Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Erstattung von Krankenhausbehandlungskosten in Höhe von 907,74 Euro.
Die Klägerin, eine gGmbH, betreibt das A.. Am 23. Oktober 2015, einem Freitag, um 6:32 Uhr wurde das Kind A.R. (im Folgenden:
Patient) per Rettungswagen in die Notaufnahme des U. verbracht und von dort aus Platzgründen an die Klägerin weitergeleitet.
Die Eltern des Patienten legten dort ein von der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende in der P. in H. (Z.) ausgestelltes
Formular mit der Überschrift „Sicherstellung der medizinischen Versorgung für Personen in der Z., die noch nicht auf ein anderes
Bundesland verteilt oder bei der AOK B. angemeldet worden sind“ vor. Dort waren der Name R., der Vorname A. und als Geburtsdatum
der ... 2014 eingetragen. Angaben zu Einreisdatum, Einkommen, Vermögen und den Eltern waren nicht ausgefüllt worden. Das Formular
war mit einem Stempel der Z. P. und einer – nicht lesbaren – Unterschrift versehen, ein Datum und eine Uhrzeit waren trotz
dafür vorgesehenen Feldes nicht angegeben. Das Formular enthielt „Hinweise für die behandelnde Ärztin bzw. den behandelnden
Arzt“, in denen u.a. ausgeführt war: „Vor einer Behandlung ist zu prüfen, ob dieses Formular noch gültig ist. Die Gültigkeit
dieses Formulars beträgt 24 Stunden ab Ausstellung (s.o. für Datum und Uhrzeit der Ausstellung). Eine Behandlung auf Grundlage
dieses Formulars ist nur innerhalb des Gültigkeitszeitraums möglich“.
Der Patient wurde im A. stationär behandelt und noch am 23. Oktober 2015 um 14:06 wieder entlassen.
Bereits am 23. Oktober 2015 sandte die Klägerin ein Schreiben an die Zentrale Erstaufnahme, Behörde für Arbeit, Soziales,
Familie und Integration der Beklagten (BASFI) und meldete den Behandlungsfall und die Kosten an. In dem Schreiben heißt es,
man bitte um Übernahme der Kosten für die Behandlung des Patienten. Als „Gründe der Anmeldung“ waren angekreuzt: „reguläre
Anmeldung“, „Anmeldung zwecks Fristenwahrung nach § 25 SGB XII“ und „Anmeldung nach § 6a AsylbLG“.
Am 25. November 2015 übersandte die Klägerin der BASFI die Endabrechnung für die Behandlung des Patienten über 907,74 Euro.
Mit Bescheid vom 11. Februar 2016 lehnte die Behörde für Inneres und Sport (BfI) der Beklagten den Kostenübernahmeantrag ab.
Zur Begründung führte sie aus, sie sei nicht zuständig. Gemäß §
10a Asylbewerberleistungsgesetz (
AsylbLG) sei die Behörde örtlich zuständig, in deren Bereich der Leistungsberechtigte auf Grund der Entscheidung der vom Bundesministerium
bestimmten zentralen Verteilstelle oder von der zuständigen Behörde verwiesen worden ist. Der Patient habe sich am 23. Oktober
2015 bei der Klägerin in stationärer Behandlung befunden. Die Verteilentscheidung sei bereits am 16. Oktober 2015 ergangen.
Die Klägerin möge sich zwecks Kostenklärung an die zuständige Aufnahmeeinrichtung in B1 wenden.
Die Klägerin erhob mit Schreiben eines Herrn M. vom 8. März 2016 Widerspruch und trug vor, die Eltern hätten bei Aufnahme
des Patienten eine am 23. Oktober 2015 ausgestellte sog. 24-Stundenbescheinigung vorgelegt. Somit sei der Patient in H. gemeldet
und die Beklagte für die Kostenübernahme zuständig.
Die Beklagte forderte die Klägerin auf, eine Vollmacht vorzulegen, aus der sich ergebe, dass Herr M. von der Geschäftsführung
der Klägerin ermächtigt worden sei, Widerspruch zu erheben. Die Klägerin antwortete hierauf nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte aus, der Widerspruch sei bereits
unzulässig, da nicht belegt worden sei, dass der Verfasser des Widerspruchs, Herr M., bevollmächtigt und befugt sei, im Namen
der Klägerin Rechtsmittel gegen die Entscheidung vom 11. Februar 2016 einzulegen. Jedenfalls aber sei der Widerspruch unbegründet.
Es werde Bezug genommen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung. Ergänzend führte die Beklagte aus, sie sei nur dann
zuständig, wenn es um Leistungen an Personen gehe, die in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Abs. 1 Asylgesetz untergebracht seien. Eine Person mit dem von der Klägerin angegebenen Namen und Geburtsdatum sei in der Z. nicht registriert
gewesen. Es habe aber eine Person mit ähnlichem Namen (A.A.R.) und abweichendem Geburtsdatum (... 2014) ermittelt werden können.
Nach Aktenlage sei diese Person am 8. August 2015 zusammen mit den Eltern und Geschwistern ins Bundesgebiet eingereist und
habe in H. einen Asylantrag gestellt. Am 19. Oktober 2015 sei die ganze Familie im Rahmen des Asylverfahrens nach B1 verteilt
worden. Am 28. Oktober 2015 sei für das Kind in B1 ein Asylantrag gestellt worden, seither werde der Aufenthalt des Kindes
in B1 gestattet. Gemäß §
10a Abs.
2 i.V.m. Abs.
3 AsylbLG sei für die Kostenerstattung B1 zuständig.
Am 19. Juli 2016 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Hamburg erhoben. Sie hat vorgetragen, der behandelte Patient sei
der am ... 2014 geborenen A.A.R. gewesen, bei dem zunächst angegeben Geburtsdatum ... 2014 habe es sich um einen Übermittlungsfehler
gehandelt. Der Patient sei in der Notaufnahme der Klägerin am 23. Oktober 2015 mit einem von der Z. der Beklagten ausgestallten
Überleitbogen vorstellig geworden, habe sich zu diesem Zeitpunkt also in H. aufgehalten. Herr M. sei selbstverständlich bevollmächtigt
gewesen, Kostenübernahmeanträge für die Klägerin zu stellen und Widersprüche einzulegen. Die Beklagte sei hier zuständig.
Liege ein medizinisch unabweisbarer Notfall im Sinne von §
6a AsylbLG vor, so müsse nach §
10a Abs.
2 Satz 3 i.V.m. §
10b Abs.
1 AsylbLG das Sozialamt am tatsächlichen Aufenthaltsort vorleisten. Die behauptete Verteilentscheidung vom 19. Oktober 2015 sei bis
zum 23. Oktober 2015 offensichtlich nicht umgesetzt worden. Unabhängig davon habe die Klägerin auf die von der Z. erteilte
Kostenübernahmebestätigung vertraut. An dem hierdurch gesetzten Rechtsschein müsse die Beklagte sich festhalten lassen. Die
Klägerin übersandte eine Bestätigung ihrer Geschäftsführerin, dass Herr M. bevollmächtigt sei, den Kostenübernahmeantrag zu
stellen und Widerspruch einzulegen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich die Beiladung des Landesamts für Einwanderung B1 beantragt; dem ist das Sozialgericht nicht
nachgekommen. Mit Gerichtsbescheid vom 31. März 2021 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt,
als Rechtsgrundlage eines Anspruchs auf Übernahme der Behandlungskosten komme allein §
6a AsylbLG in Betracht, dessen Voraussetzungen hier nicht erfüllt seien. Es fehle an einem Eilfall im sozialhilferechtlichen Sinne,
da die Beklagte zur Zeit der Aufnahme des Patienten am 23. Oktober 2015 um 6:32 Uhr dienstbereit und erreichbar gewesen sei.
Die Klägerin hätte die Beklagte noch am 23. Oktober 2015 von dem Behandlungsfall unterrichten und damit deren Kenntnis herbeiführen
können. Damit entfalle ein Anspruch der Klägerin.
Der Gerichtsbescheid ist der Beklagten am 24. April 2021 zugegangen. Ein Nachweis über den Zugang beim Prozessbevollmächtigten
der Klägerin liegt nicht vor. Ausweislich der Schlussverfügung des Sozialgerichts ist eine beglaubigte Abschrift des Gerichtsbescheids
an diesen am 8. April 2021 abgesandt worden.
Am 7. Mai 2021 hat die Klägerin Berufung zum Landessozialgericht erhoben. Sie führt aus, der Gerichtsbescheid sei ihr am 8.
April 2021 zugestellt worden. Zur Begründung der Berufung nimmt sie Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend
trägt sie vor, neben §
6a AsylbLG komme §
670 BGB analog als Anspruchsgrundlage in Betracht, weil der Patient auf Veranlassung von Mitarbeitern der Beklagten aus einer Einrichtung
der Beklagten mittels eines Notarztwagen der Beklagten zur Klägerin verbracht worden sei, um dort behandelt zu werden. Als
Flüchtling habe der Patient keine freie Arztwahl gehabt, sondern sei von der Beklagten zu der Klägerin transportiert worden.
Die Aufnahme sei um 6:32 Uhr außerhalb der Öffnungszeiten der Beklagten erfolgt, sodass sie zu diesem Zeitpunkt auch keine
Kenntnis habe erlangen können. Kenntnis habe sie durch die Meldung der Klägerin später am selben Tag erhalten. Die bis dahin
entstandenen Aufwendungen seien in jedem Fall zu vergüten, da die Voraussetzungen des §
6a AsylbLG vorgelegen hätten. Es werde erneut angeregt, das Landesamt für Einwanderung B1 beizuladen, da aufgrund der Ausführungen der
Beklagten zur Verteilung des Patienten nach B1 dieses als leistungspflichtig in Betracht käme.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 31. März 2021 sowie den Bescheid vom 11. Februar 2016 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 29. Juni 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Kosten für die Behandlung
des Patienten A.A.R. am 23. Oktober 2015 in Höhe von 907,74 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids und weist ergänzend darauf hin, es bestehe
ein Unterschied zwischen ihren Öffnungszeiten für den Publikumsverkehr und den Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten. Eine bloße
Behauptung der Nichterreichbarkeit ohne einen Versuch einer tatsächlichen Kontaktaufnahme könne keinen Eilfall im Sinne des
§
6a AsylbLG begründen.
Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 17. Februar 2022 gem. §
153 Abs.
5 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) der Berichterstatterin zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten des
Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte sowie den Verwaltungsvorgang und die Krankenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Nach §
153 Abs.
5 SGG entscheidet der Senat durch die Berichterstatterin und die ehrenamtlichen Richter.
Der Anregung der Klägerin, das Land B1 beizuladen, ist der Senat nicht nähergetreten, dazu unten unter II. 6.
II.
Die Berufung ist statthaft (§§
143,
144 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid
vom 11. Februar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juni 2016 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch
gegen die Beklagte auf Erstattung der Kosten für die Krankenhausbehandlung des Patienten.
1.
Ein Anspruch auf Erstattung der Behandlungskosten ergibt sich zunächst nicht aus dem Formular „Sicherstellung der medizinischen
Versorgung für Personen in der Z., die noch nicht auf ein anderes Bundesland verteilt oder bei der AOK B. angemeldet worden
sind“. Zwar ist dieses Formular grundsätzlich geeignet, eine Kostenübernahmeerklärung der Beklagten mit entsprechender Bindungswirkung
zu begründen; die „Hinweise für die behandelnde Ärztin bzw. den behandelnden Arzt“ enthalten Regelungen zur Abrechnung und
Vergütung erbrachter Leistungen. Im vorliegenden Fall kann jedoch aus dem konkret von der Klägerin vorgelegten Formular gerade
keine Kostenübernahmeerklärung abgeleitet werden. Unabhängig von der Frage nach der Bedeutung des dort angegebenen Geburtsdatums
und damit zusammenhängend der Identität des Patienten folgt dies schon daraus, dass dieses Formular keine Angaben zu Datum
und Uhrzeit seiner Ausstellung enthält, obwohl dort vermerkt ist, dass diese Angaben zwingend seien. In den Hinweisen für
die behandelnden Ärzte ist ausdrücklich vermerkt, dass vor einer Behandlung die zeitliche Gültigkeit des Formulars zu prüfen
und eine Behandlung auf der Grundlage dieses Formulars nur innerhalb des Gültigkeitszeitraums möglich ist. Damit ist eindeutig
und unmissverständlich klargestellt, dass eine Kostenübernahmeerklärung nur für diesen Gültigkeitszeitraum abgegeben werden
soll. Sind Datum und Uhrzeit aber wie hier nicht angegeben, so kann kein Gültigkeitszeitraum ermittelt werden und liegt folglich
keine Kostenübernahmeerklärung vor.
2.
Ein Anspruch auf Erstattung der Behandlungskosten folgt auch nicht aus §
6a AsylbLG. Nach dieser Vorschrift hat eine Person einen Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen in gebotenem Umfang, wenn sie in
einem Eilfall einem anderen Leistungen erbracht hat, die bei rechtzeitigem Einsetzen der Leistungen nach §§
3,
4 und
6 AsylbLG nicht zu erbringen gewesen wären, wenn sie sie nicht aufgrund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies
gilt nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Leistungsträger nach dem
AsylbLG beantragt wird.
Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Beklagte hier trotz der Verteilentscheidung vom 19. Oktober 2015 und der Regelungen
in §
10a AsylbLG zuständiger Leistungsträger ist. Denn unabhängig davon sind die Anspruchsvoraussetzungen nach §
6a AsylbLG nicht erfüllt, denn es lag kein Eilfall vor. Ein solcher erfordert, dass der Patient umgehend mit den Mitteln eines Krankenhauses
behandelt werden musste – sog. bedarfsbezogenes Moment – und der Leistungsträger bei Aufnahme des Patienten nicht dienstbereit
war – sog. sozialhilferechtliches Moment (vgl. zu § 25 SGB XII BSG, Urteil vom 23.8.2013 – B 8 SO 19/12 R). Vorliegend fehlt es an den Voraussetzungen des sozialhilferechtlichen Moments. Dieses
trägt dem Umstand Rechnung, dass ein Anspruch des Nothelfers nur solange bestehen kann, wie der Sozialhilfeträger keine Kenntnis
vom Leistungsfall hat. §
6a Satz 1
AsylbLG setzt (wie § 25 Satz 1 SGB XII) die Unkenntnis des Leistungsträgers tatbestandlich voraus. Zwischen dem Anspruch des Nothelfers und dem des Hilfebedürftigen
besteht ein Exklusivitätsverhältnis: Sobald der Leistungsträger Kenntnis von der Hilfebedürftigkeit hat, setzt nach §
6b AsylbLG i.V.m § 18 SGB XII der Anspruch des Hilfebedürftigen ein, der dann den Anspruch des Nothelfers ausschließt. Die Kenntnis bildet somit die Zäsur
für die unterschiedlichen Ansprüche. Der Anspruch des Nothelfers besteht nur dann, wenn eine rechtzeitige Leistung des Leistungsträgers
objektiv nicht zu erlangen ist. Diese Voraussetzung eines sozialhilferechtlichen Eilfalles liegt unproblematisch vor, wenn
der Leistungsträger wegen fehlender Dienstbereitschaft nicht erreichbar ist, also am Wochenende, an Feiertagen, in den Abend-
und Nachtstunden oder generell außerhalb der Öffnungszeiten (vgl. zu § 25 SGB XII Waldhorst-Kahnau, in: jurisPK-SGB XII, Stand: 31.3.2021, § 25 Rn. 30). Kann der Nothelfer seiner Obliegenheit, den dienstbereiten Leistungsträger zu unterrichten, nachkommen, so kann
er hingegen keine Aufwendungen nach §
6a AsylbLG verlangen. Dabei sieht der Gesetzgeber auch dann keinen Raum für eine Erstattung von Aufwendungen des Nothelfers auf Grundlage
des §
6a AsylbLG, wenn dieser die entstandenen Kosten letztlich deshalb nicht erhält, weil der Leistungsberechtigte die Leistung tatsächlich
nicht in Anspruch nimmt (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2013 – B 7 AY 2/12 R).
Im Anwendungsbereich des § 25 SGB XII ist der Tag, an dem der Sozialhilfeträger Kenntnis von dem Bedarfsfall erlangt oder erlangen könnte, nicht mehr dem Nothelferanspruch
zuzuordnen. Dies folgt daraus, dass Leistungen der Sozialhilfe tageweise zu gewähren ist und auch das Krankenhaus als Nothelfer
nur einen Anspruch auf einen tagesbezogenen Anteil der Fallpauschale haben kann (Urteil des Senats vom 6.5.2021 – L 4 SO 46/20
–, unter Hinweis auf LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.6.2017 – L 9 SO 137/15; das BSG hat die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 1.3.2018 – B 8 SO 63/17 B – mangels Klärungsbedürftigkeit
zurückgewiesen). Dies ist auf den Anspruch nach §
6a AsylbLG, der dem § 25 SGB XII nachgebildet ist (vgl. die Gesetzesbegründung zu §
6a AsylbLG, BT-Drs. 18/2592, S. 25: „Der Tatbestand des § 6a ist dem des § 25 SGB XII nachgebildet. Die in der Rechtsprechung zum sozialhilferechtlichen Nothelferanspruch herausgearbeiteten Anspruchsvoraussetzungen
und Grundsätze gelten somit für den Anspruch nach §
6a AsylbLG entsprechend“) zu übertragen. Die Beklagte ist hier noch am 23. Oktober 2015 dienstbereit geworden. Der Umstand, dass die
Behandlung am frühen Morgen, um 6:32 Uhr, begann, führt zu keiner anderen Beurteilung des sozialhilferechtlichen Moments.
Denn entscheidend ist insoweit, dass die Nothilfe an dem Tag endet, an dem der Hilfebedürftige selbst einen Anspruch auf Krankenhilfeleistungen
gegen den Sozialhilfeträger hat. Vorliegend hätte der Patient – seine Hilfebedürftigkeit unterstellt – bereits ab dem 23.
Oktober 2015 um 0:00 Uhr einen Anspruch auf Leistungen nach dem
AsylbLG gehabt. Unabhängig von der Frage, ab wann die Beklagte an diesem Tag tatsächlich dienstbereit war, besteht daher kein Erstattungsanspruch
der Klägerin.
3.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen aus einem öffentlich-rechtlichen Auftragsverhältnis nach
§
670 BGB analog. Gemäß §
670 BGB ist der Auftraggeber zum Ersatz von Aufwendungen verpflichtet, die der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrages
macht und nach den Umständen für erforderlich halten darf.
Der Rettungsdienst hat durch das Verbringen des Patienten per Rettungswagen in das Krankenhaus der Klägerin keine Lage geschaffen,
die dem Auftrag i.S.v. §
626 BGB vergleichbar wäre. Voraussetzung dafür wäre zum einen, dass es sich um eine fremdnützige Tätigkeit handelt, also um eine
solche, die eigentlich der Sorge eines anderen obliegt und dessen Interesse fördert (Berger, in: Erman,
BGB, 15. Aufl. 2017, §
670 Rn. 13). Zum anderen ist der Auftrag ein Gefälligkeitsverhältnis; der Beauftragte kann für seine Tätigkeit also keine Gegenleistung
verlangen, wobei der Ersatz von Aufwendungen (§
670 BGB) keine Gegenleistung für die Tätigkeit darstellt, sondern lediglich Vermögensopfer des Beauftragten verhindern bzw. ausgleichen
soll (Berger, a.a.O., Rn. 14). Wird hingegen die betreffende Tätigkeit nach den Umständen typischerweise nur gegen Entgelt
ausgeführt, so ist sie als entgeltlich zu betrachten (Berger, a.a.O., Rn. 1).
Die Einlieferung des Patienten konnte vom objektiven Empfängerhorizont nicht dahingehend verstanden werden, dass der Rettungsdienst
damit dem Krankenhaus der Klägerin ein im Interesse der Beklagten liegendes Geschäft übertragen wollte. Vielmehr hat der Rettungsdienst
durch die Beförderung des Patienten in das Krankenhaus der Klägerin die ihm nach §§ 6, 7 des Hamburgischen Rettungsdienstgesetzes
vom 9. Juni 1992 (außer Kraft seit 16. November 2019, im Folgenden: a.F.) obliegende Aufgabe als öffentlicher Rettungsdienst
wahrgenommen, zu der es auch gehört, Notfallpatienten der weiteren medizinischen Versorgung zuzuführen, insbesondere sie in
ein dafür geeignetes Krankenhaus zu befördern (§ 3 Abs. 1 Satz HmbRDG a.F.). Angesichts der zur Anwendung gelangten Vergütungsregelungen
für die Krankenhausbehandlung ist es darüber hinaus fernliegend, dass sich das Krankenhaus durch Aufnahme des Patienten dazu
verpflichten wollte, ein ihm von der Beklagten übertragenes Geschäft unentgeltlich für diese zu besorgen (vgl. Urteile des
Senats vom 6.5.2021 – L 4 SO 46/20 und vom 8.11.2021 – L 4 SO 86/20).
4.
Ferner scheidet auch ein Anspruch aus dem Rechtsinstitut der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag aus. §
6a AsylbLG regelt abschließend die Voraussetzungen eines Kostenersatzanspruchs einer Person, die anstelle des Sozialhilfeträgers Hilfeleistungen
ohne dessen Auftrag erbringt (vgl. Leopold, in Grube/Wahrendorf/Flint, SGB XII, 7. Auflage 2020, §
6a AsylbLG Rn. 4; vgl. auch BSG, Urteil vom 30.10.2013 – B 7 AY 2/12 R, Rn. 25 sowie zu § 25 SGB XII BSG, Urteil vom 23.8.2013 – B 8 SO 19/12 R).
5.
Ein Anspruch ergibt sich schließlich auch nicht aus §
4 Abs.
3 AsylbLG. Die Vorschrift gibt dem Krankenhaus keinen eigenen Vergütungsanspruch gegen den Leistungsträger (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2013 – B 7 AY 2/12 R, Rn. 26). Ob und ggf. gegen welchen örtlich zuständigen Leistungsträger der Patient
selbst einen Leistungsanspruch hat, ist vom Senat nicht zu entscheiden. Denn dieser Anspruch kann nicht von der Klägerin geltend
gemacht werden (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2013, aaO, Rn. 27 f. zum grundsätzlichen Ausschluss einer Abtretung und zu den – hier nicht gegebenen –
Voraussetzungen, unter denen eine Abtretung doch möglich ist).
6.
Der Senat ist der Anregung der Klägerin, das Landesamt für Einwanderung B1 beizuladen, nicht gefolgt. Eine notwendige Beiladung
kam schon deshalb nicht in Betracht, weil keine Anhaltspunkte für eine mögliche Leistungspflicht B1 bestehen. Die Klägerin
hat nicht vorgetragen und es ist auch sonst nicht erkennbar, dass eine Kostenübernahmeerklärung des Landes B1 oder des Landesamts
für Einwanderung vorliegt. Hinsichtlich eines Anspruchs auf Grundlage von §
6a AsylbLG bzw. der anderen oben erörterten Anspruchsgrundlagen würde auch bei einer örtlichen Zuständigkeit B1 nichts Anderes gelten
als oben dargelegt, sodass eine Leistungspflicht nicht in Betracht kommt. Allein zur Klärung der Frage, ob in B1 zum Behandlungszeitpunkt
eine Versicherung des Patienten in der gesetzlichen Krankenversicherung bestand, ist eine Beiladung nicht erforderlich, die
Klägerin kann sich diesbezüglich selbst direkt an den ihrer Ansicht nach Beizuladenden wenden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.