Gründe:
I. In der Rentenversicherungsstreitsache vor dem Hessischen Landessozialgericht B. gegen Deutsche Rentenversicherung Hessen,
Az. L 5 R 3/09, wurde die Antragstellerin mit Beweisanordnung vom 7. April 2009 mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens nach
§
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) beauftragt. Dabei ging es um die Feststellung von Gesundheitsstörungen im psychiatrisch-psychosomatischen Bereich und deren
Auswirkungen auf das Leistungsvermögen. Das Gutachten war dem Gericht dreifach zu übersenden. Am 31. August 2009 legte die
Antragstellerin ihr insgesamt 73 Seiten umfassendes Gutachten vom 24. August 2009 vor. Mit Rechnung vom 29. August 2009 beanspruchte
sie eine Vergütung von insgesamt 2.833,63 EUR, davon 2.295,00 EUR als Leistungshonorar (27 Stunden á 85,00 EUR), Porto in
Höhe von 6,90 EUR sowie 66,00 EUR für Schreibauslagen (88000 Anschläge zu 0,75 EUR pro 1000 Anschläge), 14,40 EUR für die
Mehrausfertigungen (Ablichtungen) und 451,33 EUR an Umsatzsteuer. Der Kostenbeamte berechnete die Gesamtvergütung mit 2044,46
EUR und informierte die Antragstellerin mit Schreiben vom 7. September 2009. Im Einzelnen kürzte er den Stundensatz auf 60,-
EUR, übernahm den Zeitaufwand (27 Stunden zu 60,00 EUR = 1.620,00 EUR), die Schreibauslagen und die Portokosten und berechnete
die Kosten für die Mehrausfertigungen auf 50 Seiten zu je 0,50 EUR (25,50 EUR) zzgl. 48 Seiten zu je 0,15 EUR (7,20 EUR; fälschlich:
1.718,20 EUR) und ferner die Umsatzsteuer auf 326,46 EUR.
Die Antragstellerin hat am 18. September 2009 richterliche Festsetzung ihrer Vergütung nach § 4 des Gesetzes über die Vergütung
und Entschädigung von Sachverständigen, Zeugen, Dritten und von ehrenamtlichen Richtern (JVEG) beantragt.
Hierbei macht sie zusammengefasst geltend, die Schwierigkeit für die Erstellung des Sachverständigengutachtens sei u.a. aus
der Vielzahl der abzugleichenden Vorbefunde sowie darüber hinaus der komplexen psychiatrisch-psychologischen Beurteilung erwachsen,
so dass eine Einstufung in die Honorargruppe 3 vorzunehmen sei.
Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),
die Vergütung für ihr im Rechtsstreit L 5 R 3/09 erstelltes Gutachten vom 24. August 2009 auf insgesamt 2.833,63 EUR festzusetzen.
Der Antragsgegner beantragt (sinngemäß),
die Vergütung auf insgesamt 2.051,56 EUR festzusetzen.
Auf die ausführliche Begründung des Antragsgegners im Schreiben vom 7. April 2010 und vom 13. August 2010 wird verwiesen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Antragsakte sowie die beigezogene
Streitakte mit Kostenheft, die vorgelegen haben.
II. Die rechtzeitig (§ 2 Abs. 1 JVEG) vom der Antragstellerin geltend gemachte Gesamtvergütung für die von ihr mit dem Gutachten
vom 24. August 2009 erbrachte Leistung ist auf insgesamt 2.051,56 EUR festzusetzen.
Die Festsetzung der Vergütung von Sachverständigen erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn
der Berechtigte oder die Staatskasse sie beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Hier hat die Antragstellerin
die Festsetzung durch das Gericht beantragt. Das Gericht entscheidet über den Festsetzungsantrag durch eines seiner Mitglieder
als Einzelrichter, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und angesichts
der bestehenden Rechtssprechung des erkennenden Senats keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 4 Abs. 7 JVEG).
Zwischen den Beteiligten ist allein die Einstufung der Sachverständigenentschädigung in die Honorargruppe M 2 oder M 3 im
Streit. Allerdings hat der Senat mit seiner Entscheidung die angefochtene Festsetzung in vollem Umfang zu überprüfen.
Die Vergütung des Sachverständigen richtet sich nach § 8 JVEG. Gemäß § 8 Abs. 1 JVEG erhalten Sachverständige als Vergütung
ein Honorar für ihre Leistungen, eine Entschädigung für Aufwand sowie Ersatz für sonstige und besondere Aufwendungen nach
den §§ 9 bis 11, 5 bis 7 und 12 JVEG.
Dabei ist die Höhe des nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG zu bemessenden Stundensatzes mit 60,- EUR nach der Honorargruppe
M 2 anzusetzen. Die Antragstellerin hatte ein medizinisches Zustandsgutachten im Rahmen eines Streitverfahrens in der gesetzlichen
Rentenversicherung zum Leistungsvermögen des Klägers zu erstellen und hat diese Leistung auch erbracht. Für die Honorierung
der Stundensätze sind in der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG medizinische und psychologische Gutachten aufsteigend in die Schwierigkeitsgruppen
M 1 bis M 3 eingeteilt.
Wie vom Senat auch mit Blick auf die Historie und die Entwicklung von der früheren Invalidenversicherung zum heutigen Rentenrecht
bereits mehrfach entschieden, sind medizinische Sachverständigengutachten zur Ermittlung des gesundheitlichen Leistungsvermögens
im Streitfall der Erwerbsminderung in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich den in der Honorargruppe M 2 beispielhaft
aufgeführten medizinischen Zustandsgutachten "zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zur Invalidität" zuzurechnen (Hessisches
Landessozialgericht, Beschluss vom 11. April 2005, L 2/9 SF 82/04; Beschluss vom 14. August 2006, L 2 SF 2/05 R; Beschluss vom 18. November 2009, L 2 KR 177/09 B). Nach der Rechtsprechung des Senats werden diese medizinischen Zustandsgutachten im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung
als durchschnittlich schwierig eingestuft. Sie erfordern eingehende Überlegungen zum Zusammenhang zwischen Diagnosen und Leistungsvermögen,
regelmäßig unter Berücksichtigung von Fremdbefunden und Vorgutachten. Eine solche Leistung kann sachgerecht der Honorargruppe
M 2 zugeordnet werden. Eine andere Zuordnung, insb. zur Honorargruppe M 3, ist nach Wortlaut, Aufbau und Systematik der Anlage
1 nicht zu begründen.
Nach § 9 Abs. 1 JVEG erhält ein Sachverständiger für jede Stunde nach der Honorargruppe M 2 ein Honorar in Höhe von 60,00
Euro und nach der Honorargruppe M 3 ein Honorar von 85,00 Euro. Nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG gehören dabei in die
Honorargruppe M 2 beschreibende (Ist-Zustand-Begutachtungen) nach standardisiertem Schema ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge
mit einfacher medizinischer Verlaufsprognose und mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad. In die Honorargruppe M 3 gehören
dagegen Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad (Begutachtung spezieller Kausalzusammenhänge und/oder differenzialdiagnostischer
Probleme und/oder Beurteilung der Prognose und/oder Beurteilung strittiger Kausalitätsfragen), insbesondere Gutachten zum
Kausalzusammenhang bei problematischen Verletzungsfolgen.
Bei Anwendung dieser Grundsätze ist das vorliegende Gutachten entgegen der Auffassung der Antragstellerin der Honorargruppe
M 2, nicht dagegen der Honorargruppe M 3 zuzuordnen. Das Gutachten ist ein Zustandsgutachten, wie es von der Honorargruppe
M 2 umfasst wird. Die Antragstellerin hatte laut Gutachtensauftrag vom 7. April 2009 ein Gutachten zu den vorliegenden Krankheiten
oder Behinderungen körperlicher, geistiger oder seelischer Art des Klägers zu erstatten und hierbei den erwerbsmindernden
Dauereinfluss der Beeinträchtigungen zu ermitteln sowie das zeitliche Restleistungsvermögen unter Berücksichtigung eventuell
erforderlicher betriebsunüblicher Pausen sowie der Wegefähigkeit zu beurteilen. Ferner war der Eintritt des zeitlichen Restleistungsvermögens
darzustellen. Damit ist allein ein Zustandsgutachten - wie es von der Honorargruppe M 2 umfasst wird - in Auftrag gegeben
worden. Bei Gutachten aus dem Bereich der Rentenversicherung auf dem Gebiet der Erwerbsminderung sind regelmäßig eingehende
Zusammenhangsüberlegungen zwischen Diagnosen und Beurteilung des Leistungsvermögens unter Berücksichtigung von Fremdbefunden
und Vorgutachten erforderlich. Diese Gutachten weisen daher einen nur durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad auf und sind grundsätzlich
nach der Honorargruppe M 2 zu vergüten. Denn insbesondere Kausalzusammenhänge oder strittige Kausalfragen sind nicht zu erörtern.
Wie bereits vom Antragsgegner zutreffend ausgeführt, gehören in die geltend gemachte Honorargruppe M 3 Kausalgutachten mit
hohem Schwierigkeitsgrad, die regelmäßig im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung vorkommen, wenn über die Feststellung
des Gesundheitszustandes hinaus vielschichtige Fragen des Kausalzusammenhangs zwischen Gesundheitsstörungen und schädigenden
Ereignissen oder Einwirkungen zu klären sind. Hingegen gehört die Auswertung und Bewertung von Vorbefunden und -gutachten
zum regelmäßigen Erscheinungsbild von Sachverständigengutachten im sozialgerichtlichen Verfahren. Zutreffend macht der Antragsgegner
geltend, dass die Auseinandersetzung mit den Vorbefunden einschließlich einer umfassenden Anamnese und die Durchführung von
Testverfahren nach jeweiligem Fachgebiet ihren Niederschlag bereits in der zeitlichen Komponente der Gutachtenerstellung finden
und nicht zusätzlich bei der Beurteilung des Schwierigkeitsgrades zu berücksichtigen sind. Probleme differenzialdiagnostischer
Art waren lediglich in diesem Rahmen zu diskutieren, da es auf die Frage der Entstehung nicht ankam und vielmehr lediglich
die entscheidenden Funktionsbeeinträchtigungen darzustellen waren; eine Prognoseentscheidung war nicht zu treffen. Die Voraussetzungen
der Honorargruppe M 3 sind damit nicht erfüllt. Dass die Auseinandersetzung mit dem Krankheitsbild auch auf dem Gebiet der
gesetzlichen Rentenversicherung medizinisch komplex ist, ändert nichts an der grundsätzlichen Richtung der ärztlichen Begutachtung.
Gleichermaßen kann eine Differenzierung zwischen einzelnen ärztlichen Fachgebieten nicht zu einer Veränderung des Gebührenrahmens
führen, da die Beurteilungen auf dem jeweiligen Fachgebiet jeweils nach Lage der dort maßgeblichen ärztlichen Kunst zu erfolgen
haben; allein der Umstand, dass im Bereich der psychiatrisch-psychologischen Begutachtung bestimmte Kriterien eingehalten
und umfangreiche Testungen durchgeführt werden müssen, führt nicht zu einer Besonderheit gegenüber anderen Fachgebieten und
wird allein durch den abrechnungsfähigen Zeitaufwand ausgeglichen. Dies gilt ebenso für die Beurteilung der Auswirkungen von
Schmerzen; auch hier handelt es sich allein um die Frage, ob und in welchem zeitlichen Umfang ein Versicherter trotz seiner
Schmerzen noch erwerbstätig sein kann - die Ursache und Kausalitätskriterien sind ohne Bedeutung für die Gutachtensaufgabe.
Die Honorargruppe M 2 ist damit auch im vorliegenden Fall angemessen. Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht daraus,
dass der Kostenbeamte im selben Rechtsstreit den Stundensatz eines anderen psychiatrischen Sachverständigen in die Honorargruppe
M 3 eingestuft hat; es kann dahinstehen, ob dies zutreffend war, da vorliegend lediglich die Vergütung der Antragstellerin
festzusetzen ist. Allerdings bestehen Anhaltspunkte, dass die Vergütungsgruppe M 3 vom Kostenbeamten im Falle des anderen
Gutachtens irrtümlich angesetzt worden ist (ein Kostenfestsetzungsantrag der Staatskasse lag nicht vor). Die Antragstellerin
hat aber keinen Anspruch, aufgrund einer fehlerhaften Vergütung so gestellt zu werden wie der andere Sachverständige.
Der Antragstellerin ist Aufwendungsersatz für die mit der richterlichen Beweisanordnung vom 7. April 2009 geforderten zwei
weiteren Ausfertigungen (Mehrexemplare) zu leisten. Kopierkosten sind für die nach dem Gutachtenauftrag zu fertigenden beiden
Mehrausfertigungen für insgesamt 98 Seiten zu erstatten. Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 JVEG werden für die Anfertigung von Ablichtungen
und Ausdrucken 0,50 EUR für die ersten 50 Seiten und 0,15 EUR für jede weitere Seite ersetzt. Allerdings ist auch bei Berechnung
der Pauschale für vom Gericht geforderte Mehrausfertigungen des Gutachtens nicht die Anzahl der geschriebenen und kopierten
Seiten des Gutachtens maßgebend, sondern auch insoweit ist Maßstab der objektiv erforderliche Textumfang (Hessisches Landessozialgericht,
Beschluss vom 11. April 2005, L 2/9 SF 82/04). Zutreffend hat der Kostenbeamte auf der Grundlage der von der Antragstellerin
ermittelten Zahl der für das Gutachten angefallenen 88000 Anschläge bei der nach der Kostenrechtsprechung des Senats als zutreffend
anzusehenden Anschlagzahl von 1800 pro Gutachtenseite (zur Berechnung eingehend Hessisches Landessozialgericht, Beschluss
vom 11. April 2005, aaO.) einen objektiv erforderlichen Gutachtenumfang von 49 Seiten ermittelt. Damit umfassen die beiden
Mehrausfertigungen 98 Seiten, von denen 50 mit 0,50 EUR und die restlichen 48 Seiten mit 0,15 EUR je Seite zu vergüten sind
(50 x 0,50 EUR zzgl. 48 x 0,15 EUR = 32,20 EUR).
Der Zeitaufwand ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten; auch der Senat teilt die Einschätzung, dass der abgerechnete
Stundenaufwand von 27,00 Stunden für das Sachverständigengutachten (zu 60 EUR = 1.620,00 EUR) objektiv erforderlich gewesen
ist (vgl. § 8 Abs. 2 JVEG). Gleiches gilt für die nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 JVEG abzurechnenden Schreibauslagen in Höhe von 66,00
EUR insgesamt. Auch die Portokosten in Höhe von 10 EUR sind zutreffend abgerechnet.
Damit ergibt sich eine festzusetzende Gesamtvergütung für das Sachverständigengutachten von 2.051,56 EUR (27 Std. zu 60 EUR
= 1.620,00 EUR zzgl. Schreibauslagen von 66,00 EUR, Kopierkosten von 32,20 EUR, Umsatzsteuer auf einen Betrag von 1.718,20
EUR in Höhe von 326,46 EUR und zzgl. Portokosten von 6,90 EUR).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 S. 3 JVEG).