Tatbestand
Der 1966 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Im Jahr 2020 begab er sich mehrfach und bei verschiedenen
Leistungserbringern in vertragszahnärztliche Behandlung, die jeweils nicht zur Zufriedenheit des Klägers verlief, der nach
wie vor unter Schmerzen litt.
Am 5. Oktober 2020 wandte sich der Kläger mittels des Formulars „Anfrage an die BARMER“ auf der Website der Beklagten an diese,
und ersuchte sie, ihm einen kompetenten Zahnarzt im H. zu besorgen, der ihm seine Zähne „richtig“ mache. Nirgends gebe es
einen Termin.
Am selben Tag hat er bei dem Sozialgericht (SG) Hamburg Klage „wegen fehlender Behandlung von Zahnschmerzen, Betrug, Abrechnungsbetrug sowie Leistung von zahnärztlicher
Behandlung“ erhoben (S 56 KR 2236/20 = L 1 KR 64/21 ), mit der er nach Klarstellung die Vermittlung eines Zahnarzttermins begehrt hat und die das SG mit Gerichtsbescheid vom 15. Juni 2021 als unzulässig abgewiesen hat, wobei die Berufung des Klägers hiergegen ohne Erfolg
geblieben ist (Urteil des erkennenden Senats vom 21. Oktober 2021 nach gemeinsamer mündlicher Verhandlung mit der hiesigen
Berufung).
Die Beklagte antwortete dem Kläger mit Schreiben vom 7. Oktober 2020 und wies darauf hin, dass sie aus Wettbewerbsgründen
keine Zahnärzte empfehlen dürfe. Der Kläger könne aber auf der Internetseite der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) H.
auf Zahnarztsuche gehen bzw. diese um Hilfe bitten.
Der Kläger reagierte auf dieses Schreiben mit E-Mail vom 15. Oktober 2020. Er habe seit Juni 2020 Zahnschmerzen und niemand
würde ihn richtig behandeln. Er forderte die Aushändigung aller Abrechnungsunterlagen der Zahnärzte, die ihn vom 1. Januar
2020 bis zum 31. Oktober 2020 falsch behandelt hätten.
Die Beklagte übersandte dem Kläger daraufhin unter dem 21. Oktober 2020 eine Leistungsauskunft für diesen Zeitraum, die lediglich
einen Behandlungsfallnachweis für konservierend chirurgische Leistungen in der Zeit vom 6. Februar 2020 bis zum 24. Februar
2020 enthielt, für die ein Betrag von 294,92 Euro ausgewiesen war. Sie wies darauf hin, dass sie bestimmte Sozialdaten erst
mit einem Verzug von mehreren Wochen oder Monaten erhalte und die Auskunft daher nur den damaligen Stand der gespeicherten
Daten abbilden könne.
Am 14. Oktober 2020 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hamburg „wegen Nichtbezahlung von zahnärztlichen Abrechnungen und Einsicht/Aushändigung von zahnärztlichen Abrechnungen
ab dem 1. Januar 2020“, ohne den Antrag als solchen weiter zu konkretisieren.
Die Beklagte hat gemeint, dass die Prozessvoraussetzungen nicht erfüllt seien, weil der Klage kein Vorverfahren vorausgegangen
sei. Ein Verwaltungsverfahren sei nicht anhängig. Sie sei der Bitte auf Übermittlung der Abrechnungsunterlagen bezüglich zahnärztlicher
Behandlungen ab dem 1. Januar 2020 nachgekommen. Hierbei sei zu beachten, dass die Abrechnungen zeitverzögert erfolgten und
demnach noch unvollständig sein könnten. Nach einer am 5. November 2020 erneut erfolgten Auswertung seien keine Abrechnungsdaten
hinzugekommen.
Nach diesbezüglicher Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15. Juni 2021 als unzulässig abgewiesen.
Die Durchführung eines Vorverfahrens, in dem die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes überprüft
werde, sei gemäß §
78 Abs.
1 und
3 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) zwingende Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Anfechtungs- und/oder Verpflichtungsklage vor dem SG. An einem solchen Vorverfahren fehle es im vorliegenden Fall. Es sei weder ersichtlich, dass ein ablehnender Ausgangsbescheid
der Beklagten bezüglich des Klagebegehrens des Klägers vorliege, noch, dass diesbezüglich ein Widerspruchsverfahren bei der
Beklagten durchgeführt worden sei.
Gegen diesen ihm am 18. Juni 2021 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 1. Juli 2021 eingelegte Berufung des Klägers,
mit der er klarstellt, dass die Klage sich auf die nicht beigebrachten Zahnarztabrechnungen im Zeitraum vom 1. Januar 2020
bis 31. Oktober 2020 beziehe. Die Beklagte habe nur eine Abrechnung übersandt. Es fehlten noch derer fünf.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Hamburg vom 15. Juni 2021 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine vollständige
Leistungsauskunft über seine vertragszahnärztlichen Behandlungen im Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis 31. Oktober 2020 zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat zunächst Bezug auf die Begründung des angefochtenen Gerichtsbescheids genommen, dann aber im Termin zur mündlichen
Verhandlung in Abwesenheit des Klägers eine unter dem 20. Oktober 2021 erstellte Leistungsauskunft für den Zeitraum vom 1.
Januar 2005 bis 20. Oktober 2021 überreicht, die im streitigen Zeitraum über die bereits mitgeteilte konservierend chirurgische
Leistung hinaus Behandlungsfallnachweise für sechs weitere derartige Leistungen enthält.
Der erkennende Senat hat durch Beschluss vom 11. August 2021 die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit
den ehrenamtlichen Richtern entscheidet (§
153 Abs.
5 SGG).
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 21. Oktober 2021, die vorbereitenden
Schriftsätze der Beteiligten und den weiteren Inhalt der hiesigen Prozessakte, der Prozessakte des mit dem hiesigen zusammen
verhandelten Verfahrens L 1 KR 64/21 (= S 56 KR 2236/20) sowie der jeweils beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten.
Der Senat hat trotz Ausbleibens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden können, weil jener
in seiner ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.