SG Darmstadt, Urteil vom 15.03.2006 - 18 AS 146/05
Anspruch auf Arbeitslosengeld II, Entscheidung über individuelle Sonderbedarfe, verfassungskonforme Auslegung, notwendige
Beiladung des Sozialhilfeträgers
1. Ohne besondere Anhaltspunkte, die im Bescheid ihren Ausdruck finden müssen, ist allein der Bewilligung der Regelleistung
gemäß § 20 Abs. 2 SGB II eine Entscheidung über die darüber hinausgehende Deckung eines individuellen Sonderbedarfs nicht
zu entnehmen.
2. Bewilligungsbescheide für unmittelbar anschließende Folgezeiträume in Dauerschuldverhältnissen sind bei einem Rechtsstreit
über Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II entsprechend §
96 Abs.
1 SGG einzubeziehen, wenn im Wesentlichen dieselben Rechtsfragen betroffen sind, um die Rechtsfrage in einem Rechtsstreit für den
gesamten Leistungszeitraum und nicht nur den jeweiligen Bewilligungsabschnitt klären zu können.
3. Ein vollständiger Ausschluss der Deckung unabweisbarer, von der Regelleistung nicht hinreichend gedeckter Bedarfe, die
wegen ihrer Höhe oder ihres dauerhaften bzw. regelmäßig auftretenden Charakters nicht durch Ansparbeträge aus der Regelleistung
zu finanzieren sind (Sonderbedarfe), wäre verfassungswidrig, wenn der Gesetzgeber dem Grunde nach Leistungsberechtigten nach
dem SGB II jedenfalls außerhalb des Anspruchssystems des SGB II keine Anspruchsgrundlage zur Verfügung stellte.
4. Das Sozialgericht ist nicht befugt, den zuständigen Sozialhilfeträger entsprechend §
75 Abs.
2 2. Fall
SGG beizuladen und im Falle einer Leistungspflicht aus §
73 SGB XII entsprechend §
75 Abs.
5 SGG zu verurteilen. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Normenkette: GG Art.
1 Abs.
1 S. 2 Art.
20 Abs.
1 Art.
3 Abs.
1
,
SGB XII § 21 S. 1 § 28 Abs. 1 S. 2 § 73
,
SGB II § 20 Abs. 1 § 20 Abs. 2 § 23 Abs. 1 S. 1 § 23 Abs. 1 S. 3 § 44 § 5 Abs. 2 S. 1
,