Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe.
Der am xxxxx 1960 geborene Kläger beantragte am 21. Mai 2014 Arbeitslosengeld. Zuletzt arbeitete er als Strukturmechaniker
bei der Firma F. mbH, die im Rahmen der technischen Dienstleistung Arbeitnehmerüberlassung betreibt. Laut dem am 3. November
2011 geschlossenen Arbeitsvertrag sollte der Kläger ab dem 14. November 2011 als Strukturmechaniker an verschiedenen Einsatzorten
bundes- und weltweit beschäftigt werden. Die Parteien vereinbarten, dass für ihr Arbeitsverhältnis folgende Tarifverträge
gelten sollten: Manteltarifvertrag Zeitarbeit, Entgeltrahmentarifvertrag Zeitarbeit, Entgelttarifvertrag Zeitarbeit und Tarifvertrag
Beschäftigungssicherung Zeitarbeit. Als ergänzende Regelungen zur Vergütung wurde vereinbart, dass die Auszahlung der vereinbarten
Bezüge in folgender Weise vorgenommen werde: Bis zum 3. Werktag des Folgemonats ein Abschlag von 90 Prozent des Nettoentgelts
für die Normalstunden, die Endabrechnung bis zum 15. des auf diese Zahlung folgenden Monats. Der Kläger erschien seit dem
13. Mai 2014 nicht bei der Arbeit. Die Arbeitgeberin kündigte ihm daraufhin am 19. Mai 2014 außerordentlich.
Die Beklagte übersandte dem Kläger einen Fragebogen zur Kündigung durch seine ehemalige Arbeitgeberin. Diese habe angegeben,
dass sich der Kläger arbeitsvertragswidrig verhalten habe. Es werde geprüft, ob eine Sperrzeit eingetreten sei. Eine solche
wäre nicht eingetreten, wenn der Kläger einen wichtigen Grund für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gehabt habe.
Der Kläger sandte der Beklagten am 11. Juni 2014 den ausgefüllten Fragebogen zurück. Seine Arbeitgeberin habe ihm 1.040 Euro
überwiesen, was gerade seine Unkosten gedeckt habe. Sein Gehalt hätte aber ungefähr 1.600 Euro betragen müssen. Er habe einen
Abschlag zum Ersten des Monats von mindestens 1.400 Euro erwartet. Es sei ihm daher aus finanziellen Gründen nicht möglich
gewesen, seiner Arbeit in B. nachzukommen. Auf seine Schreiben habe er von der Arbeitgeberin keine Antwort erhalten und auch
telefonisch sei ihm eine Auszahlung verweigert worden. Er sei auch nicht abgemahnt worden.
Die Beklagte stellte mit undatiertem Bescheid fest, dass eine Sperrzeit vom 20. Mai 2014 bis zum 11. August 2014 eingetreten
sei. Der Arbeitslosengeldanspruch ruhe in dieser Zeit. Die Sperrzeit dauere 12 Wochen. Sie mindere den Arbeitslosengeldanspruch
um 112 Tage. Der Kläger sei unentschuldigt von der Arbeit ferngeblieben. Er habe die Arbeitslosigkeit vorhersehen müssen,
da er bereits Abmahnungen erhalten habe.
Mit Bewilligungsbescheid vom 11. Juni 2014 wurde dem Kläger Arbeitslosengeld für 450 Tage ab dem 20. Mai 2014 bis zum 18.
Juli 2015 in Höhe von 1.350,90 Euro monatlich bewilligt. Für die Zeit vom 20. Mai 2014 bis zum 11. August 2014 werde kein
Arbeitslosengeld gezahlt, weil eine Sperrzeit eingetreten sei.
Gegen diese Bescheide legte der Kläger am 17. Juni 2014 Widerspruch ein. Er führte an, dass er nicht unentschuldigt gefehlt
habe. Die Firma habe den Lohn immer nur mit Abschlag am Ersten des Monats und den Rest erst teilweise sechs Wochen später
gezahlt. Die Abschlagsleistung für April 2014 habe 1.040 Euro betragen. Das habe nicht einmal für seine Unkosten gereicht.
Ihm sei es einfach nicht möglich gewesen, das Auto zu betanken, um zu seinem Einsatzort B. zu kommen.
Die Beklagte wandte sich mit Schreiben vom 19. Juni 2014 an die Arbeitgeberin des Klägers. Diese teilte mit, dass der Abschlag
zum Ende des Monats gezahlt werde und die Restzahlung am 15. Banktag des Folgemonats erfolge. Der Kläger habe für April eine
Abschlagszahlung und im Mai die Restzahlung erhalten. Der Kläger sei am 13. Mai 2014 abgemahnt worden, weil er unentschuldigt
nicht zur Arbeit erschienen sei. In einem Telefonat mit der Beklagten am 9. Juli 2014 teilte die ehemalige Arbeitgeberin laut
Aktennotiz der Beklagten mit, dass der Kläger in den letzten Jahren an die Firma A. entliehen gewesen sei. Er habe dort aufgrund
des E1-Pay ein sehr hohes Arbeitsentgelt erhalten. Nach Beendigung der dortigen Beschäftigung sei der Kläger mit seinem nun
wieder sehr viel niedrigeren Einkommen nicht mehr ausgekommen und habe daher einen Vorschuss verlangt. Den habe er auch erhalten.
Nach einer weiteren Woche habe er erneut einen Vorschuss begehrt. Dieser sei ihm verweigert worden, weil er dann keine reguläre
Auszahlung mehr erhalten hätte. Dann sei der Kläger nicht mehr zur Arbeit erschienen und sei auch telefonisch nicht mehr erreichbar
gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Der Kläger
habe keinen wichtigen Grund für sein vertragswidriges Verhalten gehabt. Der Kläger hätte der Arbeitgeberin mitteilen müssen,
dass es ihm aus finanziellen Gründen nicht möglich sei, den Arbeitsort zu erreichen. Auch wäre es dem Kläger möglich gewesen,
die Situation mit der Arbeitgeberin zu klären. Insbesondere hätte er Telefonate der Arbeitgeberin entgegennehmen müssen. Ein
Versuch zur Fortführung des Arbeitsverhältnisses sei unterblieben. Der Kläger hätte den Eintritt der Arbeitslosigkeit auch
vorhersehen können.
Hiergegen hat der Kläger am 23. Juli 2014 Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben. Laut Arbeitsvertrag sei sein Einsatzort
der Kunde A. gewesen. Mit Schreiben vom 2. April 2014 habe die Arbeitgeberin den Kläger informiert, dass er nunmehr bei dem
Kunden "M. GmbH" beschäftigt sei. Ihm sei Fahrgeld in Höhe von täglich 11,90 Euro bewilligt worden. Üblicherweise sei das
Gehalt des Klägers zum jeweiligen Monatsende nahezu vollständig ausgezahlt worden. Am 29. April 2014 habe die Arbeitgeberin
für April 2014 lediglich einen Abschlag in Höhe von 1.040 Euro netto überwiesen. Er habe mehrmals bei der Arbeitgeberin angerufen
und gesagt, dass er auf das Gehalt angewiesen sei, da er sonst nicht zu seiner Arbeitsstelle in B. gelangen könne. Am 13.
Mai 2014 habe der Kläger die Arbeitgeberin nochmals aufgefordert, sein Gehalt zu überweisen, und von seinem Zurückbehaltungsrecht
Gebrauch gemacht. Eine Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Arbeitgeberin, dass der Lohn nicht zum Ende des Monats fällig
sei, existiere nicht. Im April 2014 habe die Arbeitgeberin jedoch ohne ersichtlichen Grund in rechtswidriger Weise lediglich
einen Abschlag in Höhe von gerade einmal 60 Prozent des Nettoentgeltes ausgezahlt. Laut Arbeitsvertrag sei zudem der Arbeitsort
F1 gewesen, die Arbeitgeberin hätte den Einsatzort nicht nach B. verlegen dürfen. Eine Abmahnung habe der Kläger nicht erhalten.
Dies schließe eine grobe Fahrlässigkeit aus. Der Kläger hat zudem eine Kopie seines Schreibens an seine ehemalige Arbeitgeberin
vom 13. Mai 2014 vorgelegt. Darin führt er aus, dass er Anspruch auf 1.932 Euro brutto habe. Eine Abschlagszahlung von 1.040
Euro sei nicht ausreichend, um seine Unkosten plus Fahrtkosten nach B. zu finanzieren. Deshalb mache er von seinem Zurückbehaltungsrecht
Gebrauch. Sobald die Arbeitgeberin ihren vertraglichen Pflichten nachkomme, erfülle er auch seine vertraglichen Pflichten.
Des Weiteren hat der Kläger die Abrechnung seiner Arbeitgeberin für April 2014 vorgelegt. Als Normalstunden sind dort 135
Stunden zu 12,67 Euro mit insgesamt 1.710,45 Euro brutto ausgewiesen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 22. August 2017 abgewiesen. Der undatierte Sperrzeitbescheid in der Fassung
des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 2014 sei rechtmäßig. Die Beklagte habe insbesondere im Widerspruchsbescheid vom 9.
Juli 2014 die Sach- und Rechtslage zutreffend dargestellt. Der Kläger habe aufgrund arbeitsvertragswidrigen Verhaltens seinen
Arbeitsplatz verloren und hätte erkennen können, dass Arbeitslosigkeit eintreten würde. Ein vertragswidriges Verhalten liege
vor, wenn der Arbeitnehmer gegen eine vertraglich vereinbarte Hauptpflicht verstoße. Dies sei der Fall. Die Arbeitgeberin
sei zur fristlosen Kündigung berechtigt gewesen. Es habe sich bei dem angekündigten Fernbleiben von der Arbeit um eine Arbeitsverweigerung
gehandelt, die insbesondere wegen der Ankündigung, der tatsächlichen Umsetzung und der nachfolgenden Unerreichbarkeit des
Klägers für den Arbeitgeber auch als beharrlich anzusehen gewesen sei. Eine beharrliche Arbeitsverweigerung, die geeignet
sei, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, könne auch darin liegen, dass der Arbeitnehmer sich zu Unrecht auf
ein Leistungsverweigerungsrecht und/oder ein Zurückbehaltungsrecht gemäß §
273 Abs.
1 des
Bürgerlichen Gesetzbuches (
BGB) berufe. Sofern der Kläger gemeint habe, er habe für sein Fernbleiben vom Arbeitsplatz ab dem 13. Mai 2014 einen wichtigen
Grund gehabt, nämlich ein Zurückbehaltungsrecht im Sinne des §
273 BGB wegen der unvollständigen und nicht ausreichenden Auszahlung von Arbeitsentgelt, könne die Kammer hierin keinen wichtigen
Grund erkennen. Der wichtige Grund für das Verhalten sei nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Arbeitslosen zu beurteilen,
sondern bemesse sich nach objektiven Kriterien. Ein wichtiger Grund könne anzunehmen sein, wenn die Nichtzahlung des Lohnes
eine nicht unerhebliche Höhe erreiche oder der Verzug mit den Lohnzahlungen sich über einen erheblichen Zeitraum erstrecke
und der Arbeitnehmer diese Vertragsverletzung abgemahnt habe. Nach eigenem Vortrag des Klägers will er für den Monat April
2014 gegenüber dem Arbeitgeber noch ausstehende Gehaltsforderungen gehabt haben, weil er den Abschlag von 1.040 Euro für zu
gering erachtet habe. Unter Berücksichtigung der oben genannten Rechtsprechung, dass eine nicht unerhebliche Höhe der fehlenden
Entgeltauszahlung oder ein Verzug über einen erheblichen Zeitraum vorliegen müsse, mangele es bei fehlendem Entgelt in nur
einem einzigen Monat bereits an der erforderlichen Erheblichkeit des Arbeitgeberverzugs. Im April 2014 habe der Kläger 135
Normalstunden geleistet und damit brutto 1.710,45 Euro erzielt. Ausgehend von 1.710,45 Euro brutto Normalarbeitsstunden, ergebe
sich nach Abzug der hierauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge (15,5 Prozent Krankenversicherung: 265,12 Euro; 1,27
Prozent Pflegeversicherungsbeitrag: 21,72 Euro; 18,9 Prozent Rentenversicherungsbeitrag: 323,28 Euro und 3 Prozent Arbeitslosenversicherungsbeitrag:
51,31 Euro) in Höhe von insgesamt 661,43 Euro ein Netto-Normalverdienst von 1.049,02 Euro. Der hierauf gezahlte Abschlag in
Höhe von 1.040 Euro entspreche also fast dem Netto-Normalstunden-Verdienst. Vertraglich vereinbart sei allerdings nur eine
Abschlagsleistung von 90 Prozent, so dass bei vertraglicher Berechnung hier sogar lediglich ein Abschlag von 944,12 Euro zu
beanspruchen gewesen wäre. Sofern der Kläger sich über das Vorliegen von Arbeitgeberverzug geirrt haben sollte, dürfte er
das Risiko dieses Irrtums allein tragen. Ein entschuldbarer Rechtsirrtum liege nur dann vor, wenn der Schuldner seinen Irrtum
auch unter Anwendung der zu beachtenden Sorgfalt nicht habe erkennen können. Dabei seien strenge Maßstäbe anzustellen. Es
reiche nicht aus, wenn er sich für seine eigene Rechtsauffassung auf eine eigene Prüfung und fachliche Beratung stützen könne.
Ein entschuldbarer Rechtsirrtum liege nur dann vor, wenn der Schuldner nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage
mit einem seiner Ansicht entgegenstehendem Ergebnis nicht habe zu rechnen brauchen. Eine solche Prüfung der Abrechnung des
Monats April 2014 durch den Kläger sei im vorliegenden Falle gar nicht erfolgt. Der Kläger habe weder eine Differenz seiner
Berechnung der zu leistenden Abschlagszahlung beziffert noch anderweitige belastbare Gründe für die Unrichtigkeit der Entgeltzahlung
angeführt. Der Kläger hätte unschwer unter Berücksichtigung der Vereinbarungen in seinem Arbeitsvertrag und der für 2014 feststehenden
Beitragshöhen zur Sozialversicherung selbst sein Netto-Normalstunden-Entgelt berechnen können, um so die Höhe und den Zeitpunkt
der von der Arbeitgeberin ausgezahlten Abschlagszahlung zu prüfen. Aus diesem Grund dürfte der Kläger die Arbeitgeberin auch
nicht ordnungsgemäß in Verzug gesetzt haben. Sofern er ausführe, er habe die ehemalige Arbeitgeberin bereits ab dem 1. Mai
2014 wegen ausstehender Zahlungen ermahnt und die geringe Zahlung gerügt und sich mehrmals bei der Mitarbeiterin der Arbeitgeberin
nach der ausstehenden Zahlung erkundigt, dürfte dies den Anforderungen an ein In-Verzug-Setzen nicht genügen. Der Schuldner
müsse vor Ausübung des Zurückbehaltungsrechts unter Angabe des Grundes der Arbeitgeberin eindeutig mitteilen, dass er dieses
Recht aufgrund einer bestimmten, konkreten Gegenforderung ausüben werde. Nur auf diese Weise werde der Arbeitgeberin die Möglichkeit
eröffnet, den möglichen Anspruch des Arbeitnehmers zu prüfen. Im vorliegenden Falle seien die vom Kläger geschilderten Ermahnungen
und Erkundigungen Anfang Mai 2014 bei der Mitarbeiterin der Arbeitgeberin, Frau T., nicht geeignet, um festzustellen, dass
dies bereits die Anforderungen an eine Konkretisierung der Gegenforderung erfülle. Jedenfalls erfülle weder das Schreiben
des Klägers vom 13. Mai 2014 noch vom 15. Mai 2014 diese Anforderungen. Eine konkrete Berechnung des ausstehenden Entgelts
sei hier nicht ersichtlich. Der Kläger führe in diesen Schreiben lediglich an, dass der für April 2014 gezahlte Abschlag mit
1.040 Euro zu gering sei und ihm keine Information darüber vorliegen würde, warum der Abschlag nur in der geringen Höhe berechnet
worden sei. Noch weniger erfüllten aber die Schreiben die Geltendmachung einer Gegenforderung vor Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts.
Das Schreiben vom 15. Mai 2014 sei eindeutig nach dem 13. Mai 2014, dem ersten Tag des Fernbleibens von der Arbeit, gefertigt.
Aber auch das am Tag des Fernbleibens von der Arbeit am 13. Mai 2013 gefertigte und an die Arbeitgeberin gerichtete Schreiben
liege zeitlich nicht vor Ausübung des Zurückbehaltungsrechts. Sofern der Kläger behaupte, der Betriebsrat sei nicht angehört
worden, fehlten hier belastbare Anhaltspunkte. Nach den Ausführungen der ehemaligen Arbeitgeberin im Schreiben vom 23. Februar
2015 und in dem Kündigungsschreiben vom 19. Mai 2014 sei der Betriebsrat angehört worden. Zur Überzeugung der Kammer reiche
ein einfaches Bestreiten des Klägers zur ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats nicht aus, um vom Fehlen einer solchen
erforderlichen Beteiligung des Betriebsrates auszugehen. Die Kammer habe keine Bedenken, den Angaben der ehemaligen Arbeitgeberin
zu folgen. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei kein erkennbares Interesse der ehemaligen Arbeitgeberin an dem Ausgang
des Verfahrens zwischen dem Kläger und der Beklagten ersichtlich. Auch das vom Kläger vorgebrachte Unvermögen, die Fahrtkosten
von seinem Wohnort zu seinem Einsatzort in B. finanzieren zu können, ergebe keinen wichtigen Grund, der das Vorgehen des Klägers
rechtfertigen könne. Hinsichtlich der Frage, ob die zu große Entfernung des Arbeitsplatzes von der Wohnung des Arbeitnehmers
und die damit verbundenen Kosten einen wichtigen Grund im Sinne des §
159 des
Dritten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB III) für ein vertragswidriges Verhalten bzw. zur Lösung des Arbeitsverhältnisses darstellen könnten, seien die Maßstäbe des §
140 Abs.
4 SGB III zu berücksichtigen. Auch hier gelte, dass sich auf einen wichtigen Grund nicht berufen könne, wer nicht alle zumutbaren Anstrengungen
unternehme, um den Eintritt des Versicherungsfalles zu vermeiden. Hier betrage die Entfernung zwischen Wohn- und Arbeitsort
etwa 56 km (einfache Strecke) und sei laut F2-Routenplaner in einer Fahrtzeit von etwas über einer Stunde mit dem Auto zurückzulegen.
Dieses stehe im Einklang mit den Anforderungen des §
140 Abs.
4 SGB III, wonach Pendelzeiten von mehr als zweieinhalb Stunden erst unverhältnismäßig seien. Da sich die ehemalige Arbeitgeberin an
den Fahrtkosten mit 11,90 Euro täglich beteiligt habe, könne die Kammer nicht erkennen, dass der Arbeitgeber verpflichtet
gewesen sei, ihm weitere Vorschussleistungen auf seinen Lohn zu gewähren, um sicherzustellen, dass der Kläger seinen Einsatzort
weiterhin habe erreichen können.
Der Bevollmächtigte des Klägers hat gegen das ihm am 24. Oktober 2017 zugestellte Urteil am 20. November 2017 Berufung eingelegt.
Der Kläger habe ab dem 13. Mai 2014 keine Arbeitsleistung mehr erbracht. Er habe sich insoweit auf ein Zurückbehaltungsrecht
berufen dürfen, da die Arbeitgeberin mit einem nicht unerheblichen Teil des Arbeitsentgelts in Verzug gewesen sei. Richtig
sei, dass in dem Arbeitsvertrag eine Regelung zur Vergütung getroffen worden sei. Ausweislich der Gehaltsabrechnung für April
2014 habe der Kläger aber einen Anspruch auf ein Gesamtbrutto in Höhe von 2.367,99 Euro gehabt. Dieses ergebe ein gesetzliches
Netto von 1.656,34 Euro, von dem dem Kläger lediglich 62 Prozent ausgezahlt worden seien. Es werde bestritten, dass der Kläger
abgemahnt worden sei. Es werde weiterhin bestritten, dass eine Betriebsratsanhörung stattgefunden habe. Die Beweislast liege
nicht beim Kläger. Eine grobe Fahrlässigkeit sei zudem ausgeschlossen, da der Kläger die Abmahnung nicht erhalten habe.
Nach Vorlage des Anhörungsschreibens vom 14. Mai 2014 der ehemalige Arbeitgeberin des Klägers an den Betriebsrat, trägt der
Kläger weiter vor, dass dem Betriebsrat ein unvollständiger bzw. falscher Sachverhalt mitgeteilt worden sei. Zudem könne die
Arbeitgeberin nicht ihre Abmahnung auf das unentschuldigte Fehlen seit dem 13. Mai 2014 stützen und anschließend aufgrund
des gleichen Fehlverhaltens kündigen. Der Sachverhalt sei verbraucht.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 22. August 2017 und den undatierten Bescheid betreffend eine
Sperrzeit vom 20. Mai 2014 bis zum 11. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juli 2014 aufzuheben sowie
den Bewilligungsbescheid vom 11. Juni 2014 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, ihm Arbeitslosengeld auch für die
Zeit vom 21. Mai 2014 bis zum 11. August 2014 sowie für den 19. Juli 2015 in Höhe der gesetzlichen Leistungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, die Sitzungsniederschrift
vom 30. Januar 2019 sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der ausweislich der Sitzungsniederschrift beigezogenen Akten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft (§§
143,
144 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG)) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§
151 SGG), aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der undatierte Sperrzeitbescheid sowie der Bewilligungsbescheid
vom 11. Juni 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 9. Juli 2014 sind rechtmäßig und der Kläger hat keinen Anspruch
auf die Zahlung von weiterem Arbeitslosengeld.
Der Senat nimmt auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts Bezug und sieht insoweit nach §
153 Abs.
2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Lediglich ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
Der Sperrzeitbescheid ist insbesondere auch formell rechtmäßig ergangen. Mit Übersendung des Fragebogens zur Kündigung durch
den Arbeitgeber und den Hinweis auf den möglichen Eintritt einer Sperrzeit ist die Beklagte dem Erfordernis einer vorherigen
Anhörung ausreichend nachgekommen.
Die Beklagte hat auch materiell rechtmäßig eine Sperrzeit für die Zeit vom 20. Mai 2014 bis zum 11. August 2014 festgestellt.
Nach §
159 Abs.
1 des
Dritten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB III) ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit, wenn der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür
einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten liegt nach §
159 Abs.
1 S. 2 Nr.
1 SGB III u. a. vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis löst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass
für eine Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit
herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe).
Der Kläger hat durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch
vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Das Nichterscheinen zur Arbeit und damit die Nichterfüllung
einer Hauptpflicht aus dem Arbeitsvertrag stellt ein arbeitsvertragswidriges Verhalten dar, das zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses
berechtigt. Die Behauptung in der Klagebegründung, dass im Arbeitsvertrag als Einsatzort der Kunde A. vereinbart worden sei,
ist durch die Übersendung des Arbeitsvertrages durch die ehemalige Arbeitgeberin des Klägers widerlegt. Dort heißt es ausdrücklich
in § 2 Abs. 4, dass der Mitarbeiter an verschiedenen Einsatzorten bundes- und weltweit beschäftigt werden könne. Der Kläger
war auch nicht deswegen nicht zur Erbringung seiner Arbeitsleistung verpflichtet, weil er sich auf ein Zurückbehaltungsrecht
hätte berufen können. Die Behauptung in der Klagebegründung, dass keine Vereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Arbeitgeberin
existiert habe, wonach der Lohn nicht zum Monatsende fällig sei, hat sich nicht bestätigt. In § 5 des Arbeitsvertrages ist
vereinbart worden, dass die Auszahlung der vereinbarten Bezüge so vorzunehmen sei, dass bis zum 3. Werktag des Folgemonats
ein Abschlag von 90 Prozent des Nettoentgelts für die Normalstunden zu zahlen sei und die Endabrechnung dann bis zum 15. des
auf die Zahlung folgenden Monats erfolge. Die Berechnung der Abschlagshöhe durch das Sozialgericht ist zutreffend. Der Kläger
erhielt einen höheren Abschlag als ihm nach dem Arbeitsvertrag zustand. Soweit der Bevollmächtigte des Klägers entweder auf
die Bruttobeträge oder das Gesamtnetto einschließlich von Zuschlägen (z. B. des E1-Pay) über die Normalstunden hinaus abstellt,
entspricht dies nicht den Regelungen des Arbeitsvertrages. Bereits aus diesem Grund stand dem Kläger kein Zurückbehaltungsrecht
zu.
Das Bestreiten des Klägers, dass keine Anhörung des Betriebsrates erfolgt sei, ist ins Leere gelaufen. Die Arbeitgeberin hat
ihr Anhörungsschreiben an den Betriebsrat übersandt. Dieses genügt den Anforderungen an ein solches Schreiben. Der Betriebsrat
ist ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht subjektiv tragenden Kündigungsgründe mitgeteilt
hat (Grundsatz der subjektiven Determinierung, BAG, Urteil vom 16. September 2004 - 2 AZR 511/03, juris). Er hat den für die Kündigung maßgeblichen Sachverhalt so genau und umfassend zu beschreiben, dass der Betriebsrat
ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich
ein Bild zu machen. Der Arbeitgeber erfüllt die Anhörungspflicht nicht, wenn er den Kündigungssachverhalt nur pauschal, schlagwort-
oder stichwortartig umschreibt, ohne die für seine Bewertung maßgeblichen Tatsachen mitzuteilen (BAG, Urteil vom 13. Juli
1978 - 2 AZR 717/76, juris). Die Arbeitgeberin des Klägers hat die aus ihrer Sicht subjektiv tragenden Gründe mitgeteilt. Es kommt hingegen nicht
darauf an, ob es sich auch aus Sicht des Klägers um den zutreffenden Sachverhalt gehandelt hat. Im Übrigen hat der Kläger
in seinem Schreiben zum Zurückbehaltungsrecht vom 13. Mai 2014 ebenfalls ausgeführt, dass er erst wieder arbeite, wenn er
einen höheren Abschlag erhalte. Dies spricht dafür, dass er sich bereits am 12. Mai 2014 entsprechend der Anhörung der Arbeitgeberin
des Klägers geäußert hat.
Soweit der Kläger behauptet, keine Abmahnung erhalten zu haben, ist dies angesichts des von der Arbeitgeberin übersandten
und dem Kläger offenbar mit Einwurfeinschreiben zugesandten Abmahnungsschreibens vom 13. Mai 2014 wenig überzeugend. Dies
kann aber auch dahinstehen, da es angesichts der beharrlichen Arbeitsverweigerung des Klägers, der seit dem 13. Mai 2014 unentschuldigt
nicht mehr zur Arbeit erschienen ist, keiner vorangegangen Mahnung seitens der Arbeitgeberin bedurfte, vgl. §
314 Abs.
2 S. 2 i.V.m. §
323 Abs.
2 Nr.
1 BGB. Der Kläger hatte in seinem Schreiben vom 13. Mai 2014 darauf verwiesen, dass er nur im Falle eines höheren Abschlags wieder
zur Arbeit erscheine. Soweit der Kläger sich nunmehr darauf beruft, dass mit der Abmahnung dieser Sachverhalt für eine Kündigung
verbraucht gewesen sei, vermag dies nicht zu überzeugen, weil der Kläger sein Fehlen bei der Arbeit fortgesetzt hat. Damit
ist dann auch eine einige Tage später erfolgte Kündigung zulässig.
Der Kläger hat die Arbeitslosigkeit auch zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Ein Blick in den Arbeitsvertrag hätte bereits
Auskunft darüber gegeben, in welcher Höhe Anspruch auf einen Abschlag bestanden hätte. Jedenfalls wäre es dem Kläger aber
zumutbar gewesen, sich entsprechenden Rechtsrat einzuholen. Hierauf hatte bereits das Sozialgericht zutreffend verwiesen.
Angesichts der Schwere des arbeitsvertragswidrigen Verhaltens würde auch das etwaige Fehlen einer Abmahnung des Klägers den
Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht entfallen lassen. Es muss jedem klar sein, dass bei unentschuldigtem Nichterscheinen
bei der Arbeit eine fristlose Kündigung droht.
Ein wichtiger Grund lag ebenfalls nicht vor. Es ist nicht nachgewiesen worden, dass der Kläger tatsächlich unverschuldet nicht
in der Lage gewesen sein könnte, die Fahrtkosten für seinen Arbeitsweg zunächst auszulegen.
Die Sperrzeit ist auch hinsichtlich Beginn und Dauer rechtmäßig. Auch eine Minderung der Anspruchsdauer wurde zutreffend festgestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) liegen nicht vor.