Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes im sozialgerichtlichen Verfahren
Anforderungen an die Anrechnung von Kindergeld bei Unterbringung eines Jugendlichen in einer Jugendhilfeeinrichtung
Anforderungen an das Vorliegen eines regelungsfähigen Rechtsverhältnisses im Sinne von § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG aus einem Überprüfungsantrag oder aus einem Abänderungsantrag wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes um die den Antragstellern zustehenden laufenden Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II), namentlich um die Auswirkungen der Unterbringung des Antragstellers zu 4. in einer Jugendhilfeeinrichtung auf seine Leistungsansprüche
und die der anderen Familienmitglieder.
Die Antragstellerin zu 1., geboren 1978, und der Antragsteller zu 2., geboren 1964, sind verheiratet und die gemeinsamen Eltern
der Antragsteller zu 3. und 4., geboren 2004 beziehungsweise 2006. Während die Antragsteller zu 1. bis 3. durchgängig in A-Stadt
leben, ist der Antragsteller zu 4. seit dem 15. Februar 2020 in einer Jugendhilfeeinrichtung, dem Heilpädagogium F., in F-Stadt
untergebracht. Er wird derzeit nach den Angaben der Antragsteller in Schulzeiten jeden Freitag im Zeitraum zwischen 13:00
und 14:00 Uhr von den Eltern mit dem Auto dort abgeholt, verbringt das Wochenende bei der Familie und wird am Sonntag gegen
18:00 Uhr wiederum mit dem Auto in die Jugendhilfeeinrichtung zurückgebracht. Auch die Ferien verbringt der Antragsteller
zu 4. nach den Angaben der Antragsteller bei der Familie.
Ungeachtet der Unterbringung in der Jugendhilfeeinrichtung erhält die Antragstellerin zu 1. Kindergeld (auch) für den Antragsteller
zu 4. Allerdings setzte die Stadt Darmstadt als Träger der Kinder- und Jugendhilfe mit Heranziehungsbescheid vom 6. März 2020
gegenüber der Antragstellerin zu 1. gemäß § 94 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe – (SGB VIII) einen Kostenbeitrag zur Beteiligung an den Kosten der Jugendhilfeleistung in Höhe des Kindergeldes für die Zeit ab dem 1.
März 2020 fest. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 525 f. der zu den Antragstellern geführte Leistungsakte des Antragsgegners
(im Folgenden: LA) Bezug genommen. Ausweislich der zur Akte gereichten Kontoauszüge überwies die Antragstellerin zu 1. entsprechend
der Heranziehung monatlich einen Betrag in Höhe des Kindergeldes (ursprünglich monatlich 204,- Euro, später monatlich 219,-
Euro) an das Jugendamt der Stadt Darmstadt.
Die Antragsteller erhalten seit mehreren Jahren Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende von dem Antragsgegner. Mit
Bezug auf die im hiesigen Verfahren streitigen Zeiträume bewilligte dieser zunächst mit Bescheid vom 17. Mai 2020 Leistungen
für die Zeit vom 1. Juli 2020 bis zum 30. Juni 2021 in Höhe von insgesamt 1.797,65 Euro monatlich zu Gunsten der Antragsteller
zu 1. bis 3. Die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung übernahm der Antragsgegner (abgesehen von einer Rundungsdifferenz)
in tatsächlicher Höhe. Bedarfe beziehungsweise Ansprüche des Antragstellers zu 4. berücksichtigte er nicht; umgekehrt rechnete
er auch das für diesen gezahlte Kindergeld nicht auf die bewilligten Leistungen an. Wegen der Einzelheiten wird auf LA Bl.
327 ff. Bezug genommen. Widerspruch gegen diesen Bescheid legten die Antragsteller, soweit ersichtlich, nicht ein.
Auf Grund einer entsprechenden Änderung der Kaltmiete erhöhte der Antragsgegner durch Bescheid vom 10. Juni 2020 (LA Bl. 343
ff.) die bewilligten Leistungen ab 1. August 2020 auf monatlich 1.822,79 Euro und änderte die Bewilligung – ohne Bezug zum
streitigen Zeitraum – nochmals durch Bescheid vom 29. Juni 2020 (LA Bl. 349 ff.). Durch Bescheid vom 21. November 2020 (LA
Bl. 375 ff.) schließlich erfolgte – wegen der zum 1. Januar 2021 geänderten Höhe der Regelbedarfe – eine Erhöhung der bewilligten
Leistungen ab diesem Zeitpunkt auf insgesamt 1.876,79 Euro monatlich. Auch diese Bescheide blieben, soweit ersichtlich, unangefochten.
Nachdem die Beteiligten bereits zuvor wegen der Aufwendungen im Zusammenhang mit der Unterbringung des Antragstellers zu 4.
korrespondiert hatten – wobei zwischen ihnen streitig ist, welche Unterlagen in diesem Rahmen bereits vorgelegt worden waren
–, machten die Antragsteller mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 12. April 2021 nachdrücklich Ansprüche in diesem Zusammenhang
und wegen der Aufenthalte bei der Familie an den Wochenenden und in den Ferien geltend. In diesem Rahmen reichten sie ein
Schreiben des Jugendamtes der Stadt Darmstadt vom 20. April 2020 – wonach sich der Antragsteller zu 4. Alle zwei Wochen am
Wochenende und in den Ferien bei der Familie aufhalte –, eine Bescheinigung des Einrichtungsträgers vom 12. März 2020 – mit
ähnlichem Inhalt – und verschiedene von der Einrichtung ausgestellte „Urlaubsscheine“ des Antragstellers zu 4. zu den Akten.
Auf LA Bl. 396 ff. wird Bezug genommen.
Einige Tage später, am 16. April 2021, hat der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller (nur) im Namen der Antragstellerin
zu 1. ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eingeleitet und dabei den Antrag gestellt, den Antragsgegner im Wege
der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, „die Kosten des Umgangsrechts mit dem temporär in der BG lebenden Sohn D.A.,
geb..2021, als Mehrbedarf zu bewilligen und auszuzahlen“ (Gerichtsakte – im Folgenden: GA – Bl. 1). Im Rahmen eines vom Sozialgericht
durchgeführten Erörterungstermins am 24. Juni 2021 hat der dort für die Antragsteller auftretende (Unter-)Bevollmächtigte
erklärt, das Rubrum sei „dahingehend zu berichtigen, dass die gesamte Bedarfsgemeinschaft als Antragsteller aufzunehmen“ sei.
Im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Antragsgegner am 10. Juni 2021 zum einen einen Änderungsbescheid für die
Zeit vom 1. Februar bis 30. April 2021 erteilt, mit dem er für Aufenthaltszeiten des Antragstellers zu 4. bei der Familie
in diesem Zeitraum dessen temporäre Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft der anderen Antragsteller und Fahrtkosten, die im
Zusammenhang mit den Aufenthalten entstanden waren, leistungserhöhend berücksichtigt hat. Andererseits hat er (nunmehr auch)
das für diesen gezahlte Kindergeld (in erster Linie auf dessen Bedarf, so dass diesem im Ergebnis keine Leistungen bewilligt
worden sind, und im Übrigen, also soweit es zu dessen Deckung nicht benötigt wurde, als Einkommen der Antragstellerin zu 1.)
bedarfsmindernd angerechnet. Für Februar 2021 hat er im Ergebnis 1.794,32 Euro insgesamt (1,72 Euro mehr als bisher), für
März 2021 insgesamt 1.923,96 Euro (78,06 Euro mehr als bisher) und für April 2021 insgesamt 1.895,56 Euro (50,11 Euro mehr
als bisher) bewilligt. Mit einem weiteren Bescheid vom gleichen Tage hat er mit entsprechender Begründung für März 2020 insgesamt
1.748,39 Euro (6,15 Euro mehr als bisher) und für April 2020 insgesamt 1.811,85 Euro (14,20 Euro mehr als bisher), durch einen
dritten Bescheid für Oktober 2020 insgesamt 1.825,40 Euro (29,27 Euro mehr als bisher) und schließlich durch einen vierten
Bescheid für Dezember 2020 insgesamt 1.797,- Euro (0,87 Euro mehr als bisher) gewährt. Wegen der Einzelheiten wird auf LA
Bl. 464 ff. (Februar bis April 2021), Bl. 489 ff. (März und April 2020), Bl. 495 ff. (Oktober 2020) und Bl. 503 ff. (Dezember
2020) Bezug genommen.
Weiter hat er mit zwei Schreiben vom gleichen Tage einerseits den Antragsteller zu 2. und andererseits die Antragstellerin
zu 1. und den Antragsteller zu 3., dieser vertreten durch die Antragstellerin zu 1., wegen der Auswirkungen der (temporären)
Aufnahme des Antragstellers zu 4. in die Bedarfsgemeinschaft und der Berücksichtigung des für diesen gezahlten Kindergeldes
angehört. Dadurch sei es in den Monaten Februar, März und Oktober bis Dezember 2020 sowie Januar bis April 2021 bei dem Antragsteller
zu 2. zu Überzahlungen in einem Umfang von insgesamt 294,86 Euro beziehungsweise bei dem Antragsteller zu 3. in einem Umfang
von 189,47 und bei der Antragstellerin zu 1. (nur) in den Monaten Februar und November 2020 sowie Januar 2021 in einem Umfang
von insgesamt 68,31 Euro gekommen. Auf LA Bl. 447 ff. (Antragsteller zu 2.) und Bl. 470 ff. (Antragstellerin zu 1. und Antragsteller
zu 3.) wird verwiesen.
Schließlich hat der Antragsgegner ebenfalls am 10. Juni 2021 Leistungen zu Gunsten der Antragsteller zu 1. bis 3. für den
folgenden Bewilligungsabschnitt vom 1. Juli 2021 bis zum 31. Dezember 2021 in Höhe von monatlich insgesamt 1.876,79 Euro bewilligt.
Ansprüche des Antragstellers zu 4. und Fahrtkosten für die Familienbesuche sind in dem Bescheid ebenso wenig berücksichtigt
wie – umgekehrt – das für ihn an die Antragstellerin zu 1. gezahlte Kindergeld. Wegen der Einzelheiten wird auf LA Bl. 498
ff. Bezug genommen.
Die Antragstellerin zu 1. hat durch mehrere Schriftsätze ihres Bevollmächtigten am 17. Juni 2021 – jeweils eigenständig –
Widerspruch gegen die Änderungsbescheide für März und April 2020 (LA Bl. 511), für Oktober 2020 (LA Bl. 509), für Dezember
2020 (LA Bl. 512) und für Februar bis April 2021 (LA Bl. 510) eingelegt, da das an die Jugendhilfeeinrichtung weitergeleitete
Kindergeld nicht auf die bewilligten Leistungen angerechnet werden dürfe. Mit ähnlicher Argumentation haben die Antragsteller
auch auf die Anhörungsschreiben reagiert. Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid für die Zeit vom 1. Juli 2021 bis zum
31. Dezember 2021 ist dagegen nicht, jedenfalls nicht ausdrücklich eingelegt worden.
Zur Begründung ihres Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz haben die Antragsteller namentlich geltend gemacht, dass die Fahrtkosten
für die Ausübung des Umgangsrechts jeweils monatlich im Voraus zu berücksichtigen seien. Auch die Gewährung von Leistungen
für die Zeiten des Aufenthalts des Antragstellers zu 4. bei der Familie und damit in einer temporären Bedarfsgemeinschaft
mit den anderen Antragstellern habe im Voraus zu erfolgen. Auch dürfe das für den Antragsteller zu 4. gezahlte Kindergeld
nicht als Einkommen berücksichtigt werden, da es von den Antragstellern nicht tatsächlich vereinnahmt, sondern weitergeleitet
werde. Die Antragstellerin zu 1. hat eine eidesstattliche Versicherung zu den Akten gereicht, wonach sie den Antragsteller
zu 4. jeden Freitagmittag in der Einrichtung abhole und ihn am Sonntag wieder dorthin zurückbringe. Im Erörterungstermin vor
dem Sozialgericht hat sie dazu erläutert, dass er im Mai und Juni 2021 jedes Wochenende zuhause gewesen sei. Diesbezüglich
lägen Urlaubsbescheinigungen vor. Wenn ihr vorgehalten werde, dass im letzten Jahr einige Urlaubsbescheinigungen für einen
Besuchszeitraum jede Woche oder alle 14 Tage nicht vorlägen, sage sie dazu, dass der Antragsteller zu 4. eine gewisse Zeit
bei ihr gewohnt habe. Dies habe sie dem Jobcenter nicht gemeldet, weil sie es für nicht notwendig erachtet habe. Darum habe
sie für diese Zeiträume aber auch keine Urlaubsscheine von der Jugendhilfeeinrichtung ausgestellt bekommen.
Der Antragsgegner ist dem Begehren entgegengetreten: Das für den Antragsteller zu 4. gezahlte Kindergeld sei als Einkommen
zu berücksichtigen, da der Betrag der Bedarfsgemeinschaft zufließe und erst dann an den Jugendhilfeträger weitergeleitet werde.
Das Kindergeld stehe daher als bereites Mittel zur Verfügung und werde lediglich aufgrund des Heranziehungsbescheides danach
weiter an den Jugendhilfeträger überwiesen. Eine Abzweigung gemäß §
74 Abs.
1 Satz 2 in Verbindung mit §
76 Satz 2 Nr.
1 Einkommensteuergesetz (
EStG) liege nicht vor.
Das Sozialgericht hat den Antragsgegner durch den angegriffenen Beschluss vom 22. Juli 2021 im Wege der einstweiligen Anordnung
verpflichtet, den Antragstellern vorläufig Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch in gesetzlicher Höhe ab dem 16. April 2021 bis zum 31. August 2021 unter Berücksichtigung der temporären Bedarfsgemeinschaft
und der Fahrtkosten für die Ausübung des Umgangsrechts mit dem Antragsteller zu 4. sowie ohne Berücksichtigung des Kindergeldes
für den Antragsteller zu 4. zu gewähren. Im Übrigen hat es den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Zur Begründung hat es namentlich ausgeführt, der gemäß §
86b Abs.
2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthafte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei zulässig und im Wesentlichen begründet. Rechtsgrundlage für
den glaubhaft gemachten Anordnungsanspruch sei § 19 in Verbindung mit § 7, § 9, §§ 11 ff., § 20, § 21 Abs. 6, § 22, § 41a und § 42 SGB II.
Der Antrag der Antragsteller sei dahingehend auszulegen, dass sie im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig Leistungen
nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch für die Zeit ab Antragstellung am 16. April 2021 in gesetzlicher Höhe unter Berücksichtigung der temporären Bedarfsgemeinschaft
und der Fahrtkosten für die Ausübung des Umgangsrechts mit dem Antragsteller zu 4. sowie ohne Berücksichtigung des Kindergeldes
für den Antragsteller zu 4. begehrten. Die Gewährung eines Mehrbedarfs könne nicht zulässigerweise zum isolierten Streitgegenstand
eines gerichtlichen Verfahrens gemacht werden, da sich die Regelungen über die laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
(mit Ausnahme der Kosten für Unterkunft und Heizung) in rechtlich zulässiger Weise nicht in weitere Streitgegenstände aufspalten
ließen (Verweis auf BSG, Urteil vom 26. Mai 2011 – B 14 AS 146/10 R –).
Die Antragsteller hätten einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Rechtsgrundlage für die Berücksichtigung der Fahrtkosten
zur Ausübung des Umgangsrechts mit dem Antragsteller zu 4. sei § 21 Abs. 6 SGB II. Bei den Fahrtkosten handele es sich um einen laufenden Bedarf im Sinne dieser Vorschrift, da der Antragsteller zu 4. von
der Antragstellerin zu 1. regelmäßig mit dem PKW von der Jugendhilfeeinrichtung abgeholt und wieder dorthin zurückgebracht
werde. Der Bedarf sei auch unabweisbar, da die Höhe der Kosten der wöchentlichen Fahrten von insgesamt 283,2 km nicht im Mobilitätsanteil
des Regelsatzes enthalten seien. Die Kosten könnten auch nicht durch Dritte oder durch Einsparungen der Antragsteller gedeckt
werden. Es seien keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ein Zurücklegen der Wegstrecke mit den öffentlichen Verkehrsmitteln
zumutbar sei. Der minderjährige Antragsteller zu 4. habe einen besonderen Förderungsbedarf, was sich schon aus der Spezialisierung
der Jugendhilfeeinrichtung, dem Heilpädagogium F., auf förderungsbedürftige Kinder ergebe. Zudem werde für das Zurücklegen
mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine Fahrtzeit von 2 bis 2,5 Stunden bei mehrmaligem Umsteigen benötigt. Außerdem wäre eine
Reise mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht (wesentlich) günstiger, da der Antragsteller zu 4. von der Antragstellerin zu
1. wegen seines Förderungsbedarfs begleitet werden müsste. Für die Festlegung der Höhe der Fahrtkosten seien die kürzeste
Wegstrecke von 70,8 km sowie der Umstand, dass diese Strecke monatlich 16-mal zurückgelegt werde, und eine Kilometerpauschale
in Höhe von 0,20 Euro pro gefahrenem Kilometer in entsprechender Anwendung von § 5 Abs. 1 Satz 2 Bundesreisekostengesetz zugrunde zu legen.
Im vorliegenden Fall sei weiter eine temporäre Bedarfsgemeinschaft der Antragsteller zu 1. bis 3. mit dem Antragsteller zu
4. gegeben. Eine temporäre Bedarfsgemeinschaft bestehe in der Regel für jeden Tag, an dem der Hilfebedürftige sich länger
als zwölf Stunden in dieser Bedarfsgemeinschaft aufhalte (Verweis auf BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 75/08 R –). Der Antragsteller zu 4. sei somit an zwei Tagen die Woche, nämlich jeden Samstag und Sonntag, temporär Mitglied der
Bedarfsgemeinschaft. Dies entspreche einer monatlichen temporären Bedarfsgemeinschaft von [zumindest] acht Tagen. Der Umgangshilfebedarf
umfasse für die Tage des Aufenthalts den Regelbedarf nach der Formel: Regelbedarf des Kindes durch 30 mal Zahl der Aufenthaltstage
(Verweis auf Münder/Geiger, SGB II – Grundsicherung für Arbeitsuchende, § 7 Rn. 109).
Das für den Antragsteller zu 4. bezogene Kindergeld sei nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Es sei zwar grundsätzlich
der Antragstellerin zu 1. als Einnahme zuzuordnen, da sie Bezugsberechtigte des Kindergeldes nach §
62, §
32 EStG sei (zur Zuordnung des Kindergelds als Einkommen des Bezugsberechtigten Verweis auf BSG, Urteil vom 16. April 2013 – B 14 AS 81/12 R –, NZS 2013, 713, Rn. 24; BSG, Urteil vom 19. März 2008 – B 11b AS 7/06 R –, SozR 4-4200 § 11 Nr. 10, Rn. 15); eine abweichende Zuordnung des Kindergeldes zum Antragsteller zu 4. gemäß § 11 Abs. 1 Satz 5 SGB II erfolge grundsätzlich nur teilweise, nämlich nur, insoweit er temporäres Mitglied der Bedarfsgemeinschaft sei. Das Kindergeld
stelle jedoch kein bereites Einkommen der Antragstellerin zu 1. und des Antragstellers zu 4. dar, da die Antragstellerin zu
1. als Bezugsberechtigte des Kindergeldes durch Heranziehungsbescheid gemäß § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII dazu verpflichtet sei, einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes an den Jugendhilfeträger zu entrichten. Nach ständiger
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts seien nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II anzusehen, die einen Zuwachs von Mitteln bedeuteten, die dem Hilfebedürftigen tatsächlich zur Bestreitung des Lebensunterhalts
zur Verfügung stünden und zur endgültigen Verwendung verblieben (Verweis auf BSG Urteil vom 23. August 2011 – B 14 AS 165/10 R –, SozR 4-4200 § 11 Nr. 43). Bezüglich der Frage, ob Einnahmen als bereite Mittel zur Verfügung stünden, sei zwischen einer
Einkommensverwendung (z.B. bei Tilgung eines Dispositionskredites – Verweis auf BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 10/14 R –, NZS 2015, 714, Rn. 32 – oder Zahlung von Unterhaltsschulden) und einer Einkommensentziehung (z.B. bei der Aufrechnung eines Betriebskostenguthabens
gegen Mietrückstände – Verweis auf BSG, Urteil vom 16. Mai 2012 – B 4 AS 132/11 R –, NZM 2013, 390, Rn. 22 – oder Aufrechnung eines Kindergeldanspruches durch die Familienkasse – Verweis auf SG Berlin, Urteil vom 11. Oktober
2019 – S 37 AS 6694/19 –) zu differenzieren. Bei der Einkommensverwendung verliere der wertmäßige Zuwachs auch bei normativer Berücksichtigung nicht
den Charakter als Einkommen (Verweis auf BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 10/14 R –, NZS 2015, 714, Rn. 33; BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 – B 14 AS 26/07 R –, NVwZ-RR 2009, 963, 964; BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 – B 14 AS 43/07 R –, BeckRS 2008, 58398, Rn. 28). Eine Einkommensentziehung stelle zwar auch einen wertmäßigen Zuwachs dar; bei der Anrechnung
als Einkommen komme es aber darauf an, ob beziehungsweise mit welchem Aufwand die Entziehung beseitigt werden könne. Entscheidend
sei also, welche Realisierungsmöglichkeiten zur Auszahlung des entzogenen Einkommens bestünden (Verweis auf BSG, Urteil vom 16. Mai 2012 – B 4 AS 132/11 R –, NZM 2013, 390, Rn. 23; BSG, Urteil vom 10. Mai 2011 − B 4 KG 1/10 R –, NJOZ 2012, 554, Rn. 24).
Bei dem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes handele es sich um eine Einkommensentziehung, da Grundlage für die Verpflichtung
ein bestandskräftiger Verwaltungsakt sei, der jederzeit vollstreckt werden könne (Verweis auf LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil
vom 7. September 2015 – L 19 AS 2096/13 –; das LSG NRW sehe das Kindergeld wegen der bestehenden Zahlungsverpflichtung wohl als nicht bereites Mittel an). Zudem
könne die Einordnung als Einkommensverwendung oder Einkommensentziehung nicht zufälligerweise von dem Umstand abhängen, ob
der Kostenbeitrag von den Eltern des betroffenen Kindes an die Einrichtung überwiesen oder aufgrund von §
74 Abs.
1 Satz 4
EStG direkt von der Familienkasse an den Jugendhilfeträger ausgezahlt oder von dem Jugendhilfeträger gegen die Familienkasse im
Wege des Erstattungsanspruchs gemäß §
74 Abs.
2 EStG geltend gemacht werde. Da der Heranziehungsbescheid gemäß § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII bestandskräftig sei, bestehe für die Antragstellerin zu 1. keine zumutbare Möglichkeit, den Betrag in Höhe des Kindergeldes
zur Bedarfsdeckung zu verwenden.
Selbst wenn man aber davon ausginge, dass es sich bei der Überweisung des Kostenbeitrags an den Jugendhilfeträger um eine
Einkommensverwendung handele, sei der Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes gemäß § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II vom Einkommen der Antragsteller zu 1. und zu 4. (soweit das Kindergeld dem Antragsteller zu 4. nach § 11 Abs. 1 Satz 5 SGB II zuzuordnen sei) abzusetzen (Verweis auf LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. September 2015 – L 19 AS 2096/13 –, Rn. 40, zur entsprechenden Anwendung des § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II bei einer Rechtswahrungsanzeige des Jugendhilfeträgers). Gemäß § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II seien vom Einkommen Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel
oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag abzusetzen. Die Regelung trage dem Umstand
Rechnung, dass gesetzliche Unterhaltsansprüche, soweit sie pfändbar seien, dem Hilfebedürftigen nicht als bereites, das heiße,
einsatzfähiges Mittel zur Verfügung stünden (Verweis auf BT-Drs. 16/1410, S. 20; Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB, § 11b SGB II – Stand: August 2017 – Rn. 258, Söhngen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 11b – Stand: 27. Mai 2021 – Rn. 43). Sie durchbreche ausnahmsweise den Grundsatz des Vorrangs der grundsicherungsrechtlichen
Selbsthilfe- und Einstandsobliegenheit gegenüber der Tilgung von Schulden zu Gunsten des Vorrangs der bürgerlich-rechtlichen
Unterhaltsverpflichtung (Verweis auf Striebinger, in: Gagel, SGB II/SGB III, § 11b SGB II Rn. 35; Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB, § 11b SGB II – Stand: August 2017 – Rn. 259).
Der Kostenbeitrag im Sinne der §§ 91 ff. SGB VIII stelle eine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung dar. Denn der Kostenbeitrag sei gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen, soweit er die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindere;
er trete damit an die Stelle der Unterhaltsverpflichtung (Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB, § 11b SGB II – Stand: August 2017 – Rn. 272). Bei dem Kostenbeitrag handele es sich auch um eine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung,
da er gemäß § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII gesetzlich festgesetzt werde. Es liege ebenfalls ein Unterhaltstitel vor, da der Kostenbeitrag durch Heranziehungsbescheid
vom 6. März 2020 mit bestandskräftigen Verwaltungsakt festgesetzt worden sei. Vorliegend werde ein Betrag in Höhe des festgesetzten
Kostenbeitrags auch tatsächlich von den Antragstellern an den Jugendhilfeträger gezahlt.
Und selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II keine direkte Anwendung finde, so wäre diese Vorschrift zumindest analog anzuwenden, da die für eine analoge Anwendung notwendige
planwidrige Regelungslücke sowie eine vergleichbare Interessenlage vorlägen. Eine Analogie, also die Übertragung einer gesetzlichen
Regelung auf einen Sachverhalt, der vom Wortsinn der betreffenden Vorschrift nicht umfasst werde, sei nur geboten, wenn dieser
Sachverhalt mit dem geregelten vergleichbar sei, nach dem Grundgedanken der Norm und dem mit ihr verfolgten Zweck dieselbe
rechtliche Bewertung erfordere und eine (unbewusste) planwidrige Regelungslücke vorliege.
Sollte § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II nicht direkt anzuwenden sein, läge eine Regelungslücke vor, da sich sonst keine Vorschriften fänden, die berücksichtigten,
dass der Betrag in Höhe des Kindergeldes den Betroffenen nicht als bereites Mittel zustehe, wenn ein Kostenbeitrag gemäß §§
92 ff. SGB VIII durch Heranziehungsbescheid festgesetzt sei und der Betrag tatsächlich an den Jugendhilfeträger gezahlt werde. Die Regelungslücke
wäre auch planwidrig. Bei den Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch handele es sich um existenzsichernde Leistungen. Eine Anrechnung des Kindergeldes bei gleichzeitiger Verpflichtung, einen
Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen, führte dazu, dass die Antragstellerin zu 1. entweder in eine Bedarfsunterdeckung
gerate oder dazu genötigt werde, die gesetzlich durch den Heranziehungsbescheid festgelegte Verpflichtung zur Zahlung des
Kostenbeitrags nicht wahrzunehmen und somit ihre öffentlich-rechtlichen Pflichten zu verletzen. Eine vergleichbare Interessenlage
liege vor, da die Jugendhilfeeinrichtung mit der Unterbringung des Antragstellers zu 4. für dessen Unterhalt sorge. Im Rahmen
der Jugendhilfe werde auch der notwendige Unterhalt des jungen Menschen sichergestellt (Verweis auf Wiesner/Loos, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 94 Rn. 23). Der Kostenbeitrag gemäß §§ 90 ff. SGB VIII normiere eine gesetzliche Beteiligung an dem im Rahmen der Unterbringung gedeckten Lebensunterhalt des betroffenen Kindes
(vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. September 2015 – L 19 AS 2096/13 –, BeckRS 2016, 72680, Rn. 40). Der Kostenbeitrag sei mithin vergleichbar mit einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung.
Bezüglich der jederzeitigen Pfändbarkeit der Unterhaltsverpflichtung sei ebenfalls eine vergleichbare Interessenlage gegeben,
da es sich beim Heranziehungsbescheid um einen bestandskräftigen Verwaltungsakt handele, der einen Vollstreckungstitel darstelle.
Der Antragsgegner habe darüber hinaus die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – auch im Hinblick auf die Fahrtkosten zur Ausübung des Umgangsrechts mit dem Antragsteller zu 4. – gemäß § 42 Abs. 1 SGB II monatlich im Voraus zu erbringen. Für die Zeit ab dem 1. Juli 2021 habe der Antragsgegner dabei insbesondere zu beachten,
dass er gemäß § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II über die Erbringung der Leistungen vorläufig zu entscheiden habe, wenn – wie hier – ein Anspruch auf Geldleistungen dem Grunde
nach bestehe und zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich sei. Die genaue Höhe des Anspruchs
lasse sich vorliegend nicht abschließend bemessen, da insbesondere die Fahrtkosten für die Ausübung des Umgangsrechts sowie
die temporäre Bedarfsgemeinschaft mit dem Antragsteller zu 4. davon abhingen, inwieweit der Antragsteller zu 4. tatsächlich
von der Antragstellerin zu 1. in die elterliche Wohnung gebracht werde und dort Zeit verbringe. Diese Zeiten könnten auch
in Anbetracht von Ferienzeiten, die der Antragsteller zu 4. grundsätzlich vollständig bei seinen Eltern verbringe, variieren.
Eine endgültige Festsetzung sei mithin erst mit Nachreichen von Belegen möglich und erfordere mithin voraussichtlich längere
Zeit.
Ein Anordnungsgrund sei glaubhaft gemacht worden, da ein Abbruch des Umgangs mit dem Antragsteller zu 4. drohe. Die Antragsteller
seien nicht in der Lage, die Kosten für die Ausübung des Umgangsrechts und der temporären Bedarfsgemeinschaft mit dem Antragsteller
zu 4. aus eigenen Mitteln vorzuschießen.
Allerdings sei die einstweilige Anordnung zeitlich bis zum 31. August 2021 zu begrenzen, weil im einstweiligen Rechtsschutz
nur eine gegenwärtige dringliche Notlage beseitigt werden solle. Daher sei es sachgerecht, die einstweilige Anordnung für
die Zukunft auf einen Zeitraum bis zum Ende des Folgemonats der Entscheidung zu begrenzen.
Der Antragsgegner hat am 3. August 2021 Beschwerde gegen den Beschluss erhoben.
Bereits zuvor hatten die Antragsteller mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 23. Juli 2021 und Eingang beim Antragsgegner
am 26. Juli 2021 diesem verschiedene Urlaubsscheine für Aufenthalte des Antragstellers zu 4. bei der Familie im Zeitraum von
Mai bis August 2021 sowie eine entsprechende Bescheinigung des Einrichtungsträgers vorgelegt und die Abänderung der entsprechenden
Bescheide beantragt. Diese steht nach Mitteilung des Antragsgegners noch aus.
Zur Begründung seiner Beschwerde hat dieser namentlich darauf verwiesen, dass der Bewilligungsbescheid vom 10. Juni 2021 bezüglich
des Zeitraums vom 1. Juli 2021 bis 31. Dezember 2021 nicht mit Widerspruch angegriffen worden sei. Damit bleibe für die vom
Sozialgericht angeregte Anwendung des § 41a SGB II kein Raum. Der Beschwerdeführer teile ferner nicht die Auffassung zur Anrechnung des Kindergelds. Dieses fließe zunächst
unstreitig der Bedarfsgemeinschaft zu. Damit handele es sich grundsätzlich um Einkommen, das entsprechend der gesetzlichen
Regelung der §§ 11 ff. SGB II auf die Bedarfe des betreffenden Kindes anzurechnen sei. Da das Kindergeld nicht abgezweigt worden sei, sei auch ein besonderer
Fall, in dem das Kindergeld der Bedarfsgemeinschaft nicht als bereites Mittel zur Verfügung stehe, nicht gegeben. Eine direkte
Anwendung des § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II komme dem Wortlaut nach nicht in Betracht. Auch eine analoge Anwendung der Vorschrift sei nicht möglich. Insbesondere sei
eine planwidrige Regelungslücke nicht gegeben, da mit §
74 Abs.
1 Satz 3
EStG eine gesetzliche Regelung vorgesehen sei. Das für ein Kind festgesetzte Kindergeld könne danach an das Kind ausgezahlt werden,
wenn der Kindergeldberechtigte ihm gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkomme (§
74 Abs.
1 Satz 1
EStG). Die Auszahlung könne auch an die Person oder Stelle erfolgen, die dem Kind Unterhalt gewähre. Sofern die Unterhaltspflicht
des Kindergeldberechtigten mangels Leistungsfähigkeit entfalle, könne die Familienkasse die Abzweigung vornehmen. Mit der
Abzweigung bestehe ein Verwaltungsakt, mit dessen Bestandskraft liege auch ein vollstreckbarer Titel vor. Folge der Abzweigung
sei, dass das Kindergeld nicht als Einkommen auf die Bedarfsgemeinschaft anzurechnen sei. Ein Abzweigungsbescheid liege ihm,
dem Antragsgegner, allerdings bis heute nicht vor. Weitere Argumente sprächen gegen eine analoge Anwendung der Vorschrift:
So wäre mit einer entsprechenden Handhabung ein Eingriff seinerseits in die Kompetenzen der Familienkasse verbunden, da er
in diesem Falle beurteilen müsste, ob Unterhaltspflichten verletzt würden. Auch sei die rechtliche Situation im hiesigen nicht
mit der im gesetzlich geregelten Fall vergleichbar. Die Abzweigung stelle zudem eine einfachere und gesetzlich ausdrücklich
vorgesehene Möglichkeit dar. Der Heranziehungsbescheid stelle dagegen keine taugliche Grundlage dafür dar, das tatsächlich
gezahlte Kindergeld unberücksichtigt zu lassen.
Er beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 22. Juli 2021 aufzuheben, soweit das Sozialgericht dem Antrag der Antragsteller
auf Erlass einer einstweiligen Anordnung entsprochen habe, und diesen insgesamt abzulehnen.
Die Antragsteller beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie machen zur Begründung geltend, es seien zwar ausdrücklich nur die vier Bescheide vom 10. Juni 2021, die sich auf die Monate
März und April 2020, Oktober 2020, Dezember 2020 und Februar bis April 2021 bezögen, mit Widerspruch angegriffen worden; aus
dem Gesamtzusammenhang und dem Vortrag aus dem erstinstanzlichen Verfahren – namentlich im Schriftsatz ihres Bevollmächtigten
vom 21. Juli 2021 [gemeint wohl: 21. Juni 2021] – ergebe sich dennoch, dass auch der Bescheid für die Zeit vom 1. Juli 2021
bis 31. Dezember 2021 „als mit einem Widerspruch versehen bewertet werden“ müsse. Im Übrigen hätten sie zwischenzeitlich einen
Überprüfungsantrag zu diesem Bescheid gestellt. Wegen der Zeitpunkt der Antragstellung durch die Antragsteller zu 2. bis 4.
haben sie, nach gerichtlichem Hinweis auf die sich daraus ergebende Problematik, die Auffassung vertreten, deren Ansprüche
seien (bereits) durch den Antrag der Antragstellerin zu 1. wirksam geltend gemacht worden. Inhaltlich, insbesondere hinsichtlich
der Frage der Anrechnung des Kindergeldes, verteidigen sie unter Vertiefung ihres Vorbringens die erstinstanzliche Entscheidung.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie
der die Antragsteller betreffenden Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist teilweise begründet, auch wenn das Sozialgericht grundsätzlich zu Recht davon
ausgegangen ist, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung vorliegen. Auf Grund der nachfolgend
näher auszuführenden verfahrensrechtlichen Situation kann diese jedoch zu Gunsten der Antragstellerin zu 1. nur für die Zeit
vom 16. April 2021 bis zum 30. Juni 2021, für die Antragsteller zu 2. und 3. sogar nur für die Zeit vom 24. Juni 2021 bis
zum 30. Juni 2021 und für den Antragsteller zu 4. für die Zeit vom 24. Juni 2021 bis zum 30. August 2021 Bestand haben.
1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere nach § 172 Abs. 1, Abs. 3 Nr.
1, §
143, §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG statthaft und nach §
173 Satz 1 und Satz 2
SGG form- und fristgerecht eingelegt.
Der Antragsteller zu 4. hat zwar das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet und ist also nicht prozessfähig (vgl. §
71 Abs.
1, Abs.
2 Satz 1
SGG i.V.m. §
36 SGB I und hierzu für viele B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a.,
SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, §
71 Rn. 5a). Nachdem aber beide Eltern am Verfahren beteiligt sind, hat der Senat keine Bedenken von einer ausreichenden Vertretung
des Antragstellers zu 4. auszugehen (vgl. zur gemeinsamen Vertretung durch beide Sorgeberechtigte §
1626 Abs.
1, §
1629 Abs.
1 Bürgerliches Gesetzbuch), namentlich ergeben sich weder aus dessen Aufnahme in eine Jugendhilfeeinrichtung noch sonst Hinweise darauf, dass die Antragstellerin
zu 1. und der Antragsteller zu 2. nicht (mehr) sorgeberechtigt wären.
2. Für die Zeit ab dem 1. Juli 2021 ist der Antrag der Antragsteller zu 1. bis 3. auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
wegen der Bestandskraft des Bescheides vom 10. Juni 2021, der die Bewilligung der ihnen zu gewährenden Leistungen ab diesem
Tage regelt, unzulässig, jedenfalls aber unbegründet (geworden).
a) Dagegen ist das Sozialgericht im Übrigen zu Recht von der Zulässigkeit des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz ausgegangen.
Der Antrag war, wie §
86b Abs.
3 SGG ausdrücklich festhält, auch schon vor Erhebung einer Klage in der Hauptsache zulässig.
Der Antragsteller zu 2. ist durch die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über sein Vermögen durch Beschluss des
Amtsgerichts Darmstadt – Insolvenzgericht – vom 24. März 2021 nicht gehindert, die im hiesigen Verfahren streitigen Ansprüche
selbst geltend zu machen. Die mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einhergehenden Einschränkungen betreffen nur die zur
Insolvenzmasse im Sinne von §
35 Abs.
1 Insolvenzordnung –
InsO – gehörenden Forderungen und Gegenstände und daher nicht solche Forderungen, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen
(§
36 Abs.
2 Satz 1
InsO). In Form von laufenden Geldleistungen erbrachte Sozialleistungen können jedoch (nur) in gleichem Umfang wie Arbeitseinkommen
gepfändet werden (§ 54 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – [SGB I]), so dass für diese die Pfändungsbeschränkungen
aus §§
850 ff.
Zivilprozessordnung –
ZPO – und also auch die Pfändungsfreigrenzen aus §
850c Abs.
1 ZPO zu beachten sind (vgl. nur Keller, in: Kayser/Thole, Heidelberger Kommentar zur
Insolvenzordnung, 10. Aufl. 2020, §
36 Rn. 60 ff.), die hier bei weitem nicht erreicht sind. Entsprechend hat sich im Übrigen auch der Insolvenzverwalter durch
Schreiben vom 3. September 2021 auf Anfrage des Antragstellerbevollmächtigten geäußert.
b) Die vom Sozialgericht erlassene einstweilige Anordnung kann jedoch für die Zeit ab 1. Juli 2021 keinen Bestand haben, soweit
ihr der die Leistungsgewährung ab diesem Tage regelnde Bescheid vom 10. Juni 2021 entgegensteht.
Machen die Antragsteller – wie hier – ein Leistungsbegehren geltend, so ist im einstweiligen Rechtsschutz (nur) eine Regelungsanordnung
nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG statthaft. Diese ist nach der genannten Vorschrift zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Ihre Zulässigkeit setzt damit ein regelungsfähiges Rechtsverhältnis voraus; sie scheidet daher aus, wenn hinsichtlich der
streitigen Leistung eine bindende Regelung besteht, namentlich ein bestandskräftiger Verwaltungsakt (§
77 SGG) ergangen ist (vgl. in diesem Sinne z.B. auch LSG BW, Beschluss vom 14. Dezember 2016 – L 7 AS 4120/16 ER-B –, juris, Rn. 4; Keller, in: Meyer-Ladewig u.a.,
SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, §
86b Rn. 26d).
Es kann offenbleiben, ob dies anders zu beurteilen ist, wenn – wie hier – von Seiten der Betroffenen geltend gemacht wird,
Bestandskraft sei nicht eingetreten, weil (rechtzeitig) Widerspruch eingelegt worden sei, und die Bindungswirkung damit nicht
offensichtlich ist (vgl. Meßling, in: Hauck/Behrend,
SGG, §
86b Rn. 142). Jedenfalls ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unbegründet, wenn der ablehnende Bescheid tatsächlich
Bindungswirkung entfaltet (vgl. in diesem Sinne Burkiczak, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, §
86b Rn. 303); dabei ist der Senat trotz des grundsätzlichen Vorrangs der Zulässigkeits- vor der Begründetheitsprüfung und der
grundsätzlich unterschiedlichen Konsequenzen für die Reichweite der mit der Entscheidung einhergehenden Rechtskraftwirkung
in Situationen wie der hiesigen, in denen dies ohne erkennbar Auswirkung auf die Rechtsstellung der Beteiligten bleibt, nicht
gehindert, seine Entscheidung jedenfalls (ergänzend auch) hierauf zu stützten (vgl. hierzu ausfl. erk. Senat, Beschluss vom
30. Juni 2020 – L 6 AS 327/20 B ER –, juris, Rn. 24) beziehungsweise die Zuordnung der Problematik zur Prüfung der Zulässigkeit einerseits oder der Begründetheit
andererseits letztlich offenzulassen.
Der Antragsgegner hat die Leistungsgewährung an die Antragsteller zu 1. bis 3. für den am 1. Juli 2021 beginnenden neuen Bewilligungszeitraum
durch einen der Bescheide vom 10. Juni 2021 geregelt. Diesen Bescheid haben die Antragsteller zu 1. bis 3. (wohl versehentlich)
nicht angegriffen; vielmehr haben sie (beziehungsweise – wohl – nur die Antragstellerin zu 1.) anwaltlich vertreten nur gegen
die vier weiteren, unterschiedliche Zeiträume in der Vergangenheit regelnden Bescheide Widerspruch eingelegt. Nachdem der
Gegenstand des jeweiligen Widerspruchs in den vier Widerspruchsschreiben jeweils zweifelsfrei benannt ist, besteht – trotz
der mit der Aufspaltung in insgesamt fünf Bescheide einhergehenden Unübersichtlichkeit – kein Spielraum, eines dieser Schreiben
oder die Schreiben in ihrer Gesamtheit als Widerspruch auch gegen den fünften an diesem Tag ergangenen Bescheid auszulegen.
Dies gilt nur umso mehr, als die Widerspruchsschreiben vom anwaltlichen Prozessbevollmächtigten der Antragsteller formuliert
worden sind. Angesichts der rechtskundigen Vertretung sowohl in den Widerspruchs- wie im einstweiligen Rechtsschutzverfahren
und der präzisen Fassung der Widerspruchsschreiben kann auch die Mitteilung des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller
im erstinstanzlichen Verfahren durch Schreiben vom 21. Juni 2021, dass „sämtliche Bescheide vom 10.06.2021 falsch“ seien und
„bereits gegen alle Bescheide“ Widerspruch eingelegt worden sei, nicht ihrerseits als Verfahrenserklärung und (konkludente)
Einlegung eines Widerspruchs gewertet, sondern muss als (irrtumsbehafteter) Vortrag zur verwaltungsverfahrensrechtlichen Situation
verstanden werden.
Ein regelungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG kann sich nach Auffassung des Senats allerdings auch aus einem Überprüfungsantrag auf der Grundlage von § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) in Verbindung mit § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II und – erst recht – aus einem Abänderungsantrag wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse auf der Grundlage von §
48 Abs. 1 Satz 2 SGB X in Verbindung mit §
330 Abs.
3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (
SGB III) und § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II ergeben.
Ein derartiger, auf die Abänderung des Bescheides vom 10. Juni 2021 durch den Antragsgegner gerichteter Antrag ist vorliegend
dem an diesen gerichteten Schreiben des Bevollmächtigten der Antragsteller vom 23. Juli 2021 zu entnehmen. Die Stellung entsprechender
Anträge durchbricht als solche die Bestandskraft des Bescheides, auf dessen Abänderung der Antrag zielt, jedoch noch nicht.
Diese ist daher – auch vom Senat im hiesigen Verfahren – grundsätzlich (zunächst weiterhin) zu beachten. Zur Wahrung des Rechts
auf effektiven Rechtsschutz (Art.
19 Abs.
4 Grundgesetz [GG]) hält der Senat allerdings grundsätzlich auch den Erlass einer an einen Überprüfungsantrag anknüpfenden Antrag einstweiligen
Anordnung für möglich (vgl. hierzu auch LSG BW, Beschluss vom 11. Oktober 2010 – L 7 AS 4197/10 ER-B –, juris; Keller, in: Meyer-Ladewig u.a.,
SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, §
86b Rn. 29c; Burkiczak, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, §
86b Rn. 340), umso mehr gilt dies für einen auf § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X gestützten Antrag. Insoweit handelt es sich allerdings verfahrensrechtlich um einen anderen Streitgegenstand, der grundsätzlich
zunächst in einem neuen Verfahren vor dem Sozialgericht geltend zu machen wäre, wenn er nicht Gegenstand von dessen Entscheidung
war. Das ist auch inhaltlich sachgerecht, nachdem die Voraussetzungen einer an ein Abänderungsverlangen anknüpfenden einstweiligen
Anordnung andere sind als bei einem ursprünglichen Leistungsantrag (vgl. zu den Voraussetzungen einer an einen Antrag nach
§ 44 Abs. 1 SGB X anknüpfenden einstweiligen Anordnung nochmals Burkiczak, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, §
86b Rn. 340). Das ist vorliegend nicht geschehen, was zwingend schon daraus folgt, dass die Antragsteller den Abänderungsantrag
erst mit Schreiben vom 23. Juli 2021, also einen Tag nach Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung, formuliert haben. Denkbar
ist insoweit zwar auch die Einführung des entsprechenden prozessualen Anspruchs durch eine Antragsänderung in der Beschwerdeinstanz;
entsprechende Prozesserklärungen haben die anwaltlich vertretenen Antragsteller allerdings nicht abgegeben.
Im Übrigen kann der Erlass einer einstweiligen Anordnung auf dieser Grundlage auch aus inhaltlichen Gründen nicht erfolgen.
Geht man zu Gunsten der Antragsteller davon aus, dass sie in der Sache zutreffend argumentieren, dann war der Bescheid vom
10. Juni 2021 von Anfang an und nicht nur wegen eines möglichen Verstoßes gegen das sogenannte Verbot des vorzeitigen Verfahrensabschlusses
rechtswidrig. Dass es zwischen seinem Erlass und den hier streitigen Monaten Juli und August 2021 zu einer maßgeblichen Veränderung
der Verhältnisse, namentlich zu einer unvorhergesehenen Änderung der Besuchshäufigkeit, gekommen wäre, ist nicht ersichtlich.
Unter diesen Umständen müsste eine Korrektur auf der Grundlage von § 44 Abs. 1 SGB X in Verbindung mit § 40 Abs. 1 Abs. 1 Satz 2 II erfolgen. Eine hieran anschließende einstweilige Anordnung ist aber nur in Ausnahmefällen, bei offensichtlicher
oder sich jedenfalls deutlicher Rechtswidrigkeit und bei herausgehobener Dringlichkeit, möglich (vgl. nur Burkiczak, in: Schlegel/Voelzke,
jurisPK-
SGG, §
86b Rn. 340).
Es ist nicht ersichtlich und umso weniger glaubhaft gemacht, dass diese Voraussetzungen, namentlich eine besondere Dringlichkeit,
hinsichtlich der Ansprüche der Antragsteller zu 1. bis 3. für die Monate Juli und August 2021 vorlägen. Vielmehr hat sich
der Antragsteller zu 4. wegen der Schulferien in diesen beiden Monaten ganz überwiegend bei der Familie aufgehalten. Fahrtaufwendungen
sind daher deutlicher seltener, nämlich nur an den beiden ersten Juliwochenenden und dann zu Ferienbeginn am 16. Juli 2021
und zum Ferienende Ende August 2021, entstanden. Das für den Antragsteller zu 4. gezahlte Kindergeld hat der Antragsgegner
im Bescheid vom 10. Juni 2021 bei der Berechnung der Leistungen für die Antragsteller zu 1. bis 3. für die Zeit ab 1. Juli
2021 nicht anspruchsmindernd berücksichtigt, so dass ihnen auch bei einem Erfolg im Hauptsacheverfahren für diese beiden Monate
weitere Leistungen nur in einem überschaubaren Umfang zugebilligt werden könnten.
Im Ergebnis kann die vom Sozialgericht erlassene einstweilige Anordnung für die Antragsteller zu 1. bis 3. in dem durch den
bestandskräftigen Bescheid vom 10. Juni 2021 geregelten Zeitraum ab 1. Juli 2021 keinen Bestand haben. Dagegen steht der Bescheid
der zu Gunsten des Antragstellers zu 4. ergangenen einstweiligen Anordnung nicht entgegen: Dieser ist in dem Bescheid nicht
ausdrücklich erwähnt; auch eine konkludente Ablehnung, ihm Leistungen zu bewilligen, ist diesem nicht zu entnehmen. Vielmehr
zeigen die weiteren Bescheide vom 10. Juni 2021 für die Vergangenheit, dass der Antragsgegner durchaus akzeptiert, dass dem
Antragsteller zu 4. ein Anspruch während der Zeiten seiner Aufenthalte bei der Familie zustehen kann, wenn auch sein Bedarf
nach Auffassung des Antragsgegners in den jeweiligen Zeiträumen durch das für ihn gezahlte Kindergeld vollständig gedeckt
war; der Antragsgegner hat dies jedoch jeweils erst im Nachhinein, also nach Ablauf und in Kenntnis der tatsächlichen Aufenthaltszeiten,
geprüft. Vor diesem Hintergrund und durch den daraus entstehenden Kontrast zu den am gleichen Tag erteilten Änderungsbescheiden
für die verschiedenen Zeiträume der Vergangenheit lässt sich die vollständig fehlende Erwähnung des Antragstellers zu 4. in
dem Bescheid über die Leistungen ab 1. Juli 2021 und dem diesem beigefügten Berechnungsbogen nur so verstehen, dass der Antragsgegner
an diesem Vorgehen, also einer Prüfung erst im Nachhinein, festhalten wollte und mit dem Bescheid daher noch keine Regelung
– weder positiv noch negativ – hinsichtlich der Ansprüche des Antragstellers zu 4. verbunden war.
3. Weiter kann die vom Sozialgericht erlassene einstweilige Anordnung zu Gunsten der Antragsteller zu 2. bis 4. für die Zeit
bis zum 23. Juni 2021 keinen Bestand haben, da die Voraussetzungen für den Erlass einer Regelungsanordnung regelmäßig erst
ab dem Zeitpunkt des Eingangs des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz vorliegen.
a) Der Erlass einer Regelungsanordnung setzt nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG voraus, dass dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint.
Ein solcher Nachteil ist (nur) anzunehmen, wenn einerseits den Antragstellern gegenüber dem Antragsgegner ein materiell-rechtlicher
Leistungsanspruch in der Hauptsache – mit hinreichender Wahrscheinlichkeit – zusteht (Anordnungsanspruch) und es ihnen andererseits
nicht zuzumuten ist, die Entscheidung über den Anspruch in der Hauptsache abzuwarten (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch
und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Abs.
2 ZPO).
Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert neben-, vielmehr in einer Wechselbeziehung zueinander,
nach der die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit beziehungsweise Schwere des drohenden
Nachteils, dem Anordnungsgrund, zu verringern sind und umgekehrt (vgl. für die st. Rspr. des Hess. LSG: erkennender Senat,
Beschluss vom 11. Dezember 2019 – L 6 AS 528/19 B ER –, juris, Rn. 31; Hess. LSG, Beschluss vom 29. Juni 2005 – –, info also 2005, 169 und Hess. LSG, Beschluss vom 7. September 2012 – L 9 AS 410/12 B ER –; außerdem Keller, in: Meyer-Ladewig u.a.,
SGG, 13. Aufl. 2020, §
86b Rn. 27 ff.): Wäre eine Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf einstweiligen
Rechtsschutz ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden
ist. Wäre eine Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund,
auch wenn auf diesen nicht gänzlich verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige
Aufklärung der Sach- oder Rechtslage im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung
zu entscheiden, welchem Beteiligten ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache eher zuzumuten ist.
Ausgehend von diesen allgemeinen Maßstäben kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen Leistungen, die für einen
in der Vergangenheit liegenden Zeitraum zu erbringen sind, in aller Regel nicht in Betracht. Vielmehr dienen Regelungsanordnungen
der Abwendung einer gegenwärtigen, durch die in Frage stehende Leistung beziehungsweise deren Ausbleiben verursachten Notlage
(vgl. erkennender Senat, Beschluss vom 17. März 2020 – –, juris, ; Bay. LSG, Beschluss vom 14. Juni 2005 – L 11 B 218/05 AS ER –, Breith. 2005, 786), was im Bereich der existenzsichernden Leistungen wegen des engen Zeitbezugs der Existenzsicherung nur in besonderem Maße
gilt. Für Leistungszeiträume in der Vergangenheit kommt der Erlass einer Regelungsanordnung daher nur ausnahmsweise in Betracht,
sofern glaubhaft gemacht wird, dass eine durch das Ausstehen der streitigen Leistung verursachte Notlage gegenwärtig fortwirkt
(vgl. für viele Keller, in: Meyer-Ladewig u.a.,
SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, §
86b Rn. 35a) – was hier nicht geschehen ist.
b) Daher kann eine einstweilige Anordnung zu Gunsten der Antragsteller zu 2. bis 4. erst ab 24. Juni 2021 ergehen, also dem
Tag des Erörterungstermins vor dem Sozialgericht, in dessen Rahmen der für sie auftretende (Unter-)Bevollmächtigte eine „Korrekur“
des Rubrums beantragt und damit der Sache nach (erstmals wirksam) ihre Ansprüche geltend gemacht hat.
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist – bei anwaltlicher Vertretung – am 16. April 2021 zunächst nur im Namen der
Antragstellerin zu 1. gestellt worden, die (zulässig) im eigenen Namen nur die ihr individuell zustehenden Ansprüche geltend
machen konnte (vgl. hierzu und zum Folgenden für viele und mit weiteren Nachweisen: erkennender Senat, Urteil vom 9. Juni
2021 – –, juris, ). Trotz der gegebenenfalls durch § 7 Abs. 3 SGB II bewirkten Zusammenfassung mehrerer Familienmitglieder zu einer Bedarfsgemeinschaft stehen die Grundsicherungsansprüche den
einzelnen Hilfebedürftigen individuell zu. Die Möglichkeit, dass ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft im eigenen Namen (auch)
die Ansprüche der übrigen Mitglieder gerichtlich geltend macht, sieht das Grundsicherungsrecht nicht vor. Insbesondere wenn
die Betroffenen anwaltlich vertreten sind, kommt auch die Auslegung eines ausdrücklich im Namen eines oder mehrerer bestimmter
Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft erhobenen Rechtsbehelfs dahin, dass dieser auch für andere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft
erhoben werden sollte mit der Folge, dass diese zu Aktivbeteiligten würden, nicht in Betracht; das gilt jedenfalls nach Ablauf
der Übergangsfrist, die das Bundessozialgericht nach Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches Zweites Buch vorübergehend anerkannt
hatte und die den Beteiligten ermöglichen sollte, sich ohne Rechtsnachteil auf die prozessualen Folgen des im Jahr 2005 neu
geschaffenen Rechtsinstituts Bedarfsgemeinschaft einzustellen (vgl. ausfl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R –, BSGE 97, 217, Rn. 11 ff.).
Hiervon ausgehend handelte es sich bei der im Rahmen des Erörterungstermins beantragten Korrektur des Rubrums der Sache nach
nicht tatsächlich um die Richtigstellung einer bis dahin unzutreffenden Bezeichnung der Aktivbeteiligten, sondern um die (konkludente
und erstmalige) Einführung der Ansprüche der Antragsteller zu 2. bis 4. in das gerichtliche Verfahren. Eine zu ihren Gunsten
ergehende einstweilige Anordnung hat sich daher auf Grund der oben formulierten Grundsätze auf die Zeit ab dem 24. Juni 2021
zu beschränken. Eine gegenwärtig fortwirkende Notlage, also ein dringender Nachholbedarf, der ausnahmsweise den Erlass einer
einstweiligen Anordnung auch für vergangene Zeiträume rechtfertigen könnte, ist von den anwaltlich vertretenen Antragstellern
nicht vorgetragen, umso weniger glaubhaft gemacht worden.
c) Ab dem 24. Juni 2021 ist dagegen von einer wirksamen Antragstellung auch der Antragsteller zu 2. und 4. auszugehen.
Die dafür notwendige (konkludente) Prozesserklärung ist wirksam abgegeben worden. Zwar handelte es sich, wie dem Senat aus
anderen Verfahren bekannt ist, bei dem im Erörterungstermin für die Antragsteller beziehungsweise ihren Prozessbevollmächtigten
auftretenden (Unter-)Bevollmächtigten nicht um einen Rechtsanwalt (oder einen sonst nach §
73 Abs.
2 SGG zur Vertretung Befugten). Das Sozialgericht hat ihn jedoch nicht zurückgewiesen, so dass die von ihm abgegebenen Prozesserklärungen
wirksam waren (§
73 Abs.
3 Satz 2
SGG).
Weiter war die mit der Einführung der Ansprüche der Antragsteller zu 2. bis 4. in das Verfahren verbundene Antragsänderung
zulässig. Grundsätzlich ist eine Antragserweiterung nach Auffassung des Senats auf der Grundlage einer entsprechenden Anwendung
von §
99 SGG auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes möglich, auch wenn sie wegen der Eilbedürftigkeit vielfach nicht sachdienlich
sein wird. Vorliegend ist aber sowohl von einer rügelosen Einlassung des Antragsgegners (§
99 Abs.
1 Alt. 1 i.V.m. Abs.
2 SGG) als auch davon auszugehen, dass das Sozialgericht (konkludent) ihre Sachdienlichkeit bejaht hat (§
99 Abs.
1 Alt. 2
SGG); beides verhilft der Antragserweiterung zur Zulässigkeit.
4. Für die danach verbleibenden Zeiträume kann die Beschwerde des Antragsgegners keinen Erfolg haben. Das Sozialgericht ist
für diese vielmehr zu Recht vom Vorliegen der bereits dargelegten Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung
ausgegangen.
a) Allerdings stellt sich hinsichtlich der Ansprüche der Antragsteller zu 1. bis 3. auch in diesem Zusammenhang – wenn auch
in abgewandelter Form – die Problematik eines dem Begehren entgegenstehenden Leistungsbescheides (wobei dies für die Antragsteller
zu 2. und 3. aus den oben ausgeführten Gründen ohnehin erst ab 24. Juni 2021 relevant wird).
Der Antragsgegner hatte den Antragstellern zu 1. bis 3. für die Zeit bis 30. Juni 2021 durch den Bescheid vom 17. Mai 2020
Leistungen in bestimmter Höhe bewilligt. Weder gegen diesen noch gegen die nachfolgenden Änderungsbescheide vom 10. Juni 2020
und vom 21. November 2020 haben die Antragsteller Widerspruch eingelegt, so dass diese bindend (§
77 SGG) geworden sind.
Allerdings haben die Antragsteller (spätestens) mit dem Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 12. April 2021 geltend gemacht,
dass die Bewilligung mit Rücksicht auf die Auswirkungen der Unterbringung des Antragstellers zu 4. in der Jugendhilfeeinrichtung
beziehungsweise die temporären Aufenthalte bei der Familie zu ändern sei. Nachdem in diesem Rahmen Schriftstücke aus dem Frühjahr
2020 vorgelegt und Umstände geltend gemacht wurden, die bereits zum Zeitpunkt der Bewilligung vorlagen, dürfte (spätestens)
dieses Schreiben als Antrag nach § 44 Abs. 1 SGB X anzusehen sein, an den – wie gesehen – eine einstweilige Anordnung (wenn auch nur in Ausnahmefällen) anknüpfen kann. Zudem
haben die Antragsteller nachfolgend spätestens im erstinstanzlichen Verfahren durch die dort vorgelegte eidesstattliche Versicherung
und das Vorbringen im Erörterungstermin am 24. Juni 2021 geltend gemacht, dass die Besuchskontakte zum einen mittlerweile
wöchentlich erfolgten und zum anderen im Mai und Juni 2021 tatsächlich auch stattgefunden und entsprechende Aufwendungen verursacht
hätten. Damit haben sie der Sache nach auch eine Änderung der bei Erlass der Leistungsbescheide für die Zeit bis 30. Juni
2021 maßgeblichen Verhältnisse im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X geltend gemacht, was anerkanntermaßen auch dann möglich ist, wenn bereits der ursprüngliche Bescheid wegen eines Verstoßes
gegen das Verbot vorzeitigen Verfahrensabschlusses oder aus anderen Gründen von Anfang an rechtswidrig gewesen sein sollte.
Über den hierauf gestützten prozessualen Anspruch hat das Sozialgericht (anders als über ein an das Schreiben vom 23. Juli
2021 und das dort formulierte Änderungsbegehren anknüpfendes Begehren) auch mit dem angegriffenen Beschluss entschieden. Weiter
sind nach Auffassung des Senats an einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der an eine wesentliche Änderung
der Verhältnisse im Sinne von § 48 SGB X anknüpft, keine maßgeblich anderen Anforderungen zu formulieren als bei einem noch nicht beschiedenen Leistungsantrag: Zwar
liegt auch in diesem Falle ein bestandskräftiger Bescheid vor, dessen Abänderung für die Gewährung höherer Leistungen erforderlich
ist. Hiervon abgesehen gibt es aber in diesem Fall – anders als in einer Überprüfungssituation nach § 44 SGB X – keine Gründe, die für eine Beschränkung von daran anknüpfenden einstweiligen Anordnungen auf Ausnahmefälle sprechen: Insbesondere
ist die Änderung der maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse durchgängig als Grund anerkannt, der sich gegen den Gesichtspunkt
der Rechtssicherheit durchsetzt und daher zu einer Begrenzung der Reichweite rechts- beziehungsweise bestandskräftiger Gerichts-
oder behördlicher Entscheidungen führt (vgl. für die Rechtskraft nur BSG, Urteil vom 27. Juni 2007 – B 6 KA 26/07 R –, SozR 4-1500 §
141 Nr. 1; Keller, in: Meyer-Ladewig u.a.,
SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, §
141 Rn. 8c). Dementsprechend sehen auch die Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder für das allgemeine Verwaltungsrecht,
das eine § 44 SGB X vergleichbare Regelung in dieser Form nicht kennt, – selbstverständlich – für den Fall einer relevanten Änderung der Verhältnisse
eine (zwingende) Änderungsmöglichkeit vor (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 1 Bundesverwaltungsverfahrensgesetz und dazu Schoch, in: ders./Schneider, VwVfG – Stand: Juli 2020 –, § 51, zum fehlenden Ermessen: Rn. 82). Hinzu kommt, dass dem Betroffenen in diesem Falle nicht entgegengehalten werden kann, er
habe den Bescheid schließlich durch die fehlende Erhebung eines Widerspruchs bindend werden lassen und daher sei ihm dessen
(vorläufige) Hinnahme zumindest im Regelfall zuzumuten.
Zu dem Abänderungsbegehren selbst liegt schließlich keine bindende Entscheidung des Antragsgegners vor; das gilt jedenfalls,
soweit der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nicht ohnehin wegen der Antragstellung zu Gunsten der Antragsteller zu 2.
bis 4. erst am 24. Juni 2021 erfolglos bleiben muss. Soweit die Zeit ab April 2021 betroffen ist, für den die Antragsteller
einstweiligen Rechtsschutz begehren, hat der Antragsgegner nur hinsichtlich des Aprils 2021 selbst durch einen der Bescheide
vom 10. Juni 2021 eine Entscheidung getroffen und eine – hinter dem Begehren der Antragsteller allerdings deutlich zurückbleibende
und sie insoweit beschwerende – Änderung der Leistungsbewilligung zu Gunsten der Antragsteller zu 1. bis 3. verfügt (und Ansprüche
des Antragstellers zu 4. erstmals geregelt). Nachdem (zumindest) die Antragstellerin zu 1. gegen diesen Bescheid durch ihren
Bevollmächtigten am 17. Juni 2021 rechtzeitig Widerspruch eingelegt und weitere Ansprüche geltend gemacht hat, ist ein auf
höhere Leistungen gerichteter Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu ihren Gunsten auch für April 2021 nicht ausgeschlossen.
b) In der Sache hat das Sozialgericht die einstweilige Anordnung zu Recht erlassen, auch wenn der Anordnungsanspruch (zusätzlich)
auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X in Verbindung mit §
330 Abs.
3 Satz 1
SGB III und § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II zu stützen ist.
aa) Wegen der Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld II beziehungsweise Sozialgeld dem Grunde nach nimmt der
Senat Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts (§
142 Abs.
2 Satz 3
SGG); der Antragsgegner hat die Entscheidung insoweit auch nicht in Frage gestellt.
Der Senat hat dabei trotz der Unterbringung des Antragstellers zu 4. in der Jugendhilfeeinrichtung keine Bedenken, von einem
Anspruch des Antragstellers zu 4. auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegen den Antragsgegner in Bedarfsgemeinschaft
mit den anderen Antragstellern während der Zeiten seines Aufenthalts in A-Stadt auszugehen.
Der Senat kann offenlassen, ob der Leistungsausschluss im Fall der Unterbringung in einer stationären Einrichtung aus § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II auch auf nicht-erwerbsfähige Leistungsberechtigte anwendbar ist und deren Sozialgeldanspruch erfasst (vgl. hierzu Geiger,
in: Münder/ders., LPK-SGB II, 7. Aufl. 2021, § 7 Rn. 127). Jedenfalls haben die Grundsicherungsträger, auch wenn man – wofür viel spricht – im Grundsatz von der Anwendbarkeit
von § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II auch auf Sozialgeldbezieher ausgeht, Leistungen nach den Grundsätzen der temporären Bedarfsgemeinschaft für die Tage zu erbringen,
an denen sich das in der Einrichtung untergebrachte Kind bei seinen sorge- oder umgangsberechtigten Eltern aufhält, nachdem
die Gründe, die dem Bundessozialgericht Anlass für die Entwicklung des Rechtsinstituts „temporäre Bedarfsgemeinschaft“ gegeben
haben (vgl. grdl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 14/06 R –, BSGE 97, 242; BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 75/08 R –, SozR 4-4200 § 7 Nr. 13), unter diesen Umständen in gleicher Weise vorliegen. Da sich die einstweilige Anordnung des
Sozialgerichts im konkreten Fall auf diese Zeiträume beschränkt und nur der Antragsgegner Beschwerde eingelegt hat, ist eine
Entscheidung, was in den Zeiten des Aufenthalts in der Einrichtung zu gelten hat, nicht veranlasst.
bb) Auch hinsichtlich der zentral streitigen, die Höhe der Ansprüche betreffenden Fragen hat das Sozialgericht zutreffend
entschieden.
(1.) Die notwendigen Fahrtkosten der Antragstellerin zu 1., um den Antragsteller zu 4. in der Jugendhilfeeinrichtung abzuholen
und ihn dorthin wieder zurückzubringen, stellen angesichts ihres Umfangs, der deutlich über die im Regelbedarf vorgesehenen
Mittel für Mobilitätsaufwendungen hinausgehen, einen bei der Leistungsberechnung zu berücksichtigenden Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II dar. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst wiederum auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts
hierzu verwiesen werden.
Dabei hält es auch der Senat nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen Prüfung für hinreichend wahrscheinlich
und damit glaubhaft gemacht, dass die Antragsteller nicht zumutbar darauf verwiesen werden können, dass der Antragsteller
zu 4. die Fahrten allein und mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegt. Das ergibt sich schon aus der Fahrzeit, die von
Haustür zu Haustür mit öffentlichen Verkehrsmitteln regelmäßig sogar noch über 2 ½ Stunden hinausgehen dürfte, in Relation
zu der vergleichsweise geringen Entfernung und der entsprechend kurzen Fahrzeit mit dem Auto. Ob auch die Beeinträchtigungen,
die zur Aufnahme des Antragstellers zu 4. in eine Jugendhilfeeinrichtung Anlass gegeben haben, einer (selbständigen) Fahrt
mit öffentlichen Verkehrsmitteln entgegenstehen, kann der Senat daher – jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
– offenlassen.
Weiter hält es der Senat für hinreichend glaubhaft gemacht, dass eine wöchentliche Rückkehr zur Familie und damit der daraus
entstehende Bedarf unabweisbar ist. Der Antragsteller zu 4. ist erst 14 Jahre alt, so dass die Verbindung zur Familie in aller
Regel entwicklungspsychologisch noch von zentraler Bedeutung ist. Es sind auch keine Hinweise dafür ersichtlich, dass die
Antragstellerin zu 1. und der Antragsgegner zu 2. nicht (weiterhin) sorgeberechtigt wären (insoweit dürfte es sich im Übrigen
vorliegend nicht um Aufwendungen zur Realisierung eines „bloßen“ Umgangsrechts handeln), so dass ein möglichst enger und regelmäßiger
Kontakt auch unter diesem Gesichtspunkt notwendig ist. Schließlich geschehen die wöchentlichen Besuchskontakte ersichtlich
im Einvernehmen mit dem Einrichtungsträger, so dass der Senat es auch unter diesem Gesichtspunkt für hinreichend glaubhaft
gemacht hält, dass die wöchentliche Heimkehr zur Familie (pädagogisch) sinnvoll ist. Angesichts der zentralen und durch Art.
6 Abs.
1 GG geschützten Interessen, die danach mit der wöchentlichen Heimkehr verbunden sind, hat der Antragsgegner auch die mit dieser
verbundenen Aufwendungen (einstweilen) zu übernehmen, nachdem diese angesichts der überschaubaren Entfernung auch nicht übermäßig
hoch sind.
Da auch der Antragsgegner weder dies noch die Notwendigkeit in Zweifel gezogen hat, dass der Antragsteller zu 4. von der Antragstellerin
zu 1. mit dem Auto abgeholt und wieder zur Einrichtung zurückgebracht wird, sieht der Senat – jedenfalls für das Verfahren
des einstweiligen Rechtsschutzes – insoweit auch keinen weiteren Ermittlungsbedarf.
Der Fahrtkostenbedarf ist der Antragstellerin zu 1. zuzuordnen. Sie hat eidesstattlich versichert, dass regelmäßig sie den
Antragsteller zu 4. abholt und zurückbringt. Anlass, hieran zu zweifeln, hat der Senat nicht; auch der Antragsgegner hat dies
nicht in Frage gestellt. Damit fallen die Aufwendungen bei ihr an; dem Antragsteller zu 4. selbst entstehen dagegen durch
die (Mit-)Fahrt keine eigenen Kosten.
Hinsichtlich der Höhe des daraus erwachsenden Bedarfs der Antragstellerin zu 1. kann wiederum auf die zutreffenden Ausführungen
des Sozialgerichts Bezug genommen werden.
(2.) Auch ist der Senat mit dem Sozialgericht der Auffassung, dass eine Berücksichtigung des Kindergeldes, das die Antragstellerin
zu 1. als Kindergeldberechtigte wegen des Antragstellers zu 4. erhält, weder als Einkommen von ihr noch von ihm berücksichtigt
werden kann, wobei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend entscheiden muss, ob es sich bereits
nicht um „bereite Mittel“ handelt oder dieses Ergebnis auf eine analoge Anwendung von § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II zu stützen ist.
Die rechtliche Verknüpfung, die § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII gerade zwischen dem Anspruch auf das für das jeweilige Kind gezahlte Kindergeld und der Pflicht zur Zahlung eines (Mindest-)Kostenbeitrags
in entsprechender Höhe herstellt, spricht zwar dafür, das Kindergeld als mit der Weiterleitungspflicht „belastet“ anzusehen
und damit gar nicht erst als Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu qualifizieren (vgl. zu der Anrechnungsvoraussetzung, wonach das in Frage stehende Einkommen zur Lebensunterhaltssicherung
im Sinne eines „bereiten Mittels“ tatsächlich zur Verfügung stehen muss, nur BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 – B 14 AS 32/08 R –, SozR 4-4200 § 9 Nr. 9, Rn. 20; BSG, Urteil vom 8. Mai 2019 – B 14 AS 15/18 R –, NJW 2019, 3542, Rn. 16; Schwabe, in: Gagel, SGB II/SGB III, § 11 SGB II – Stand: Februar 2021 – Rn. 32). Allerdings führt die Auszahlung des Kindergeldes zunächst zu einem wertmäßigen Zuwachs bei
dem Kindergeldberechtigten; seine Verpflichtung, einen entsprechenden Betrag an einen Dritten, konkret an den Jugendhilfeträger
zu zahlen, ändert daran im Ausgangspunkt nichts. Vielmehr handelt es sich um eine – wenn auch öffentlich-rechtlich verpflichtend
vorgegebene – Verwendung des Kindergeldes, das – anders als zum Beispiel bei einer Aufrechnung oder einer Pfändung und Überweisung
– in den Zugriffsbereich des Kindergeldberechtigten gelangt. Dass die bei einer streng (schuld-)rechtlichen Betrachtung ohnehin
nicht selbstverständliche, normativ aber sicher gerechtfertigte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. nur BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R –, BSGE 106, 185), wonach Darlehen, die mit einer zivilrechtlich wirksam vereinbarten Rückzahlungsverpflichtung „belastet“ sind, nicht als
Einkommen zu berücksichtigen sind, auf die hier zu entscheidende Fallkonstellation auszudehnen ist., erscheint jedenfalls
nicht zwingend und ließe sich (gegebenenfalls nur) unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung rechtfertigen.
In Betracht zu ziehen ist (auch) eine entsprechende Anwendung von § 1 Abs. 1 Nr. 8 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld – Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) –. Danach ist Kindergeld für Kinder des Hilfebedürftigen nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit es nachweislich
an das nicht im Haushalt des Hilfebedürftigen lebende Kind weitergeleitet wird. Ob diese Vorschrift allerdings auf die Weiterleitung
an einen (für den Unterhalt außerhalb des Haushalts verantwortlichen) Dritten (entsprechend) angewandt werden und auch der
Anrechnung beim Antragsteller zu 4. entgegenstehen kann, kann (jedenfalls) im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf
sich beruhen, da nach Auffassung des Senats eine (entsprechende) Anwendung von § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II dazu führt, dass das Kindergeld weder bei der Antragstellerin zu 1. noch bei dem Antragsteller zu 4. angerechnet werden kann.
Eine direkte Anwendung dieser Vorschrift scheint dem Senat allerdings nicht gerechtfertigt. Der Kostenbeitrag nach dem Kinder-
und Jugendhilferecht tritt zwar, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, an die Stelle der Unterhaltsverpflichtung
beziehungsweise knüpft an diese an (vgl. zum Zusammenhang von Kostenbeitrags- und Unterhaltsrecht ausfl. BVerwG, Urteil vom
19. August 2010 – 5 C 10/09 –, BVerwGE 137, 357, Rn. 12 ff.). Dessen ungeachtet unterscheiden sich Kostenbeitrags- und Unterhaltspflicht substantiell, namentlich hinsichtlich
der am Rechtsverhältnis Beteiligten, der Zuordnung zum Zivilrecht einerseits, zum öffentlichen Recht andererseits und der
Form der Durchsetzung. Deutlich wird dies nicht zuletzt daran, dass der früher im Kostenbeitragsrecht vorgesehene Übergang
des Unterhaltsanspruchs (vgl. § 94 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII in der bis 30. September 2005 geltenden Fassung) durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder-
und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz) vom 8. September 2005 (BGBl. I S. 2729) bewusst beseitigt und die Heranziehung ausschließlich öffentlich-rechtlich ausgestaltet wurde, um das Zusammenspiel von
sozialrechtlichen und unterhaltsrechtlichen Vorschriften zu „entflechten“ (BT-Drs. 15/3676, S. 28).
Das hindert aber nicht an einer entsprechenden Anwendung von § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II (vgl. in diesem Sinne neben der erstinstanzlichen Entscheidung und den Fachl. Weisungen der Bundesagentur für Arbeit zu §§
11-11b Ziff. 11.168 auch LSG NRW, Urteil vom 7. September 2015 – L 19 AS 2096/13 –, juris, Rn. 47; Geiger, in: Münder/Geiger, LPK-SGB II, 7. Aufl. 2021, § 11b Rn. 31; Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB, § 11b SGB II – Stand: August 2017 – Rn. 264a; Söhngen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 11b – Stand: 29. Juli 2021 – Rn. 43, Schäfer; FuR 2017, 348). Insoweit kann zunächst wiederum auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug genommen werde.
Auch der Senat schließt sich der Auffassung an, dass das Kindergeld, sofern man nicht bereits die Anwendung von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II verneint, in Fällen wie dem hiesigen durch die Einräumung eines entsprechenden Absetzbetrages wirtschaftlich von der Anrechnung
ausgespart bleiben muss.
Maßgeblich sind insoweit der ganz vergleichbare Zweck, nämlich die Sicherstellung des Unterhalts des Kindes, der im Falle
des Kostenbeitrags in der Einrichtung erfolgt; dieser Sicherstellung räumt der Gesetzgeber mit § 11b Abs. 1 Nr. 1 Nr. 7 SGB II ausnahmsweise Vorrang vor dem Grundsatz ein, dass der Bedarf eines Leistungsberechtigten durch Verpflichtungen, die er gegenüber
Dritten hat, nicht erhöht wird. Auch im Übrigen stimmt die Heranziehung mit der durch § 11b Abs. 1 Nr. 1 Nr. 7 SGB II unmittelbar geregelten Situation überein: In beiden Fällen beruht die Verpflichtung des Leistungsberechtigten auf einer gesetzlich
zwingenden Grundlage; in beiden Fällen kommt eine Absetzung nur in Betracht, weil und wenn ein Titel besteht – im unmittelbaren
Fall des § 11b Abs. 1 Nr. 1 Nr. 7 SGB II die dort genannten Titel, im Fall des Kostenbeitrags der Heranziehungsbescheid (und eventuell bereits die Rechtswahrungsanzeige,
was hier allerdings offenbleiben kann), so dass sich der Leistungsberechtigte einer drohenden Zwangsvollstreckung ausgesetzt
sieht; in beiden Fällen ist der Absetzbetrag durch den Titel bestimmt. Es kommt hinzu, dass es unter dem Gesichtspunkt der
Einheit der Rechtsordnung kaum akzeptabel wäre, in § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII einen Mindestkostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes festzuschreiben und im Leistungsrecht nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch den entsprechenden Betrag dennoch bedarfsmindernd zu berücksichtigen; auch zur Sicherung des verfassungsrechtlich durch Art.
1 Abs.
1 in Verbindung mit Art.
20 Abs.
1 GG verbürgten Existenzminimums und damit im Wege einer verfassungskonformen Auslegung erscheint eine entsprechende Anwendung
von § 11b Abs. 1 Nr. 1 Nr. 7 SGB II daher geboten.
Die vom Antragsgegner hierzu vorgebrachten Einwände greifen nicht durch: Sein Verweis auf die in §
74 Abs.
1 Satz 3
EStG vorgesehene Möglichkeit der Abzweigung erscheint dem Senat nicht tragfähig, da – anders als der Antragsgegner offenbar meint
– nicht deutlich ist, inwiefern sich hieraus eine vorrangige gesetzliche Regelung und Handlungsmöglichkeit für die Antragsteller
ergeben soll. Im Gegenteil: § 11b Abs. 1 Nr. 1 Nr. 7 SGB II schafft einen Verschonungstatbestand gerade im Vorfeld einer Abzweigung nach §
74 Abs.
1 EStG; das Kindergeld bleibt unangerechnet, ohne dass die am Unterhaltsverhältnis Beteiligten zwingend durch das – häufig auch
zwischen ihnen zu Konfrontationen führende – Instrument der Abzweigung dafür sorgen müssten, dass dem Kindergeldberechtigten
das Kindergeld gar nicht mehr zufließt. In ähnlicher Weise sieht im Übrigen § 94 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII durch den Verweis auf §
74 Abs.
2 EStG für den Jugendhilfeträger eine Zugriffsmöglichkeit auf das Kindergeld vor. Die (entsprechende) Anwendung von § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II sorgt aber (auch hier) dafür, dass der Leistungsberechtigte nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch, um eine Verschonung zu erreichen, nicht dazu gezwungen ist, seine Verpflichtungen gegenüber seinem Kind beziehungsweise
dem Jugendhilfeträger (wegen der zu Gunsten des Kindes bestehenden Pflichten) zunächst nicht zu erfüllen, um diesen zu einem
unmittelbaren Zugriff auf das Kindergeld zu veranlassen, so dass es dem Kindergeldberechtigten gar nicht mehr zufließt.
Auch den vom Antragsgegner behaupteten Eingriff in die Kompetenz der Kindergeldkasse vermag der Senat nicht zu erkennen –
es geht vorliegend gerade nicht darum, ob eine Abzweigung zu erfolgen hat, sondern ob durch die Erfüllung der Pflichten aus
dem Heranziehungsbescheid eine Verwendung des (an den Kindergeldberechtigten ausgezahlten und gerade nicht abgezweigten) Kindergeldes
erfolgt, die dem in § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II unmittelbar geregelten Fall so weitgehend entspricht, dass eine entsprechende Anwendung der Vorschrift gerechtfertigt ist.
Inwieweit bei einer Zahlung auf die durch den Heranziehungsbescheid begründeten Pflichten bei der Antragstellerin zu 1. von
einem größeren Maß an Freiwilligkeit ausgegangen werden kann als bei einem der in § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II erwähnten Titel, erschließt sich dem Senat nicht. Auch aus dem Heranziehungsbescheid muss die Antragstellerin zu 1., sofern
dieser bestandskräftig oder sofort vollziehbar ist, jederzeit die Vollstreckung gewärtigen. Der Umstand, dass der Heranziehungsbescheid
vorliegend dem Antragsgegner (wohl) erst mit Verzögerung vorgelegt worden ist, ändert wie regelmäßig nichts daran, dass die
objektive rechtliche Situation für die Bemessung der Leistungen maßgeblich ist; die vom Antragsgegner gerügte Verspätung hätte
allenfalls für die hier zu treffende Kostenentscheidung maßgeblich sein können, wenn der Leistungsträger nach Vorlage des
Bescheides sogleich anerkannt hätte. Weiter ist in der Struktur von § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II angelegt, dass der Grundsicherungsträger nachhalten muss, ob der Leistungsberechtigte tatsächlich entsprechende Zahlungen
erbringt – das gilt bei dessen unmittelbarer Anwendung und Zahlungen an den Unterhaltsberechtigten in gleicher Weise wie bei
der entsprechenden Anwendung und Zahlungen an den Jugendhilfeträger, wobei letztere in der Praxis für den Grundsicherungsträger
sogar eher leichter nachvollziehbar sein dürften.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund und angesichts des Umstandes, dass die Antragstellerin zu 1. die regelmäßige Zahlung eines
Betrags in Höhe des Kindergeldes an den Jugendhilfeträger glaubhaft gemacht hat, ist das Sozialgericht zu Recht davon ausgegangen,
dass das für den Antragsteller zu 4. an die Antragstellerin zu 1. gezahlte Kindergeld weder bei dieser noch bei jenem als
Einkommen berücksichtigt werden kann.
(3.) Sonstige Umstände, die Einfluss auf die Höhe vorläufig zu gewährenden Leistungen haben könnten, sind nicht ersichtlich.
c) Schließlich hat das Sozialgericht auch einen Anordnungsgrund zutreffend bejaht.
Auch im Beschwerdeverfahren und nach Auffassung des Senats ergeben sich diesbezüglich keine durchgreifenden Bedenken, nachdem
bei existenzsichernden Leistungen und Beträgen, wie sie hier in Rede stehen, in aller Regel von einer besonderen Dringlichkeit
vorläufiger Leistungsgewährung auszugehen ist, um eine andernfalls drohende aktuelle Unterdeckung des Existenzminimums zu
verhindern.
Zwar verbleibt auf Grund der sich aus dem Verfahrensablauf ergebenden zeitlichen Grenzen für die einstweilige Anordnung zu
Gunsten der Antragsteller zu 2. und 3. nur noch ein geringer Betrag, der ihnen vorläufig zu erbringen ist. Nachdem sie sich
insoweit auf deutlich überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache berufen können und es sich um existenzsichernde Leistungen
handelt, führt dies jedoch (auch bei ihnen) nicht dazu, dass deswegen ein ausreichender Anordnungsgrund entfiele.
Weiter haben die Antragsteller zwar die Urlaubsscheine für die Zeit ab Mai 2021 erst mit Schreiben ihres Bevollmächtigten
vom 23. Juli 2021 an den Antragsgegner übermittelt, was insofern überrascht, als die erstinstanzliche Entscheidung erst am
Vortag ergangen war und die Antragsteller insofern durchaus ein Interesse daran gehabt haben müssten, durch schnelle Vorlage
entsprechender Unterlagen möglicherweise auch ohne gerichtliche Entscheidung eine (ggf. zumindest teilweise) Übernahme der
Fahrtkosten durch den Antragsgegner zu erreichen. Nachdem diese Unterlagen sich aber nach Mitteilung des Antragsgegners vom
31. August 2021 und somit mehr als einen Monat später weiterhin „in der Prüfung“ befinden, hat der Senat letztlich auch insofern
am Vorliegen eines Anordnungsgrundes keine Zweifel.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
III.
Der Antragstellerin zu 1. war auf ihren entsprechenden Antrag auf der Grundlage von §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §§
114 ff.
ZPO Prozesskostenhilfe zu gewähren. Das Vorliegen hinreichender Erfolgsaussichten und das Fehlen von Mutwilligkeit hat der Senat
dabei nicht zu prüfen, nachdem die Antragstellerin erstinstanzlich obsiegt hatte (§
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
119 Abs.
1 Satz 2
ZPO). Die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe liegen vor.
Weiter ist die Beiordnung eines Rechtsanwalts auf der Grundlage von §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
121 Abs.
2 ZPO geboten, so dass dem Antrag auch insoweit zu entsprechen war.
Der Prozesskostenhilfeantrag ist – wiederum anwaltlich – vertreten, nur im Namen der Antragstellerin zu 1. gestellt worden,
so dass eine Bewilligung zu Gunsten der Antragsteller zu 2. bis 4. nicht zu prüfen war.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).