Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Bescheidung von Anträgen im Rahmen einer Untätigkeitsklage.
Die 2011 geborene Klägerin war bis zum 31.05.2020 über ihren Vater bei der Beklagten familienversichert. Dieser beantragte
mit Schreiben vom 13.09.2018 die Übernahme der Kosten für ein "Kompetenzgutachten" für genetische Krankheiten und zur Abklärung
der Ursachen für einen Unfall vom 07.04.2017. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21.09.2018 ab. Die anschließende
Untätigkeitsklage wies das Sozialgericht Köln mit Gerichtsbescheid vom 09.11.2018 als unzulässig ab (Az. S 21 KR 1515/18: L 16 KR 781/18). Mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2018 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 21.09.2018 zurück. Die
hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 28.12.2018 ab (Az. S 23 KR 3548/18: L 16 KR 10/19).
Am 04.06.2019 hat der Vater der Klägerin in deren Namen weitere Untätigkeitsklage beim Sozialgericht Köln erhoben mit dem
Vortrag, es sei bereits im Jahr 2013 sowohl für ihn selbst als auch für die Klägerin ein Antrag auf Kostenübernahme für eine
Arzneimittelversorgung mit Leukonom und auf Einholung eines "Generalgutachtens" gestellt worden. Über diese Anträge habe die
Beklagte bis heute nicht entschieden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, ihren Antrag aus dem Jahr 2013 zu bescheiden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, für die Klägerin sei ein Antrag auf Kostenübernahme einer Arzneimittelversorgung mit Leukonom weder aus
dem Jahr 2013 noch aus Folgejahren bekannt. Lediglich der Vater der Klägerin habe sich bezüglich seiner Arzneimittelversorgung
an sie gewandt. Auch sei kein die Klägerin betreffender Antrag auf Einholung eines Generalgutachtens aus 2013 bekannt. Erstmals
am 13.09.2018 habe der Vater für die Klägerin einen Antrag auf Kostenübernahme eines Kompetenzgutachtens gestellt, über den
mit Bescheid vom 21.09.2018 entschieden worden sei. Eine Untätigkeit sei damit nicht nachvollziehbar. Die Klage sei zudem
unzulässig, weil der das Verfahren betreibende Vater der Klägerin das elterliche Sorgerecht für die Klägerin derzeit nur gemeinsam
mit der Mutter ausüben könne. Eine Zustimmung der Mutter zu dem Verfahren liege offensichtlich nicht vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 16.08.2019 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Untätigkeitsklage
sei unzulässig. Die Klage für die minderjährige Klägerin sei ohne gesetzliche Vertretung erhoben worden (Hinweis auf Beschluss
des Senats vom 28.05.2019 - L 16 KR 10/19 - / - L 16 KR 11/19 B -; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl. 2020 §
71 Rn. 7 m.w.N.). Eine Zustimmungserklärung der sorgeberechtigten Mutter habe der Vater der Klägerin auch nach Aufforderung
des Gerichts (Schreiben vom 11.07.2019) nicht vorgelegt; ebenso keine Bevollmächtigung zur Klageerhebung.
Auch fehle es an dem für die Zulässigkeit einer Klage nach §
88 Abs.
1 SGG erforderlichen vorherigen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes bezüglich der Kostenübernahme für eine Arzneimittelversorgung
mit Leukonom aus dem Jahr 2013. Ein solcher Antrag sei für die Klägerin bei der Beklagten nicht gestellt worden. Auch die
weitergehende Untätigkeitsklage auf Bescheidung eines Antrages aus dem Jahr 2013 auf Einholung eines Generalgutachtens sei
unzulässig. Ein solcher Antrag sei für die Klägerin nicht gestellt worden. Es fänden sich weder Antragsunterlagen aus 2013
in den Verwaltungsakten noch seien entsprechende Unterlagen von der Klägerin vorgelegt worden.
Gegen den am 21.08.2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Vater der Klägerin in deren Namen am 22.08.2019 Berufung eingelegt.
Er hat darauf hingewiesen, dass er beim Amtsgericht die Zustimmung zur Untersuchung - wohl im Sinne des beantragten Gutachtens
- beantragt habe.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 16.08.2019 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, ihren Antrag aus dem
Jahr 2013 zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Sozialgericht habe eine Untätigkeit zu Recht verneint. Die Klägerin sei im Übrigen seit dem 01.06.2020 nicht mehr bei
ihr versichert.
Der Senat hat den Beschluss des OLG Köln vom 20.12.2019 - II-25 UF 188/19 - und die Akten des Amtsgerichts Köln - 314 F 252/19 - beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten, der Verwaltungsakten der
Beklagten, der o.g. Akten des Amtsgerichts Köln, sowie der Streitakten L 16 KR 10/19 und L 16 KR 791/18, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Mündliche Verhandlung und Entscheidung erfolgten zulässig in Abwesenheit beider Beteiligten (vgl. Jansen,
SGG 4. Aufl. 2012, §
126 Rn. 4). In den ihnen ordnungsgemäß zugestellten Ladungen ist auf diese Möglichkeit hingewiesen worden und Anlass zur Vertagung
hat nicht bestanden.
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid vom 16.08.2019 ist bereits deshalb unzulässig, weil für sie kein Rechtsschutzbedürfnis
besteht.
Jede Rechtsverfolgung setzt ein Rechtsschutzbedürfnis voraus (allg. Meinung, vgl. z.B. Frehse in Jansen, a.a.O., Vorbemerkungen
zu §§ 143 ff., Rn. 5). Daran fehlt es, wenn durch die angefochtene Entscheidung keine Rechte, rechtlichen Interessen oder
schutzwürdigen Belange des Rechtsmittelführers betroffen sind und die weitere Rechtsverfolgung ihm deshalb offensichtlich
keinerlei rechtlichen oder tatsächlichen Vorteile bringen kann (vgl. BSG, Urteil vom 08.05.2007 - B 2 U 3/06 R - SozR 4-2700 § 136 Nr. 3).
Wie der Senat bereits in seinem die Gewährung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss vom 04.01.2021 ausgeführt hat,
ist die Klägerin nicht mehr bei der beklagten Krankenkasse versichert, so dass mangels eines Sachleistungsanspruchs gegen
die Beklagte (vgl. dazu BSG, Urteil vom 18.05.2011 - B 3 KR 7/10 R - und Senatsurteil vom 27.05.2021 in der Sache der Klägerin L 16 KR 781/18) auch das Bescheidungsinteresse der Klägerin und damit für die mit der Berufung weiterverfolgte Untätigkeitsklage das Rechtsschutzbedürfnis
entfallen ist.
Das Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses ist als Prozessvoraussetzung von Amts wegen zu beachten und führt zur Unzulässigkeit
der Berufung. Die Berufung ist deshalb als unzulässig zu verwerfen (§
158 SGG). Deshalb kommt es hier nicht darauf an, ob dem Vater der Klägerin für dieses Verfahren die Prozessführungsbefugnis fehlt
(vgl. dazu das Senatsurteil vom 27.05.2021 in dem Verfahren der Klägerin L 16 KR 10/19). Zu dem diesbezüglichen Hinweis des Vaters der Klägerin, dass er beim Amtsgericht die Zustimmung zur Untersuchung - wohl
im Sinne des beantragten Gutachtens - beantragt habe, bleibt anzumerken, dass dieser Antrag ersichtlich ohne Erfolg geblieben
ist (vgl. Amtsgericht Köln Beschluss vom 09.09.2019 - 314 F 252/19).
Im Übrigen wäre die Berufung der Klägerin auch unbegründet, denn ein nicht beschiedener Antrag der Klägerin aus dem Jahr 2013
ist nicht festzustellen. Es liegt vielmehr auf der Hand, dass der Vater der Klägerin, der für diese und sich selbst eine Unzahl
von Gerichtsverfahren mit ähnlichen Zielrichtungen führt, die Übersicht verloren hat und eigene Anträge und solche der Klägerin
verwechselt. Gegen eine Antragstellung der Klägerin im Jahr 2013 spricht nämlich bereits, dass die Frage eines "Kompetenzgutachtens"
erst im Zusammenhang mit dem Unfall der Klägerin im Jahre 2017 aufgetreten ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) sind nicht ersichtlich.