Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bei einer Wie-Beschäftigung gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII; Abgrenzung zur unternehmerähnlichen Tätigkeit
1. Zu den Voraussetzungen einer "Wie-Beschäftigung".
2. Zur Abgrenzung einer arbeitnehmerähnlichen von einer unternehmerähnlichen Beschäftigung.
3. Wenn alle übrigen Merkmale für eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit sprechen, kommt allein die Verwendung eigenen Werkzeugs
(hier: Hänger zum Transport eines Pferdes) kein wesentliches Gewicht im Hinblick auf eine unternehmerähnliche Tätigkeit zu.
1. Zu den Voraussetzungen einer "Wie-Beschäftigung".
2. Zur Abgrenzung einer arbeitnehmerähnlichen von einer unternehmerähnlichen Beschäftigung.
3. Wenn alle übrigen Merkmale für eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit sprechen, kommt allein die Verwendung eigenen Werkzeugs
(hier: Hänger zum Transport eines Pferdes) kein wesentliches Gewicht im Hinblick auf eine unternehmerähnliche Tätigkeit zu.
4. Durch §
2 Abs.
2 S. 1
SGB VII soll aus sozialpolitischen und rechtssystematischen Gründen der Versicherungsschutz auf Tätigkeiten erstreckt werden, die
zwar nicht sämtliche Merkmale eines Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses aufweisen, in ihrer Grundstruktur aber einer
abhängigen Beschäftigung ähneln, indem eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende, dem wirklichen oder mutmaßlichen
Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht wird, die ihrer Art nach sonst von Personen
verrichtet werden könnte, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen.
5. Verfolgt eine Person mit einem Verhalten, das ansonsten einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnelt,
in Wirklichkeit wesentlich eigene Angelegenheiten, ist sie nicht mit fremdwirtschaftlicher Zweckbestimmung und somit nicht
wie im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses, sondern wie ein Unternehmer eigenwirtschaftlich tätig und steht daher auch
nicht nach §
2 Abs.
2 SGB VII wie ein nach Abs.
1 Nr.
1 dieser Vorschrift Tätiger unter Versicherungsschutz. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Anerkennung eines Ereignisses vom 15. November 2002 als Arbeitsunfall.
Die am -. --- 1966 geborene Klägerin erlitt am 15. November 2002 einen Unfall. Dem war vorausgegangen, dass die vom Sozialgericht
als Zeugin gehörte S. D.________, geb. S_____, als Halterin eines Pferdes einen Stallwechsel geplant hatte. Dazu hatte sie
über eine Freundin die Klägerin gefragt, ob diese beim Transport des Pferdes helfen könne, da sie über einen Pferdeanhänger
verfüge. Am 15. November 2002 hat die Zeugin D____ ihr Pferd bei dem Eigentümer des Reitstalles, Herrn H_____, abholen müssen.
Aus diesem Grunde war die Klägerin mit einem Zugfahrzeug und ihrem Pferdeanhänger zu dem Reithof gefahren. Bei dem Verladeversuch
führte die Klägerin das Pferd in den Anhänger. Dabei sprang dieses vor und zurück, wobei sich der von der Klägerin gehaltene
Anbindestrick um den dritten Finger ihrer linken Hand wickelte und dieser Finger dabei abgerissen wurde. Der Finger wurde
wieder angenäht, aber im Jahre 2006 teilweise amputiert.
Mit Schreiben vom 11. Oktober 2004 wandte sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zunächst an die Berufsgenossenschaft
für Fahrzeughaltungen und bat um Prüfung, ob eine Einstandspflicht gegeben sei. Gleichzeitig übersandte er ein Urteil des
Landgerichts Lübeck vom 5. Mai 2004 (5 O 351/03), mit welchem die Klage der Klägerin gegen den Eigentümer des Reithofes, der bei dem Verbringen des Pferdes in den Anhänger
geholfen hatte, zurückgewiesen worden war. Außerdem war beigefügt ein Schreiben der AXA Versicherung AG vom 6. Juli 2004,
mit welchem diese aufgrund des Haftungsprivilegs nach §
104 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch (
SGB VII), ihre Leistungspflicht abgelehnt und die Klägerin auf die Unfallversicherung verwiesen hatte. Die Berufsgenossenschaft für
Fahrzeughaltungen leitete diese Unterlagen an die Beklagte weiter, die mit Schreiben vom 1. Februar 2005 ihre Zuständigkeit
gemäß §
128 Abs.
1 Nr.
9 in Verbindung mit §
128 Abs.
2 SGB VII anerkannte und mitteilte, dass ein Arbeitsunfall nicht vorliege und eine Einstandspflicht nicht gegeben sei.
Die Klägerin hat am 29. Dezember 2005 Klage erhoben.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 23. Februar 2007 die Anerkennung eines Arbeitsunfalls und einen Anspruch auf Entschädigungsleistungen
aus der gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt mit der Begründung, der Unfall sei im Rahmen einer Gefälligkeitsleistung
gegenüber der Zeugin erfolgt und daher nicht versichert. Der Bescheid ist am 26. Februar 2007 zur Post gegeben worden. Die
Klägerin hat am 26. März 2007 Widerspruch erhoben, der mit Widerspruchsbescheid vom 5. November 2009 zurückgewiesen worden
ist mit der Begründung, die Klägerin habe nicht aus Gefälligkeit, sondern als Unternehmerin für die Zeugin gehandelt und sei
aus diesem Grunde während des Unfalls nicht versichert gewesen.
Die Klägerin hat zur Begründung der Klage ausgeführt, sie habe durch die Verletzung aufgrund des Unfalls erhebliche finanzielle
Schäden gehabt. Diese seien von der Beklagten auszugleichen. Sie sei im Auftrag der Zeugin D____ bei dem Verladen tätig gewesen.
Dies sei eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit gewesen. Sie sei weder mit der Zeugin befreundet gewesen, noch sei sie als Unternehmerin
aufgetreten.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 23. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2009 aufzuheben
und festzustellen, dass es sich bei dem Ereignis vom 15. November 2009 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, die Klägerin sei weder als Versicherte noch als Wie-Beschäftigte tätig gewesen. Bei der Tätigkeit der
Klägerin habe es sich um eine nicht versicherte Gefälligkeitsleistung unter Reiterkameraden gehandelt. Außerdem habe die Klägerin
das Verladen und den Transport des Pferdes der Zeugin D____ hauptsächlich selbstständig durchgeführt und damit wie eine Transportunternehmerin
gehandelt.
Das Sozialgericht hatte zunächst mit Beschluss vom 25. September 2006 das Verfahren bis zum Erlass eines Widerspruchsbescheides
ausgesetzt und nach dem Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens das Ruhen des Verfahrens unter dem 16. September 2009 beschlossen.
In der mündlichen Verhandlung vom 1. Juni 2011 hat es die Zeugin D____ angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Zeugenaussage
wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Mit Urteil vom 1. Juni 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und ausgeführt, die Klägerin habe nicht in einem Beschäftigungsverhältnis
zur Zeugin D____ gestanden. Auch sei sie nicht als "Wie-Beschäftigte" für diese tätig gewesen, denn sie habe nicht als Arbeitnehmerin,
sondern als selbstständige Unternehmerin gehandelt. Sie habe eine Tätigkeit ausgeübt, die üblicherweise von einem Transportunternehmen
ausgeführt werde. Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 29. September 2011 zugestellt worden.
Die Klägerin hatte bereits nach Übersendung des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 1. Juni 2011, ihr zugegangen am
16. Juni 2011, am 6. Juli 2011 Berufung eingelegt und vorgetragen, sie sei als Arbeitnehmerin für die Zeugin D____ tätig und
daher zum Unfallzeitpunkt versichert gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 1. Juni 2011 sowie den Bescheid vom 23. Februar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 5. November 2009 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem Ereignis vom 15. November 2002 um einen Arbeitsunfall
gehandelt hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf die Gründe des angegriffenen Urteils.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die Gerichts- und Beiakten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand
der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig.
Darauf, dass die Klage zunächst unzulässig gewesen war, kommt es nach dem nach Klageerhebung ergangenen Bescheid vom 23. Februar
2007 und Widerspruchsbescheid vom 5. November 2009 und der Einbeziehung in dieses Verfahren nicht mehr an.
Die Berufung ist auch begründet. Die Klägerin hat am 15. November 2002 einen Arbeitsunfall erlitten. Die einen Arbeitsunfall
verneinenden angegriffenen Bescheide sowie das Urteil des Sozialgerichts verletzen die Klägerin in ihren Rechten und sind
daher aufzuheben.
Das Sozialgericht hat allerdings zutreffend die Voraussetzungen zur Feststellung von Arbeitsunfällen nach dem
SGB VII dargestellt und ebenfalls zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin nicht als Versicherte nach §
2 Abs.
1 SGB VII tätig gewesen sei.
Die Klägerin ist aber als Wie-Beschäftigte nach §
2 Abs.
2 SGB VII tätig gewesen.
Durch §
2 Abs.
2 Satz 1
SGB VII soll aus sozialpolitischen und rechtssystematischen Gründen der Versicherungsschutz auf Tätigkeiten erstreckt werden, die
zwar nicht sämtliche Merkmale eines Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses aufweisen, in ihrer Grundstruktur aber einer
abhängigen Beschäftigung ähneln, indem eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende, dem wirklichen oder mutmaßlichen
Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht wird, die ihrer Art nach sonst von Personen
verrichtet werden könnte, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
[BSG], vgl. Urteil vom 31. Mai 2005 - B 2 U 35/04 R = SozR 4-2700 § 2 Nr. 5; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteile vom 17. Mai 2006 - L 8 U 3/05 - und vom 20. Juni 2012 - L 8 U 55/10; Franke in: Becker u.a.,
Sozialgesetzbuch VII, Lehr- und Praxiskommentar, 3. Aufl., §
2 Rn. 211).
Allerdings wird nicht jede Tätigkeit, die einem fremden Unternehmen objektiv nützlich und ihrer Art nach sonst üblicherweise
dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich ist, beschäftigtenähnlich verrichtet. Vielmehr kommt der mit dem - objektiv arbeitnehmerähnlichen
- Verhalten verbundenen Handlungstendenz, die vom bloßen Motiv für das Tätigwerden zu unterscheiden ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 5. März 2002 - B 2 U 9/01 R -, recherchiert bei [...]), eine ausschlaggebende Bedeutung zu (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. April 2008 -
L 17 U 52/07 -; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Juni 2006 - L 2 U 57/04 -). Verfolgt eine Person mit einem Verhalten, das ansonsten einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnelt,
in Wirklichkeit wesentlich eigene Angelegenheiten, ist sie nicht mit fremdwirtschaftlicher Zweckbestimmung und somit nicht
wie im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses, sondern wie ein Unternehmer eigenwirtschaftlich tätig und steht daher auch
nicht nach §
2 Abs.
2 SGB VII wie ein nach Abs. 1 Nr. 1 dieser Vorschrift Tätiger unter Versicherungsschutz (BSG, Urteil vom 5. Juli 2005 - B 2 U 22/04 R, recherchiert bei [...]). Dient eine Tätigkeit sowohl eigenen Belangen als auch fremden Zwecken, so sind objektiv erbrachte
Leistungen und subjektive Handlungstendenzen ihrer Intensität nach jeweils gegeneinander abzuwägen. Auf die von der Handlungstendenz
abzugrenzenden Beweggründe, die eine Person veranlasst haben, eine bestimmte versicherte Tätigkeit auszuüben, kommt es für
den Versicherungsschutz nicht an. Maßgeblich ist, dass die Handlungstendenz des Handelnden fremdwirtschaftlich auf die Belange
des Unternehmens gerichtet ist. Dies ist allerdings nur dann zu verneinen, wenn im Wesentlichen Eigenangelegenheiten verfolgt
werden (Franke, a.a.O., § 2, Rdn. 213). Es kommt also nicht darauf an, dass die Tätigkeit auch eigenen Interessen nützt. Vielmehr
ist darauf abzustellen, ob sie vorwiegend im eigenen Interesse vorgenommen wird, dann liegt keine versicherte Tätigkeit vor,
oder ob das Interesse dahin geht, fremden Interessen zu dienen, dann ist diese Tätigkeit versichert (Schleswig-Holsteinisches
Landessozialgericht, Urteile vom 10. November 2009 - L 8 U 71/08 - und vom 20. Juni 2012 - L 8 U 55/10 und L 8 U 38/11 -).
Hier hat das Sozialgericht zutreffend entschieden, dass es sich bei der Tätigkeit der Klägerin nicht um eine Gefälligkeit
gegenüber der Zeugin D____ gehandelt hat. Diese waren weder miteinander befreundet noch im selben Reitverein. Der Kontakt
kam lediglich über eine gemeinsame Freundin zustande. Nicht zutreffend ist jedoch, die Hilfe der Klägerin als unternehmerähnliche
Tätigkeit anzusehen.
Für die Abgrenzung zwischen einer Tätigkeit als arbeitnehmerähnlicher Wie-Beschäftigter und einer unternehmerähnlichen Tätigkeit
ist von der Abgrenzung zwischen Beschäftigten und Unternehmern auszugehen, wobei jedoch gewisse Abstriche zu machen sind,
weil nur eine arbeitnehmerähnliche und eine unternehmerähnliche Tätigkeit gegenüberzustellen sind (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg,
Urteil vom 23. Februar 2012 - L 3 U 223/09, recherchiert bei [...], Rn. 25, auch zum Folgenden). Dabei setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber
persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Unternehmen ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in
den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Weisungsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der
Ausführung unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich gekennzeichnet durch das eigene Unternehmerrisiko,
also das Tätigwerden auf eigene Rechnung, ein Entgelt, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel,
die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit.
Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgeblich ist stets das
Gesamtbild (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. Februar 2012 - L 2 U 223/09, a.a.O.). Für die Beurteilung der Arbeitnehmerähnlichkeit im Sinne des §
2 Abs.
2 SGB VII ist auch von Bedeutung, wer sich an der Hilfeleistung beteiligt. Wenn der Verletzte nicht allein tätig wird, sondern zusammen
mit demjenigen, dem die Hilfe geleistet wird, oder mit anderen Personen, kann regelmäßig nicht davon ausgegangen werden, dass
es um die Erbringung eines Arbeitserfolges und damit um ein eigenwirtschaftliches Interesse geht, weil der Tätigwerdende bei
einer solchen Sachlage nicht selbst für einen solchen geradestehen kann. In derartigen Fällen ist zumeist von einer arbeitnehmerähnlichen
Tätigkeit auszugehen, weil bei entgeltlicher Betätigung mit Rechtsbindungswillen ein Dienstvertrag vorliegen würde. Anders
ist es aber, wenn der Verunglückte die Hilfeleistung allein verrichtet und zwar insbesondere, wenn er über besondere fachbezogene
Fähigkeiten verfügt. Bei einer Zusammenarbeit mit anderen kann eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit allerdings zu verneinen
sein, wenn der Tätige und Verletzte die Leitung inne hat und federführend mitarbeitet und deshalb bei Gesamtwürdigung aller
Umstände des Sachverhaltes wie ein Werkunternehmer oder eine Person, die einen Auftrag mit Werkvertragscharakter ausführt,
tätig wird. Andererseits schließt das Fehlen konkreter Weisungen, etwa in Bezug auf die Arbeitszeit, die Wertung als arbeitnehmerähnlich
nicht aus (zum Vorgehenden: vgl. Keller, Arbeitnehmerähnliche oder unternehmerähnliche Tätigkeit, NZS 2001, 188, 193). Dabei kann die Benutzung eigenen Werkzeugs - worauf die Beklagte sich beruft - ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit
sein (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. Februar 2012 - L 2 U 223/09, a.a.O., Rn. 28). Daraus kann aber nicht ohne Weiteres geschlossen werden, dass jemand tatsächlich als Selbstständiger handelt
(BSG, Urteil vom 30. Januar 2007 - B 2 U 6/06 R, recherchiert bei [...], Rn. 23).
Hier hat die Klägerin unzweifelhaft eine ernstliche Tätigkeit für die Zeugin D____ erbringen wollen, nämlich das Verbringen
des Pferdes in den Hänger und den Transport in den neuen Reitstall. Diese Tätigkeit hat dem Willen der Zeugin gedient und
einen gewissen wirtschaftlichen Wert dargestellt. Ort und Zeit waren von der Zeugin vorgegeben, denn an diesem Tag musste
sie ihr Pferd aus dem bisherigen Reitstall herausnehmen und woanders unterbringen. Bei der Tätigkeit, das Pferd aus dem Stall
in den Hänger zu bringen, hat die Zeugin nicht direkt mitgearbeitet. Daraus kann aber noch nicht geschlossen werden, die Klägerin
habe bei dieser Tätigkeit selbstständig gehandelt, denn das Verbringen in den Hänger war von dem Willen der Zeugin getragen
und diese wusste, dass die Klägerin zusammen mit anderen Beteiligten dabei tätig war. Auch der Erfolg der Handlung, Verbringen
des Pferdes in den Anhänger und Transport zum neuen Reitstall, war von deren Willen getragen und nicht eigenverantwortlich
der Klägerin zuzurechnen. Weiterhin spricht das gemeinschaftliche Zusammenwirken zwischen der Klägerin und dem Herrn H_____,
der sich ebenfalls daran beteiligt hat, das Pferd in den Hänger zu bringen, dafür, dass die Klägerin arbeitnehmerähnlich beschäftigt
war. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sie die Leitung dabei inne hatte. Zudem war die Handlungstendenz
der Klägerin nicht darauf gerichtet, im eigenen Interesse tätig zu sein. Vielmehr ist es ihr allein darum gegangen, der Zeugin
D____ in deren Interesse zu helfen. Eine Vergütung hat die Klägerin nicht erhalten und eine solche war auch nicht versprochen.
Alle diese Merkmale sprechen für eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit der Klägerin.
Demgegenüber ist nicht von Gewicht, dass sie den Hänger gestellt hat, der sich in ihrem Eigentum befand. Alle übrigen Gesichtspunkte
sprechen für eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit und die Handlungstendenz war eindeutig und ausschließlich darauf gerichtet,
der Zeugin D____ zu helfen. Dem Stellen des Hängers kommt daher hier keine wesentliche Bedeutung zu und führt insbesondere
nicht dazu, die Tätigkeit der Klägerin als unternehmerähnlich anzusehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Gründe, die Revision durch den Senat nach §
160 Abs.
1, Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.