Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung einer chronischen Hypothermie bzw. einer "Nonfreezing Cold Injury" ("NFCI") "wie
eine Berufskrankheit" (Wie-Berufskrankheit - Wie-BK) nach §
9 Abs.
2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - (
SGB VII).
Die 1970 geborene Klägerin stellte mit Schreiben vom 27. September 2017 bei der Beklagten einen Antrag auf Anerkennung einer
Wie-BK und die Zahlung einer Verletztenrente aufgrund einer chronischen Hypothermie. Sie machte geltend, verschiedene bei
ihr bestehende Beschwerden (Frieren, Taubheitsgefühle, Schmerzen, Bewegungseinschränkungen, Luftnot u.a.) seien auf ihre Tätigkeit
in der Pralinenherstellung der Firma Confiseur C. Deutschland GmbH in A-Stadt zurückzuführen, wo sie seit 1996 am Anfang bzw.
am Ausgang der Produktionslinie gearbeitet habe, wo die Pralinen tiefgekühlt in den Produktionstunnel hinein- bzw. aus diesem
herausgingen. Die Temperatur in der Produktionshalle habe unter 10° C betragen und außerdem habe sie immer wieder Waren aus
dem Gefrierbereich (-24° C) holen müssen. Sie habe immer stark gefroren.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 13. Oktober 2017 die Anerkennung einer chronischen Hypothermie als Berufskrankheit sowie
als Wie-Berufskrankheit ab, da es sich weder um eine Listen-Berufskrankheit handele noch die Voraussetzungen nach §
9 Abs.
2 SGB VII erfüllt seien. Den hiergegen unter dem 24. Oktober 2017 eingelegten Widerspruch, zu dessen Begründung die Klägerin ein Attest
ihrer behandelnden Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. D. vom 7. November 2017 sowie einen medizinischen Fachaufsatz (T. Baumeister,
H. Drexler, Non-Freezing Cold Injury (NFCI), Arbeitsmedizin, Sozialmedizin, Umweltmedizin, 45, 4, 2010) vorgelegt hat, wies
die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 2017 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 6. Februar 2018 Klage vor dem Sozialgericht Gießen (Sozialgericht) erhoben und eine Reihe weiterer
Veröffentlichungen zur "NFCI" sowie zum Gesundheitsschutz an Kältearbeitsplätzen zu den Akten gereicht.
Die Klägerin hat die Thematik außerdem mit Schreiben vom 19. März 2018 dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages vorgelegt.
Das Sozialgericht hat die von der Klägerin eingereichten Unterlagen im Rahmen einer Anfrage an das Bundesministerium für Arbeit
und Soziales (BMAS) vorgelegt. Unter dem 15. November 2017 hat das BMAS, Referat IVa 4, mitgeteilt, dass der Prozessbevollmächtigte
der Klägerin im Namen von ca. 50 Mandanten im Rahmen eines Petitionsverfahrens beim Deutschen Bundestag die Anerkennung diverser
Gesundheitsstörungen mit der zusammenfassenden Bezeichnung "Nonfreezing cold injury" als Berufskrankheit im Sinn der gesetzlichen
Unfallversicherung geltend gemacht habe. Die Unterlagen seien in anonymisierter Form dem zuständigen Beratergremium, dem Ärztlichen
Sachverständigenbeirat "Berufskrankheiten" vorgelegt worden, der vor einer möglichen Befassung zunächst weitere Sachverhaltsaufklärungen
für erforderlich gehalten habe. Weitere, über den Petitionsausschuss angeforderte Unterlagen seien dem BMAS bislang nicht
vorgelegt worden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21. Mai 2019 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, bei der Klägerin
liege keine Listen-Berufskrankheit vor und die Beklagte habe auch zu Recht die Anerkennung einer chronischen Hypothermie als
sogenannte Wie-BK abgelehnt, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen. Es gäbe keine medizinischwissenschaftlichen
Erkenntnisse im Sinne einer gesicherten "herrschenden" Ansicht, dass Personen mit Tätigkeiten unter Kälteexposition in erheblich
höherem Maße der Gefahr ausgesetzt seien, an den von der Klägerin geltend gemachten Beschwerden im Sinne einer chronischen
Hypothermie zu erkranken. Ein entsprechender Nachweis durch epidemiologische Studien liege jedenfalls noch nicht vor. Ein
ggf. vom Gericht zu veranlassendes individuelles medizinisches Zusammenhangsgutachten, wie die Klägerin es beantragt habe,
könne keine epidemiologisch abgesicherte, grundsätzliche "Berufskrankheitenreife" herstellen.
Gegen diesen ihrem Prozessbevollmächtigten am 29. Mai 2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin mit am 28. Juni
2019 bei dem Sozialgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung zum Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt.
Die Klägerin trägt vor, die bei ihr bestehenden Beschwerden hätten sich durch die Kälteexposition an ihrem Arbeitsplatz und
im Laufe ihrer Berufstätigkeit entwickelt und seien bis heute unverändert. Ihre behandelnde Hausärztin sehe einen kausalen
Zusammenhang des Beschwerdebildes und der beruflichen Kälteexposition. Deren Meinung stelle keine Einzelmeinung dar. Vielmehr
führten mehrere Ärzte an der Universitätsklinik Gießen und Marburg eine Studie zur Ursache zwischen Kälteeinwirkung und einer
"NFCI" durch, was zeige, dass die Erkrankung und die Kälteeinwirkung am Arbeitsplatz in einem Zusammenhang stehen müssten.
Eine solche Studie dürfte nicht aufgrund einer vagen Vermutung durchgeführt werden.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gießen vom 21. Mai 2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 2017 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 29. Dezember 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Erkrankung der Klägerin (chronische
Hypothermie (NFCI)) als Wie-Berufskrankheit gemäß §
9 Abs.
2 SGB VII anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für rechtmäßig. Eine chronische Hypothermie bzw. eine "NFCI" könne nicht als Wie-BK
anerkannt werden. Das Attest der behandelnden Hausärztin stelle keinen insoweit notwendigen Nachweis für die erforderlichen
neuen Erkenntnisse dar. Diese gelte ebenso für die vorgelegten Fachartikel sowie die Durchführung der von der Klägerin benannten
Studie an der Universitätsklinik Gießen und Marburg, deren Ausgang ungewiss sei.
Die Klägerin hat ein Grundlagenpapier zu der von ihr angeführten Studie der Universitätsklinik Gießen und Marburg zu den Akten
gereicht.
Die Beteiligten haben sich in einem Termin am 4. Februar 2020 mit einer Entscheidung über die Berufung durch die Berichterstatterin
als Einzelrichterin gemäß §
155 Abs.
3 und
4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere auch im Vorbringen der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie
der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Über die zulässige Berufung der Klägerin konnte der Senat mit Zustimmung der Beteiligten durch die Berichterstatterin als
Einzelrichterin (§
155 Abs.
3 und
4 Sozialgerichtsgesetz SGG) entscheiden.
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Der erstinstanzliche Gerichtsbescheid ist im Ergebnis zu Recht ergangen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist nicht
zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung einer chronischen Hypothermie ("Nonfreezing cold injury")
als Wie-Berufskrankheit nach §
9 Abs.
2 SGB VII.
Nach §
9 Abs.
2 SGB VII haben die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die wie vorliegend - nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist
oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen,
sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine
Bezeichnung nach Abs. 1 Satz 2 erfüllt sind (sog. Öffnungsklausel für Wie-Berufskrankheiten). Die Voraussetzungen für eine
Bezeichnung sind nach Abs. 1 Satz 2 erfüllt, wenn bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich
höherem Maße als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt sind, die nach den Erkenntnissen der medizinischen
Wissenschaft eine Krankheit hervorrufen.
Mit der Regelung des §
9 Abs.
2 SGB VII soll nicht in der Art einer "Generalklausel" erreicht werden, dass jede Krankheit, deren ursächlicher Zusammenhang mit der
Berufstätigkeit im Einzelfall nachgewiesen oder wahrscheinlich ist, wie eine Berufskrankheit zu entschädigen ist. Vielmehr
erfordert die Feststellung einer Wie-Berufskrankheit nach dem Wortlaut der Vorschrift neben der Kausalität im konkreten Einzelfall
auch das Vorliegen derselben materiellen Voraussetzungen, die der Verordnungsgeber für die Aufnahme einer Erkrankung in die
Liste zu beachten hat, also die Feststellung eines generellen Ursachenzusammenhangs (vgl. BSG, Urteile vom 18. Juni 2013 - B 2 U 6/12 R - und vom 20. Juli 2010 - B 2 U 19/09 R - jeweils juris). Denn mit der Regelung des §
9 Abs.
2 SGB VII sollen Krankheiten zur Entschädigung gelangen, die nur deshalb nicht in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen wurden,
weil die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die besondere Gefährdung bestimmter Personengruppen durch ihre Arbeit
bei der letzten Fassung der Anlage 1 zur
BKV noch nicht vorhanden waren oder trotz Nachprüfung noch nicht ausreichten (BSG, Urteile vom 18. Juni 2013, a. a. O., und vom 13. Februar 2013 - B 2 U 33/11 R - juris). Das Erfordernis eines generellen Ursachenzusammenhangs für die Anerkennung einer Wie-Berufskrankheit bzw. das Vorliegen
wissenschaftlich gesicherter Kausalbeziehungen ist im Übrigen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BSG, Urteil vom 18. Juni 2013, a. a. O.).
Die Feststellung einer Wie-Berufskrankheit ist somit von dem Vorliegen folgender Voraussetzungen abhängig (vgl. auch Urteile
des erkennenden Senats vom 20. September 2011 - L 3 U 30/05 - und vom 13. August 2019 - L 3 U 145/14 - jeweils juris - sowie BSG, Urteil vom 20. Juli 2010, a. a. O.):
Es muss eine bestimmte Personengruppe bei ihrer Arbeit in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen
ausgesetzt sein.
Diese besonderen Einwirkungen müssen nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft generell geeignet sein, Krankheiten
solcher Art hervorzurufen.
Diese medizinischen Erkenntnisse müssen bei der letzten Ergänzung der Anlage 1 zur
BKV noch nicht in ausreichendem Maße vorgelegen habe oder ungeprüft geblieben sein.
Der ursächliche Zusammenhang der Krankheit mit der gefährdenden Arbeit muss im konkreten Fall hinreichend wahrscheinlich sein.
Auch wenn nach den eigenen Angaben der Klägerin als wahr unterstellt wird, dass (a) diese im Rahmen ihrer versicherten Tätigkeit
an einer Produktionslinie für die Pralinenherstellung besonderen Einwirkungen im Sinne des §
9 Abs.
1 Satz 2
SGB VII, konkret Einwirkungen durch Kälte, in einem erheblich höheren Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt gewesen ist, und
(b) die von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. D. laut deren Attest vom 7. November 2017 von der Klägerin beschriebene
vielfältige Symptomatik die Diagnose einer chronischen Hypothermie (einer "Nonfreezing cold injury") bestätigt, fehlt es für
die Anerkennung einer solchen chronischen Hypothermie an der Voraussetzung eines generellen Ursachenzusammenhangs zwischen
dieser Erkrankung und der besonderen Einwirkung. Ob eine Krankheit innerhalb einer bestimmten Personengruppe im Rahmen der
versicherten Tätigkeit häufiger auftritt als bei der übrigen Bevölkerung, erfordert in der Regel den Nachweis einer Fülle
gleichartiger Gesundheitsbeeinträchtigungen und eine langfristige zeitliche Überwachung der Krankheitsbilder. Mit wissenschaftlichen
Methoden und Überlegungen muss zu begründen sein, dass bestimmte Einwirkungen die generelle Eignung besitzen, eine bestimmte
Krankheit zu verursachen. Erst dann lässt sich anhand von gesicherten "Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft" im Sinne
des §
9 Abs.
2 SGB VII nachvollziehen, dass die Ursache für die Krankheit in einem schädigenden Arbeitsleben liegt. Solche Erkenntnisse setzen regelmäßig
voraus, dass die Mehrheit der medizinischen Sachverständigen, die auf dem jeweils in Betracht kommenden Fachgebiet über besondere
Erfahrungen und Kenntnisse verfügen, zu derselben wissenschaftlich fundierten Meinung gelangt ist. Es ist nicht erforderlich,
dass diese Erkenntnisse die einhellige Meinung aller Mediziner widerspiegeln. Andererseits reichen vereinzelte Meinungen einiger
Sachverständiger grundsätzlich nicht aus (BSG, Urteil vom 18. Juni 2013, a. a. O., m. w. N. aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung).
Vorliegend liegen keine gesicherten Erkenntnisse dafür vor, dass (allein) die Tätigkeit in Kältebereichen generell geeignet
ist, eine "NFCI" zu verursachen.
Der Ärztliche Sachverständigenbeirat "Berufskrankheiten" beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales, dessen Aufgabe die
Sichtung und Bewertung des wissenschaftlichen Erkenntnisstands im Hinblick auf die Aktualisierung bestehender oder die Aufnahme
neuer Berufskrankheiten in die Anlage 1 zur
Berufskrankheiten-Verordnung (
BKV) ist, hat sich mit der Frage einer "NFCI" als Berufskrankheit durch das Arbeiten in Kältebereichen bisher nicht befasst.
Ein derartiges Thema gehört nicht zu den Themen, die aktuell vom Sachverständigenbeirat geprüft werden (vgl. die entsprechende
Homepage des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales - Der Ärztliche Sachverständigenbeirat "Berufskrankheiten", Recherche
vom 29. Januar 2020). Dies wird auch ausdrücklich bestätigt durch die seitens des Sozialgerichts eingeholte Stellungnahme
des BMAS, Referat IVa 4, vom 15. November 2018. Der Ärztliche Sachverständigenbeirat hat demnach in seiner Sitzung vom 12.
Juni 2018 festgestellt, dass sich aus den bisher zur Verfügung stehenden Unterlagen keine klaren medizinischen Diagnosen ergeben,
die mögliche Gemeinsamkeiten der gesundheitlichen Beschwerden erkennen und Rückschlüsse auf einen Kausalzusammenhang mit bestimmten
Tätigkeiten zulassen, und daher beschlossen vor einer möglichen Befassung mit der Frage der Anerkennung diverser Gesundheitsstörungen,
die zusammenfassend als "NFCI" bezeichnet werden, als BK zunächst in allen der Petition zugrunde liegenden Fällen die anonymisierten
ärztlichen Diagnosen und die Beschreibung der ausgeübten Tätigkeiten anzufordern. Zum Zeitpunkt der Stellungnahme vom 15.
November 2018 waren die angeforderten Unterlagen durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin und Vertreter der Petenten
nicht zur Prüfung vorgelegt worden und dies ist - wie der Prozessbevollmächtigte im Termin am 4. Februar 2020 vor dem Senat
erklärt hat - auch zwischenzeitlich nicht geschehen. Über diesen unmittelbar bei dem Ärztlichen Sachverständigenbeirat bestehenden
Sachverhalt hinaus liegen seit der letzten Ergänzung der Anlage 1 zur
BKV in der Literatur auch sonst keine "neuen" wissenschaftlichen Erkenntnisse zu diesem Thema vor. Der Senat stützt sich für
diese Feststellung auf die durch die Klägerin selbst vorgelegten fachärztlichen Publikationen. So handelt es sich bei diesen
Publikationen durchgehend um solche, die vor der letzten Ergänzung der Anlage 1 zur
BKV veröffentlicht worden sind. Darüber hinaus vermögen diese die Anerkennung einer "NFCI" als Wie-BK in der gesetzlichen Unfallversicherung
gerade nicht zu begründen. So führen Prof. Dr. Drexler und Dr. Baumeister in ihrem Aufsatz "Non-Freezing Cold Injury (NFCI)"
(Arbeitsmedizin Sozialmedizin Umweltmedizin, 45, 4, 2010) aus, dass eine Empfehlung zur Anerkennung der "NFCI" als Wie-BK
nicht möglich ist, da aktuell aus dem nichtmilitärischen Bereich keine wissenschaftlichen Erkenntnisse über eine besondere
Gefährdung einer bestimmten Personengruppe vorliegen. Demgegenüber nichts Abweichendes ergibt sich aus dem Umstand, dass die
Klägerin selbst aktuell an einem Forschungsprojekt der Universitätsklinik Gießen und Marburg zu kälteinduzierten Gewebsschäden
teilnimmt. Diese Studie ist noch nicht abgeschlossen und ihr Ergebnis völlig offen. Zum aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand
bestätigt das von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin im November 2019 vorgelegte Grundlagenpapier dieser Studie aber
im Ergebnis einen Sachstand, wie er sich bereits 2010 aus dem Aufsatz von Baumeister/Drexler ergeben hat. Zwei hierin zitierte
neuere Studien von Vale u.a. und von Anand u.a., veröffentlicht jeweils im Jahr 2017, betreffen ebenfalls militärisches Personal.
Zusammenfassend wird in diesem Grundlagenpapier dann ausgeführt, dass das Erkrankungsbild in erster Linie aus dem militärischen
Bereich bekannt ist und differenzierte Kollektivbeschreibungen sowie wissenschaftliche Analysen zur Differenzierung von Risikopatienten
nicht existieren. Vielmehr ist hiernach eine Erhebung epidemiologischer Daten (im Sinne arbeitsmedizinischer Prävention) dringend
notwendig. Diese Ausführungen belegen damit unzweifelhaft, dass aktuell noch keinerlei für die geltend gemachte Anerkennung
einer "NFCI" als Wie-BK relevante epidemiologische Datenlage besteht. Dies bestätigt damit im Übrigen auch die behandelnde
Hausärztin der Klägerin, Dr. D., auf deren Attest die Klägerin sich stützt, denn auch sie ist an der Studie beteiligt und
gehört zu den Verfassern des Grundlagenpapiers.
Da somit feststeht, dass bislang keine relevanten, durch medizinischwissenschaftliche epidemiologische Studien nachgewiesenen
Erkenntnisse im Hinblick sowohl auf das geltend gemachte Krankheitsbild einer "NFCI" als auch auf die Frage der Kausalität
der Symptomatik vorliegen, sind auch keine weiteren medizinischen Ermittlungen bezogen auf den vorliegenden Einzelfall durchzuführen,
da die Beurteilung des Einzelfalls die grundlegend erforderliche Studienlage nicht ersetzen kann.
Demnach konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG, die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision auf §
160 Abs.
2 SGG.