Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von 16.271,50 € an Vergütung für stationäre Krankenhausbehandlung. Die
Beklagte begehrt dieselbe Summe als Erstattungsforderung im Wege der Hilfswiderklage.
Die Klägerin betreibt ein zur stationären Behandlung gesetzlich krankenversicherter Patienten gemäß §
108 SGB V zugelassenes Krankenhaus. In diesem behandelte sie die bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der B (nachfolgend einheitlich:
Beklagte) krankenversicherte Patientin E, geb. 1952, im Zeitraum vom 20.04.2015 bis zu deren Tod am 07.05.2015. Auf Basis
der DRG A11D rechnete sie die Behandlung gegenüber der Beklagten mit Rechnung vom 25.06.2015 in Höhe von 37.731,74 € ab. Die
Beklagte bezahlte die Rechnung zunächst vollständig innerhalb der vorgesehenen vereinbarten Zahlungsfristen.
Sie veranlasste unter dem 29.06.2015 eine "Teilprüfung der Abrechnung" des Behandlungsfalles durch den MDK mit den Fragestellungen:
Ist die Hauptdiagnose korrekt? Ist/sind die Prozedur(en) korrekt? Sind die Beatmungsstunden korrekt?
Vor diesem Hintergrund forderte der MDK "sämtliche Behandlungsunterlagen" an, "die geeignet sind, die Fragestellung der Krankenkasse
bezogen auf den Prüfanlass vollumfänglich zu beantworten bzw. die zur Beurteilung von Voraussetzungen, Art und Umfang der
Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung benötigt werden." Unabhängig von der von der Klägerin "vorzunehmenden
Auswahl an Fallunterlagen" bat der MDK "auf jeden Fall um Überlassung einer Kopie des Entlassungsberichts und für den Fall,
dass Interventionen durchgeführt worden" seien, "auch des/der OP- bzw. Interventionsberichte".
In seinem Gutachten vom 12.02.2016 führte der MDK aus, er habe nur die Diagnosen und Prozeduren nach Fragestellung der Beklagten
geprüft. Die Hauptdiagnose sei korrekt kodiert. Die Kodierung der kodierrelevanten Prozedur sei hingegen nicht ausreichend
belegt. Die von der Klägerin bei der Abrechnung zu Grunde gelegte Aufwandspunktzahl hinsichtlich der aufwendigen intensivmedizinischen
Komplexbehandlung sei in der vom Krankenhaus angegebenen Höhe nicht nachvollziehbar. Nicht die in der Abrechnung berücksichtigte
Prozedur 8- 98f.21 sondern die 8-98f.20 sei zu berücksichtigen. Nach den vorliegenden Unterlagen ließen sich 721 Aufwandspunkte
nachvollziehen. An Beatmungsstunden seien aufgerundet 413 Stunden anstelle der von der Klägerin angenommenen 415 Stunden anzusetzen.
In der Folge ergebe sich ein geringerer Vergütungsbetrag.
Über dieses Begutachtungsergebnis informierte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 17.02.2016 und verbuchte mit Sammelavis
vom 17.02.2016 unter Angabe der ursprünglichen Rechnungsnummer den ursprünglich gezahlten Betrag von 37.731,74 € als Negativposten
und zog diesen von zwei anderen unstreitigen Forderungen, jeweils datierend vom 02.02.2016 ab.
Mit weiterem Avis vom 20.02.2016 leistete die Beklagte einen Betrag von 21.460,00 € unter Angabe der ursprünglichen Rechnungsnummer
für den Behandlungsfall E.
Die Klägerin überprüfte den Abrechnungsfall erneut und teilte der Beklagten am 30.06.2016 mit, dass sie auch bei wiederholter
Überprüfung nach Korrektur der Scores auf eine belegbare Punktzahl von 861 Punkten hinsichtlich der streitgegenständlichen
OPS komme und dementsprechend die Abrechnung so wie durchgeführt zutreffend gewesen sei. Eine Zahlung des Differenzbetrages
seitens der Beklagten erfolgte daraufhin nicht.
Mit Schriftsatz vom 29.04.2019, eingegangen bei Gericht am 02.05.2019, hat die Klägerin gerichtet auf die Leistung des Differenzbetrages
Klage bei dem Sozialgericht erhoben.
In der Klageschrift hat die Klägerin einleitend ausgeführt, mit, dass mit der Klage "Vergütungsansprüche für die stationäre
Krankenhausbehandlung der Patientin E" geltend gemacht werden würden. Nachfolgend hat sie in der Klageschrift den weiteren
Ablauf, unter anderem die Aufrechnung sowie erneute Zahlung mit den benannten Zahlungsavisen vom 17.02.2016 und 20.02.2016
dargestellt.
Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, die von der Beklagten vorgenommene Aufrechnung sei rechtswidrig erfolgt. Sie verstoße
gegen das Aufrechnungsverbot, welches sich aus einem Umkehrschluss zu §
15 Abs.
4 des Vertrages nach §
112 Abs.
2 Nr.
1 SGB V - allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlungen - zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen und für die
Krankenkassen im Lande Nordrhein-Westfalen auf Landesebene vom 01.01.1997 ergebe (Landesvertrag NRW), und sei daher unwirksam.
Zwar sei der Landesvertrag NRW zwischenzeitlich gekündigt worden. Nach ständiger Rechtsprechung des Landessozialgerichtes
NRW stehe jedoch dies einer weiteren Anwendung nicht entgegen, da die Vertragsparteien eine weitere Anwendung bis zum Abschluss
eines neuen Vertrages vereinbart hätten. Aus der Regelung ergebe sich ein Aufrechnungsverbot für alle die Fälle, die in der
Regelung nicht ausdrücklich genannt seien. Ein solcher ausdrücklich geregelter Fall liege nicht vor. Insbesondere mache die
Beklagte keinen Rechenfehler geltend, sondern bezweifele die Richtigkeit der Abrechnung.
Auch sei der Landesvertrag NRW vorliegend anwendbar, da zum maßgeblichen Zeitpunkt im Jahre 2015 nach ständiger Rechtsprechung
des Bundessozialgerichtes das hier durchgeführte Prüfverfahren dem Prüfregime der sachlich-rechnerischen Richtigkeitsprüfung
zuzuordnen gewesen sei. Darin sei kein Prüfverfahren im Sinne des §
275 Abs.
1 lit. c
SGB V in damals geltender Fassung zu sehen. Dementsprechend sei auch die zu dieser Norm ergangene Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV
2014) zwischen den Verbänden der Krankenkassen und der Krankenhäuser auf Bundesebene nicht anwendbar, nach der kein Aufrechnungsverbot
bestehen würde.
Mit Schriftsatz vom 20.08.2019 hat die Klägerin mitgeteilt, dass auch sie nunmehr die Prozedur 8-98f.20 für korrekt halte.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 16.271,50 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit dem 17.02.2016 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass die geltend gemachte Forderung bereits durch Zahlung erfüllt sei. Denn mit der Klageschrift habe
die Klägerin eindeutig klargestellt, dass sie nur Ansprüche aus dem Behandlungsfall der Patientin E klagweise geltend mache.
Anders sei der einleitende Satz der Klageschrift nicht zu verstehen. Da diese ursprüngliche Rechnung zunächst vollständig
bezahlt worden sei, seien die Ansprüche aus diesem Verhältnis bereits erloschen und die Klage mithin abzuweisen. Diese würden
nicht durch Aufrechnung mit einem Erstattungsanspruch wegen Überzahlung wieder aufleben. Daran ändere auch nichts, dass das
Aufrechnungsgeschehen in der Klage geschildert worden sei. Wenn die Klägerin nun im laufenden Verfahren erkläre, dass nach
den Gesamtumständen Ansprüche aus den anderen Forderungen mit Datum vom 02.02.2016 - wie aus dem Avis vom 17.02.2016 ersichtlich
- geltend gemacht würden, liege darin der Versuch einer Klageänderung. Einer solchen stimme die Beklagte allerdings nicht
zu.
Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch sei auch entstanden, da die ursprüngliche Abrechnung ausweislich des Gutachtens
des MDK zu hoch gewesen sei. Die Aufrechnung sei zulässig gewesen. Die am 01.01.2015 in Kraft getretene PrüfvV 2014 sei auf
den vorliegenden Fall anzuwenden. Aus dieser ergebe sich eine Berechtigung zur Aufrechnung und die Nicht-Anwendbarkeit des
Landesvertrages NRW.
Mit Schriftsatz vom 08.07.2019, eingegangen beim Sozialgericht am selben Tag, hat die Beklagte hilfsweise Widerklage auf Zahlung
des streitigen Betrages unter der Bedingung erhoben, dass das Gericht feststellen würde, dass die Aufrechnung unzulässig erfolgt
sei.
Die Beklagte hat im Wege der Hilfswiderklage beantragt,
die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 16.271,50 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit dem 17.02.2016 zu zahlen.
Die Klägerin und Widerbeklagte hat beantragt,
die Hilfswiderklage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, dass die Beklagte und Hilfswiderklägerin den im Wege der Hilfswiderklage geltend gemachten
öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch jedenfalls nicht mehr gerichtlich durchsetzen könne. Dem stehe §
325 SGB V entgegen. Der hier geltend gemachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch sei, sofern er überhaupt entstanden sei, zum
Zeitpunkt der angeblichen Überzahlung auf den Behandlungsfall E entstanden. Er sei nicht bis zum 08.11.2018 gerichtlich geltend
gemacht worden. Dementsprechend sei die Beklagte mit der Geltendmachung ausgeschlossen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Regelung des §
325 SGB V verfassungswidrig und daher nicht anzuwenden sei. Die Regelung verstoße gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot
sowie das Rechtsstaatsprinzip nach Artikel
20 Abs.
3 GG. Gegen die echte Rückwirkung, welche von §
325 SGB V ausgehe, sei auch die Beklagte als Körperschaft öffentlichen Rechts durch die benannten verfassungsmäßigen Prinzipien geschützt.
Mit Urteil vom 13.05.2020 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und die Hilfswiderklage abgewiesen. Zur Begründung
hat es ausgeführt:
"Die Klage ist als Leistungsklage statthaft, im Übrigen auch zulässig und begründet. Die Hilfswiderklage hat keinen Erfolg.
Die Klage ist als Leistungsklage gem. §
54 Abs.
5 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Die Klägerin kann einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von
16.271,50 € gegen die Beklagte aus jenen Behandlungsfällen geltend machen, gegen die die Beklagte zur Erfüllung des Leistungsanspruches
eine Aufrechnung aus einem möglicherweise bestehenden öffentlich-rechtlichem Erstattungsanspruch aus einer möglichen Überzahlung
für die Behandlung der bei der Beklagten versicherten E im Avis vom 17.02.2016 durchgeführt hat, zu denen die Beklagte ein
Rechnungsdatum vom 02.02.2016 im Avis angegeben hat. Diese Forderungen sind auch Gegentand des Klageverfahrens geworden. Unstreitig
sind die von der Aufrechnung ursprünglich betroffenen Forderungen, die sich aus dem Avis vom 17.02.2016 ergeben, entstanden.
Abweichendes wurde von keiner Seite vorgetragen. Anhaltspunkte für Zweifel sind nicht ersichtlich.
Diese Forderungen sind auch Streitgegenstand des vorliegenden Klageverfahrens geworden. Der geltend gemachte Anspruch ist
nicht - wie die Beklagte meint - durch ursprüngliche geltend gemachte Zahlung der Rechnung für den Behandlungsfall E erloschen
und erfüllt. Zur Überzeugung der Kammer ist der Streitgegenstand des Klageverfahrens nicht lediglich auf Ansprüche der Klägerin
beschränkt, die aus dem Behandlungsfall E hervorgegangen sind. Maßgeblich ist der Klagegrund, aus dem die Klägerin ihren Anspruch,
auf den der Antrag gerichtet ist, ableitet. Zum Klagegrund zu rechnen sind dabei alle Tatsachen, die bei einer natürlichen,
vom Standpunkt der Parteien ausgehenden Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag der Klägerin zur Entscheidung gestellten
Tatsachenkomplex gehören (BGH, Urteil vom 19.12.1991, IX ZR 96/91).
Der Anspruch der Klägerin stützt sich auf die Forderungen für stationäre Behandlungen von bei der Beklagten versicherten Patienten,
welche im Sammelavis vom 17.02.2016 benannt sind und auf welche sich die dort durchgeführte Aufrechnung in Höhe von 37.731,74€
mit einem von der Beklagten behaupteten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch ausgewirkt haben. Diese hat die Klägerin
schon mit der Klageschrift in den Gesamtkomplex aufgenommen, der als Klagegrund geschildert wurde. Zwar hat sie missverständlich
eingangs der Klageschrift auf "Ansprüche aus dem Behandlungsfall E abgestellt". An diese fehlerhafte rechtliche Bewertung
ist das Gericht nicht gebunden.
Die durchgeführte Aufrechnung zur teilweisen Erfüllung dieser Forderungen (§
389 Bürgerliches Gesetzbuch -
BGB - in Verbindung mit §
362 BGB, §
366 Abs.
2 BGB) verstößt gegen das Aufrechnungsverbot gem. § 15 Abs. 4 des Landesvertrages NRW und ist mithin unzulässig und unwirksam sodass die Forderungen weiterhin anteilig bestehen.
§15 Abs. 4 des Landesvertrages lautet:
"Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art können auch nach Bezahlung der Rechnung geltend gemacht werden. Bei Beanstandungen
rechnerischer Art, nach Rücknahme der Kostenzusage und, falls eine Abrechnung auf vom Krankenhaus zu vertretenen unzutreffenden
Angaben beruht, können überzahlte Beträge verrechnet werden."
Nach ständiger Rechtsprechung des Landessozialgerichtes NRW (LSG NRW) enthält diese in § 15 Abs. 4 S. 2 Landesvertrag NRW
vereinbarte Regelung ein (konkludentes) Aufrechnungsverbot für nicht ausdrücklich erwähnte Fälle (LSG NRW, Urteil vom 06.12.2016
- L 1 KR 358/15, Rn. 46 mit weiteren Nachweisen).
Nach ausführlicher eigener Prüfung der Rechtsprechung des Landessozialgerichtes NRW, welche unter anderem auch Bezug auf die
in ähnlichen Sachverhalten ergangene Rechtsprechung des Bundesozialgerichtes nimmt und eigener Überzeugungsbildung schließt
sich die Kammer der vom LSG NRW vertretenen Rechtsprechung in dieser Frage an.
Den Feststellungen des LSG NRW zum Bestehen eines wirksamen Aufrechnungsverbotes als Umkehrschluss aus den konkreten Regelungen
zur Aufrechnungsmöglichkeit im Landesvertrag NRW steht auch nicht entgegen, es fehle für eine solche Regelung im Landesvertrag
an einer Rechtsgrundlage. Die Aufrechnungsregelungen des
BGB sind grundsätzlich abdingbar. Sofern nicht bereits gesetzliche Vorschriften entgegenstehen, kann die Aufrechnung grundsätzlich
auch durch Parteivereinbarung - ausdrücklich oder stillschweigend - ausgeschlossen oder eingeschränkt werden, was im Prozess
von Amts wegen zu beachten ist (Rüßmann in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-
BGB, 9. Aufl., §
387 BGB (Stand: 01.02.2020), Rn. 77). Rechtsgrundlage für diese Regelung ist §
112 Abs.
1 und
2 SGB V als Rechtsgrundlage für Vereinbarungen zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen sowie der Landeskrankenhausgesellschaft
bzw. den Vereinigungen der Krankenhausträger im jeweiligen Land. Darunter fällt auch die Regelung der Abrechnung der Entgelte
gemäß §
112 Abs.
2 NR. 1. B)
SGB V. Der Auftrag zur Regelung der Entgeltabrechnung in §
112 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 lit. b
SGB V ist umfassend zu verstehen. Von ihm ist nicht nur die Rechnungslegung des Krankenhauses, sondern die gesamte Zahlungsabwicklung
samt Fristen und Verzinsung umfasst (Wahl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB V, 3. Aufl., §
112 SGB V (Stand: 01.01.2016), Rn. 50). Darunter ist zur Überzeugung der Kammer auch die Vereinbarung eines Ausschlusses der grundsätzlichen
Aufrechnungsmöglichkeiten nach dem
BGB sondern und bestimmter Fälle der zulässigen Abrechnung zu subsumieren.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus §
51 Abs.
1 SGB I. Danach kann der zuständige Leistungsträger nach bundesgesetzlicher Regelung gegen Ansprüche auf Geldleistungen mit Ansprüchen
gegen den Berechtigten aufrechnen, soweit die Ansprüche auf Geldleistungen nach § 54 Abs. 2 und 4 pfändbar sind. Der Anwendungsbereich
ist im vorliegenden Fall nicht eröffnet. Die Vorschrift nimmt schon in ihrem Wortlaut durch die Verwendung des Begriffs der
Aufrechnung Bezug auf die §§
387 ff.
BGB. Voraussetzungen, Durchführung und Wirkung der Aufrechnung richten sich daher auch im Sozialrecht nach den allgemeinen, im
BGB getroffenen Regelungen zu diesem zivilrechtlichen Rechtsinstitut, soweit nicht §
51 SGB I für die Aufrechnung des Leistungsträgers gegenüber dem Leistungsberechtigten abweichende, gesonderte Regelungen zum Umfang
der Aufrechnungsmöglichkeit trifft (BSG Urteil vom 11.10.1979 - 3 RK 88/77; BSG Urteil vom 24.07.2003 - B 4 RA 60/02 R zit. n. Pflüger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB I, 3. Aufl., §
51 SGB I (Stand: 13.12.2019), Rn. 9). Daran wird deutlich, dass sich §
51 Abs.
1 SGB I nur auf Aufrechnungen zwischen Leistungsträger und Leistungsberechtigtem, nicht aber Leistungserbringer bezieht.
Auch der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes, insbesondere aus dem Urteil vom 25.10.2016 (B 1 KR 9/16 R) ist nichts anderes zu entnehmen. Das Bundessozialgericht hat die vorliegende rechtliche Situation noch nicht entschieden.
Das zitierte Urteil betrifft nicht eine vergleichbare Situation wie die Vorliegende. Denn das Bundessozialgericht hatte über
einen Fall aus dem Bundesland Bayern zu befinden, in dem es über Aufrechnungsregelungen zu entscheiden hatte, die im Rahmen
einer Pflegesatzvereinbarung gem. § 11 Abs. 1 und 2 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) in Verbindung mit § 18 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) vereinbart worden waren. Mit der Wirkung und Reichweite des §
112 Abs.
1 und
2 SGB V als Rechtsgrundlage für Vereinbarungen zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen sowie der Landeskrankenhausgesellschaft
bzw. den Vereinigungen der Krankenhausträger im jeweiligen Land hat sich das Bundessozialgericht in der Entscheidung nicht
beschäftigt. Gem. §
112 Abs.
2 Nr. 1lit. b)
SGB V enthalten diese Verträge insbesondere auch Regelungen über die "Kostenübernahme oder Abrechnung der Entgelte".
Zwar hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 30.07.2019 (Az. B 1 KR 31/18 R) u.a. ausgeführt: "Sollte § 15 Abs. 4 S. 2 des Landesvertrages NRW ein Aufrechnungsverbot enthalten, wäre es nichtig". Allerdings
darf dieser Satz nicht ohne Berücksichtigung des Gesamtkontexts in der Entscheidung des Bundessozialgerichtes gelesen werden.
Dieses führt im Folgenden aus, dass es zum einen nicht über die Frage der Nichtigkeit einer solchen "möglichen" Regelung zu
entscheiden hat. Ferner stellt es abschließend klar, dass ein solches Aufrechnungsverbot, sofern es dem Landesvertrag NRW
zu entnehmen wäre, "im Anwendungsbereich der PrüfvV wegen der Regelung des § 9 PrüfvV" nichtig wäre. Sodann führt das BSG weiter zum Verhältnis von PrüfvV und Landesverträgen aus.
Der Anwendung des Aufrechnungsverbotes nach § 15 Abs. 4 Landesvertrag NRW steht die PrüfvV 2015 jedoch im vorliegenden Fall
nicht entgegen. Denn diese ist nicht auf die vorliegend durchgeführte Prüfung des streitgegenständlichen OPS anzuwenden. Der
Erstattungsanspruch, dessen sich die Beklagte berühmt, fußt auf einer abweichenden Kodierung des OPS. Die Überprüfung von
OPS ist jedoch nicht Teil einer Prüfung nach §
275 Abs.
1c SGB V in der damals geltenden Fassung, sondern Gegenstand der sachlich-rechnerischen Richtigkeitsprüfung. Insbesondere wurde der
Satz 4 des §
275 Abs.
1c SGB V erst nachträglich eingeführt und war in der vorliegenden Entscheidung nicht zu berücksichtigen.
Das Gesetz unterschied demnach damals ausweislich der Rechtsprechung des BSG nach der Gesamtrechtssystematik die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit von den Prüfungen bei Auffälligkeit. Es
überantwortet den Krankenkassen die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung, wenn Krankenhäuser GKV-Versicherte
pflichtgemäß behandeln. Das Überprüfungsrecht der Krankenkassen auf sachlich-rechnerische Richtigkeit besteht unabhängig von
den engeren Anforderungen einer Auffälligkeitsprüfung (vgl. BSG vom 23.6.2015 - B 1 KR 20/14 R = BSGE 119, 141 = SozR 4-2500 § 108 Nr. 4 RdNr. 24). Es unterliegt einem eigenen Prüfregime (vgl. BSG vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R = BSGE 116, 165 = SozR 4-2500 § 301 Nr. 4 RdNr. 17; BSG, Urteil vom 23. Mai 2017 - B 1 KR 28/16 R -, juris).
Der Prüfungsgegenstand ist der sachlich-rechnerischen Richtigkeitsprüfung zuzuordnen, denn er betraf zum damaligen Zeitpunkt
nicht das Prüfungsregime der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach §
275 Abs.
1 c)
SGB V, sondern die Frage nach der sachlichen Richtigkeit der Kodierung des streitigen OPS und damit die sachlich-rechnerische Richtigkeit.
Die PrüfvV ist auf den vorliegenden Prüffall nicht anwendbar, da sie das Nähere zu Prüfungen nach §
275 Abs.
1c SGB V regelt, nicht jedoch zu Prüfungen außerhalb dieses Rahmens. Zwar beinhaltet die PrüfvV Anhaltpunkte dafür, dass die Beteiligten
der PrüfvV 2015 auch Prüfungen der "sachlich-rechnerischen Richtigkeit" regeln wollten. Dies kann unter anderem an § 4 S.
1 PrüfvV festgemacht werden. Denn dort ist unter anderem geregelt, dass auch Fälle von der Prüfverfahrensvereinbarung erfasst
seien, in denen eine Prüfung "der Korrektheit der Abrechnung" durchgeführt werde, womit auch Belange betreffend der Kodierung
der Hauptdiagnosen, Nebendiagnosen und Operationen und Prozedurenschlüssel (OPS) umfasst wären. Dieser Wille der Beteiligten
an der Vereinbarung führt jedoch nicht gleichsam dazu, dass in Anbetracht der vom Bundessozialgericht mehrfach bestätigten
Unterscheidung der Prüfregime der sachlich-rechnerischen Richtigkeitsprüfung und Wirtschaftlichkeitsprüfung die Regelungen
gleichsam auf erstgenannte anzuwenden sind. Denn den Beteiligten an der PrüfvV hat es an einer Ermächtigungsgrundlage und
Kompetenz zur Regelung des Näheren von Prüfverfahren außerhalb des §
275 Abs.
1c SGB V gefehlt. § 17c Abs. 2 KHG spricht den Beteiligten diese Kompetenz nur im Anwendungsbereich des §
275 Abs.
1c SGB V zu. Eine anderweitige Rechtsgrundlage, solche Regelungen mit bindender Wirkung für die Mitglieder der Verbände auf Bundesebene
zu treffen, ist nicht ersichtlich.
Das Aufrechnungsverbot aus dem Umkehrschluss aus der Regelung des § 15 Abs. 4 Satz 2 des Landesvertrages NRW für alle Fälle,
die dort nicht bezeichnet sind, ist vorliegend einschlägig. Keiner der dort genannten Fälle, in denen die Aufrechnung zulässig
wäre, liegt vor. Die Beklagte stützt den geltend gemachten Erstattungsanspruch inhaltlich darauf, dass ein OPS fehlerhaft
von der Klägerin bei der Abrechnung kodiert worden sei und sich bei richtiger Kodierung ein geringerer Vergütungsbetrag ergeben
hätte. Darin liegt zunächst nicht der Fall der Rücknahme einer Kostenzusage. Es handelt sich auch nicht um den Fall eines
rechnerischen Fehlers. Zur Überzeugung der Kammer bezieht sich diese Fallkonstellation schon ausweislich des Wortlauts aber
auch unter Berücksichtigung systematischer und teleologischer Prinzipien auf Rechenfehler, also Fehler in der Addition, Subtraktion
etc. Der vorliegende Grund der Beanstandung bezieht sich jedoch auf die (fehlerhafte) Anwendung der vertraglich vereinbarten
Abrechnungsregelungen bei der Subsumtion im Rahmen des DRG Systems, nicht auf bloße Rechenfehler.
Es handelt sich auch nicht um einen Fall, in dem die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung auf "vom Krankenhaus zu vertretenen unzutreffenden
Angaben" beruhen würde. Eine "sachlich falsche Abrechnung" kann in der Regel nicht als auf vom Krankenhaus zu vertretenen
unzutreffenden Angaben beruhend angesehen werden (LSG NRW, Urteil vom 27.03.2003, L 5 KR 141/01; RdNr. 21 juris). Zwischen den beiden Konstellationen einer "sachlich falschen Abrechnung" sowie einer "Abrechnung, die auf
unzutreffenden Angaben beruht, die vom Krankenhaus zu vertreten sind", ist zu unterscheiden. Letztere bezeichnet zur Überzeugung
der Kammer Fehler bei der Darstellung des tatsächlichen Behandlungsgeschehens. Zu berücksichtigen ist bei der Auslegung zunächst
systematisch § 6 Abs. 5 des Landesvertrages NRW, nach dem eine Kostenzusage rückwirkend zurückgenommen werden kann, wenn sie
(ebenfalls) auf vom Krankenhaus zu vertretenen" unzutreffenden Angaben" beruht. Diese Angaben sind in § 6 Abs. 6, Abs. 2,
Abs. 3 Landesvertrag NRW näher konkretisiert. Hiernach ist bei teil- oder vollstationärer Aufnahme eines Patienten vom Krankenhaus
möglichst innerhalb von 3 Arbeitstagen nach Aufnahme der zuständigen Krankenkasse ein Aufnahmedatenblatt nach der Datenübermittlungsvereinbarung
zu übermitteln. Die Kostenzusage wird sodann durch die zuständige Krankenkasse aufgrund der Angaben im Aufnahmedatensatz des
Krankenhauses sowie der Verordnung von Krankenhausbehandlungen bzw. Notfallbescheinigungen mit dem Kostenübernahmesatz nach
Datenübermittlungsvereinbarung möglichst nach 3 Arbeitstagen nach Eingang des Aufnahmesatzes erklärt. Zur Überzeugung der
Kammer geht daraus hervor, dass mit den "Angaben", welche zunächst zu einer Berechtigung zur rückwirkenden Rücknahme der Kostenzusage
führen können, solche Angaben von den Beteiligten der Vereinbarung gemeint sind, die im Aufnahmedatensatz nach §
301 SGB V mitzuteilen sind. Das sind grundsätzlich solche, die die tatsächlichen Umstände des Behandlungsfalles skizzieren. Entsprechen
diese Angaben nicht den tatsächlichen Umständen, werden also Erklärungen über Umstände in der Wirklichkeit abgegeben, die
mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmen, so liegt eine "falsche Angabe" vor. Diese berechtigt zur Rücknahme der Kostenübernahme.
Zur Überzeugung der Kammer ist diese Auslegung des Begriffs der fehlerhaften Angabe, als "Darstellung eines Umstandes in der
Wirklichkeit" ebenso auf § 15 Abs. 4 Landesvertrag zu übertragen, da von einer gleichmäßigen Verwendung des Begriffes innerhalb
des Vertrages auszugehen ist. Argumente gegen diese Annahme können dem Vertragswerk nicht entnommen werden. Anders als zum
Zeitpunkt der Aufnahme und der dann zur Erlangung einer Kostenübernahmeerklärung mitzuteilenden Angaben gem. §
301 SGB V, fließen in §
15 Abs.
4 Landesvertrag jedoch auch weitere "Angaben" ein, welche Grundlage für die Abrechnung geworden sind (bspw. Verweildauer).
Diese Angaben umfassen auch die Darstellung der tatsächlichen Umstände des Behandlungsablaufs. Die Einwände der Beklagten
gegen die Abrechnung liegen jedoch nicht auf Tatsachenebene, also der Angabe von Umständen in der Wirklichkeit (wie wurde
behandelt), sondern auf der Ebene der Subsumtion, der Anwendung der zwischen den Spitzenverbänden der Beteiligten vereinbarten
Regelungen zur Abrechnung eines bestimmten Tatbestandes bzw. Behandlungsfalles, hier die zutreffende Anzahl von zu berücksichtigenden
Aufwandspunkten bei Anwendung des OPS 8-98f.2 im Rahmen des DRG-Systems.
Zudem ist die Aufrechnung, wie sie im Avis vom 17.02.2016 vorgenommen wurde, dem Vortrag der Beklagten folgend auch in unzutreffender
Höhe durchgeführt worden, denn selbst nach dem Vortrag der Beklagten hätte ein etwaiger hier behaupteter Erstattungsanspruch
allenfalls in Höhe des streitigen Differenzbetrages von 16.271,50 € bestehen können, nicht in Höhe des vollen geleisteten
Betrages von 37.731,74 €. Anders, als in anderen Fällen befindet sich in dem Zahlungsavis vom 17.02.2016 nicht gleichsam eine
"Rückbuchung"" der vollen ursprünglichen Vergütungssumme und einer "Neubuchung" des von der Beklagten als zutreffend erachteten
Vergütungsanspruchs in Bezug auf denselben Behandlungsfall. Letzteres erfolgte nämlich erst im Sammelavis vom 20.02.2016.
In der Folge bleibt eine Auslegung des buchhalterischen Vorgehens unter isolierter Berücksichtigung der Buchungen, die sich
auf diesen Behandlungsfall beziehen, dahingehend, dass rechnerisch bzw. wirtschaftlich nur der Differenzbetrag tatsächlich
gegen andere Forderungen aufgerechnet wurde, verwehrt.
Die Kammer hat jedoch nicht darüber zu befinden, ob die Klägerin in Anbetracht dieser rechtlichen Umstände gegebenenfalls
den gesamten Betrag von 37.731,74 aus den beiden Forderungen vom 02.02.2016 hätte geltend machen können. Ihr ist es nicht
verwehrt, nur einen Teil zu fordern. Das Gericht ist nicht befugt, über die Anträge hinauszugehen. Insoweit hat die Klägerin
unter wirtschaftlicher Betrachtung auch zutreffend bereits die erneute Zahlung von 21.460,24 € im Avis vom 20.02.2016 auf
die ursprüngliche Rechnung des Behandlungsfalls E als forderungsmindernd berücksichtigt.
Der Zinsanspruch beruht auf § 15 Abs. 1 des Landesvertrages NRW. Danach sind Rechnungen der Krankenhäuser binnen 15 Kalendertagen
nach Rechnungsstellung fällig. Ab diesem Zeitpunkt ist eine Verzinsung von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vorzunehmen.
Die Fälligkeit und der Verzinsungsanspruch der Rechnungen ist am 17.02.2016, 15. Kalendertage nach Rechnungseingang, eingetreten.
Zur Feststellung der von der Aufrechnung betroffenen Forderungen ist auf §
366 BGB zurückzugreifen. Die Beklagte hat zwei Forderungen mit Datum vom 02.02.2016 dem geltend gemachten Erstattungsanspruch in
dem Avis vom 17.02.2016 gegenübergestellt und darunter eine Zwischensumme (Restzahlung) gebildet. Dies ist unter Beachtung
des §
366 Abs.
1, Abs.
2 BGB dahingehend auszulegen, dass diese beiden Forderungen zu gleichen Teilen durch die Aufrechnung befriedigt werden sollten.
Da die Rechnungen - wie gerichtsbekannt ist - grundsätzlich in elektronischer Form zwischen den Beteiligten übermittelt werden,
ist davon auszugehen, dass die Rechnungen am Tage ihrer Erstellung (02.02.2016) der Beklagten auch zugegangen sind. Dies ist
von den Beteiligten auch unbestritten geblieben.
Da die aufgestellte Bedingung der Hilfswiderklage, dass das Gericht zur Feststellung kommt, dass die ursprünglich durchgeführte
Aufrechnung unzulässig gewesen ist, eingetreten ist, hat das Gericht auch über die Hilfswiderklage zu entscheiden. Die Hilfswiderklage
ist als Leistungsklage gem. §
54 Abs.
4 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, jedoch unbegründet.
Unabhängig von der Frage, ob ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch der Beklagten in geltend gemachter Höhe aus dem
Behandlungsfall E wegen Überzahlung besteht oder nicht, ist die Beklagte gemäß §
325 SGB V von der Geltendmachung des Anspruchs, so er denn bestehen würde, ausgeschlossen. Nach dieser Regelung ist eine Geltendmachung
von Ansprüchen der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen ausgeschlossen, soweit diese vor dem 01.01.2017
entstanden sind und nicht bis zum 09.11.2018 gerichtlich geltend gemacht wurden. Dies ist hier der Fall. Stellt man auf einen
etwaigen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen ursprünglicher Überzahlung bei Fehlerhaftigkeit der Rechnung ab,
wäre dieser behauptete Erstattungsanspruch bereits mit der ursprünglichen Vergütung dieser Rechnung in voller Höhe im Jahr
2015 entstanden.
Berücksichtigt man entsprechend der Rechtsansicht der Beklagten, dass durch die Aufrechnung die erfüllende Wirkung dieser
ersten vollständigen Zahlung auf die Rechnung nicht durch die spätere Aufrechnung wieder entfallen kann, so wäre ein zweiter
öffentlich- rechtlicher Erstattungsanspruch in dem Moment entstanden, in dem die Beklagte mit Avis vom 20.02.2016 auf die
vollständig bezahlte Rechnung vom 25.06.2015 erneut einen Betrag von 21.460,24 € gezahlt hat. Auch diesem steht vorliegend
jedenfalls die anspruchsausschließende Wirkung des §
325 SGB V entgegen.
Eine gerichtliche Geltendmachung (vgl. hierzu §
100 SGG) dieser möglichen Ansprüche, auf die die Beklagte ihr Zahlungsbegehren stützen will, ist erst mit Erhebung der Hilfswiderklage
am 08.07.2019 erfolgt (vgl. LSG NRW, Urteil vom 06.12.2016 - L 1 KR 358/15).
Die Kammer ist auch nicht i.S.d. Art.
100 GG davon überzeugt, dass §
325 SGB V verfassungswidrig ist. Dieser erscheint vielmehr verfassungskonform (so auch Bockholdt in: Hauck/Noftz, SGB, 04/19, §
325 SGB V, Rn. 8; a.A. Estelmann, NZS 2018, 961, der aber die Regelung (immerhin noch) auf den Fransen des Verfassungsteppichs wähnt; vgl. zu den divergierenden Positionen
in der Literatur u.a. (zustimmend) Huster/Ströttchen, Vertrauensschutz für die gesetzlichen Krankenkassen?, SGb 2019, S. 527 ff; a.A. Kingreen, Rechtssicherheit nur für Grundrechtsträger, SGb 2019, 449). Die Regelungen des §
109 Abs.
5 sowie §
325 SGB V begegnen verfassungsrechtlichen Bedenken. In der Gesamtschau der rechtswissenschaftlichen Diskussion sieht die Kammer jedoch
keine durchgreifenden Gründe, von der Verfassungswidrigkeit auszugehen. In der Gesetzesbegründung (BT-DRS 19/5593, Seite 124)
wird die Regelung des §
325 SGB V statt als Übergangsregelung zutreffender als Ausschlussfrist bezeichnet. Krankenkassen müssen durch §
325 SGB V für Erstattungsansprüche, die vor dem 01.01.2017 entstanden sind, zusätzlich zu der Verkürzung der Verjährungsfrist des §
109 Abs.
5 SGB V die Einhaltung einer Ausschlussfrist beachten. Mit dem dargelegten Regelungsgehalt verstößt §
325 SGB V weder abstrakt noch konkret gegen höherrangiges Recht. Durch §
325 SGB V werden die Krankenkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechtes mit Selbstverwaltung - wie die Beklagte - belastet,
indem ihnen möglicherweise bestehende Ansprüche auf Rückzahlung von Vergütungen genommen werden. Die Norm verstößt jedoch
nicht gegen Grundrechte von Krankenkassen im Allgemeinen oder diejenigen der Beklagten im Besonderen. Denn sie sind unter
Beachtung der Rechtsprechung sowohl des Bundesverfassungsgerichtes als auch des Bundessozialgerichtes zunächst nicht grundrechtsfähig
(vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.06.2004 - 2 B VR 1248/03, Rn. 24 ff., juris, mit weiteren Nachweisen; Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 09.04.1975 - 2 B VR 879/73, Rn. 76, juris). Sie werden von §
325 SGB V in ihrer Funktion als Träger öffentlicher, vom Staat durch Gesetz übertragener und geregelter Aufgaben, rückwirkend betroffen.
Normen mit echter Rückwirkung sind zwar grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. April 2018
- 1 BvR 1236/11 - BStBl II 2018, 303, Rn. 134 ff., mit weiteren Nachweisen). Dieses Verbot leitet das BVerfG aber nicht allein aus Art.
20 Abs.
3 GG ab, sondern konkret aus "den aus Art.
2 Abs.
1 in Verbindung mit Art.
20 Abs.
3 GG herzuleitenden" rechtsstaatlichen Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (vgl. BVerfG, Urteil vom 10.
April 2018 - 1 BvR 1236/11 -, BStBl II 2018, 303, Rn. 132; BVerfG, Beschluss vom 05. März 2013 - 1 BvR 2457/08 -, BVerfGE 133, 143-163, Rn. 32, juris; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 02. November 2015 - 1 BvR 1530/15 -, Rn. 2, juris). Diese Ableitung des grundsätzlichen Verbots rückwirkender belastender Gesetze durch das BVerfG u.a. aus
Art.
2 Abs.
1 GG, d.h. aus einem materiellen Grundrecht, schließt einen verfassungsrechtlich beachtlichen Verstoß von §
325 SGB V als lediglich die nicht grundrechtsfähige Beklagte benachteiligende Norm aus (vgl. auch BSG, Urteil vom 22. Oktober 2014 - B 6 KA 3/14 R, BSGE 117, 149-171, SozR 4-2500 § 106 Nr. 48, Rn. 30 ff., juris). Denn sie kann sich gerade nicht auf Art.
2 GG berufen, den das BVerfG zur Begründung des Bestehens der Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes heranzieht.
Zwar bejaht das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 23.01.2019 - 9 C 2.18) die Frage, ob für Kommunalabgabenpflichtige, die sich in öffentlicher Hand befinden (kommunal betriebene Wohnungsbaugesellschaft)
und sich deshalb grundsätzlich nicht auf Grundrechte berufen können, das Rückwirkungsverbot, dass im Rechtsstaatsprinzip des
§ 20 Abs. 3
GG und den dort verankerten Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes fußt, ein verfassungsrechtlich begründetes
Rückwirkungsverbot im Hinblick auf abgabenrechtliche Festsetzungsverjährungsregelungen begründet. Hierbei beschränkte sich
das Bundesverwaltungsgericht aber einerseits ausdrücklich auf die konkrete Frage einer rückwirkenden Anwendbarkeit neu geschaffener
Verjährungsregelungen für die Erhebung von Kommunalabgaben auf Fälle in der Vergangenheit, in denen zwar eine Abgabenpflicht
entstanden war, die entsprechenden Verjährungsfristen zur Geltendmachung bereits abgelaufen waren. Andererseits handelt es
sich bei der Selbstverwaltungskonstruktion im Rahmen des gesetzlichen Krankenversicherungssystems um ein System, dass hinsichtlich
seiner rechtlichen Struktur nicht mit dem eines kommunal betriebenen Wohnungsbauunternehmens hinsichtlich der rechtlichen
Rahmenbedingungen vergleichbar erscheint. Es fehlt bereits ein Anknüpfungspunkt beispielsweise zur möglichen Grundrechtsträgerschaft
einer juristischen Person des Privatrechts in öffentlicher Hand. Demgegenüber handelt es sich bei gesetzlichen Kranversicherungen
(wie Gemeinden) unmittelbar um Körperschaften öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 2 Gemeindeordnung NRW, §
4 Abs.
1 SGB V). Zudem knüpft das Bundesverwaltungsgericht anders als das Bundesverfassungsgericht das in Rede stehende Rechtsstaatsprinzip
in der streitgegenständlichen Ausgestaltung isoliert an Art.
20 Abs.
3 GG an, ohne die enge Verbindung zu Art.
2 Abs.
1 GG zu berücksichtigen, wie vom Bundesverfassungsgericht vorgesehen. Rückwirkungsgrundsätze sind gerade deswegen nicht auf gesetzliche
Krankenkassen anwendbar, weil das Rückwirkungsverbot nicht allein aus Grundrechten, sondern auch aus dem Rechtsstaatsprinzip
hergeleitet wird. Die Annahme, dass aus der Geltung des Rechtsstaatsprinzips grundsätzlich für "jedermann" (vgl. z.B. BVerfGE
87, 48, 63, m. w. N.: "Die rechtsstaatlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, die für jedermann gelten...")
zugleich folge, dass sich auch juristische Personen des öffentlichen Rechts hierauf berufen könne, geht fehl. In Bezug auf
die Zulässigkeit von Verfassungsbeschwerden hat das BVerfG ausdrücklich klargestellt, dass unter dem gemäß Art
93 Abs.
1 Nr.
4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG zur Erhebung der Verfassungsbeschwerde berechtigten "jedermann" nur derjenige zu verstehen ist, der Träger von Grundrechten
und grundrechtsgleichen Rechten - also grundrechtsfähig - ist (BVerfGE 16, 449, 454 f = juris RdNr. 17). Auch dem Gesamtzusammenhang der Rechtsprechung des BVerfG zum Rückwirkungsverbot ist zu entnehmen,
dass sich nur (natürliche oder juristische) Personen hierauf berufen können, wenn - bzw. soweit - diese auch Träger von Grundrechten
sind (BSG, Urteil vom 22. Oktober 2014 - B 6 KA 3/14 R-, BSGE 117, 149-171, SozR 4- 2500 § 106 Nr 48, Rn. 30-31).
Auch die Anknüpfung des Rückwirkungsverbotes an das Verfassungsprinzip der Rechtsstaatlichkeit und des Willkürverbotes führt
vorliegend mithin nicht zu einer anderen Bewertung (a. A. Wahl in: Juris-PK zum
SGB V, 3. Auflage, 2019 §
109 Rn. 197_4). Zwar hat das Bundesverfassungsgericht das Rückwirkungsverbot mit dem Rechtsstaatsprinzip in Verbindung gebracht,
jedoch bei diesen Aussagen stets den "rechtsstaatlichen Schutz individueller Freiheiten und die Verlässlichkeit der Rechtsordnung
als wesentliche Voraussetzungen für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf" vor Augen hatte und damit eine objektivierende
Ableitung dieser Grundsätze ohne Anknüpfung an Grundrechte und damit Grundrechtsträgerschaft nicht in Rede stand (vgl. Huster/Ströttchen,
Vertrauensschutz für die Gesetzlichen Krankenkassen, SGb 2019, 527- 533 (529) m.w.N.).
Zudem ist neben der Frage nach den die Krankenkassen möglicherweise schützenden Rechten aus der Verfassung (bzw. dem Schutzbereich
etwaiger Prinzipien) im Anschluss, die Frage nach einem legitimen Zweck für einen Eingriff in eine mögliche schützenswerte
und beeinträchtigte Rechtsposition zu stellen, die zu bejahen wäre (vgl. hierzu Huster/ Ströttchen a.a.O. S. 530 und 531).
Selbst wenn man eine von Kingreen (Rechtssicherheit nur für Grundrechtsträger, SGB 08.19, S. 449 ff.) angenommene verfassungswidrige
echte Rückwirkung des §
325 SGB V jedenfalls bis zum 31.12.2018 (vgl. Kingreen a.a.O. S. 455) ebenfalls annehmen wollte und im Rahmen verfassungskonformer
Auslegung den Anwendungsbereich des §
325 SGB V auf Zeiträume ab dem 01.01.2019 beschränken wollte, so hätte die Beklage auch dann nicht rechtzeitig die möglichen Ansprüche
gerichtlich geltend gemacht.
Ob zudem eine Durchsetzung eines möglichen Erstattungsanspruchs der Beklagten aus einer Überzahlung auf eine bereits vollständig
beglichene Rechnung mit Zahlungsavis vom 20.02.2016 auf den Behandlungsfall E an §
814 BGB scheitern würde, muss die Kammer nicht entscheiden. Die Beklagte hat insoweit selbst vorgetragen, dass mit der ursprünglichen
Zahlung auf die ursprüngliche Rechnung vom 25.06.2015 die Forderungen schon vollständig beglichen waren. Im Rahmen der Aufrechnung
im Avis vom 17.02.2016 hat die Beklagte (wohl aus buchhalterischen Gründen) auf diese Zahlung wieder Bezug genommen, um Aufrechnungs-
und Gegenforderungen zu bestimmen. Dementsprechend würde ersichtlich werden, dass die Beklagte in Kenntnis der ursprünglichen
vollständigen Zahlung mit erfüllender Wirkung sodann am 20.02.2016 weitere 21.460,24 € auf die ursprüngliche Rechnung gezahlt
hat. Eine Leistung in Kenntnis fehlender Leistungspflicht (§
814 BGB) läge gegebenenfalls nicht fern."
Im Nachgang zur mündlichen Verhandlung hat die Beklagte auf einen Vorlagebeschluss des Sozialgerichts München vom 04.05.2020
- S 12 KR 1865/18 - an das BVerfG zur Frage des Rückwirkungsverbots hingewiesen (Az. beim BVerfG: 1 BvL 11/20).
Gegen das ihr am 20.05.2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28.05.2020 Berufung eingelegt und im Wesentlichen ihr erstinstanzliches
Vorbringen wiederholt.
Die Beklagte beantragt,
das Ruhen des Verfahrens anzuordnen,
hilfsweise,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13.05.2020 abzuändern und die Klage abzuweisen,
hilfsweise dazu,
die Klägerin zu verurteilen, an sie, die Beklagte, 16.271,50 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz seit dem 17.02.2016 zu zahlen.
Die Klägerin beantragt,
das Ruhen des Verfahrens anzuordnen,
hilfsweise,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Die Klägerin hatte zunächst darauf hingewiesen, dass die Frage der Wirksamkeit des Aufrechnungsverbots nach § 15 Abs. 4 Landesvertrag
NRW Gegenstand des Verfahrens B 1 KR 17/20 R sei (Vorinstanz LSG NRW, Urteil vom 08.04.2019 - L 10 KR 723/17 - Revision auf Antrag der dort beklagten Krankenkasse durch das BSG zugelassen mit Beschluss vom 26. Mai 2020 - B 1 KR 29/19 B).
Mit Beschluss vom 21.10.2020 hat der Senat das Verfahren mit Blick auf das vorgenannte Revisionsverfahren zum Ruhen gebracht.
Nach Rücknahme der Revision im Dezember 2020 ist das vorliegende Verfahren wieder aufgegriffen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Patientenakte E Bezug
genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Der Senat konnte in der Sache entscheiden. Das Verfahren war nicht auf den übereinstimmenden Antrag der Beteiligten zum Ruhen
zu bringen.
Die Anordnung des Ruhens war nicht zweckmäßig. Der in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Umstand, dass nunmehr gegen
eine Entscheidung des 10. Senats des LSG NRW bei vergleichbarer Problematik erneut Nichtzulassungsbeschwerde erhoben worden
sei, vermag die erforderliche Zweckmäßigkeit nicht zu begründen. Dies gilt umso mehr, als dass das vorliegende Verfahren mit
Blick auf das Verfahren B 1 KR 17/20 R bereits geruht hat und die hier wie dort beauftragten Beklagtenbevollmächtigten die dortige Revision zurückgenommen hatten.
Das Sozialgericht hat zu Recht mit Urteil 13.05.2020 der Klage stattgegeben und die Hilfswiderklage der Beklagten abgewiesen.
Hinsichtlich des Klaganspruchs ist ergänzend auszuführen, dass auch zur Überzeugung des Senats die Klageschrift vom 29.04.2019
darauf gerichtet war, die unstreitigen Vergütungsansprüche aus den Rechnungen vom 02.02.2016, d.h. aus den Behandlungsfällen
O und K, durchzusetzen.
Diese Forderungen hat die Beklagte nicht erfolgreich im Wege der Aufrechnung erfüllt, da eine solche unzulässig war.
Auch zur Überzeugung des erkennenden Senats ergibt sich ein Aufrechnungsverbot aus § 15 Abs. 4 des Landesvertrages NRW im
Umkehrschluss zu den dort ausdrücklich bezeichneten Fällen. Es besteht kein Anlass, von dieser durch das LSG NRW in ständiger
Rechtsprechung vertretenen Sichtweise (vgl. Beschluss vom 08. April 2019 - L 10 KR 723/17) abzuweichen.
Zutreffend hat das Sozialgericht festgestellt, dass die in § 15 Abs. 4 Landesvertrag NRW ausdrücklich benannten Tatbestände,
in denen eine Auf- bzw. Verrechnung möglich ist, vorliegend nicht erfüllt sind. Dem ist die Beklagte auch nicht entgegen getreten.
Die konkludente Ausschlussregelung des Landesvertrags verstößt in Fällen wie dem vorliegenden auch nicht gegen höherrangiges
Recht.
Die Beklagte führt zwar zu Recht aus, dass das BSG das landesvertragliche Aufrechnungsverbot wegen der Regelung des § 9 Satz 1 PrüfvV 2014 (vom SG mit PrüfvV 2015 bezeichnet) als nichtig ansieht, nach der die Krankenkasse einen nach Beendigung des Vorverfahrens einvernehmlich
als bestehend festgestellten oder nach § 8 fristgerecht mitgeteilten Erstattungsanspruch mit einem unstreitigen Leistungsanspruch
des Krankenhauses aufrechnen kann.
Dies gilt aber, wie das Sozialgericht bereits ausgeführt hat, nur im Anwendungsbereich der PrüfvV 2014. Dieser ist hier inhaltlich
und zeitlich nicht eröffnet.
Eine Auffälligkeitsprüfung hat die Beklagte vorliegend nicht in Auftrag gegeben.
Auch zur Überzeugung des Senats hat die Beklagte vorliegend allein eine sachlich-rechnerische Prüfung in Auftrag gegeben.
Der Prüfauftrag der Beklagten vom 29.06.2015 betraf eine "Teilprüfung der Abrechnung" des Behandlungsfalles durch den Medizinischen
Dienst der Krankenkassen (MDK) mit den Fragestellungen: Ist die Hauptdiagnose korrekt? Ist/sind die Prozedur(en) korrekt?
Sind die Beatmungsstunden korrekt? Hiermit wurde ausschließlich die sachlich-rechnerische Richtigkeit in Frage gestellt. Die
Beklagte hatte die Prüfung folgerichtig auch als "Teilprüfung" tituliert.
Auch die zeitliche Voraussetzung des vom BSG beschriebenen eingeschränkten Anwendungsbereichs der PrüfvV 2014 ist vorliegend gegeben. In entsprechender Anwendung des
§ 12 Abs. 1 PrüfvV 2014 ist maßgeblich, ob der betroffene Patient, aus dessen Behandlung die - tatsächliche oder vermeintliche
- Erstattungsforderung herrührt, bis zum 31.12.2015 stationär aufgenommen wurde.
Die stationäre Behandlung der Versicherten E begann vorliegend am 20.04.2015.
Auch hinsichtlich der Abweisung der Hilfswiderklage schließt sich der Senat der Begründung des Sozialgerichts an. Hinsichtlich
der Frage der Grundrechtsfähigkeit der Beklagten ist ergänzend auf die Entscheidung des 6. Senats des BSG (Urteil vom 30.10.2019 - B 6 KA 9/18) zu verweisen, nach der sich gesetzliche Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigungen
nicht auf das Rückwirkungsverbot berufen können, soweit es um die Ausgestaltung der ihnen gesetzlich zugewiesenen und geregelten
Aufgaben im Bereich der Gewährung von Krankenversicherungsleistungen einschließlich der Leistungserbringung geht.
Zudem ist die Erwägung des Sozialgerichts zu betonen, dass bei einer Klageerhebung nach dem 31.12.2018 selbst unter Berücksichtigung
der Ausführungen Kingreens (SGb 2019, 449 (455)) die Krankenkasse von einer etwaigen echten Rückwirkung nicht mehr betroffen ist. Die Beklagte hat hier eine gerichtliche
Geltendmachung erst mit ihrer Hilfswiderklage am 08.07.2019 vorgenommen. Ausführungen zum von der Beklagten angeführten Vorlagebeschluss
des Sozialgerichts München vom 04.05.2020 - S 12 KR 1865/18 - sind daher entbehrlich.