OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.07.2005 - 18 B 1635/04
»1. EU-Richtlinien begründen grundsätzlich keine unmittelbaren Rechte und Pflichten Einzelner.
2. Die in der Richtlinie 2003/109/EG festgelegten Bedingungen für die Zuerkennung der Rechtsstellung eines langfristig aufenthaltsberechtigten
Drittstaatsangehörigen liegen im Falle der Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen für den eigenen Lebensunterhalt und den
der unterhaltsberechtigten Familienangehörigen nicht vor.«
Fundstellen: ZAR 2005, 340
Normenkette: Richtlinie 2003/109/EG des Rates der Europäischen Union vom 25.9.2003 Art. 5 Abs. 1 Buchst. a)
,
Richtlinie 2003/109/EG des Rates der Europäischen Union vom 25.9.2003 Art. 12 Abs. 1
Vorinstanzen: VG Düsseldorf 7 L 4462/03
Entscheidungstext anzeigen:
Gründe:
Die Antragstellerin hat sich in ihrer Beschwerdebegründung allein darauf berufen, sie sei langfristig aufenthaltsberechtigte
Drittstaatsangehörige im Sinne der Richtlinie 2003/109/EG des Rates der Europäischen Union vom 25.9.2003 und diese Richtlinie
habe schon vor ihrer Umsetzung innerstaatliche Wirkung mit der Folge, dass deren Art. 12 ihrer Ausweisung entgegenstehe. Dem
ist nicht zu folgen. Soweit es in Art. 12 Abs. 1 dieser Richtlinie heißt, die Mitgliedstaaten könnten nur dann gegen einen
langfristig Aufenthaltsberechtigten eine Ausweisung verfügen, wenn eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche
Ordnung oder die öffentliche Sicherheit darstelle, vermag die Antragstellerin daraus zu ihren Gunsten nichts herzuleiten.
EU-Richtlinien haben keine direkte Wirkung im innerstaatlichen Recht und können grundsätzlich keine unmittelbaren Rechte oder
Pflichten Einzelner begründen.
Ob eine solche Richtlinie vor Ablauf der Umsetzungsfrist überhaupt - und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen - Vorwirkungen
entfaltet und von den Staatsorganen der Mitgliedstaaten gegebenenfalls zu beachten ist, kann der Senat offen lassen. Die Antragstellerin
ist nämlich nicht "langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige" im Sinne der Richtlinie. Abgesehen davon, dass
diese Rechtsstellung gemäß Art. 2 Buchstabe b) i.V.m. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie der - hier nicht gegebenen - Erteilung
bedarf, liegen im Falle der Antragstellerin auch nicht die in Art. 5 Abs. 1 Buchstabe a) der Richtlinie festgelegten Bedingungen
für die Zuerkennung dieser Rechtstellung vor. Danach ist nämlich der Nachweis des Drittstaatsangehörigen erforderlich, dass
er für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen über feste und regelmäßige Einkünfte verfügt, die ohne Inanspruchnahme
von Sozialhilfeleistungen für seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen ausreichen. Diesen Nachweis
kann die Antragstellerin für den hier maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der Beschwerdebegründungsfrist nicht erbringen. Vielmehr
ist der angefochtenen Verfügung vom 5.11.2003 sowie der ärztlichen Stellungnahme vom 7.10.2004 zu entnehmen, dass die Antragstellerin
zu keiner Zeit ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland einer längerfristigen Beschäftigung nachgegangen ist, sondern
vielmehr ihren Lebensunterhalt durch den Bezug von Sozialhilfe sicherstellt.