Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung
Anforderungen an die Ausübung des Kassenwahlrechts
Tatbestand
Im Streit ist noch, ob zwischen den Hauptbeteiligten in jüngerer Vergangenheit ein Versicherungsverhältnis bestand und noch
besteht.
Der am xxxxx 1969 geborene Kläger war zu Beginn der 1990er Jahre schon einmal bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert.
Seit dem 19. Dezember 2017 führte und führt sie ihn aufgrund einer Anmeldung durch die V. GmbH, bei der der Kläger vom 19.
Dezember 2017 bis zum 5. Februar 2018 versicherungspflichtig beschäftigt war, erneut als Mitglied.
Nachdem der Beklagten das Ende der Beschäftigung des Klägers zum 5. Februar 2018 gemeldet worden war, wandte sie sich zwecks
Klärung seines weiteren Versicherungsverhältnisses mit mehreren Schreiben an diesen. Nachdem der Kläger auf diese Schreiben
nicht reagiert hatte, führte die Beklagte die Mitgliedschaft des Klägers als freiwillige Versicherung durch und setzte Beiträge
auf Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze fest.
Der Kläger legte Widerspruch ein und gab an, bei einer anderen Krankenkasse versichert zu sein, wollte diese aber nicht benennen.
Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 22. Juli 2019 darauf hin, dass sein Widerspruch wegen Formfehlern unzulässig
sei.
Am 19. August 2019 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben und bestritten, Mitglied der Beklagten zu sein. Er habe bei dieser keinen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt
und von ihr auch keine Versichertenkarte erhalten. Er hat behauptet, anderweitig gesetzlich krankenversichert zu sein, zunächst
ohne die Krankenkasse zu benennen (später hat er die Securvita BKK und die im Berufungsverfahren beigeladene BKK Mobil Oil
genannt). Er sei seit dem Jahr 2018 aufgrund sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung als Arbeitnehmer pflichtversichert.
Beantragt hat der Kläger wörtlich,
1. die Aufhebung aller Beitragsbescheide;
2. dass die Beklagte alle Verfahrenskosten, auch aus den Rechtsanwaltsgebühren, in voller Höhe zu tragen hat;
3. den Streitwert mindestens in Höhe von über 10.000,00 €, gemäß der Summe der Beitragsbescheide, festzusetzen;
4. festzustellen, dass derzeit keine Mitgliedschaft des Klägers in der HEK besteht.
Für den Fall, dass die Mitgliedschaft bei der Beklagten bestehen sollte, hat der Kläger hilfsweise wörtlich beantragt,
die Beklagte zur Übernahme aller Behandlungskosten zu verpflichten, die im Zusammenhang mit der bisher fehlenden Versichertenkarte
an den Kläger und den bisher fehlenden medizinischen Abrechnungsmöglichkeiten entstanden sind und entstehen werden.
Die Beklagte hat nach Klärung des Versicherungsverhältnisses festgestellt, dass der Kläger aufgrund ihr zuvor nicht bekannter
Beschäftigungsverhältnisse mit Anmeldungen bei anderen Krankenkassen durchgehend versicherungspflichtig gewesen sei, hat ihre
Bescheide über die Beitragserhebung aufgrund freiwilliger Versicherung aufgehoben und den Kläger damit nach ihrer Auffassung
klaglos gestellt.
Der Kläger, der bei Klageerhebung lediglich eine Postfachadresse in H. angegeben hatte, hat das Klageverfahren insbesondere
mit Fokus auf die von ihm bestrittene Mitgliedschaft bei der Beklagten fortgeführt und daneben – erfolglos – um einstweiligen
Rechtsschutz nachgesucht (S 59 KR 756/20 ER = L 1 KR 61720 B ER). Das SG hat den Kläger aufgefordert, eine ladungsfähige Anschrift anzugeben, und die Beteiligten zu einer beabsichtigten Entscheidung
durch Gerichtsbescheid angehört. Hierauf hat der Kläger dem SG eine Anschrift in H1 benannt. Ergänzend hat er angegeben, sich wegen seines Arbeitsverhältnisses seit dem Jahr 2019 in H.
aufzuhalten und weiterhin die Kommunikation über das Postfach gefordert, ohne eine Wohnanschrift in H. zu nennen.
Das SG hat eine Melderegisterauskunft eingeholt, wonach der Kläger weder in H. noch in H1 gemeldet ist, und die Klage mit Gerichtsbescheid
vom 25. Mai 2020 als unzulässig abgewiesen.
Zumindest in Bezug auf das Begehren des Klägers hinsichtlich der Aufhebung der Beitragsbescheide sei das Rechtsschutzbedürfnis
entfallen, weil sich das Rechtsschutzziel mit der Aufhebung der im Streit stehenden Beitragsbescheide erledigt habe, sodass
der Kläger insoweit nicht mehr beschwert sei.
Im Übrigen sei die Klage unzulässig, weil der Kläger dem Gericht keine ladungsfähige Anschrift angebe. Die Angabe einer Postfachanschrift
sei hierfür nicht ausreichend. Auch im sozialgerichtlichen Verfahren sei, von Ausnahmen abgesehen, bei natürlichen Personen
die Angabe einer Wohnungsanschrift erforderlich, unter der der Kläger auch tatsächlich anzutreffen sei. Der Kläger habe auf
gerichtliche Nachfrage eine Postanschrift in H1 angegeben, obwohl er sich nach eigenen Angaben in H. aufhalte. Unter der Anschrift
in H1 seien Personen mit dem Nachnamen des Klägers gemeldet, die Vornamen und Geburtsdaten stimmten mit denen des Klägers
jedoch nicht überein. Es sei davon auszugehen, dass es sich um die Wohnanschrift von Familienangehörigen handele, nicht jedoch
um die des Klägers. Dieser fordere weiterhin – trotz erfolgter Belehrung –, den gerichtlichen Schriftverkehr über ein Postfach
in H. zu führen, wobei die hieran adressierten Schreiben regelmäßig als unzustellbar an das Gericht zurückgingen. Der Kläger
habe damit trotz gerichtlicher Aufforderung die Angabe seiner tatsächlichen Anschrift unterlassen. Gründe, die der Preisgabe
der tatsächlichen Anschrift des Klägers entgegenstehen könnten, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Anschrift des
Klägers habe auch im Wege der Amtsermittlung nicht festgestellt werden können. Indem der Kläger auf Nachfrage des Gerichts
eine Anschrift benenne, die offensichtlich nicht die seine sei, versuche er, ein gerichtliches Verfahren „aus dem Verborgenen
heraus“ zu führen, und versetze sich damit in eine Position, verfahrensrechtliche Maßnahmen ggf. zu vereiteln. Die Kammer
folge daher insoweit – auch in Bezug auf das sich allgemein durch Bürgerfreundlichkeit und fehlende Formstrenge auszeichnende
sozialgerichtliche Verfahren – dem Bundesgerichtshof, wonach hierbei von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten auszugehen
sein dürfte, auf das nicht anders als mit einer Prozessabweisung zu reagieren sei. Eine Entscheidung in der Sache habe daher
nicht zu ergehen.
Gegen diesen ihm am 25. Mai 2020 unter der Anschrift in H1 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 8. Juni 2020
eingelegte Berufung des Klägers, mit der die Feststellung begehrt, dass insbesondere seit 2017 kein Rechtsverhältnis zwischen
ihm und der Beklagten bestanden habe und bestehe. Er habe dort nie einen Versicherungsantrag gestellt, und ein solcher sei
von der Beklagten auch nie angenommen worden. Stattdessen habe spätestens im Januar 2019 die vom erkennenden Senat zum Verfahren
beigeladene BKK Mobil Oil seinen Antrag angenommen und ihm eine Versichertenkarte ausgehändigt, über die auch Leistungen abgerechnet
worden seien. Auch habe er mit dieser Individualvereinbarungen getroffen und an deren Bonusprogramm teilgenommen. Als Wohnanschrift
in H. gibt der Kläger nunmehr eine solche an, die einer Tagesaufenthaltsstätte für Obdachlose gehört, über die ihm Post –
ebenso wie über sein Postfach – erreiche und lediglich formelle Zustellungen nicht klappten.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 25. Mai 2020 aufzuheben und festzustellen, dass mit der Beklagten kein
Versicherungsverhältnis besteht und bestand, insbesondere nicht seit 2017, sowie festzustellen, dass für die Zeiträume vom
1. August 2018 bis 30. Oktober 2018 sowie vom 1. Dezember 2018 bis 31. Januar 2019 keine Beiträge seiner damaligen Arbeitgeber
an die Beklagte abgeführt worden seien.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger sei aufgrund der Anmeldung der V. GmbH zum 19. Dezember 2017 ihr versicherungspflichtiges Mitglied geworden. Hierzu
überreicht sie ein Bestätigungsschreiben des Unternehmens vom 13. März 2019 über die damalige Wahlerklärung des Klägers zu
Gunsten der Beklagten. Aufgrund der Bindungsfrist nach §
175 Abs.
4 S. 1 des
Fünften Buches Sozialgesetzbuch (
SGB V) in der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Fassung (a.F.) habe der Kläger für einen Zeitraum von 18 Monaten nicht wirksam
eine andere Krankenkasse wählen können. Obwohl in der Folge für nachgehende Beschäftigungsverhältnisse (Auflistung Bl. 134
der Prozessakte) Anmeldungen bei anderen Krankenkassen erfolgt seien, sei die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten
mangels nach §
175 SGB V a.F. erforderlicher Kündigung nebst Wahlerklärung gegenüber der neugewählten Krankenkasse und Vorlage einer Mitgliedsbescheinigung
innerhalb der Kündigungsfrist bis heute erhalten geblieben. Eine Versichertenkarte habe sie dem Kläger bislang nicht ausstellen
können, weil dieser kein Lichtbild eingereicht habe. Die Beklagte sei zu Recht an die anderen Kassen, bei denen seit 2018
Anmeldungen erfolgt seien, bzw. an die verschiedenen meldenden Arbeitgeber herangetreten, um die Stornierung der Meldungen
zu anderen Kassen in die Wege zu leiten. Soweit Beiträge gezahlt und Leistungen erbracht worden seien, werde dies zwischen
den Krankenkassen intern abgewickelt.
Der Kläger erwidert, dass bei der V. GmbH damals ausschließlich ein Herr G. sein Ansprechpartner gewesen sei, nie eine Frau
E., die das Schreiben vom 13. März 2019 ausgestellt habe. Im Jahr 2017 habe er bei der Securvita BKK wegen eines möglichen
Versicherungsverhältnisses vorgesprochen und Antragsunterlagen mitgenommen. Im Jahr 2018 habe er sich nach dem Beschäftigungsende
bei der V. GmbH am 5. Februar 2018 mehrfach im außereuropäischen Ausland aufgehalten, ohne dort beschäftigt oder versichert
gewesen zu sein. Nach der jeweiligen Rückkehr habe ihm nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) jeweils ein neues Kassenwahlrecht zugestanden. Nach einer Rückkehr habe er zum 1. April 2018 die Securvita BKK gewählt und
im Jahr 2019 die Beigeladene. Der Kläger, der sich im Jahr 2020 arbeitslos gemeldet hat, gibt an, dass er seither durchgehend
Arbeitslosengeld beziehe und im Jahr 2021 kein neuer Versicherungspflichttatbestand eingetreten sei.
Die Beigeladene, die keinen Antrag stellt, meint wie die Beklagte, dass der mehrfach vom Kläger versuchte Wechsel zu ihr wegen
der Bindungsfrist nicht geklappt habe. Alle Meldung seien wieder storniert worden. Bis zum heutigen Tag sei der Kläger nicht
bei ihr versichert.
Der erkennende Senat hat durch Beschluss vom 24. Juni 2020 die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit
den ehrenamtlichen Richtern entscheidet (§
153 Abs.
5 des
Sozialgerichtsgesetzes <SGG>).
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschriften vom 26. November 2020 und 7. Juni 2021
– Letztere einschließlich des begleitenden Vermerks –, die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren
Inhalt der hiesigen Prozessakte sowie der ausweislich der Sitzungsniederschriften beigezogenen weiteren Akten und Unterlagen.
Entscheidungsgründe
Die statthafte (§§
105 Abs.
2 Satz 1,
143, 144
SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§§
105 Abs.
2 Satz 1,
151 SGG) eingelegte Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid im Ergebnis
zu Recht abgewiesen. Durch die Angabe einer jedenfalls bei einfacher Post funktionierenden Hamburger Postanschrift bei offenbar
bestehender Wohnungslosigkeit hat der Kläger einen Zulässigkeitsmangel beseitigt. Den Anfechtungsantrag, für den das SG das Rechtsschutzbedürfnis nach Aufhebung der Beitragsbescheide durch die Beklagte verneint hat, verfolgt der Kläger nicht
mehr weiter. Von den nunmehr noch gestellten Feststellungsanträgen ist der erstmals im Berufungsverfahren formulierte, wonach
festgestellt werden solle, dass für die Zeiträume vom 1. August 2018 bis 30. Oktober 2018 sowie vom 1. Dezember 2018 bis 31.
Januar 2019 keine Beiträge seiner damaligen Arbeitgeber an die Beklagte abgeführt worden seien, unzulässig. Ein diesbezügliches
Feststellungsinteresse (§
55 Abs.
1 letzter HS
SGG) ist nicht ersichtlich. Der bereits zuvor formulierte Antrag festzustellen, dass mit der Beklagten kein Versicherungsverhältnis
besteht und bestand, insbesondere nicht seit 2017, ist nach §
55 Abs.
1 Nr.
1 SGG zulässig, aber unbegründet. In den Zeiträumen seit dem 19. Dezember 2017, in denen der Kläger im Geltungsbereich des
SGB V krankenversicherungspflichtig war, war er jeweils Mitglied der Beklagten und ist es jedenfalls bis zum Tag der letzten mündlichen
Verhandlung vor dem erkennenden Senat geblieben.
Mit Aufnahme der Beschäftigung bei der V. GmbH am 19. Dezember 2017 wurde der Kläger nach §
5 Abs.
1 Nr.
1 SGB V versicherungspflichtig. Dadurch wurde er Mitglied der Beklagten als gewählter Krankenkasse (§
186 Abs.
1 SGB V, §
173 Abs.
1, §
175 SGB V a.F.). Die V. GmbH hat in der Bescheinigung vom 13. März 2019 bestätigt, dass sie ihn bei der Beklagten angemeldet habe,
weil der Kläger ihr gegenüber die Beklagte als seine gewählte Krankenkasse genannt habe. Dem hat der Kläger nicht widersprochen,
auch wenn er darauf hinweist, dass sein Ansprechpartner bei dem Unternehmen damals ein anderer gewesen sei als die Mitarbeiterin
E., die nunmehr die Bescheinigung ausgestellt hat. Damit ist die Ausübung des Wahlrechts zumindest konkludent erfolgt (vergleiche
hierzu Just in Becker/Kingreen,
SGB V, 6. Aufl 2018, §
175 Rn. 4 m.N.). Dass der Kläger bereits vor diesem Zeitpunkt versicherungspflichtig oder nach der Zeit der Mitgliedschaft bei
der Beklagten Anfang der 1990er Jahre anderweitig, in nunmehr die Begründung einer Mitgliedschaft bei der Beklagten verhindernden
Weise versichert gewesen wäre, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Kläger trägt vielmehr ausdrücklich vor, im
Jahr 2017 bei der Securvita BKK lediglich ein Informationsgespräch geführt und Unterlagen mitgenommen zu haben. Gegenüber
anderen Arbeitgebern abgegebene Wahlerklärungen nach Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zu Gunsten der
Securvita BKK oder auch der Beigeladenen erfolgten erst nach Beendigung der Beschäftigung bei der V. GmbH am 5. Februar 2018.
Diese führten jedoch nicht zu einem Wechsel der Mitgliedschaft.
Mit Eintritt der Versicherungspflicht durch Beschäftigungsaufnahme bei der V. GmbH am 19. Dezember 2017 trat eine 18-monatige
Bindung nach §
175 Abs.
4 S. 1
SGB V a.F. ein. Eine Kündigung der Mitgliedschaft bei der Beklagten erfolgte seither lediglich zum Ende der seit 1. Februar 2019
durchgehenden Beschäftigung bei der W. GmbH am 31. August 2020, ohne dass jedoch die weiteren Voraussetzungen für das Wirksamwerden
der Kündigung wie insbesondere eine Wahlerklärung gegenüber der neuen Krankenkasse und Vorlage von deren Mitgliedsbescheinigung
bei der bisherigen innerhalb der Kündigungsfrist (§ 175 Abs. 2 und 4 SGB Va.F.) vorgelegen hätten.
Der Kläger geht fehl, wenn er meint, dass er nach mehreren kurzen Auslandsaufenthalten ohne Bestehen einer Versicherungspflicht,
Wiedereinreise nach Deutschland und Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung während der 18-monatigen Bindungsfrist
im Einklang mit der Rechtsprechung des BSG jeweils ein neues Krankenkassenwahlrecht gehabt habe. Diese Ansicht entspricht zwar der Rechtslage bis zum 31. Dezember 2000
(vgl. die Darstellung im Urteil des BSG vom 13. Juni 2007 – B 12 KR 19/06 R, SGb 2008, 492). Allerdings hat der Gesetzgeber diese frühere Rechtsprechung zum Anlass genommen, mit Wirkung ab 1. Januar 2001 die bis
dahin nicht vorgesehene Kündigungsbestätigung einzufügen und die Ausstellung der Mitgliedsbescheinigung an die Vorlage der
Kündigungsbestätigung zu binden. Damit sollte klargestellt werden, dass bei einer Unterbrechung von mehr als 18 Monaten die
Wahl einer anderen Krankenkasse unabhängig von der Dauer der Mitgliedschaft bei der bisherigen Krankenkasse möglich sei. Zugleich
sollten Ungleichbehandlungen vermieden werden, da auch bei ununterbrochener Mitgliedschaft ein Kassenwechsel erst nach 18
Monaten möglich sei (vgl. Just, a.a.O. Rn. 15). Wörtlich heißt es in der Begründung des ursprünglichen Gesetzesentwurfs (BT-Drs.
14/5957, 4/5):
Künftig sollen auch Versicherungspflichtige die Möglichkeit haben, die Mitgliedschaft bei ihrer Krankenkasse unterjährig mit
einer Frist von sechs Wochen zum Ende des Kalendermonats zu kündigen. Hierdurch wird eine Verstetigung der Mitgliederbewegungen
im Jahresverlauf erreicht. An die Wahlentscheidung sind die Mitglieder sodann 18 Monate gebunden, sodass unvertretbare verwaltungsmäßige
Mehrbelastungen der Krankenkassen und der zur Meldung verpflichteten Stellen durch häufige Kassenwechsel vermieden werden.
…
Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Regelung in Buchstabe b. Da künftig der Eintritt einer Versicherungspflicht kein Wahlrecht zu einer anderen Krankenkasse mehr begründet , muss sichergestellt werden, dass die Bindungsfrist nach Absatz 4 Satz 1 auch nach dem Beginn einer Versicherungspflicht eingehalten
wird . Zu diesem Zweck haben die Krankenkassen eine Mitgliedsbescheinigung auch zur Vorlage bei der zur Meldung verpflichteten
Stelle auszustellen. Da die gewählte Krankenkasse eine Mitgliedsbescheinigung nur ausstellen kann, wenn ihr eine Kündigungsbestätigung
der bisherigen Krankenkasse vorliegt, wird durch die Vorlage der Mitgliedsbescheinigung zugleich die Einhaltung der Bindungsfrist
nachgewiesen. …
Nach geltendem Recht können Versicherungspflichtige bei Eintritt der Versicherungspflicht das Wahlrecht zu einer anderen Krankenkasse
auch dann ausüben, wenn sie weniger als zwölf Monate Mitglied ihrer bisherigen Krankenkasse gewesen sind. Künftig soll die
gesetzliche Mindestbindungsfrist von 18 Monaten einheitlich für alle Mitglieder, also auch für die Versicherungsberechtigten
gelten. Bei Letzteren besteht eine vergleichbare Möglichkeit des vorzeitigen Kassenwechsels jedoch nicht, sodass sie in jedem
Fall 18 Monate an die Wahlentscheidung gebunden sind. Um eine Schlechterstellung Versicherungsberechtigter gegenüber Versicherungspflichtigen
zu verhindern, wird das Kassenwahlrecht bei Eintritt einer Versicherungspflicht aufgehoben. Die Regelung stellt daher klar, dass der Eintritt einer Versicherungspflicht nicht mehr als solcher ein Wahlrecht zu einer
anderen Krankenkasse begründet. Versicherungspflichtige können bei Eintritt einer Versicherungspflicht das Wahlrecht zu einer anderen Krankenkasse nur dann
ausüben, wenn sie die Mitgliedschaft bei der bisherigen Krankenkasse wirksam gekündigt haben. Die Einhaltung der Bindungsfrist wird der zur Meldung verpflichteten Stelle durch Vorlage einer Mitgliedsbescheinigung der
gewählten Krankenkasse, die nur bei Vorliegen einer Kündigungsbestätigung der bisherigen Krankenkasse ausgestellt werden kann,
nachgewiesen.
Diese Rechtslage galt im Wesentlichen unverändert bis Ende des Jahres 2020. Das BSG hat in der oben genannten Entscheidung vom 13. Juni 2007 lediglich für den Fall, dass die Mindestbindung für die Mitgliedschaft
bei der früheren Kasse abgelaufen war, entschieden, dass mit der nach einem Unterbrechungszeitraum ohne eigene Mitgliedschaft
eintretenden Versicherungspflicht unverändert ein neues Wahlrecht unabhängig von der Erklärung einer Kündigung unter Vorlage
einer Kündigungsbestätigung bestehe. Ein solcher Sachverhalt ist vorliegend nicht gegeben.
Da der Kläger im laufenden Jahr 2021 durchgehend aufgrund desselben Sachverhalts (Arbeitslosengeld) versicherungspflichtig
war und ist und darüber hinaus zu einer Wahlerklärung gegenüber einer anderen Krankenkasse bis zum Ende der mündlichen Verhandlung
bzw. bis spätestens Ende April 2021 nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich ist, scheidet bereits aus diesem Grund ein Wechsel
der Mitgliedschaft nach dem seither geltenden Recht (§ 175 Abs. 4 S. 1-4 SGB 5 in der Fassung vom 12. Juni 2020 <BGBl. I S.
1248>) aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG liegen nicht vor.