Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes im sozialgerichtlichen Verfahren
Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes – hier verneint u.a. für die Klärung
von Hilfebedürftigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 13.04.2021, mit dem das Sozialgericht
die Verpflichtung des Antragsgegners, ihm einstweilen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ab dem 02.03.2021 zu zahlen, sowie die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das sozialgerichtliche Eilverfahren abgelehnt
hat, ist unbegründet.
Einstweilige Anordnungen sind nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung
zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt
grundsätzlich Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung.
Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung
(Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Abs.
2 ZPO). Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung zu ermitteln. Können ohne Eilrechtsschutz
jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist
eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05). Bei offenem Ausgang muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, die die grundrechtlichen Belange der Antragsteller
umfassend zu berücksichtigen hat (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschlüsse vom 05.09.2017 - L 7 AS 1419/17 B ER und vom 21.07.2016 - L 7 AS 1045/16 B ER).
Der rechtsanwaltlich vertretene Antragsteller hat schon einen Anordnungsanspruch nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Ob dem
Antragsteller Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zustehen, ist derzeit entgegen dessen Einschätzung völlig offen. Nach summarischer Prüfung erscheint bereits die Hilfebedürftigkeit
des Antragstellers iSv § 9 Abs. 1 SGB II klärungsbedürftig. Selbiges gilt für die Frage seines gewöhnlichen Aufenthalts. Ob dem Antragsteller für die Unterkunft "X-Straße
13" in C Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II zuerkannt werden können, erscheint unter Berücksichtigung des Inhalts der Verwaltungsakten ebenfalls zweifelhaft. Die vom
Antragsteller vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen und weiteren Unterlagen sind nicht aussagekräftig, die im Beschwerdeverfahren
durch den Senat detailliert angeforderten Nachweise nicht oder nur unvollständig vorgelegt worden. Dies gilt etwa hinsichtlich
der Offenlegung sämtlicher aktueller Konten und der Vorlage einer aussagekräftigen Vermieterbescheinigung.
Das erstinstanzliche Vorbringen sowie dasjenige im Beschwerdeverfahren sind insgesamt ungeeignet zur Glaubhaftmachung des
geltend gemachten Anspruchs (vgl. zur Zulässigkeit einer entsprechenden Wertung etwa BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 06.08.2014
- 1 BvR 1453/12 -, Rn. 12, juris).
Der Antragsteller hat zudem einen Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht. Auch
insoweit genügen die beigebrachten Erklärungen und Angaben im Übrigen nicht den zumutbaren Anforderungen an die Glaubhaftmachung.
Den Verbrauch des am 17.02.2021 zugeflossenen Betrages iHv 4.794,37 € hat der Antragsteller trotz entsprechender Aufforderung
des Senats vom 27.04.2021 und ergänzender Nachfrage vom 07.05.2021 nicht glaubhaft gemacht. Zwar ist den vorliegenden Kontoauszügen
zu entnehmen, dass der Antragsteller am 17.02.2021 insgesamt 4.700 € abgehoben hat. Jedoch ergibt sich hieraus nicht ohne
Weiteres der Verbrauch des Betrages. Der pauschale Vortrag des Bevollmächtigten im Schriftsatz vom 05.05.2021 und die eidesstattliche
Versicherung des Antragstellers vom 05.05.2021, damit "Miete, Strom und Wasser" an den Vermieter "N N1" für die Wohnung "X-Straße
13" in C sowie Zahlungen an seine Mutter A A1 geleistet zu haben, genügt nicht. Zumal die Zahlung der Miete entgegen den Angaben
im Mietvertrag vom 20.07.2020 nicht auf das dort angegebene Konto erfolgte und Quittungen für Barzahlungen der Mieten für
den Zeitraum von August 2020 bis Dezember 2020 ebenso wenig aktenkundig sind. Zudem ist nicht einmal im Ansatz glaubhaft gemacht
worden, dass dem Antragsteller der Verlust einer Unterkunft drohen könnte.
Überdies hat der Antragsteller trotz Nachfrage nicht dargelegt, dass und ggf. in welchem Umfang er seiner Mutter (oder Dritten)
zuvor gewährte Darlehen erstattete. Auch der Vortrag des Antragstellers, von dem Betrag seine Mutter "unterstützt zu haben,
weil sie auch nichts hat", verfängt nicht, denn bereite Mittel sind vornehmlich zum Bestreiten des Lebensunterhalts und damit
weder zur Unterstützung Dritter noch zur Schuldentilgung zu verwenden. Der Hilfebedürftige muss diese auch dann zur Behebung
einer gegenwärtigen Notlage für sich verwenden, wenn er sich dadurch außerstande setzt, anderweitig bestehende Verpflichtungen
zu erfüllen (vgl. hierzu BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R, Beschluss des Senats vom 18.10.2019 - L 7 AS 1326/19 B ER).
Auch eine ggf. erforderliche (vgl. insoweit die einschränkenden Ausführungen des BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 06.08.2014
- 1 BvR 1453/12 -, Rn. 12, juris) Folgeabwägung kann bei dieser Sachlage, die maßgeblich durch unzureichende prozessuale Mitwirkung des rechtsanwaltlich
vertretenen Antragstellers geprägt ist, nicht zugunsten des Antragstellers ausgehen.
Ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe für das einstweilige Rechtsschutzverfahren scheidet im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen
aus (§§ 73a Abs.
1 Satz 1,
114 Abs.
1 Satz 1
ZPO). Die Beschwerde bleibt auch insoweit erfolglos.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG. Kosten im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind nicht erstattungsfähig (§§ 73a Abs. 1 Satz
1
SGG, 127 Abs. 4
ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§
177 SGG).