Berücksichtigung von Arbeitslosengeld II bei der Berechnung von Ehegattenunterhalt
Entscheidungsgründe:
I. Die Parteien streiten um Trennungs- und Kindesunterhalt für die Zeit ab April 2004. Die gemeinsamen Kinder M.####### (geboren
am 8. Juli 1991) und L.####### S.####### (geboren am 16. August 1994) leben bei der Klägerin. Der Beklagte hat sich in den
Jugendamtsurkunden vom 11. März 2002 (Nrn. 68/2002 und 69/2002 S.####### C.#######) zur Zahlung monatlichen Kindesunterhalts
in Höhe von je 135% des Regelbetrages verpflichtet. Das Amtsgericht hat einen Trennungsunterhalt von monatlich 564 EUR und
unter Abänderung der vorgenannten Urkunden einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 150% des Regelbetrages jeweils für
die Zeit ab April 2004 zuerkannt. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß §
540 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 ZPO Bezug genommen.
Die Klägerin ist als selbständige Handelvertreterin erwerbstätig und begehrt mit ihrer Berufung im Wege der gesetzlichen Prozessstandschaft
Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 160% des Regelbetrages für die Zeit ab Januar 2005 sowie Trennungsunterhalt von monatlich
680 EUR für April 2004 bis Dezember 2004, 863 EUR für Januar 2005 bis Juni 2005 und 854 EUR für die Zeit ab Juli 2005.
Der Beklagte macht nach teilweiser Rücknahme seines Rechtsmittels die Abweisung der Abänderungsklage wegen des Kindesunterhalts
für April 2004 bis Dezember 2004 geltend.
II. Die Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.
Im Einzelnen ergibt sich wegen des Trennungsunterhalts gemäß §
1361 BGB und wegen des Kindesunterhalts gemäß §§
1601 ff.
BGB nachfolgende Beurteilung und Berechnung.
1. April 2004 bis Dezember 2004
a) Einkünfte des Beklagten
Ausweislich der Entgeltabrechnungen hat der Beklagte von April 2004 bis Dezember 2004, d.h. nach Erhöhung des Fixgehalts von
monatlich 1.534 EUR auf 2.500 EUR bei abgabenbereinigtem Abzug der vermögenswirksamen Arbeitgeberleistung (Nr. 10.6 Unterhaltsrechtliche
Leitlinien des OLG Celle) sowie der um die Arbeitgeber-Zuschüsse reduzierten Beiträge zur Kranken und Pflegeversicherung ein
Nettoeinkommen von monatlich rund 4.240 EUR erzielt. In der dabei berücksichtigten Steuerlast ist ein Pkw-Sachbezug von monatlich
380 EUR enthalten, was netto etwa 195 EUR entspricht, §
287 Abs.
2 ZPO. Die Stellung eines Pkw durch den Arbeitgeber ist mit einem geldwerten Vorteil (Nr. 10.6 Unterhaltsrechtliche Leitlinien
des OLG Celle) von etwa 350 EUR einzustellen, sodass monatlich weitere (350 - 195) 155 EUR als Einkommen zu berücksichtigen
sind und sich Einkünfte von 4.395 EUR ergeben.
Berufsbedingte Aufwendungen ("Betriebskosten") sind wie im angefochtenen Urteil aufgrund der vom Beklagten für 2003 vorgelegten
Aufstellung mit monatlich (10.152/12) 846 EUR zu berücksichtigen. Höhere Kosten sind nicht dargetan. Die mit Schriftsatz vom
13. Juni 2005 vorgelegte "Aufteilung der Werbungskosten aus nicht selbständiger Arbeit" der Steuerberaterin S.####### erlaubt
keine Beurteilung darüber, welche Kosten nach Art. und Höhe unterhaltsrechtlich relevant sind. Insoweit ist auch zu berücksichtigen,
dass nach der erstinstanzlich protokollierten Aussage des Zeugen S.####### vom Arbeitgeber des Beklagten ein so genanntes
Verkaufsführungskonto eingerichtet wird und es eine Regel gibt, nach der Gebietsverkaufsleitern im Gegensatz zu Bezirksleitern
(eine solche Position bekleidete der Beklagte bis März 2004) teilweise Kosten für Hotelübernachtungen sowie Verpflegungsmehraufwendungen
erstattet werden. Auch die mit der Berufungserwiderung des Beklagten vorgelegte Aufstellung der Steuerberaterin S.#######
nebst Erläuterungen ist auf die steuerrechtliche Beurteilung ausgerichtet und zur Darlegung höherer unterhaltsrechtlich relevanter
berufsbedingter Aufwendungen als monatlich etwa 846 EUR nicht geeignet. So ist etwa hinsichtlich der eingestellten Bewirtungskosten
davon auszugehen, dass diese unter dem Gesichtspunkt ersparter Aufwendungen des Beklagten weitgehend nicht als sein unterhaltspflichtiges
Einkommen mindernd einzustellen sind; die für so genannte Verpflegungsmehraufwendungen geltend gemachten "steuerlichen Sätze"
haben keinen Bezug zu tatsächlichen Aufwendungen und sind deshalb hier nicht zu berücksichtigen.
Die für 2002 vereinnahmte Steuererstattung von 11.426,98 EUR hat das Amtsgericht zutreffend nicht in die Unterhaltsberechnung
eingestellt. Das Guthaben ist ausweislich des Steuerbescheides vom 15. Januar 2004 auf das Giro-Konto Nr. 190690156 bei der
Sparkasse A.####### A.####### ausgezahlt worden. Dieses bereits während der ehelichen Lebensgemeinschaft bestehende Konto
wies nach den vorgelegten Kontoauszügen am 27. August 2001 ein Soll von 20.130,73 EUR aus. Deshalb ist davon auszugehen, dass
im Zeitpunkt der Trennung am 15. September 2001 ein die ehelichen Lebensverhältnisse prägendes Soll in einer die Steuererstattung
übersteigenden Höhe bestand und der Erstattungsbetrag noch zur Tilgung ehebedingter Schulden eingesetzt wurde.
Aufgrund Durchführung des begrenzten Realsplitting gemäß §
10 Abs.
1 Nr.
1 EStG hat der Beklagte die gegenüber der Klägerin mit Bescheid des Finanzamts G.####### vom 22. März 2003 festgesetzte Steuernachzahlung
von monatlich rund (3.345,71/12) 279 EUR getragen.
Somit sind Einkünfte des Beklagten von monatlich [(4.395 - 846 - 279) 3.270 EUR zugrunde zu legen.
Auf die Verfügung vom 12. Mai 2005 hat der Beklagte die von ihm in der Zeit von April 2004 bis Mai 2005 geleisteten Zahlungen
auf ehebedingte Verbindlichkeiten im Einzelnen dargetan und belegt. Die dabei im Gesamtbetrag von 9.256,56 EUR enthaltenen
Beiträge von monatlich 15 EUR für eine Krankenversicherung der beiden gemeinsamen Kinder (V####### Versicherung) sind abzusetzen,
weil nach der von der Klägerin vorgelegten Bescheinigung der BKK V.####### vom 23. Mai 2005 eine Familienversicherung in der
gesetzlichen Krankenversicherung besteht und diese Aufwendungen deshalb nicht notwendig waren. Hingegen sind die für Ausflüge
der Kinder aufgeführten Sonderzahlungen vorliegend nach Treu und Glauben (§
242 BGB) unter dem Gesichtspunkt des Mehr bzw. Sonderbedarfs zu berücksichtigen. Somit verbleiben Aufwendungen von monatlich rund
(9.256,56/14 - 15) 646 EUR. Die mit Schriftsatz vom 1. Februar 2006 vorgelegte Aufstellung des Beklagten für Januar 2004 bis
Dezember 2004 ist zur unterhaltsrechtlichen Berücksichtigung höherer Zahlungen nicht geeignet. Denn die dort mit 4.000 EUR
eingestellte Rückzahlung eines Darlehens der Lebensgefährtin muss sich die Klägerin nicht entgegen halten lassen, weil nicht
dargetan ist, dass mit Hilfe des Darlehens bestimmte, mit dem Betrag von 646 EUR noch nicht erfasste eheprägende Schulden
bedient wurden.
Somit ergeben sich bereinigte Einkünfte von monatlich (3.270 - 646) 2.624 EUR.
b) Kindesunterhalt
Danach ergibt sich ein Unterhalt von 150% des Regelbetrages, wie erstinstanzlich erkannt. Das entspricht Tabellenbeträgen
von monatlich 426 EUR für M.####### und 362 EUR für L.####### S.#######.
c) Einkünfte der Klägerin
Die Klägerin hat nach der - im Hinblick auf die Betreuung der beiden gemeinsamen Kinder hier als gerechtfertigt anzusehenden
- Reduzierung ihrer Tätigkeit als selbständige Handelsvertreterin ausweislich der Gewinnermittlung für 2004 einen steuerrechtlichen
Verlust von 40,96 EUR erzielt. Unterhaltsrechtlich ist das Ergebnis zunächst um die auch sonst anfallenden Raumkosten (betr.
Arbeitszimmer in der eigenen Wohnung) von 1.425 EUR und die hier nur steuerrechtlich relevante Fahrzeugabschreibung von 4.105
EUR zu korrigieren. Ferner sind die für Verpflegungsmehraufwendungen und Kaffee ("Repräsentationsmaterial") eingestellten
insgesamt (882 + 329,93) 1.211,93 EUR unter dem Gesichtspunkt ersparter Eigenaufwendungen um die Hälfte auf rund 606 EUR zu
reduzieren, §
287 Abs.
2 ZPO. Dann ergibt sich statt eines Verlustes von rund 41 EUR ein Gewinn von 6.095 EUR. Das entspricht monatlich etwa den vom Amtsgericht
eingestellten 500 EUR.
d) Trennungsunterhalt
Die von der Klägerin in ihrem Haushalt versorgten Kinder der Parteien waren zwölf bzw. dreizehn (M.#######) und neun bzw.
zehn (L.####### S.#######) Jahre alt. Nach Nr. 17.1 Unterhaltsrechtliche Leitlinien des OLG Celle kam bis zum Verlassen der
Grundschule durch L.####### S.#######, d.h. bis zum Sommer 2005 eine Erwerbsobliegenheit der Klägerin nicht in Betracht.
Deshalb ist das Erwerbseinkommen der Klägerin nur soweit in die nach der Differenzmethode vorzunehmende Bedarfsermittlung
einzubeziehen, als eine Berücksichtigung unter Billigkeitsgesichtspunkten entsprechend §§
1577 Abs.
2,
242 BGB angemessen erscheint (vgl. BGH FamRZ 2005, 1154, 1157). Dies ist hier im Umfang der Hälfte, mithin von monatlich 250 EUR der Fall. Somit errechnet sich nach dem Halbteilungssatz
unter Berücksichtigung des Erwerbstätigenbonus von einem Siebtel ein Bedarf (§
1361 Abs.
1 S. 1 Hs. 1
BGB) von monatlich rund [(2.624 - 426 - 362 - 250) 1.586 x 3/7] 680 EUR.
Unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des Beklagten war ohne Beeinträchtigung des ihm insgesamt zu belassenden Selbstbehalts
von monatlich 840 EUR gegeben. Mithin bestand ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von monatlich 680 EUR. Wegen des insoweit
erfolgten gesetzlichen Forderungsübergangs auf den Sozialhilfeträger ist nach Maßgabe des Schreibens vom 26. Oktober 2005
für April 2004 bis Juli 2004 ein Betrag von (190,10 x 4) 760,40 EUR wie beantragt gemäß §
265 Abs.
3 ZPO an den Landkreis G.####### zu zahlen.
2. Januar 2005 bis Mai 2005
a) Einkünfte des Beklagten
Ausweislich der Entgeltabrechnung für Dezember 2005 hat der Beklagte nach abgabenbereinigtem Abzug der vermögenswirksamen
Arbeitgeberleistung sowie der um die Arbeitgeber-Zuschüsse reduzierten Beiträge zur Kranken und Pflegeversicherung ein Nettoeinkommen
von monatlich rund 3.939 EUR erzielt. Nach Hinzurechnung des geldwerten Vorteils der Pkw-Nutzung von 155 EUR ergeben sich
Einkünfte von 4.094 EUR. Dass die Differenz zum Vorjahreseinkommen auch auf der jetzt ausgewiesenen Prämie von monatlich 146
EUR für eine Direktversicherung beruht, ist bei den Einkommensverhältnissen des Beklagten unter dem Gesichtspunkt einer angemessenen
Altersvorsorge unterhaltsrechtlich nicht zu beanstanden.
Berufsbedingte Aufwendungen ("Betriebskosten") sind mit monatlich etwa 846 EUR fortzuschreiben, §
278 Abs.
2 ZPO.
Ehebedingte Verbindlichkeiten sind nach der mit Schriftsatz vom 1. Februar 2006 vorgelegten Aufstellung des Beklagten für
Januar 2005 bis Dezember 2005 in Höhe der von der Klägerin im Schriftsatz vom 8. Februar 2006 eingeräumten monatlich rund
700 EUR einzustellen.
Dass die für 2003 nach dem Bescheid des Finanzamts G.####### vom 3. März 2005 vereinnahmte Steuererstattung von 6.214,45 EUR
noch zur Rückführung ehebedingter Verbindlichkeiten einzusetzen war, ist vom Beklagten nicht dargetan. Vielmehr sind Zahlungen
auf solche Verbindlichkeiten nach den vorgelegten Aufstellungen bereits in dem Betrag von monatlich 646 EUR enthalten (insbesondere:
Bausparkasse, Darlehen Sparkasse, Darlehen A.#######Bank). Dass das vom Beklagten laufend benutzte Giro-Konto Nr. 190690156
bei der Sparkasse A.####### A####### ohne Berücksichtigung dieser schon erfassten Schulden noch einen ehebedingten Negativsaldo
aufwies, ist nicht ersichtlich. Ob sich die Erstattung wegen Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen von 2.982 EUR für 2003
ausweisenden Anlage U vom 12. Oktober 2004 auf den eingelegten Einspruch des Beklagten noch erhöhen wird, kann hier dahinstehen,
weil darüber unstreitig bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz noch nicht entschieden
war und somit nach dem In-Prinzip vorliegend nichts zu berücksichtigen ist. Mithin sind monatlich rund (6.214,45/12) 518 EUR
einkommenserhöhend einzustellen. Abzusetzen ist der vom Beklagten aufgrund Durchführung des begrenzten Realsplitting gemäß
Bescheid vom 6. Mai 2005 gegenüber der Klägerin zu erstattende Betrag von monatlich rund (35,60/12) 3 EUR, sodass 515 EUR
verbleiben.
Das ergibt Einkünfte von monatlich [(4.094 - 846 - 700 + 515) 3.063 EUR.
b) Kindesunterhalt
Aufgrund dieser Einkünfte beläuft sich der Tabellenunterhalt auf 160% des Regelbetrages. Das entspricht Beträgen von monatlich
455 EUR für M.####### und 386 EUR für L.####### S.#######.
c) Einkünfte der Klägerin
Nach der vorläufigen steuerrechtlichen Gewinnermittlung für 2005 lässt sich ein positives Erwerbseinkommen der Klägerin auch
nach unterhaltsrechtlicher Korrektur der gewinnmindernd eingestellten Positionen nicht darstellen. Eine Erwerbsverpflichtung
bestand wegen der Kindesbetreuung nach Nr. 17.1 Unterhaltsrechtliche Leitlinien des OLG Celle noch nicht.
d) Trennungsunterhalt
Nach dem vorstehenden Zahlenwerk ergibt sich ein in die Berechnung einzustellendes Einkommen des Beklagten von monatlich (3.063
- 455 - 386) 2.222 EUR, weshalb unter Berücksichtigung des Erwerbstätigenbonus von einem Siebtel der geltend gemachte Trennungsunterhalt
von monatlich 863 EUR nach Maßgabe des Halbteilungsgrundsatzes gerechtfertigt ist. Unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit
des Beklagten war weiterhin gegeben.
e) Unterhaltsrechtliche Behandlung der Leistungen nach SGB II
Die der Klägerin seit Januar 2005 laufend gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 19 SGB II (Arbeitslosengeld
II) sind nicht als unterhaltsrechtliches Einkommen zu berücksichtigen. Gemäß §§ 1 Abs. 1, 5 Abs. 1 SGB II handelt es sich
um eine nachrangige Sozialleistung, die nur gewährt wird, solange und soweit der Arbeitssuchende seinen Lebensunterhalt nicht
auf andere Weise sichern kann, auch nicht durch auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer, etwa durch Unterhaltsleistungen
nach bürgerlichem Recht. Aber anders als bei der Sozialhilfe gemäß § 94 Abs. 1 SGB XII (früher: § 91 BSHG) erfolgt kein gesetzlicher Forderungsübergang auf den Sozialleistungsträger. Vielmehr erfordert der Übergang von Unterhaltsansprüchen
des Sozialleistungsempfängers auf den Leistungsträger eine durch schriftliche Anzeige an den Unterhaltspflichtigen zu bewirkende
Überleitung gemäß § 33 SGB II. Damit entspricht die Rechtslage im Wesentlichen derjenigen, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes
zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms vom 23. Juni 1993 (BGBl. I 944, 952) nach der damaligen Fassung der §§
90, 91 BSHG galt.
Vorliegend ist eine Überleitung, bei der zur Erhaltung der Aktivlegitimation der Klägerin wegen des seit Eintritt der Rechtshängigkeit
fällig gewordenen Unterhaltsanspruchs gemäß §
265 Abs.
2 S. 1
ZPO eine Umstellung des Antrages auf Zahlung an den Rechtsnachfolger erforderlich gewesen wäre (vgl. BGH NJW 1986, 1182), bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz unstreitig nicht erfolgt. Der Träger der Leistungen
kann den Übergang aber nach § 33 Abs. 1 und 2 SGB II noch für die Vergangenheit bewirken, weil insoweit infolge Rechtshängigkeit
des Unterhaltsanspruchs die Voraussetzungen des §
1613 Abs.
1 BGB vorliegen. Dass vom Ausbleiben einer solchen Überleitung auszugehen ist, wofür der Beklagte darlegungs- und beweispflichtig
war, kann vorliegend nicht festgestellt werden. Mithin kommt auch unter dem Gesichtspunkt unzulässiger Rechtsausübung nach
den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß §
242 BGB (vgl. BGH NJW 1999, 2365; NJWRR 2001, 1081, 1083 zum ausnahmsweise nach § 91 Abs. 2 S. 1 BSHG ausgeschlossenen Forderungsübergang) eine Berücksichtigung des Arbeitslosengeldes II als unterhaltsrechtliches Einkommen
der Klägerin nicht in Betracht. Denn die Arbeitsgemeinschaft im Landkreis G.####### als zuständiger Leistungsträger hat zwar
in ihrem an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin gerichteten Schreiben vom 1. Februar 2006 erklärt, sie sehe "bis auf
weiteres" von einer Überleitung ab, um die Klageberechtigung der Klägerin nicht zu gefährden. Aber nach den von der Prozessbevollmächtigten
der Klägerin im Verhandlungstermin mitgeteilten telefonischen Äußerungen der zuständigen Mitarbeiterin des Leistungsträgers
will dieser auf den hier eingeklagten Trennungsunterhalt zugreifen. Das folgt auch aus der auf Anforderung der Arbeitsgemeinschaft
im Landkreis G.####### abgegebenen, den Unterhaltsanspruch in gesamter Höhe des empfangenen Arbeitslosengeldes II erfassenden
Abtretungserklärung der Klägerin vom 1. Februar 2006.
Diese Abtretung ist allerdings unwirksam und beseitigt deshalb die Aktivlegitimation der Klägerin nicht. Zwar mag trotz §§
400 BGB,
850 b Abs.
1 Nr.
2 ZPO die Abtretung von Unterhaltsansprüchen hinsichtlich der Vergangenheit in dem Umfang in Betracht kommen, in dem der Zessionar
den Unterhalt des Zedenten durch gleichwertige eigene Leistung sichergestellt hat (vgl. BGHZ 4, 153; OLG Bremen NJWRR 2002,
361; Palandt/Heinrichs,
BGB, 65. Aufl., §
400 Rn 3). Aber der Gesetzgeber hat in § 33 Abs. 1 und 2 SGB II die Überleitung des Unterhaltsanspruchs zum einen in das Ermessen
des Leistungsträgers gestellt und zum anderen für bestimmte Fälle ausgeschlossen. Dabei erfordert die Ermessensausübung eine
Abwägung zwischen dem allgemeinen Interesse an einer wirtschaftlichen Verwendung öffentlicher Mittel sowie den Belangen des
Leistungsempfängers und des Unterhaltsverpflichteten (vgl. Müller, FPR 2005, 428, 430). Damit unterscheidet sich die Rechtslage von derjenigen bei der früheren Arbeitslosenhilfe, wonach das Arbeitsamt gemäß
§ 203 Abs. 1 S. 2 und 5
SGB III a.F. zur Überleitung verpflichtet war. Mithin hat der Gesetzgeber die Überleitung auf den Träger der Leistungen nach SGB
II ebenso wie in §§ 90, 91 BSHG a.F. von verschiedenen sozialrechtlichen Voraussetzungen, u.a. von der im Wege der Vergleichsberechnung festzustellenden
sozialrechtlichen Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten (vgl. Rudnik, FamRZ 2005, 1941, 1946; Müller a.a.O.) abhängig gemacht, deren Vorliegen im Einzelfall vom Leistungsträger nach Anhörung des Unterhaltsverpflichteten
(§ 24 SGB X) zu prüfen ist. Sind sie nicht erfüllt, darf die einen zu begründenden anfechtbaren Verwaltungsakt darstellende (§ 39 Nr.
2 SGB II; vgl. BGH FamRZ 1983, 895, 896; BVerwG, NJW 1994, 64, zu § 90 Abs. 1 S. 1 BSHG a.F.) Überleitung nicht bewirkt werden. Deshalb verstößt eine ohne Rücksicht auf das Vorliegen dieser Voraussetzungen erfolgte
Abtretung gegen das Gesetz und ist als bürgerlichrechtliches Umgehungsgeschäft nach §
134 BGB, §§
31,
32 SGB I nichtig, weil es den Unterhaltsberechtigten in seiner Rechtsstellung als Sozialleistungsempfänger benachteiligt. Denn es
ist Sache des Leistungsträgers, auf den gesetzlich vorgesehenen Wegen den Nachrang seiner Leistung durch Geltendmachung von
Ansprüchen gegen Dritte zu realisieren; dabei kann er sich nicht beliebig bürgerlichrechtlicher Gestaltungsformen bedienen
(vgl. BGH NJW 1994, 1733, 1734 zu §§ 90, 91 BSHG a.F.).
Nach allem kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin nach Erlangung eines vollstreckbaren Urteils ihre Gläubigerstellung
durch noch erfolgende Überleitung (teilweise) verliert und dem Leistungsträger dann im Umfang bis dahin erbrachter Leistungen
gemäß §
727 ZPO eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils erteilt wird (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 125; OLG Stuttgart FamRZ 2001, 838; OLG Zweibrücken FamRZ 1997, 1092; Musielak/Lackmann,
ZPO, 4. Aufl., §
727 Rn 12; Zöller/Stöber,
ZPO, 24. Aufl.; §
727 Rn 8, jeweils zur Sozialhilfe).
Bleibt hingegen eine Überleitung aus, ist dem Leistungsträger dann die Inanspruchnahme der Klägerin auf Erstattung der für
den Unterhaltszeitraum ab Januar 2005 empfangenen Leistungen im Wege der rückwirkenden Aufhebung der Leistungsbewilligung
gemäß §§
40 Abs.
1 S. 2 Nr.
1 SGB II, 330 Abs.
3 S. 1
SGB III, 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 50 Abs. 1 SGB X wegen nachträglicher Änderung der Verhältnisse eröffnet. Dabei ist davon auszugehen, dass wegen der primären Verweisung auf
die eine Pflicht zur Rücknahme des Verwaltungsaktes vorsehende Regelung des §
330 Abs.
3 S. 1
SGB III ("ist") das in § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X eingeräumte, ohnehin reduzierte ("soll") Ermessen nicht besteht (ebenso Rudnik a.a.O., 1942). Allein auf diese Weise, d.h.
durch anfechtbaren Verwaltungsakt (§ 50 Abs. 3 SGB X) kann nach der derzeitigen Gesetzeslage eine Zahlungspflicht des Unterhaltsberechtigten, etwa in Form einer Verpflichtung
zur Weiterleitung eingeklagten Unterhalts, gegenüber dem Leistungsträger begründet werden. Auch aus diesem Grund war das Arbeitslosengeld
II nicht in die Unterhaltsberechnung einzustellen. Soweit bestimmte Wohnkosten nach § 40 Abs. 2 SGB II von der Erstattung
ausgenommen sind, soll dies - wie die freiwillige Leistung eines Dritten (vgl. dazu BGH NJWRR 2005, 945) - nach dem Zweck
dieser Vorschrift, die den Wegfall des Wohngeldes für Leistungsempfänger kompensieren soll (vgl. Lehr und Praxiskommentar
SGB II/Conradis, § 40 Rn 16), den Unterhaltsverpflichteten nicht entlasten. Deshalb sind die danach der Klägerin eventuell
verbleibenden Leistungen ebenfalls unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen (vgl. BGH NJW 1999, 2365 zur Sozialhilfe).
Dagegen hat das gemäß §§ 16 Abs. 2 S. 2 Nr. 5, 29 SGB II als Zuschuss zum Arbeitslosengeld II bezogene Einstiegsgeld nach
seinem gesetzgeberischen Sinn und Zweck Lohnersatzfunktion und ist in die Unterhaltsberechnung einzustellen. Denn es dient
nicht der Sicherung des Lebensunterhalts sondern der Eingliederung in den Arbeitsmarkt und soll einen Anreiz für die Fortführung
einer aufgenommenen Erwerbstätigkeit darstellen. Insoweit ist auch der Abzug des Erwerbstätigenbonus von einem Siebtel regelmäßig
gerechtfertigt.
3. Juni 2005
Die Klägerin erhielt jetzt Einstiegsgeld von monatlich 241,50 EUR. Nach Maßgabe des oben unter 2. hergeleiteten Zahlenwerks
ergibt sich ein Unterhaltsbedarf von rund [(3.063 - 455 - 386 - 241,50) 1.980,50 x 3/7] 849 EUR.
4. Juli 2005 bis Dezember 2005
Nach Neufassung der Düsseldorfer Tabelle belief sich der Kindesunterhalt bei Einkünften des Beklagten von monatlich 3.063
EUR auf 466 EUR (M.#######) und 396 EUR (L.####### S.#######).
Für die Zeit ab Beginn des neuen Schuljahres, d.h. für die Zeit seit dem 25. August 2005 kam zwar jetzt nach Nr. 17.1 Unterhaltsrechtliche
Leitlinien des OLG Celle eine auf eine Teilzeitbeschäftigung gerichtete Erwerbsobliegenheit der Klägerin in Betracht, weil
L.####### S.####### nun die fünfte Klasse der Realschule M.####### besuchte. Im Hinblick auf die im Verhandlungstermin am
10. Februar 2006 zur Sprache gekommenen Schwierigkeiten bei der Betreuung des Mädchens, wie sie auch aus dem dort überreichten
Halbjahres-Schulzeugnis ersichtlich sind und u.a. aus einem von L.####### S.####### am 10. Oktober 2005 erlittenen (Schul)
Unfall resultieren, erscheint es vorliegend gerechtfertigt, zunächst weiterhin nur das von der Klägerin bezogene Einstiegsgeld
unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen.
Danach ergibt sich ein Trennungsunterhalt von monatlich rund [(3.063 - 466 - 396 - 241,50) 1.959,50 x 3/7] 840 EUR. Unterhaltsrechtliche
Leistungsfähigkeit des Beklagten war ohne Beeinträchtigung des ihm jetzt insgesamt zu belassenden Selbstbehalts von monatlich
890 EUR unverändert gegeben.
5. Zeit ab Januar 2006
Hinsichtlich der Einkünfte des Beklagten ist auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass er nach seinen Angaben im Termin
seit November 2005 im Gebiet H.#######/O.#######/M.#######/P.####### für seinen Arbeitgeber zum Einsatz kommt, die Fortschreibung
eines bereinigten Erwerbseinkommens von monatlich 3.063 EUR mangels anderweitiger Anhaltspunkte gerechtfertigt, §
287 Abs.
2 ZPO. Das gilt auch unter Berücksichtigung der nach den vorgelegten Steuererklärungen und Steuerberechnungen zu erwartenden Steuererstattung.
Für den Fall, dass sich diese Prognose als unzutreffend herausstellt, sind die Parteien auf die Möglichkeit der Abänderungsklage
nach §
323 ZPO zu verweisen.
Hinsichtlich der Einkünfte der Klägerin ist jetzt im Hinblick auf das noch erforderliche Maß der Kinderbetreuung statt des
Einstiegsgeldes ein nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen erzielbares Erwerbseinkommen von monatlich etwa 600 EUR netto
einzustellen. Die Klägerin war jedenfalls ab Beginn des Schuljahres 2005/2006 über die von ihr betriebene selbständige Erwerbstätigkeit
hinaus unterhaltsrechtlich verpflichtet, sich für die Zeit ab Januar 2006 um Erlangung einer halbschichtigen Beschäftigung
auf dem Arbeitsmarkt zu bemühen. Die im Verhandlungstermin dargelegten Bemühungen reichten insoweit nicht aus. Im Hinblick
auf die vergleichsweise hohe Qualifikation der Klägerin, die vor ihrer Tätigkeit als Handelsvertreterin in ihrem erlernten
Beruf als medizinischkaufmännische Assistentin gearbeitet hat, und nach dem von der Klägerin im Termin gewonnenen persönlichen
Eindruck geht der Senat von einer realen Beschäftigungschance (vgl. BVerfG NJWRR 2005, 1448; BGH FamRZ 1996, 345, 346; 1998, 357; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl. § 1 Rn 529) aus.
Danach ergibt sich ein Unterhaltsbedarf der Klägerin von monatlich rund [(3.063 - 466 - 396 - 600) 1.601 x 3/7] 686 EUR.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§
92 Abs.
1,
97 Abs.
1,
516 Abs.
3 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§
708 Nr. 10,
711, 713
ZPO.