichkeitsstörung bescheinigt. Auch aus ihrer Sicht bestehe Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Psychopathologie.
Zu diesem Ergebnis seien auch Dr. B1 und Dr. H.t gekommen, die die Klägerin für den MDK untersucht hätten. Neben den Oberbauchbeschwerden
habe die Klägerin über Ängste, Gedankenkreisen und ungewollte Gewichtsabnahme von mehr als 10 kg berichtet. Zwar könne eine
gesicherte psychiatrische Diagnose aufgrund des einmaligen Kontaktes und fehlender Vorinformationen nicht gestellt werden,
aber auch die Klägerin selbst habe angegeben, dass psychische Belastungen bei ihr zu den körperlichen Beschwerden führen würden.
Das von den behandelnden Allgemeinmedizinern hauptsächlich die Diagnose Gastritis klassifiziert worden sei, führe zu keiner
anderen Beurteilung, denn eine Magenspiegelung, in deren Rahmen eine Gastritis hätte bestätigt werden können, sei nicht durchgeführt
worden. Auch die angeratene psychiatrische Diagnostik sei von der Klägerin nicht wahrgenommen worden. Für das Vorliegen einer
somatoformen Störung spreche des Weiteren, dass das Aufsuchen einer Vielzahl von Allgemeinmedizinern auf ein Krankheitsverhalten
schließen lasse, dass sich häufig bei Patienten mit somatoformen Störungen finde. Auch wenn Dr. N. für die Zeit vom 6. November
bis zum 9. November 2015 Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Pharyngitis feststelle, ergänze er, dass sich die Diagnose somatoforme
Störung über den gesamten Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit vom 10. Juli bis zum 9. Dezember 2015 wie ein roter Faden hindurch
gezogen habe. Somit sei die Diagnose der akuten Pharyngitis hinzugetreten.
Es sei auch nicht erkennbar, dass die behandelnden Ärzte unrichtige Diagnosen gestellt hätten, um einem vermeintlichen Druck
der Beklagten nachzugeben. Die Beklagte sei nämlich verpflichtet, das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit durch den MDK zu überprüfen,
§
275 Abs.
1 Satz 1 Nr.
3 SGB V. Diese Vorschrift berechtige sie, die behandelnden Ärzte um Auskunft zu bitten, um eine Beurteilungsgrundlage für eine gutachterliche
Stellungnahme des MDK zu schaffen. Anhaltspunkte dafür, dass die behandelnden Ärzte nicht objektiv gewesen wären, lägen nicht
vor.
Das Gericht habe das Gutachten von Dr. H1 auch ohne Erklärung einer Schweigepflichtentbindung der Klägerin verwerten dürfen.
Ärztliche Befundunterlagen, für die immer eine Schweigepflichtentbindung des behandelnden Arztes erforderlich sei, habe das
Gericht nicht eingeholt. Für gerichtliche Sachverständige, die als Gehilfen des Gerichts kraft besonderer Sachkunde Wertungen
abgäben (Hinweis auf Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl. 2017 §
118 Rn. 11b), bedürfe es keiner Schweigepflichtentbindungserklärung der Klägerin. Die Entscheidung des Gerichts, ob ein Sachverständigengutachten
einzuholen sei, geschehe im Rahmen der Amtsermittlung. Beauftrage das Gericht einen Sachverständigen mit einer Gutachtenerstellung,
habe es diesem gemäß §§
118 Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
404a der
Zivilprozessordnung auch die zugrunde zu legenden Tatsachen vorzugeben. Welche Tatsachen und Akten dabei übersandt würden, sei vom Gericht zu
bestimmen. Bei einer Prüfung nach §
48 Abs.
1 S. 1
SGB V seien zu einer qualifizierten Gutachtenerstellung alle in den streitigen Zeitraum fallenden medizinischen Unterlagen und
Gutachten zu berücksichtigen. Hierzu gehörten die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und die vom MDK erstellten Gutachten.
Vielmehr habe die Klägerin mit der Weigerung, eine Schweigepflichtentbindungserklärung abzugeben, eine unverzichtbare Obliegenheit
verletzt, nämlich Angaben zu machen, die eine Aufklärung des medizinischen Sachverhalts ermöglichten. Damit falle die Unaufklärbarkeit
der Ursache der Erkrankung der Klägerin im streitigen Zeitraum wegen mangelnder Befunderhebungen in die Sphäre der Klägerin.
Die objektive Beweislast für den zeitlich unbeschränkten Krankengeldanspruch, der nach §
48 Abs.
1 S. 1
SGB V die Regel sei und bei der Beklagten liege (Hinweis auf Landessozialgericht <LSG> Hamburg, Beschluss vom 29. Januar 2016 –
L 1 KR 8/16B ER), gehe in Umkehr von dieser Regel daher zu ihren Lasten.
Gegen diesen ihr am 26. November 2020 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 30. November 2020 eingelegte Berufung
der Klägerin, mit der sie die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG wegen Verfahrensfehlern begehrt und weiterhin behauptet, die Beklagte habe ihre behandelnden Ärzte im Hinblick auf deren
Dokumentation beeinflusst. Die Klägerin gibt nach wie vor ausdrücklich keine Schweigepflichtentbindung zugunsten Ihrer behandelnden
Ärzte ab und verbietet jedermann, vor weiterer Klärung ärztliche Dokumente zu ihrer Person einzubeziehen.
In der Sache beantragt die Klägerin sinngemäß (Auslegung nach §
123 des
Sozialgerichtsgesetzes <SGG> unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsgrundsatzes <s. hierzu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl. 2020, §
123 Rn. 3 m.N.>),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 19. November 2020 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids
vom 30. September 2015 in der Fassung vom 15. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. März 2016 zu verurteilen,
ihr – der Klägerin – Krankengeld über den 8. November 2015 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für rechtmäßig und nimmt auf dessen Entscheidungsgründe Bezug.
Der erkennende Senat hat durch Beschluss vom 8. April 2021 die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit
den ehrenamtlichen Richtern entscheidet
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 7. Juni 2021, die vorbereitenden Schriftsätze
der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der hiesigen Prozessakte und der ausweislich der Sitzungsniederschrift beigezogenen
weiteren Akten und Unterlagen.
Auch der nach Aufruf der Sache und vor Beginn der Verhandlung gestellte weitere Ablehnungsantrag gegen den Berichterstatter
(siehe bereits entsprechende Gesuche ablehnende Beschlüsse des Senats vom 25. Mai 2021 – L 1 SF 12/21 AB –, vom 3. Juni 2021 – L 1 SF 13/21 AB – sowie erneut vom 3. Juni 2021 – L 1 SF 14/21 AB) hat einer Verhandlung und Entscheidung nicht im Wege gestanden, denn eine Entscheidung der übrigen Berufsrichter des
Senats hat hierüber nicht ergehen müssen. Der Ablehnungsantrag ist offensichtlich unzulässig gewesen, weil er rechtsmissbräuchlich
gestellt worden ist. Der vorgebrachte Ablehnungsgrund hat sich auf ein behauptetes Verhalten des Berichterstatters in der
letzten mündlichen Verhandlung des mit Urteil vom 26. November 2020 erledigten Rechtsstreits derselben Beteiligten (L 1 KR 91/18) und unmittelbar danach bezogen. Das gerügte angebliche Verhalten ist der Klägerin mithin seit Längerem bekannt, die angeblich
bis dahin unbekannte Notwendigkeit der Stellung eines Beweisantrags zu Protokoll spätestens bis zum Schluss der mündlichen
Verhandlung ist der aktuell und in der Vergangenheit eine Vielzahl von Verfahren insbesondere vor den Gerichten der hamburgischen
und bayerischen Sozialgerichtsbarkeit führenden Klägerin spätestens seit dem Beschluss des BSG vom 29. April 2021 – B 12 KR 1/21 BH – bewusst, mit dem jenes den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe
zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorgenannten Urteil abgelehnt hat.
Dass sie diesen Ablehnungsgrund dennoch erst nach Aufruf der Sache und vor Beginn der mündlichen Verhandlung und nicht bereits
im Vorfeld, spätestens im Zusammenhang mit den drei vom Senat bereits schriftlich vorab beschiedenen Ablehnungsanträgen gegen
den Berichterstatter vorgebracht hat, belegt, dass die Klägerin in bloßer Verschleppungsabsicht gehandelt hat. Sie hat offensichtlich
die im Vorfeld der hiesigen Verhandlung von ihr beantragte (eine Vorgehensweise wie bereits vor der Verhandlung des erkennenden
Senats am 26. November 2020 in mehreren anderen zwischen den Beteiligten an anhängigen Rechtsstreiten und auch vor dem Bayerischen
Landessozialgericht <LSG> <s. die von der Beklagten im Verfahren eingereichten Entscheidungen des Bayerischen LSG sowie des
BSG, dortige PA Bl. 280 ff>) und vom Senat abgelehnte Terminverlegung erzwingen wollen. In derartigen Fällen darf der abgelehnte
Richter ausnahmsweise über das Befangenheitsgesuch mitentscheiden, und es ist in der Regel keine gesonderte Entscheidung über
das Befangenheitsgesuch erforderlich, sondern die Gründe, warum eine solche Fallgestaltung gegeben ist, sind in der Entscheidung
über die Sache, die mit dem abgelehnten Richter ergeht, darzulegen (Keller, a.a.O., § 60 Rn. 10e i.V.m. Rn. 10d und 10c, jeweils
m.N.).