Anspruch auf Beschädigtenversorgung; Feststellung weiterer Gesundheitsstörungen als Folgen rechtsstaatswidriger staatlicher
Maßnahmen im Gebiet der ehemaligen DDR; Entscheidung über Beweisanträge im sozialgerichtlichen Verfahren
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung weiterer Gesundheitsstörungen als Folgen rechtsstaatswidriger staatlicher Maßnahmen
im Gebiet der DDR sowie die Gewährung einer höheren Grundrente, eines höheren Berufsschadensausgleichs und einer höheren Ausgleichsrente
streitig.
Die Klägerin wurde am 28.06.1947 in G./Sachsen als Tochter eines russischen Offiziers, den sie nicht kennengelernt hat, unehelich
geboren. 1949 heiratete ihre Mutter; aus dieser Ehe stammen ihre beiden drei und zehneinhalb Jahre jüngeren Halbschwestern.
Ihr Stiefvater war "als Instrukteur der SED-Kreisleitung B." berufstätig (Bl. 426 der B-Akten). Am 16.07.1966 erlangte die
Klägerin das Reifezeugnis an der erweiterten Oberschule in M. mit der Gesamtnote "befriedigend" und erwarb zugleich das Facharbeiterzeugnis
als "Agrotechniker" (Bl. 224 und 506 der B-Akten). Ihre beste Leistung erzielte sie im Fach Staatsbürgerkunde mit der Einzelnote
"sehr gut". In dem Reifezeugnis wird zur Gesamteinschätzung ausgeführt, dass die Klägerin intelligent, eigenwillig und selbstbewusst,
aber auch impulsiv und oft unbeherrscht sei. Sie wird weiter als recht wechselhaft, Initiator und Außenseiter beschrieben.
Von 1963 bis 1972 war die Klägerin Mitglied der Freien Deutschen Jugend (FDJ), von 1971 bis 1976 im Freien Deutschen Gewerkschaftsbund
(FDGB) und hier von 1972 bis 1973 Mitarbeiterin des Rechtsausschusses beim F.-Kreisvorstand. Sie war nicht Mitglied der Sozialistischen
Einheitspartei Deutschlands (SED), aber von den Parteiidealen überzeugt (Bericht ihres Schweizer Bekannten bei der Stadtpolizei
A. vom 27.01.1978). Von 1972 bis Juli 1977 verreiste sie regelmäßig nach erteilter Reisegenehmigung - auch für mehrere Wochen
- nach Ungarn, Rumänien und die ehemalige CSSR (Bericht des Verfassungsschutzes vom 04.01.1978).
In den Jahren 1966 bis 1968 wurde die Klägerin ambulant und stationär wegen hereditärer und degenerativer Krankheiten des
Zentralnervensystems sowie Epilepsien in der Neurologisch-Psychiatrischen Klinik der K.-Universität L. behandelt (Bl. 217-222,
240 der B-Akten). Die Klägerin nimmt deswegen seit 1968 Antiepileptika ein und hat seither keine epileptischen Anfälle mehr
erlitten.
1967 begann die Klägerin mit dem Studium der Rechtspflege an der K.-M.-Universität L. und schloss dieses als Diplomjuristin
am 30.07.1971 mit der Note "gut", in den Fächern Dialektischer und Historischer Materialismus sowie Staatsrecht "sehr gut",
ab. Am 20.09.1971 begann sie ihre Tätigkeit als Richterassistentin am Kreisgericht S. (Arbeitsvertrag vom 23.09.1971, Bl.
499 ff. der B-Akten). Nach Abs. 6 Satz 5 ihres Arbeitsvertrages war dieser nicht kündbar und galt bis zur Wahl zur Richterin.
Im Sommer/Herbst 1972 brach ein lediglich mit einer Badehose bekleideter Mann in die Wohnung der Klägerin ein. Nach Angaben
der Klägerin sei sie aufgrund des hierbei erlittenen Schocks am Folgetag für einen Tag in der örtlichen Klinik behandelt.
Nachdem der Klägerin in einem Personalgespräch im Hinblick auf ein - angeblich - erstelltes Gutachten die Beendigung ihrer
richterlichen Tätigkeit nahegelegt wurde, unterzeichnete sie einen ersten Aufhebungsvertrag am 21.11.1972. In ihrer Abschlussbeurteilung
vom 10.11.1972 wurde ausgeführt, dass sie sensibel veranlagt und den psychischen Belastungen des Richterberufs nicht gewachsen
sei. In der Folgezeit stellte sich heraus, dass ein solches Gutachten tatsächlich nicht existierte, so dass sich die Klägerin
an den zuständigen Sachbearbeiter im Justizministerium Berlin wandte. Sodann wurde eine stationäre Begutachtung in der Psychiatrischen
Klinik in L./D. vom 13. bis 16.12.1972 durchgeführt. Da hierbei ihre Eignung für den Richterberuf nicht in Zweifel gezogen
wurde, setzte sie von Januar 1973 bis 28.02.1973 (Zweiter Aufhebungsvertrag vom 23.02.1973 - die Klägerin scheide auf eigenen
Wunsch aus den Rechtspflegeorganen aus) ihre Tätigkeit als Richterassistentin fort.
Vom 01.03.1973 an war die Klägerin bei dem volkseigenen Betrieb S.-Schwarzenberg zunächst als Justiziarin und, nachdem sie
die angebotene Stelle des Stellvertretenden Technischen Direktors abgelehnt hatte, in der Produktion beschäftigt (Bl. 80 der
Reha-Akten). Nach arbeitgeberseitiger Kündigung zum 04.12.1973 war sie vom 01. bis zum 28.02.1974 als Hilfsschwester in der
Uni-Klinik L. und vom 28.03.1974 bis zur Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags vom 19.05.1975 als juristische Mitarbeiterin
in dem volkseigenen Betrieb Wasseraufbereitungsanlagen M. tätig. Danach begann sie am 20.05.1975 als juristische Mitarbeiterin
bei dem volkseigenen Betrieb Geräte- und Regler-Werke T., Betriebsteil L., wo sie mit Arbeitsänderungsvertrag vom 30.07.1975
ab 01.08.1975 Bereichsjustiziarin wurde. Durch weiteren Änderungsvertrag vom 07.05.1976 wurde sie rückwirkend zum 01.04.1976
wiederum juristische Mitarbeiterin im selben Betrieb. Das Arbeitsverhältnis wurde im beiderseitigen Einverständnis zum 31.12.1976
(Aufhebungsvertrag vom 19.07.1976) aufgelöst.
Anlässlich eines Urlaubs in Rumänien Ende 1976, wo sich die Klägerin mit ihrem langjährigen Freund, einem Schweizer Staatsangehörigen
(s.o), getroffen hatte, wurde sie auf der Rückreise beim Versuch des illegalen Grenzübertritts an der ungarisch-österreichischen
Grenze von ungarischen Grenzschutzbeamten festgenommen, jedoch nach entsprechender Versicherung, sich lediglich im Grenzübergang
geirrt zu haben, wieder auf freien Fuß gesetzt. Direkt nach ihrer Rückkehr in die DDR wurde sie am 12.11.1976 von Beamten
des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS bzw. Stasi) einvernommen und in der Folgezeit bis zum 28.10.1977 (Ausreisedatum)
mindestens einmal wöchentlich vorgeladen (vgl. Oberlandesgericht [OLG] D., Beschluss vom 27.04.2007).
Ende 1976 stellte die Klägerin ihren ersten Ausreiseantrag. Vom 13.12.1976 bis 23.09.1977 war sie als Hilfsschwester im Kreiskrankenhaus
Z. tätig (Bl. 128 der Reha-Akten). Am 28.10.1977 verließ sie die DDR und reiste zunächst mit dreimonatigem Visum in die Schweiz.
Kurzzeitig fand sie bei ihrem Freund Unterkunft, bevor sie am 11.11.1977 in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) weiterreiste,
wo sie seither in E. u. A. wohnhaft ist. Der Verfassungsschutz verhörte sie wegen des "langjährigen MfS-Kontakts" zunächst
im Auffanglager G. und erfasste sie dann wegen Spionageverdacht in "NADIS", bis die Landesdatenschutzbeauftragte am 01.12.1993
die Löschung erreichte (Schreiben vom gleichen Tag).
Auf ihren am 02.01.1996 gestellten Antrag wurde auf der Grundlage des
Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (
VwRehaG) die Rechtsstaatswidrigkeit verschiedener gegen sie ergangener Zersetzungsmaßnahmen festgestellt (Bescheid des S. Landesamtes
für Familie und Soziales [Landesamt] vom 30.11.2000) und auf der Grundlage des
BerRehaG eine durchgehende Verfolgungszeit vom 01.03.1972 bis zum 28.10.1977 anerkannt (Bescheid vom 04.01.2001). Auf ihren Antrag
vom 26.05.1997 bewilligte ihr das Landratsamt R. mit Bescheid vom 22.01.2001 vom 01.06.1997 bis 31.01.2001 eine monatliche
Ausgleichsleistung in Höhe von 200 DM nach §
8 BerRehaG (Bl. 614 B-Akte). Ihr am 27.12.2001 wegen der psychiatrischen Untersuchung vom 21.11.1972 und der im Dezember 1972 erfolgten
viertägigen Unterbringung in der Psychiatrie L./D. gestellter Rehabilitierungsantrag nach § 2 Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG) blieb zunächst erfolglos (Beschluss des Landgerichts C. vom 01.07.2003, Verwerfung der Beschwerde durch das OLG Dresden
am 23.03.2004). Auf ihre Verfassungsbeschwerde hob das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) den Beschluss des OLG Dresden auf
und verwies die Sache an das OLG zurück (Beschluss vom 19.10.2004 - 2 BvR 779/04). Mit Beschluss vom 14.12.2005 erklärte das OLG Dresden daraufhin die Einweisungen zur psychiatrischen Untersuchung sowie
zur stationären psychiatrischen Begutachtung für rechtsstaatswidrig, hob sie auf und stellte fest, dass die Klägerin am 21.11.1972
sowie in der Zeit vom 13. bis 16.12.1972 zu Unrecht Freiheitsentzug erlitten hatte (2 Ws 657/04). Mit weiterem Beschluss vom 27.04.2007 stellte das OLG Dresden fest, dass die am 12.11.1976 erfolgte Verbringung der Klägerin
in das "Stasigebäude a. D." nach der Rückkehr aus Ungarn sowie die in der Folge bis zum 28.10.1977 mindestens einmal wöchentlich
erfolgten Festnahmen rechtsstaatswidrig waren, sie vom 12.11.1976 bis zum 28.10.1977 ein Leben unter haftähnlichen Bedingungen
geführt und während dieses Zeitraums zu Unrecht Freiheitsentzug im Sinne des § 2 Abs. 1 StrRehaG erlitten habe. Der weitergehende Rehabilitierungsantrag wurde als unbegründet zurückgewiesen (1 Reha Ws 37/05). Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund der glaubhaften Angaben der Klägerin sei davon auszugehen, dass die Maßnahmen
alleine mit dem Ziel ihrer Einschüchterung und Ausforschung bzw. ihrer Gewinnung für eine Mitarbeit für das MfS erfolgt seien.
Die Festnahme an der ungarisch-österreichischen Grenze unterliege hingegen nicht der Rehabilitierung nach dem StrRehaG, da sie nicht im Beitrittsgebiet erfolgt sei.
Im Bundesgebiet studierte die Klägerin nach Ablehnung ihres Antrags auf Anerkennung des in der DDR erworbenen juristischen
Diploms (Bescheid des Justizministeriums Baden-Württemberg vom 01.06.1978, Bl. 510 der B-Akten) vom 03.10.1978 bis 30.09.1980
vier Semester Rechtswissenschaften an der E. K. Universität T ... Das Studium beendete sie eigenen Angaben zufolge aus finanziellen
Gründen (Schreiben vom 28.06.1997). Am 18.04.1981 wurde ihr Sohn S. geboren. Vom 15.05. bis 18.11.1984 war sie bei der Gemeinde
E. und vom 19.11.1984 bis 19.05.1985 bei der Stadt R. jeweils als Verwaltungsangestellte sowie nach zwischenzeitlicher Arbeitslosigkeit
vom 05.11.1986 bis 31.12.1987 beim Regierungspräsidium T. beschäftigt. Eine weitere sozialversicherungspflichtige Tätigkeit
schloss sich vom 01.04. bis 30.06.1988 an (Versicherungsverlauf vom 05.12.2000). Anschließend war sie erneut bis zum 12.12.1993
arbeitslos und sodann vom 13.12.1993 bis 31.05.1994 als Archivarin/Verwaltungsangestellte bei der Gemeindeverwaltung St. J.
und vom 01.06. bis 30.09.1994 bei der Stadt R. beschäftigt.
Ihre Bemühungen auf Aufnahme in den Richterdienst Baden-Württemberg scheiterten in der Folgezeit: Nachdem ihr Abschluss als
Diplom-Juristin nach Anlage 1 Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 y) gg) des Einigungsvertrages der Ersten juristischen Staatsprüfung gleichgestellt wurde (Schreiben des Justizministeriums Baden-Württemberg vom 14.03.1991),
bewarb sie sich für das Richteramt. Ihre Bewerbung wies das Justizministerium mit Schreiben vom 22.07.1991 zurück, da es der
Klägerin dafür an der nach §
5 Deutsches Richtergesetz erforderlichen Zweiten juristischen Staatsprüfung fehle. Ein zusätzliches Einstellungshindernis sei nach Vollendung des 40.
Lebensjahres ihr Lebensalter. Mit Wirkung vom 01.10.1994 wurde die Klägerin auf Widerruf zur Rechtsreferendarin ernannt, wobei
ihre Noten in der zivil-, verwaltungs- und strafrechtlichen Station jeweils nur "ausreichend", bei der Staatsanwaltschaft
"befriedigend" waren. Nur die Anwaltsstation bei den Rechtsanwälten Dr. K. und Partner (ihrem ehemaligen Prozessbevollmächtigten)
wurde mit der Gesamtnote "gut" benotet. Im Dienstzeugnis des Amtsgerichts R. vom 22.01.1996 wurde über erheblich lückenhafte
Rechtskenntnisse berichtet; der Klägerin sei es nicht leicht gefallen, praxisnah und juristisch exakt argumentierend einen
Fall zu bearbeiten und ihn konsequent einer Lösung zuzuführen. Im Dienstzeugnis des Landgerichts T. vom 10.07.1995 wurde ebenfalls
auf große Lücken im Strafprozessrecht hingewiesen; vor allem beim Abfassen von Urteilen habe die Klägerin deutliche Schwierigkeiten
hinsichtlich des Aufbaus, der Gewichtung und der sprachlichen Gestaltung, so dass ihre Entwürfe insgesamt nur bruchstückweise
praktisch verwertbar gewesen seien. Nach dem Dienstzeugnis der Stadt T. - Rechtsamt - vom 30.01.1996 waren ihre Kenntnisse
im öffentlichen Recht nur lückenhaft; ihre Ausarbeitungen konnten, ohne Einhaltung üblicher Bearbeitungszeiten, der weiteren
Verwaltungstätigkeit nur eingeschränkt zugrunde gelegt werden. Vom Zweiten juristischen Staatsexamen nahm die Klägerin zweimal
aus gesundheitlichen Gründen Abstand (Schreiben vom 12.05.1996 und 08.11.1996). Mit Bescheid vom 13.01.1997 entließ das OLG
S. die Klägerin mit Ablauf des 31.03.1997 aus dem juristischen Vorbereitungsdienst des Landes Baden-Württemberg. Ihre daraufhin
erfolgte Bewerbung als Amtsanwältin blieb ebenfalls erfolglos, da sie weder die Laufbahn des Amtsanwalts durchlaufen noch
das Zweite juristischen Staatsexamen bestanden hatte (Schreiben vom 15.04.1998).
Die Klägerin war in der Folgezeit im Wesentlichen arbeitslos und seit 18.06.1998 durchgehend arbeitsunfähig krank. Sie bezieht
deswegen ab 14.08.1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit unter Zugrundelegung eines Leistungsfalls vom 18.06.1998 (Bescheid der
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte - BfA - vom 07.12.2000; Bl. 587 der B-Akten). Im Vorfeld ihrer Berentung führte
die Klägerin nach Vorlage des Befundberichts des Neurologen und Psychiaters Dr. N. vom 09.03.1999 (ein gravierender Leidensdruck
bzgl. der Bulimie liege nicht vor; die Klägerin gebe sich trotz aller bekannter Problematik eigentlich sthenisch, wobei nicht
sicher einzuschätzen sei, inwieweit realitätsadäquate oder inadäquate Haltungen eine Rolle spielten, wenn sie von ihren literarischen
Vorhaben spreche oder ihren Sohn als Genie bezeichne) zunächst ein stationäres Rehabilitationsverfahren vom 26.05. bis 13.08.1999
durch. Im Entlassungsbericht der Psychosomatischen Fachklinik B. D. vom 31.08.1999 wurden eine Persönlichkeitsveränderung
nach Extrembelastungen, narzisstische und histrionisch auftrumpfende Züge, eine Bulimia nervosa, funktionelle Herzbeschwerden,
dissoziative Störungen (u. a. dissoziativer Stupor) sowie cerebrale Krampfanfälle, zuletzt 1968, diagnostiziert. Die Klägerin
sei sportlich sehr aktiv, beschäftige sich mit Schreiben, Zeichnen, Musizieren und Kontakt zu Freunden. Die erhöhte Aggressivität
bei sthenischem Beharren auf eigenen Wünschen und Vorstellungen zeige sich darin, dass sie aus ihrem Opferstatus das Recht
ableite, selbst ein unangenehmer Täter zu sein. Zur biographischen Anamnese wurde u. a. angegeben, die Klägerin sei unehelich
zur Welt gekommen, ihre Geburt habe der Familie als "Schande" gegolten. Eine ganz wesentliche Bezugsperson in der Kindheit
sei ihre Großmutter gewesen, die z. B. auch eingeschritten sei, als ihr Stiefvater sie im Alter von vier Jahren und ihre Mutter
verprügelt habe. Danach sei sie aber nicht mehr geschlagen worden. Sie habe ihre Mutter wegen ihrer Alkoholkrankheit gehasst
und verurteilt, das sei eine zentrale Kindheitserfahrung gewesen. Auch ihre Epilepsie sei schwer belastend gewesen. Bis zum
Schluss ihres Aufenthaltes sei nicht vollständig klar geworden, in welchem Ausmaß den Angaben der Klägerin zu trauen sei und
ob die dissoziativen und organneurotischen Symptome relativ bewusstseinsnahe Inszenierungen zur Erreichung einer sozialmedizinischen
Versorgungslösung seien. In dem daraufhin eingeholten nervenärztlichen Gutachten vom 23.08.2000 diagnostizierte der Neurologe
und Psychiater Dr. N. (Bl. 185 ff. der B-Akten) einen Verdacht auf eine dissoziative Störung bei histrionischer und narzisstischer
Persönlichkeitsstörung, Diarrhöen und Fieberschübe ungeklärter Ätiologie/DD Münchhausen-Syndrom, anamnestisch angeblich zerebral
organisches Anfallsleiden mit sekundär generalisierten Grand-mal-Anfällen, seit 1968 anfallsfrei. Im Vordergrund des Beschwerdebildes
stünden multiple Organbeschwerden (rezidivierende Fieberschübe und Diarrhöen, Schwäche- und Erschöpfungszustände), für die
es bislang keine Erklärung gebe. Bei der Neigung zu dissoziativen und konversionsneurotischen Symptomen sei einerseits an
eine entsprechende psychosomatische Symptombildung, andererseits aber auch an ein Münchhausen-Syndrom (absichtliches Erzeugen
oder Vortäuschen von körperlichen oder psychischen Symptomen) zu denken. Das zuletzt genannte Syndrom sei in der Regel nur
sehr schwer nachweisbar. Die berufliche Leistungsfähigkeit sei ganz erheblich reduziert, da die Klägerin in belastend erlebten
Situationen mit Fremdanforderungscharakter sofort die entsprechenden Symptome entwickle, die dann Arbeitsunfähigkeit zur Folge
hätten.
Am 06.12.2000 beantragte die Klägerin unter Bezugnahme auf die Bescheinigungen des sie behandelnden Hausarztes Dr. D. vom
21.12. und 18.04.2000 beim Versorgungsamt R. (Versorgungsamt) die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem
VwRehaG. Dieser führte aus, die Klägerin habe seit Behandlungsbeginn 1978 unter schweren posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS)
gelitten. Diese seien die Ursache für psychosomatische Störungen in Form von funktionellen Herzbeschwerden, Essstörungen,
Allergien, Asthma und funktionelle Magen-Darm-Beschwerden gewesen. Seitdem klage sie über Schlafstörungen, ständige Angst,
Gereiztheit, völlige körperliche Erschöpfung und Depressivität. Sie habe mehrere Suizidversuche unternommen.
Zur Aufklärung des Sachverhalts beauftragte das Versorgungsamt Prof. Dr. F., Leiter der Sektion Forensische Psychiatrie und
Psychotherapie, Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie T., mit einem nervenärztlichen Gutachten. In dem von
Dr. L. sowie von Prof. Dr. F. mit dem Zusatz "Einverstanden aufgrund eigener Untersuchung und Urteilsbildung" unterzeichneten
Gutachten vom 24.07.2001 wurde eine gemischte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden, histrionischen und narzisstischen Zügen
diagnostiziert und eine PTBS sowie eine Persönlichkeitsveränderung nach lang andauernder körperlicher und seelischer Extrembelastung
mit Sicherheit ausgeschlossen. Die Klägerin habe objektiv schwer traumatisierende Ereignisse in der zu fordernden Qualität
nicht beschrieben, auch nicht in versteckter Form, wie es bei derartigen Störungen gelegentlich der Fall sei. Die erlittenen
Maßnahmen hätten auch objektiv keinen so schwer bedrohlichen Charakter gehabt, dass eine PTBS hätte entstehen können.
Die Leitende Versorgungsärztin W. schloss sich dieser Bewertung an.
Die Klägerin wandte sich daraufhin telefonisch an das Versorgungsamt und wies u.a. auf ihre Kontakte mit Politikern (Innenminister
S. etc. ), der Zeitschrift "S." und Dreharbeiten "mit dem Z." hin. Im Hinblick auf die bereits erfolgte Intervention des Sozial-
und des Innenministeriums (Schreiben vom 18.01.2001) mit der Bitte um wohlwollende Prüfung wurde "abweichend von der üblichen
Praxis" eine weitere Begutachtung durch einen namentlich von der Klägerin zu benennenden Gutachter veranlasst (Aktenvermerk
des Versorgungsamts vom 19.09.2001).
Der daraufhin mit der Erstattung eines weiteren Gutachtens beauftragte Sachverständige, der Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie
Dr. H., Behandlungszentrum für Folteropfer e. V. Berlin, kam am 17.09.2002 zu dem Ergebnis, dass die Klägerin als Schädigungsfolge
an einer ausgeprägten dissoziativen Identitätsstörung sowie in partieller Form an einer PTBS leide. Die schädigenden Ereignisse
von 1972 bis 1977 seien mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht alleinige, aber zumindest wesentliche Ursache für den Ausbruch
und die Verschlimmerung eines zuvor in Disposition oder auch latenter Form bestandenen Leidens. Die chronische Erkrankung
des Sohnes der Klägerin müsse als schädigungsunabhängige Entwicklung angesehen werden, die zu einer weiteren psychischen Beeinträchtigung
der Klägerin geführt und die bestehende Symptomatik verstärkt habe, aber Nachschaden und damit schädigungsunabhängig sei.
Die schädigungsabhängigen Störungen seien mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 60 vom Hundert (v. H.) (schwere
Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten) zu bewerten. Die reaktive depressive Komponente in Folge der
Erkrankung des Sohnes sei mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 30 ausreichend berücksichtigt, so dass der GdB nach dem
Schwerbehindertenrecht (schädigungs- wie schädigungsunabhängig) 80 betrage.
Die Leitende Versorgungsärztin W. führte am 02.10.2002 aus, bei der Klägerin bestehe eine dissoziative Identitätsstörung,
für deren Entwicklung auch frühkindliche Erlebnisse wahrscheinlich seien. Bei Überforderung der Kompensationsmöglichkeiten
und vorbestehender "Ich-Struktureller-Störung" sei es durch die beruflichen Verfolgungsmaßnahmen (Zeitraum vom 01.01.1973
bis 28.10.1977) mit hinreichender Sicherheit zur klinischen Manifestation der Störung gekommen. Die Voraussetzungen für die
Anerkennung einer partiellen PTBS seien nicht gegeben. Die schädigungsbedingten psychischen Störungen seien als "psychoreaktive
Störungen" zu bezeichnen und könnten unter Einbeziehung einer beruflichen Betroffenheit mit einer MdE von 60 v. H. anerkannt
werden. Unabhängig vom Schädigungsleiden bestehe eine reaktive depressive Störung infolge der Erkrankung des Sohnes, die eindeutig
als Nachschaden zu bewerten sei.
Mit Erstanerkennungsbescheid vom 23.10.2002 erkannte das Versorgungsamt "nach dem
VwRehaG" als Folgen einer Schädigung "psychoreaktive Störungen", hervorgerufen durch schädigende Einwirkungen im Sinne des
VwRehaG, an und stellte fest, dass die Klägerin hierdurch ab 01.01.1996 um 50 v. H. in ihrer Erwerbsfähigkeit gemäß § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) gemindert sei. Ihr werde Grundrente ab 01.01.1996, vom 01.12.2002 an in Höhe von 216 EUR, sowie Heilbehandlung gewährt.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass mit dem am 02.01.1996 beim Amt für Familie und Soziales, L. eingegangenen Rehabilitierungsantrag
zugleich die Anerkennung von Gesundheitsschäden und eine damit verbundene Leistungsgewährung nach dem BVG geltend gemacht worden und deshalb von einer rechtswirksamen Antragstellung im Sinne des §
3 Abs.
1 VwRehaG zum 01.01.1996 auszugehen sei. Eine weitergehende Rückwirkung komme nicht in Betracht, insbesondere komme §
6 VwRehaG nicht zur Anwendung, weil die Klägerin ihren Wohnsitz zum 18.05.1990 nicht in den Beitrittsgebieten gehabt habe. Über die
Anerkennung einer besonderen beruflichen Betroffenheit (bbB) und die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs (BSA) sowie
die Gewährung einer Ausgleichsrente werde noch entschieden. Einschließlich der nach §
44 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I) angefallenen Zinsen in Höhe von 2.281 EUR ergab sich ein Nachzahlungsbetrag von 19.285 EUR.
Am 20.11.2002 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein, den sie mit Schreiben vom 18.08.2003 begründete. Hierzu verwies
sie auf die Einschätzung des Dr. H., der die MdE mit 60 v. H. bewertet habe, machte auch für den Monat November 2002 Zinsen
geltend und wandte sich gegen den Zahlungsbeginn, der nach §
6 Satz 2
VwRehaG bereits zum 31.07.1994 mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes hätte erfolgten müssen. Schließlich seien die verfolgungsbedingt
entstandenen Schädigungen nicht präzise genug bezeichnet, sondern als "psychoreaktive Störungen" festgestellt worden.
Das Versorgungsamt anerkannte zunächst mit Bescheid vom 05.03.2003 einen GdB von 80 seit 01.01.1996, wobei die schädigungsunabhängigen
Leiden einer seelischen Störung folgend der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. G. mit einem Teil-GdB von 40 bewertet
wurden (Bl. 638 B-Akte).
Mit weiterem Bescheid vom 20.03.2003 stellte das Versorgungsamt die Versorgungsbezüge für die Zeit ab 01.04.1997, da die Referendarausbildung
am 31.03.1997 geendet habe, neu fest. Ab diesem Zeitpunkt lägen die Voraussetzungen für die Anerkennung einer bbB und die
Gewährung eines BSA vor. Es könne davon ausgegangen werden, dass die Klägerin ohne die anerkannten Schädigungsfolgen zwar
das Zweite juristische Staatsexamen erfolgreich bestanden hätte, anschließend aber angesichts ihres Alters von fast 50 Jahren
wahrscheinlich nicht in den öffentlichen Dienst (Justiz oder Verwaltung) übernommen worden wäre, sondern eine selbständige
Tätigkeit als Rechtsanwältin ausgeübt hätte. Daher sei die Einstufung nach § 5 Abs. 1 Berufsschadensausgleichsverordnung (BSchAV)
in die Besoldungsgruppe A 15 gerechtfertigt. Wegen der Anerkennung einer bbB erhöhe sich die MdE von 50 v. H. auf 60 v. H.,
weshalb die Grundrente nach einer MdE von 60 v. H. zu zahlen sei. Die Grundvoraussetzungen für die Gewährung einer Ausgleichsrente
nach § 32 BVG seien ab 14.08.1999 erfüllt, da ab diesem Zeitpunkt von der BfA eine Erwerbsunfähigkeitsrente bewilligt worden sei. Für die
Ausgleichsrente und den BSA wurden ein Nachzahlungsbetrag von 152.641 EUR errechnet. Bis zur Klärung eines eventuellen Ersatzanspruchs
des Landratsamtes Reutlingen und des Arbeitsamtes Reutlingen wurde die Nachzahlung einbehalten.
Auch gegen den Neufeststellungsbescheid erhob die Klägerin am 22.04.2003 Widerspruch und machte geltend, Grund- und Ausgleichsrente
wie der BSA seien bereits ab 31.07.1994 zu gewähren. Denn der Beklagte sei an die Feststellungen des Bescheids vom 30.11.2000
der Rehabilitierungsbehörde Chemnitz gebunden, die die Rechtsstaatswidrigkeit der gegen sie ergangenen Zersetzungsmaßnahmen
ebenso festgestellt habe wie dass es damals zu einem Gesundheitsschaden gekommen sei, der noch heute fortbestehe. Eine Berufstätigkeit
als Richterin sei in der BRD nicht möglich gewesen, weil sie auf Grund der rechtsstaatswidrigen politischen Verfolgung ihre
Befähigung zum Richteramt verloren habe, in der BRD auf Grund geltender Gesetze eine Anerkennung des Examens als gleichwertig
unterblieben sei und sie wegen des anerkannten verfolgungsbedingt erworbenen Gesundheitsschadens nicht die Kraft zum Studieren
gehabt habe. Bei der Ermittlung des Vergleichseinkommens gehe der Beklagte von fehlerhaften Voraussetzungen aus, denn sie
habe das Richteramt angestrebt und keine selbstständige Tätigkeit. Dementsprechend sei sie gem. § 4 BSchAV in Besoldungsgruppe
R2, Lebensalterstufe 10 einzustufen und das so ermittelte Grundgehalt um den Ortszuschlag der Stufe 2 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) zu erhöhen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.10.2003 wies das Landesversorgungsamt den Widerspruch gegen den Bescheid vom 23.10.2002 und
mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 07.10.2003 den Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.03.2003 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin jeweils am 05.11.2003 Klagen beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben (S 3 VU 3294/03 und S 3 VU 3293/03), die das SG mit Beschluss vom 13.06.2007 verbunden und unter dem Aktenzeichen S 3 VU 3293/03 fortgeführt hat.
Am 18.11.2004 beantragte die Klägerin "vorsorglich" und am 24.01.2006 nochmals Beschädigtenversorgung nach § 21 StrRehaG (Bl. 882 der B-Akten).
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG eine Auskunft beim S. Staatsministerium der Justiz eingeholt. Der zuständige Ministerialrat teilte am 30.10.2006 mit, von
den insgesamt 440 zum 03.10.1990 amtierenden Richtern, die in Sachsen zu Zeiten der DDR tätig gewesen seien, seien 211 in
ein Richterverhältnis auf Probe berufen worden, soweit sie sich um eine Richterstelle beworben hätten, vom Richterwahlausschuss
bestätigt sowie vom Staatsminister der Justiz als persönlich und fachlich geeignet befunden worden seien. Nach Ablauf der
grundsätzlich dreijährigen Probezeit Ende 1994 seien 181 Richter, bei denen die entsprechenden Voraussetzungen vorgelegen
hätten, in ein Richterverhältnis auf Lebenszeit berufen worden. Ihre Besoldung in das Richterverhältnis auf Lebenszeit sei
ausschließlich im Eingangsamt (Besoldungsgruppe R1 Ost) erfolgt (Bl. 288 der SG-Akte).
Mit Urteil vom 13.06.2007 hat das SG den Beklagten dem Grunde nach verurteilt, der Klägerin eine Grundrente unter Zugrundelegung einer MdE von 60 v. H. einschließlich
einer bbB von 10 v. H. bereits ab dem 01.07.1994, einen BSA für die Zeit vom 01.07.1994 bis 31.03.1997 unter Zugrundelegung
eines Vergleichseinkommens nach R1 Ost und eine Ausgleichsrente in gesetzlichem Umfang bereits ab dem 18.06.1998 zu gewähren,
bei den genannten sowie den bereits bewilligten Leistungen in gesetzlichem Umfang einen Kinderzuschlag zu berücksichtigen
sowie auch die Beträge für die Zeit vor 2002 auszuzahlen, die bei der Berechnung des BSA auf anrechnungsfreien Rentenanteilen
aus Kindererziehungszeiten bei der Erwerbsunfähigkeitsrente beruhten. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen.
Hiergegen haben die Klägerin am 07.08.2007 und der Beklagte am 29.08.2007 Berufung eingelegt. Das Berufungsverfahren ist zunächst
unter dem Aktenzeichen L 6 VU 3861/07 geführt, mit Beschluss vom 21.07.2008 zum Ruhen gebracht und nach Wiederanrufung durch die Klägerin unter dem Aktenzeichen
L 6 VU 6/10 fortgeführt worden.
Mit Bescheid vom 08.11.2007 hat das Versorgungsamt (entsprechend dem Beschluss des OLG Dresden vom 14.12.2005) die Zugehörigkeit
der Klägerin zum Personenkreis des StrRehaG aufgrund der als rechtsstaatswidrig erklärten Einweisung zur psychiatrischen Untersuchung am 21.11.1972 sowie zur stationären
psychiatrischen Begutachtung vom 13.12. bis 16.12.1972 festgestellt. Nach der vom Landratsamt Reutlingen am 04.05.2006 ausgestellten
Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 Häftlingshilfegesetz (HHG) habe in der Zeit vom 12.11.1976 bis 28.10.1977 eine rechtswidrige Freiheitsentziehung unter haftähnlichen Bedingungen vorgelegen.
Ein Anspruch auf höhere Leistung nach dem StrRehaG bzw. dem HHG werde dadurch nicht begründet.
Die Klägerin hat in ihrer 72-seitigen Berufungsbegründung u. a. geltend gemacht, es sei bei der Ermittlung der Höhe der MdE
der Gesundheitszustand vor und nach dem Schädigungsereignis zu vergleichen. Wie sich aus der aktenkundigen Personalkarte A
ergebe, sei ihr Gesundheitszustand 1971 gut gewesen. Unmittelbar nach dem Betroffenheitszeitraum 1972 bis 1977 sei sie an
einer schweren PTBS mit ausgeprägten psychosomatischen Schäden (Herz, Magen, Darm usw.), Retraumatisierungsschäden, Suiziden,
Unmöglichkeit der sozialen Bindungen und irreparablen Schädigungen erkrankt, wie sich aus den ärztlichen Bescheinigungen des
sie seit 1978 behandelnden Dr. D. ergebe. Das allein rechtfertige eine MdE von 70 v. H., wobei sich zuzüglich der MdE von
10 v. H. wegen bbB eine MdE von 80 v. H. seit 11.11.1977 ergebe. Sie sei am 11.11.1977 nach einer Zeit intensivster Verfolgung
und Folter gesundheitlich ruiniert in die BRD gekommen. Die nachfolgende Zeit sei nicht minderschwer gewesen, wie die seelischen,
psychosozialen, psychosomatisch interpretierbaren und körperlichen Folgen zeigten. Da die Diagnose PTBS damals noch weitgehend
unbekannt gewesen sei, sei sie in der Bundesrepublik Deutschland lediglich wegen psychosomatischer Beschwerden behandelt worden,
so dass es im Laufe der Jahrzehnte zu einer Chronifizierung der PTBS gekommen sei. Außerdem sei die von Dr. H. diagnostizierte
reaktive Depression von Anfang an hinzuzurechnen, denn sie sei unmittelbare Traumafolge und habe bereits seit 1977 bestanden.
Das Gutachten von Prof. Dr. F. vom 24.07.2001 ziehe u. a. deshalb ein Beweisverwertungsverbot nach sich, weil sie auf ihr
Widerspruchsrecht aus § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X nicht hingewiesen worden sei und aus dem Gutachten nicht hervor gehe, wer es erstellt habe. Sie habe Prof. Dr. F. lediglich
auf dem Flur des Instituts gesehen, als er Dr. L. zugerufen habe, jetzt zum Zahnarzt zu gehen. Die begutachtenden Untersuchungen
seien von Dr. L. durchgeführt worden. Seit 18.06.1998 - der Entlassung aus dem Juristischen Vorbereitungsdienst - betrage
die MdE 100 v. H. einschließlich einer bbB in Höhe von 10 v. H., denn sie sei seit diesem Zeitpunkt erwerbsunfähig. Sie sei
beruflich durch das MfS ruiniert worden, denn sie habe in der DDR Berufsverbot erhalten und auch in der BRD nicht als Juristin
arbeiten dürfen. Das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg habe sie im NADIS-Spionagecomputer gespeichert und
somit eine Berufstätigkeit unmöglich gemacht. Dies sei vom MfS geplant gewesen. Stasispitzel im Westen Deutschlands hätten
unwahre Verdächtigungen an das Landesamt für Verfassungsschutz weitergegeben. Das SG habe versäumt, alle vorgetragenen Tatsachen (wirtschaftlicher Ruin, da sie außer einer Reisetasche und einem Koffer nichts
aus der DDR habe mitnehmen können, und gesellschaftlicher Ruin nach Isolation und Jahren der Arbeitslosigkeit) zu würdigen,
zumal es nur auf die gesundheitliche Schädigung abgestellt habe. Ausgehend von einer MdE von 80 v. H. unmittelbar nach der
Schädigung hätten sich, auch mangels fachgerechter Behandlung bis zum heutigen Tag, die Schädigungsfolgen verschlimmert. Hinsichtlich
des BSA habe das SG eine im Gesetz nicht vorgesehene Differenzierung nach Besoldungsgruppe R1 Ost vorgenommen, obwohl § 4 Abs. 2 BSchAV nur von den Besoldungsgruppen R1/R2 ausgehe. Deswegen sei der BSA vor Vollendung des 50. Lebensjahres das Vergleichseinkommen
auf der Basis der Besoldungsgruppe R1 und der Dienstaltersstufe 6 sowie danach auf der Basis der Besoldungsgruppe R2 und der
Dienstaltersstufe 10 zu bestimmen.
Mit Urteil vom 24.05.2012 hat der Senat das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 13.06.2007 abgeändert, den Beklagten
dem Grunde nach verurteilt, der Klägerin einen Berufsschadensausgleich für die Zeit vom 01.01.1996 bis 31.03.1997 unter Zugrundelegung
eines Vergleichseinkommens, das aus dem Durchschnittseinkommen des Grundgehalts der Besoldungsgruppe A 11 und Dienstaltersstufe
des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) einschließlich Ortszuschlag nach Stufe 2 zu ermitteln ist, zu gewähren, und im Übrigen die Klage abgewiesen sowie die Berufung
des Beklagten im Übrigen und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und deren Klagen abgewiesen. Zur Begründung hat der
Senat ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Feststellung einer schweren komplexen PTBS mit ausgeprägten psychosomatischen
Störungen als weitere Schädigungsfolgen. Denn unter Zugrundelegung der in den Diagnosesystemen ICD-10 und DSM-IV genannten
Voraussetzungen sei der Senat nicht davon überzeugt, dass die Klägerin an einer PTBS leide, sodass es auf die Frage des ursächlichen
Zusammenhangs mit den festgestellten rechtsstaatswidrigen Maßnahmen im Beitrittsgebiet nicht ankomme. Hierbei hat der Senat
die Gutachten von Dr. N. und von Prof. Dr. F. im Urkundenbeweis gewürdigt, aber sich auch auf den Entlassungsbericht der Psychosomatischen
Fachklinik B. D. und die anamnestischen Angaben im Gutachten von Dr. H. gestützt und weiter ausgeführt, der Feststellung einer
PTBS als Schädigungsfolge stehe außerdem das Fehlen einer entsprechenden psychopathologischen Symptomatik entgegen. Auch insoweit
hat der Senat auf das Gutachten des Prof. Dr. F., aber auch auf den ärztlichen Entlassungsbrief der Klinik B. D. Bezug genommen.
Ein Anspruch auf eine höhere Grundrente bestehe nicht, denn auf der Grundlage der vom Beklagten festgestellten Schädigungsfolge
liege bei der Klägerin schädigungsbedingt keine höhere MdE als 60 v. H. vor. Nach Teil A Ziffer 26.3 AHP bzw. Teil B Ziff.
3.7 VG würden im Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche die Gesundheitsstörungen Neurosen, Persönlichkeitsstörungen
und Folgen psychischer Traumen in einer Bewertungsgruppe zusammengefasst. Die vom Beklagten als Schädigungsfolge anerkannten
"psychoreaktiven Störungen" seien dieser Gruppe zuzurechnen. Danach betrage bei mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten
die MdE 50 bis 70 v. H. und nur bei schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten die MdE 80 bis 100 v. H. Ausgehend hiervon
habe der Beklagte dem Sachverständigengutachten des Dr. H. folgend die anerkannten psychoreaktiven Störungen mit einer MdE
von 50 v. H. (Bescheid vom 23.10.2002) bewertet und mit Bescheid vom 20.03.2003 die MdE wegen bbB auf 60 v. H. angehoben.
Unter Bezugnahme auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil des SG hat der Senat diese Einschätzung des Beklagten bereits als äußerst wohlwollend bezeichnet. Im Hinblick auf den medizinisch
belegten Vorschaden sowie den nicht schädigungsbedingten Nachschaden könne keinesfalls von einer höheren MdE als 60 v. H.
ausgegangen werden. Insoweit müsse weiter berücksichtigt werden, dass die Klägerin in ihrem Alltagsleben nicht nennenswert
eingeschränkt sei, was der Senat dem Entlassungsbericht der Klinik B. D. sowie den zahlreichen Angaben der Klägerin im laufenden
Verfahren, belegt durch weitere Unterlagen (Presseberichte, Veröffentlichungen etc.) entnommen hat. Die Klägerin sei vielmehr
bis heute zu einer eigenständigen strukturierten Lebensführung in der Lage, könne sich selbst und ihren Haushalt versorgen
sowie Pkw fahren (zuletzt zu einem Klassentreffen in der ehemaligen DDR). Sie veröffentliche Bücher und Artikel, veranstalte
Lesungen und führe zahlreiche Klageverfahren auch für andere Personen, denen sie persönlich im Prozess beistehe. Sie stehe
in der Öffentlichkeit und könne selbständig Kontakt zu zahlreichen Amtsträgern und Politikern aufbauen, um ihrem Anliegen
zum Erfolg zu verhelfen, ohne dass sie bis vor fünf Jahren zielgerichtete fachärztliche Hilfe habe in Anspruch nehmen müssen.
Selbst jetzt führe die Klägerin nur eine Lebensbegleitung durch den Psychotherapeuten durch, aber keine eigentliche Traumatherapie.
Auch der persönliche Eindruck des Senats in der mündlichen Verhandlung habe das Bild einer mitten im Leben stehenden agilen
Frau bestätigt, die sich dezidiert einbringen könne und auch keinen in irgendeiner Form niedergeschlagenen oder beeinträchtigten
Eindruck hinterlasse. Nach ständiger Rechtsprechung des LSG könne in der Regel bei insoweit fehlender fachärztlicher Behandlung
nicht davon ausgegangen werden, dass ein diagnostiziertes seelisches Leiden über eine leichtere psychische Störung hinausgehe.
Gegen das ihr am 06.06.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14.06.2012 Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht
(BSG) eingelegt. In der umfassenden Begründungsschrift wird der Lebenssachverhalt bis zur Ausreise der Klägerin aus der DDR im
Jahre 1977 in wenigen Absätzen zusammengefasst.
Mit Beschluss vom 17.04.2013 hat das BSG das Urteil des Senats vom 24.05.2012 insoweit aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen,
als es die Ansprüche der Klägerin auf Feststellung weiterer Schädigungsfolgen sowie auf Gewährung einer höheren Grundrente,
eines höheren BSA und einer höheren Ausgleichsrente betrifft, und im Übrigen die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig
verworfen (- B 9 V 36/12 - SozR 4-1500 § 118 Nr. 3). Zur Begründung hat das BSG ausgeführt, dass durch die Heranziehung und Verwertung des bereits im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachtens des Prof.
Dr. Foerster vom 24.07.2001 das LSG §
118 Abs.
1 SGG i. V. m. §
407a Abs.
2 Zivilprozessordnung (
ZPO) verletzt habe. Ein Gericht, welches unter Verzicht auf Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zulässigerweise
ein bereits im Verwaltungsverfahren eingeholtes Sachverständigengutachten verwerten wolle, müsse sicherstellen, dass der das
Gutachten verantwortlich Unterzeichnende die Vorschriften des §
407a Abs.
2 ZPO beachtet habe. Gemäß §
407a Abs.
2 Satz 1
ZPO sei der Sachverständige nicht befugt, den Auftrag auf einen anderen zu übertragen. Soweit er sich der Mitarbeit einer anderen
Person bediene, habe er diese namhaft zu machen und den Umfang ihrer Tätigkeit anzugeben, falls es sich nicht um Hilfsdienste
untergeordneter Bedeutung handele. Bei psychologischen und psychiatrischen Gutachten müsse der Sachverständige die persönliche
Begegnung mit dem Probanden und das explorierende Gespräch im wesentlichen Umfang selbst durchführen. Das LSG sei dem Einwand
der Klägerin, Prof. Dr. F. lediglich auf dem Flur des Instituts gesehen zu haben, als er Dr. L. zugerufen habe, dass er nun
zum Zahnarzt gehe, die gutachtlichen Untersuchungen seien von Dr. L. durchgeführt worden, nicht nachgegangen. Allein der vom
LSG in diesem Zusammenhang genannte Umstand, dass Prof. Dr. F. das Gutachten mit der Formulierung "einverstanden aufgrund
eigener Untersuchung und Urteilsbildung" unterzeichnet habe, belege angesichts der detaillierten und abweichenden Darstellung
der Klägerin nicht, dass der Sachverständige die Klägerin tatsächlich persönlich untersucht habe. Von diesem Verfahrensmangel
seien allerdings nur die Ansprüche der Klägerin auf Feststellung weiterer Schädigungsfolgen sowie auf Gewährung einer höheren
Grundrente, eines BSA und einer höheren Ausgleichsrente betroffen, denn nur hinsichtlich dieser Ansprüche sei das genannte
Gutachten des Prof. Dr. F. von Bedeutung. Hinsichtlich des Anspruchs auf Feststellung einer weiteren schädigungsbedingten
Gesundheitsstörung (schwere PTBS) und der Höhe des BSA habe sich das LSG ausdrücklich auf das Gutachten des Prof. Dr. F. gestützt
und insbesondere die Feststellung der geltend gemachten schweren PTBS als Schädigungsfolge abgelehnt. Hinsichtlich des Anspruchs
auf höhere Grund- und Ausgleichsrente fehle zwar eine ausdrückliche Bezugnahme des LSG auf dieses Gutachten. Da die Höhe dieser
Leistungen indes von der Höhe der MdE abhänge, die MdE selbst aber von dem Umfang der anerkannten Schädigungsfolgen bestimmt
werde, liege der rechtliche Zusammenhang mit dem Anspruch auf Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen auf der Hand. Soweit
das LSG zugleich auch über den rechtmäßigen Beginn der Grundrente, des BSA und der Ausgleichsrente entschieden habe, fehle
es an einem entsprechenden rechtlichen Zusammenhang mit der Verneinung des Anspruchs auf Feststellung weiterer Schädigungsfolgen,
denn das LSG habe die Ansprüche auf früheren Leistungsbeginn aus Rechtsgründen verneint. Auch hinsichtlich der vom LSG als
unzulässig angesehenen Anträge der Klägerin (Anfechtung mehrerer Bescheide, die von dem Verfahrensvergleich vom 13.06.2007
erfasst würden; Ansprüche nach dem StrRehaG; Ansprüche auf Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie auf Herausgabe eines von der BfA an den Beklagten bezahlten Betrages) sowie
hinsichtlich der Ansprüche der Klägerin auf andere Versorgungsleistungen (Gewährung eines Ehegatten- und Kinderzuschlages,
Auszahlung der an andere Stellen erstatteten Beträge) habe das LSG das Gutachten des Prof. Dr. F. nicht herangezogen. Es bestehe
auch kein ausreichender rechtlicher Zusammenhang mit den Ansprüchen, bei denen dies der Fall sei. Die Nichtzulassungsbeschwerde
sei unzulässig, soweit sie die nicht von der erfolgreichen Verfahrensrüge (Unzulässigkeit der Verwertung des Gutachtens von
Prof. Dr. F.) erfassten Streitpunkte betreffe.
In dem unter dem neuen Aktenzeichen L 6 VU 2236/13 ZVW fortgeführten Verfahren hat der Senat Prof. Dr. F. und Dr. L. als Zeugen schriftlich vernommen. Die hiergegen eingelegte
Beschwerde der Klägerin hat das LSG durch Beschluss vom 18.06.2013 als unzulässig verworfen.
Dr. L. hat mit Schreiben vom 21.06.2013 angegeben, bei der Klägerin eine ausführliche Anamnese erhoben und eine psychiatrisch-psychotherapeutische
Befunderhebung durchgeführt zu haben. Er habe die Akten ausgewertet und das Gutachten abgefasst. Prof. F. habe keine eigenen
Untersuchungen bei der Klägerin durchgeführt. Er habe den Entwurf des Gutachtens gegengelesen, mit ihm diskutiert und ggf.
korrigiert. An die von der Klägerin geschilderte Situation im Flur habe er keine Erinnerung. Prof. Dr. F. hat in seinem Schreiben
vom 27.06.2013 ausgeführt, an diese Begutachtung keinerlei Erinnerung mehr zu haben. Nach Beiziehung der Akte der Klägerin
aus dem Archiv habe er festgestellt, dass das Auftragsschreiben des Versorgungsamtes Ravensburg vom 04.04.2001 seinen handschriftlichen
Vermerk "Leonhardt mit Gegenzeichnung, Foe, 29.04.01" trage. Die Klägerin sei von ihm nicht persönlich untersucht worden.
Seine Unterschrift mit dem Vermerk "Einverstanden aufgrund eigener Untersuchung und Urteilsbildung" sei insoweit irrtümlich
erfolgt.
Sodann hat der Senat von Amts wegen bei PD Dr. H. das Gutachten vom 20.09.2013 eingeholt und darauf hingewiesen, dass das
Gutachten von Prof. Dr. F./Dr. L. vom 24.07.2001 sowie die entsprechenden Textpassagen im Urteil des Senats vom 24.05.2012
nicht in die Begutachtung einzubeziehen seien.
In seinem Gutachten vom 20.09.2013 hat der Sachverständige mitgeteilt, dass bei der ambulanten Untersuchung auf Wunsch der
Klägerin "Frau L." teilgenommen habe. Weiter ergibt sich aus dem Gutachten, dass die Klägerin eingangs der Untersuchung geäußert
hat, keine weiteren Angaben zur Vergangenheit machen zu wollen, um ihren derzeitigen Gesundheitszustand zu schützen. Aus diesem
Grund habe sie auch einen Antrag beim Bundesverfassungsgericht gestellt auf einstweilige Anordnung, dass eine entsprechende
Begutachtung wie diese nicht stattfinden solle. Anschließend hat die Klägern vorgetragen, "partiell" Angaben machen zu wollen.
PD Dr. H. hat eine schwere komplexe PTBS diagnostiziert. Inwieweit die geschilderten Herzbeschwerden, die vorliegende Essstörung
mit Schädigung der Zähne, ein Tinnitus mit Schwerhörigkeit, Allergien, Asthma und funktionelle Magen- und Darmbeschwerden
in diesem Zusammenhang klinisch zu sehen seien, verbleibe unklar. Ein solcher Zusammenhang könne hier nicht behauptet werden,
da die möglichen Ursachen der geschilderten Symptome vielfältig sein könnten, sodass hier nicht die sicher bestehende komplexe
PTBS angeschuldigt werden könne, auch Ursache aller anderen aufgeführten Beschwerden zu sein. Mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit
seien die vom OLG D. festgestellten rechtsstaatswidrigen Maßnahmen wesentliche Ursache für die festgestellte Gesundheitsstörung.
Die akut bedrohlichen und im Kontrast zu dem bisherigen Erlebniszusammenhang der Klägerin stehenden sowie in ihren Konsequenzen
für die Klägerin damals unabsehbaren rechtsstaatswidrigen Maßnahmen seien in diesem Sinne mitursächlich von überragender Bedeutung.
Dies schließe nicht aus, dass wesentliche andere Maßnahmen sowie die andauernde Atmosphäre kontinuierlicher latenter Bedrohung
mit der stets vorhandenen Möglichkeit, dass sich diese in konkreter, gegen die Klägerin gerichteter Gewaltausübung verdichteten,
ebenfalls wesentliche Mitursachen am Auftreten der PTBS darstellten. Die Kausalkette sei nicht unterbrochen, da gerade die
anhaltende Atmosphäre der ständigen Möglichkeit einer akuten erneuten Gewaltausübung durch die anhaltende Bespitzelung, Verfolgung
und die destruktiven Verhaltensweisen des Staatsapparates gegenüber der Klägerin eine chronische Angstentwicklung bis hin
zu paranoiden Wahrnehmungsverzerrungen bedingt habe. Hieraus sei im Zusammenhang mit den dann aufgetretenen akutbedrohlichen
Ereignissen, wie sie etwa unter dem Stichwort "Bukarest" eingehend beschrieben seien, die PTBS entstanden. Es sei auch eine
angemessene zeitliche Verbindung der einzelnen pathogenen Ursachen und Ereignisse mit dem Auftreten der PTBS gegeben. Die
genaue Angabe des Zeitpunktes, zu dem die PTBS hätte diagnostiziert werden müssen, wenn sich dieses psychotraumatologische
Konzept damals schon in der wissenschaftlichen Lehrmeinung entsprechend durchgesetzt hätte, sei in der Tat problematisch festzustellen.
Es spreche sehr viel dafür, eine PTBS mindestens seit Mitte 1999 als gesichert ansehen zu müssen. Bei der Klägerin müsse unter
Würdigung sämtlicher bekannter Umstände von einer schweren Störung mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten ausgegangen
werden. Es werde ein GdS von 70 als angemessen vorgeschlagen.
Der Beklagte vermochte sich diesem Gutachtensergebnis nicht anzuschließen und hat zur Begründung auf die vorgelegte versorgungsärztliche
Stellungnahme des Dr. G. verwiesen. Darin hat dieser ausgeführt, dass nach Auswertung des Gutachtens zwar eine komplexe PTBS
als Schädigungsfolge angesehen werden könnte. Die bisherige Bezeichnung der Schädigungsfolgen "psychoreaktive Störungen" beinhalte
jedoch als Überbegriff sowohl posttraumatische Symptome als auch dissoziative Störungsanteile, so dass eine Erweiterung der
Bezeichnung der Schädigungsfolgen nicht erforderlich sei. Die bisherige Bewertung der anerkannten Schädigungsfolgen mit einem
GdS von 50 erfasse bereits den Ausprägungsgrad einer schweren Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten
im unteren Ermessensspielraum. Die jetzige Lebenssituation mit allen Aspekten der Alltagsgestaltung und -bewältigung und des
psychosozialen Umfeldes werde in dem Gutachten zu wenig beleuchtet, um (auch unter Berücksichtigung von in der Begutachtungssituation
gezeigten dissoziativen Bewusstseinsstörungen) die Ausschöpfung des oberen Ermessensspielraumes für schwere seelische Störungen
mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten ausreichend begründen zu können. Auch seien die aktuellen Angaben zur
Lebenssituation und zu den Auswirkungen der psychischen Störung nicht ausreichend, um den nach bisheriger Aktenlage gewonnenen
Eindruck vom psychosozialen Funktionsniveau zu entkräften, der auch im Urteil des Senats vom 24.05.2012 beschrieben sei.
Die Klägerin hat gegen das Gutachten des Sachverständigen Dr. H. eingewandt, dass bei einer schweren Störung mit schweren
sozialen Anpassungsschwierigkeiten nach Teil B Nr. 3.7. VG der GdS 80 bis 100 bedinge. Es sei hinsichtlich des Vorliegens
somatischer Störungen (funktionelle Herzbeschwerden, Essstörung mit Schädigung der Zähne, Bruxismus und Zahnverlust, Tinnitus
mit Schwerhörigkeit, funktionelle Magen- und Darmbeschwerden usw.) Beweis zu erheben und eine entsprechende Ergänzung des
Gutachtens durch den Sachverständigen Dr. H. zu veranlassen. Der Senat habe in seinem Schreiben vom 09.07.2013 an den Sachverständigen
eine Anzahl von Akten angeführt, die in ihrer Gesamtheit dem Gutachter im Zweifel überhaupt nicht vorgelegen hätten. Das Gutachten
sei hinsichtlich des Zeitpunkts des Auftretens der PTBS unschlüssig. Einerseits komme der Sachverständige zum Schluss, dass
die vom OLG Dresden festgestellten rechtsstaatswidrigen Maßnahmen wesentliche Ursache für die festgestellte Gesundheitsstörung
seien. Diese rechtsstaatswidrigen Maßnahmen umfassten den Zeitraum von 1971, 1973, 1976 bis 1977 und legten die Entstehung
des Posttraumas eindeutig in die Jahre 1976 bis 1977. Andererseits habe der Sachverständige die PTBS mindestens seit Mitte
1999 als gesichert angesehen. Eine derartige Latenz sei aus eigenem Erfahren und Erleben und nach Studium von Literatur und
Psychotraumatologie unbekannt. Außerdem hat die Klägerin beantragt, Beweis darüber zu erheben, dass die ständigen Retraumatisierungen
durch Verwaltungs- und Gerichtsverfahren seit 1995 zu einer wesentlichen Verschlimmerung der PTBS geführt hätten, die eine
entsprechende Erhöhung der PTBS bedingten. Da es dem Sachverständigen mangels Vorlage der Gesamtakte unmöglich gewesen sei,
von einem Gesamtsachverhalt auszugehen und einer Beurteilung zu unterziehen, sei das Gutachten entsprechend zu ergänzen. Im
Hinblick auf das Vorbringen des Beklagten hat die Klägerin mit Schreiben vom 02.02.2014 repliziert, nach Teil B Nr. 3.7 VG
würden die Folgen psychischer Traumen und nicht psychoreaktive Störungen bewertet. Auch ein Rollstuhlfahrer könne Auto fahren,
schreiben, reden, klagen, Bücher schreiben. Versinnbildlicht sitze ihre Seele im Rollstuhl. Sie sei nicht geistig behindert
und könne demnach denken, laufen, reden, schreiben, aber manchmal könne sie es auch nicht, weil die PTBS all das verunmögliche.
Desweiteren hat die Klägerin eine Bescheinigung des Dipl.-Psych. B. vom 21.08.2012 vorgelegt, wonach sich die Klägerin seit
02.12.2008 bis 21.08.2012 in psychotherapeutischer Behandlung in der psychologischen Gemeinschaftspraxis B. und N. befinde.
Der Senat hat im Hinblick auf die von der Klägerin gestellten Anträge sowie die von ihr erhobenen Einwendungen bei PD Dr.
H. die ergänzende Stellungnahme vom 26.04.2014 eingeholt, in der er sowohl hinsichtlich der Höhe des GdS als auch hinsichtlich
des Zeitpunktes des Auftretens der PTBS bei seiner ursprünglichen Einschätzung geblieben ist.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 13.06.2007 und den Erstanerkennungsbescheid vom 23.10.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 06.10.2003 abzuändern sowie den Neufeststellungsbescheid vom 20.03.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
07.10.2003 aufzuheben und
1.
als weitere Schädigungsfolgen festzustellen: Schwere komplexe posttraumatische Belastungsstörung mit ausgeprägten psychosomatischen
Störungen (funktionelle Herzbeschwerden, Essstörungen, psychogenes Erbrechen) mit schwerer Schädigung der Zähne, Tinnitus
mit Schwerhörigkeit, Allergien, Asthma, funktionelle Magen- und Darmbeschwerden
sowie
2.
den Beklagten zu verurteilen, a) ihr unter Anrechnung bereits geleisteter Beträge eine Grundrente nach dem BVG ab dem 1. Januar 1996 ausgehend von einem GdS von 80 (einschließlich eines GdS von 10 wegen besonderer beruflicher Betroffenheit)
und ab dem 18. Juni 1998 ausgehend von einem GdS von 100 (einschließlich eines GdS von 10 wegen besonderer beruflicher Betroffenheit),
b) Berufsschadensausgleich unter Zugrundelegung eines Durchschnittseinkommens nach der Besoldungsgruppe R1/R2, zuzüglich des
erhöhten Ortszuschlages nach Stufe 2 (§ 40 Abs. 3 BBesG [Anlage V]) und der Stellenzulage nach Vorbemerkung Nr. 1a zu der Besoldungsordnung R (Anlage III BBesG) unter Anrechnung der bereits geleisteten Beträge in der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe seit dem 01.01.1996 sowie c) ihr
unter Anrechnung bereits geleisteter Beträge eine Ausgleichsrente ab dem 01.01.1996 ausgehend von einem GdS von 80 und ab
dem 18.06.1998 ausgehend von einem GdS von 100 zu gewähren,
hilfsweise den zum gerichtlichen Sachverständigen ernannten PD Dr. M. H. als sachverständigen Zeugen zu vernehmen zu folgenden
Fragen:
1.
Basiert die sowohl im Gerichtsgutachten vom 20.09.2013 und im Schreiben vom 26.04.2014 vertretene Auffassung hinsichtlich
des Zeitpunktes der Zufügung des Traumas durch die erlittene Folter in der DDR (1976 bis 1977 StrRehaG; 1972 bis 1976, der PTBS (1999) auf einer wissenschaftlich fundierten Lehrmeinung und wenn ja, wer vertritt sie?
2.
Welche statistischen Vergleiche oder Studien wurden vom Gutachter herangezogen, um den verzögerten Beginn (Latenz von 22 Jahren)
der PTBS wissenschaftlich zu belegen?
3.
Gibt es weitere wissenschaftliche Lehrmeinungen, die die Theorie des Herrn Dr. H. über ein verzögertes Auftreten der PTBS
über den Zeitraum von über 20 Jahren belegen?
4.
hilfsweise: Ergänzung des Gutachtens durch die in der Enumeration 1-3 angeführten Fragen, 5. sowie die mit Schriftsatz vom
25. Juni 2014 gestellten Fragen zu beantworten,
hilfsweise 1. die Erstellung eines Zusatzgutachtens von Amts wegen hinsichtlich der bei ihr vorliegenden körperlich-funktionellen
Beeinträchtigungen (somatische Schädigungen) im Rahmen der festgestellten schweren komplexen PTBS. und mit der Begutachtung
zu beauftragen: Prof. Dr. Dr. A. M. Psychologisches Institut der Universität Z. B. 14/17 R. B. 3 E 14 C. -8. Z.
2. die Erstellung eines Zusatzgutachtens von Amts wegen hinsichtlich der bei ihr vorhandenen schweren Schädigung der Zähne
durch die seit 1973 anhaltende Essstörung als körperlich-funktionelle Beeinträchtigung durch die komplexe PTBS und der schweren
Schädigung des Ober- und Unterkiefers - Vereiterung infolge des Bruxismus und der Kiefergelenke und mit der Begutachtung zu
beauftragen: Prof. Dr. E. H. Universitätsklinikum F. H. Straße 55 7. F.,
hilfsweise, Frau W. L. als Zeugin zu den im Schriftsatz vom 25.06.2014 gestellten Fragen zu hören,
hilfsweise, die Akten komplett einzusehen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 13. Juni 2007 abzuändern und die Berufung zurückzuweisen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist der Klägerin nochmals Gelegenheit gegeben worden, umfassend zu den Geschehnissen
im Rahmen der Verhöre durch die Stasi-Mitarbeiter vorzutragen. Hinsichtlich der hierzu gemachten Angaben der Klägerin wird
auf die Sitzungsniederschrift vom 26.06.2014 verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die vorgelegten Behördenakten
sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Gerichtsakten des BSG verwiesen.
Entscheidungsgründe
Soweit über die Berufungen der Klägerin und des Beklagten aufgrund der teilweisen Aufhebung des Senatsurteils vom 24.05.2012
(L 6 VU 6/10) und insoweit Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung durch Beschluss des BSG vom 17.04.2013 zu befinden ist, sind die Berufungen gemäß §§
143,
151 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) form- und fristgemäß eingelegt sowie statthaft (§
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG) und auch im Übrigen zulässig.
Zu entscheiden ist jedoch nur im dem Umfang, in dem das BSG die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen hat. Streitgegenständlich sind somit noch
die Ansprüche der Klägerin zur Feststellung weiterer Schädigungsfolgen (1), auf Gewährung einer höheren Grundrente (2), eines
höheren BSA (3) und einer höheren Ausgleichsrente (4). Hinsichtlich aller weiterer von der Klägerin im Verfahren L 6 VU 6/10 gestellten Anträge sowie hinsichtlich der Frage des rechtmäßigen Beginns der Grundrente, des BSA und der Ausgleichrente ist
durch das Urteil des Senats vom 24.05.2012 rechtskräftig entschieden worden, nachdem das BSG die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin insoweit als unzulässig verworfen hat. Auch über die Berufung des Beklagten ist
durch die Teilaufhebung des Senatsurteils vom 24.05.2012 nur in dem Umfang erneut zu entscheiden, als die unter Nr. 1 bis
4 genannten Streitgegenstände dies erfordern.
Die in diesem Sinne eingeschränkte Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung
der von ihr genannten weiteren Schädigungsfolgen und auf höhere Versorgungsleistungen. Da die hier angefochtenen Bescheide
vom 23.10.2002 und 20.03.2003 auf der Grundlage des
VwRehaG ergangen sind, ist die maßgebliche Rechtsgrundlage §
3 VwRehaG. Entsprechende Regelungen enthalten § 4 HHG und § 21 StrRehaG für die jeweiligen dort beschriebenen Schädigungstatbestände. Nach §
3 Abs.
1 Satz 1
VwRehaG erhält ein Betroffener, der infolge einer Maßnahme nach §
1 VwRehaG eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf
Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des BVG. §
3 VwRehaG unterscheidet ebenso wie § 1 Abs. 1 BVG zwischen dem schädigenden Ereignis, der dadurch hervorgerufenen gesundheitlichen Schädigung und den gesundheitlichen und
wirtschaftlichen Folgen der Schädigung. Anders als der Ursachenzusammenhang zwischen schädigendem Vorgang, primärer gesundheitlicher
Schädigung und Schädigungsfolge, der nach §
3 Abs.
5 Satz 1
VwRehaG schon im Falle der Wahrscheinlichkeit zu bejahen ist, bedarf es für die Annahme der primären gesundheitlichen Schädigung
des Vollbeweises. Das verlangt zwar nicht, dass die Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch
erforderlich ist indes ein so hoher Grad an Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein
vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch noch zweifelt, d.h. die Wahrscheinlichkeit muss an Sicherheit grenzen.
1.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung der von ihr geltend gemachten weiteren Schädigungsfolgen. Dabei kann der
Senat dahin gestellt sein lassen, ob überhaupt ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung besteht, nachdem der
Beklagte bereits "psychoreaktive Störungen" anerkannt hat. Denn jedenfalls kann sich der Senat nicht davon überzeugen, dass
die Klägerin an einer PTBS leidet.
Der Senat orientiert sich bei der Beurteilung der Frage, ob eine PTBS vorliegt, in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. zuletzt
Urteil vom 27.03.2014 - L 6 U 3992/13) an den gängigen Diagnosesystemen entsprechend der Nomenklatur der Klassifikationssysteme International Classification of
Diseases (ICD-10 Version 2014) oder Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-IV-TR). Denn die konkret zu
bezeichnenden Krankheiten bilden die Tatsachengrundlage, von der ausgehend die Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen
Leistungsvermögens zu beurteilen ist (so auch BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; BSG SozR 4-2700 § 200 Nr. 3). Die PTBS wird als Gesundheitsstörung nach ICD-10 F 43.1 beziehungsweise DSM-IV-TR 309.81 erfasst.
Nach ICD-10 F 43.1 entsteht eine PTBS als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine
Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem
eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, zum Beispiel zwanghafte oder asthenische
Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms
senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten
der Störung zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen,
Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit
auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit
sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand
von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und
Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn
folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl
der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen
Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung über.
Nach DSM-IV-TR 309.81 gelten folgende Grundsätze: Das Hauptmerkmal der PTBS ist die Entwicklung charakteristischer Symptome
nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis. Das traumatische Ereignis beinhaltet unter anderem das direkte
persönliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen
Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hat (Kriterium A1). Die Reaktion der Person auf das Ereignis muss intensive
Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen umfassen (Kriterium A2). Charakteristische Symptome, die aus der Konfrontation mit der
extrem traumatischen Situation resultieren, sind das anhaltende Wiedererleben des traumatischen Ereignisses in Form von wiederholten
und aufdringlichen Erinnerungen an das Ereignis (Kriterium B1), von wiederkehrenden, quälenden Träumen, in denen das Erlebnis
nachgespielt wird oder in anderer Form auftritt (Kriterium B2), von Erleben von oft als "flashbacks" bezeichneten dissoziativen
Zuständen, während derer einzelne Bestandteile des Ereignisses wieder erlebt werden (Kriterium B3) oder, wenn die Person mit
Ereignissen konfrontiert wird, die sie an Aspekte des traumatischen Ereignisses erinnern oder die diese symbolisieren, in
Form von intensiver psychischer Belastung (Kriterium B4) oder physiologischer Reaktionen (Kriterium B5). Charakteristische
Symptome sind auch die andauernde Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma assoziiert sind, und eine Abflachung der allgemeinen
Reagibilität in der Form, dass die Person im Allgemeinen versucht, Gedanken, Gefühle oder Gespräche über das traumatische
Ereignis (Kriterium C1) und Aktivitäten, Situationen oder Personen, die die Erinnerung an das Ereignis wachrufen (Kriterium
C2) absichtlich zu vermeiden, wobei die Vermeidung des Erinnerns die Unfähigkeit mit einschließen kann, sich an einen wichtigen
Aspekt des traumatischen Ereignisses zu erinnern (Kriterium C3), oder in Form von verminderter Reaktionsbereitschaft auf die
Umwelt, welche üblicherweise sehr bald nach dem traumatischen Erlebnis eintritt (Kriterium C4), eines Gefühls der Isolierung
und Entfremdung von Anderen (Kriterium C5) oder einer deutlich reduzierten Fähigkeit, Gefühle zu empfinden (Kriterium C6)
oder in der Form, dass betroffene Personen das Gefühl einer eingeschränkten Zukunft haben (Kriterium C7). Charakteristische
Symptome sind auch anhaltende Symptome erhöhten Arousals in Form von Ein- oder Durchschlafschwierigkeiten, die durch wiederholte
Albträume, in denen das traumatische Erlebnis wieder erlebt wird, hervorgerufen werden können (Kriterium D1), Hypervigilanz
(Kriterium D4) und übertriebener Schreckreaktion (Kriterium D5), wobei manche Personen über Reizbarkeit oder Wutausbrüche
(Kriterium D2) oder Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren oder Aufgaben zu vollenden (Kriterium D3), berichten. Das vollständige
Symptombild muss länger als einen Monat anhalten (Kriterium E) und die Störung muss in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder
Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen verursachen (Kriterium F). Traumatische
Erfahrungen, die direkt erlebt wurden, umfassen insbesondere kriegerische Auseinandersetzungen, gewalttätige Angriffe auf
die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschlag, Folterung, Kriegsgefangenschaft, Gefangenschaft in einem Konzentrationslager,
Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, schwere Autounfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit.
Hinsichtlich Beginn und Dauer der Symptome wird unterschieden zwischen der akuten posttraumatischen Belastungsstörung (wenn
die Dauer der Symptome weniger als drei Monate beträgt), der chronischen posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Symptome
drei Monate oder länger andauern) und der posttraumatischen Belastungsstörung mit verzögertem Beginn (wenn mindestens sechs
Monate zwischen dem traumatischen Ereignis und dem Beginn der Symptome vergangen sind). Die Symptome, wie beispielsweise verminderte
affektive Schwingungsfähigkeit, dissoziative Symptome, somatische Beschwerden, Gefühle der Insuffizienz in Form von Hoffnungslosigkeit,
sozialer Rückzug, ständiges Gefühl des Bedrohtseins oder beeinträchtigte Beziehung zu anderen oder Veränderung der Persönlichkeit
im Vergleich zu früher beginnen normalerweise innerhalb der ersten drei Monate nach dem Trauma, obwohl sich die Ausbildung
der Symptome aber auch um Monate oder sogar Jahre verzögern kann. Die Schwere, Dauer und Nähe der Person bei Konfrontation
mit dem traumatischen Ereignis sind die wichtigsten Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit bestimmen, mit der die Störung sich
entwickelt. Es gibt Hinweise, dass soziale Unterstützung, Familienanamnese, Kindheitserfahrungen, Persönlichkeitsvariablen
und vorbestehende psychische Störungen die Ausbildung einer posttraumatischen Belastungsstörung beeinflussen können. Die Störung
kann sich auch bei Personen entwickeln, bei denen zuvor keine besondere Auffälligkeit vorhanden war, besonders dann, wenn
es sich um eine besonders extreme Belastung handelt.
Unter Zugrundelegung dieser, dem heutigen medizinischen Wissensstand entsprechenden Voraussetzungen (BSG, , Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R - Juris; Urteil vom 27.04.2010 - B 2 U 13/09 R - SozR 4-2700 § 9 Nr. 18) leidet die Klägerin nicht an einer PTBS. Hierbei lässt der Senat das zuvor urkundlich verwertete
Gutachten von Prof. Dr. F. unberücksichtigt. Aufgrund der im Berufungsverfahren eingeholten schriftlichen Zeugenaussagen von
Prof. Dr. F. und Dr. L. steht nunmehr fest, dass Prof. Dr. F. entgegen seiner schriftlichen Zusicherung in dem Gutachten,
die Klägerin selbst untersucht zu haben, keine eigene Untersuchung bei der Klägerin durchgeführt hat. Das unter Verstoß gegen
§
118 Abs.
1 SGG i. V. m. §
407a Abs.
2 Satz 1
ZPO zustande gekommene Gutachten unterliegt daher einem Verwertungsverbot, das auch einer urkundlichen Verwertung im gerichtlichen
Verfahren entgegensteht (BSG, Beschluss vom 17.04.2013, a. a. O.). Der für den Senat wesentliche Gesichtspunkt bleibt jedoch auch bei Ausblendung des
Gutachtens von Prof. Dr. F. bestehen, sodass der Senat auch unter Berücksichtigung des Fortgangs des Verfahrens nicht mit
der gebotenen Gewissheit davon überzeugt ist, dass die Klägerin an einer PTBS leidet. Nach wie vor ist für den Senat nämlich
nicht erwiesen, dass die Klägerin objektiv schwer traumatisierende Ereignisse in der zu fordernden Qualität erlebt hat.
Als Eingangskriterium (Kriterium A1) für eine PTBS wird gefordert, dass die äußere Belastung so erheblich ist und objektiv
einen so vital bedrohlichen Charakter hat, dass jeder Mensch unabhängig von seiner Struktur und eventuellen Dispositionen
daran erkranken kann. Als Ankerbeispiele für die PTBS werden in der ICD-10 die Beteiligung an einer durch Naturereignisse
oder durch Menschen verursachten Katastrophe, die Teilnahme an einer Kampfhandlung, das Verwickeltsein in einen schweren Unfall,
Folter, Terrorismus oder Vergewaltigung genannt. Die Bedrohung muss außergewöhnlich sein, objektiv bedrohlich und in ihrem
Ausmaß katastrophal.
Erlebnisse dieser Art ergeben sich weder aus den Berichten der Klägerin noch sind sie im Verlauf der gutachterlichen Untersuchungen
durch Dr. N., Dr. H. und Dr. H. in versteckter Form erkennbar geworden. Soweit die Klägerin über einzelne Maßnahmen, die Gegenstand
der Rehabilitierung waren, berichtet hat, hatten diese zur Überzeugung des Senats objektiv keinen so schwer bedrohlichen Charakter,
dass hieraus eine PTBS hätte entstehen können. Dies mag hinsichtlich des von der Klägerin geschilderten versuchten unerlaubten
Übertritts an der ungarisch-österreichischen Grenze anders zu beurteilen sein, als ihr ein Soldat einen Gewehrlauf ins Genick
gehalten haben soll. Hierbei hat es sich indes nicht um eine staatliche Maßnahme gehandelt, die nach dem
VwRehaG zu berücksichtigen ist, da sie nicht im Beitrittsgebiet erfolgte (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 27.04.2007). Dass der Einbruch
eines lediglich mit einer Badehose bekleideten Mannes in die Wohnung der Klägerin im Sommer/Herbst 1972 staatlichem Handeln
zuzurechnen ist, hält der Senat nicht für erwiesen. Als rechtsstaatswidrige Maßnahme wurde dieser Vorfall auch nicht anerkannt.
Die psychiatrische Untersuchung vom 21.11.1972 sowie die viertägige Einweisung zur psychiatrischen Untersuchung vom 13. bis
16.12.1972 stellt ebenfalls kein Ereignis dar, das mit der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen
ähnlich bedeutsamen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit einherging oder als solches mit einer solchen Rechtsgutverletzung
vergleichbar wäre. Dass die Klägerin einer rechtsstaatswidrigen Behandlung im Beitrittsgebiet ausgesetzt war und in der Zeit
vom 12.11.1976 bis zum 28.10.1977 ein Leben unter haftähnlichen Bedingungen geführt und im genannten Zeitraum zu Unrecht eine
Freiheitsentzug erlitten hat (so OLG Dresden, a.a.O.), ist allein nicht ausreichend, um das Entstehen einer PTBS zu begründen.
Hinzu kommen muss auch in diesen Fällen ein Geschehen mit der oben genannten Bedrohungsintensität, die sich aus dem Freiheitsentzug
bzw. der rechtsstaatswidrigen Maßnahme als solcher noch nicht ergibt (Senatsurteil vom 23.02.2012 - L 6 VU 6118/09). Hieran fehlt es vorliegend. Weitere Verfolgungsmaßnahmen hat die Klägerin auch im Rahmen des Verfahrens vor dem BSG nicht geschildert. Zwar hat sie angegeben, durch die ihr über Jahre hinweg durch das Ministerium für Staatssicherheit der
ehemaligen DDR zugefügte Folter schwer erkrankt zu sein. Weder hier noch zu einem früheren Zeitpunkt hat die Klägerin jedoch
konkrete Einzelheiten geschildert, wann sie durch wen in welcher Weise wo wie häufig gefoltert worden wäre. Letztlich kann
ihren Berichten und Einlassungen nur entnommen werden, dass sie in regelmäßigen Abständen durch Stasi-Mitarbeiter in Gebäuden
des Ministeriums für Staatssicherheit befragt worden ist, wobei schon insoweit die Sachverhaltsschilderung wenig Detailtreue
zeigt. Anhaltspunkte für körperliche Misshandlungen durch Stasi-Mitarbeiter finden sich in den Berichten der Klägerin ebenso
wenig wie konkrete Darstellungen der Vernehmungsmethoden, sodass eine objektive Bedrohungslage in keiner Weise nachgewiesen
ist. Obwohl der Senat in seinem Urteil vom 24.05.2012 bereits auf diesen Mangel hingewiesen hatte und der Klägerin somit bekannt
war, dass es an den Diagnosevoraussetzungen für eine PTBS fehlt, hat sie auch im weiteren Verlauf keine neuen Tatsachen geschildert,
die unter das Kriterium A1 subsumiert werden könnten. Weder im Rahmen ihrer Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde noch
im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens hat die Klägerin Angaben zu staatlichen Repressalien gemacht, die auch nur annähernd
in ihrer Eingriffsintensität den genannten Ankerbeispielen gleich kämen. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich des im Gutachten
von PD Dr. H. anamnestisch erhobenen Sachverhalts. Zur Einholung eines weiteren psychiatrischen Gutachtens hatte sich der
Senat veranlasst gesehen, um der Klägerin nochmals die Möglichkeit einzuräumen, die von ihr als traumatisch empfundenen Erlebnisse
im Einzelnen zu schildern. Gerade der Umstand, dass die Klägerin auch im Rahmen dieser Begutachtung keine Tatsachen geschildert
hat, die als Traumaereignis i. S. der genannten Diagnoseschlüssel bewertet werden könnten (siehe hierzu noch ausführlich unten),
hat im Zusammenhang mit den von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 26.06.2014 gemachten Angaben die
Überzeugung des Senats bestärkt, dass die Klägerin nicht an einer PTBS leidet.
Der Senat sieht sich in seiner Auffassung durch das urkundlich zu verwertende Gutachten des Dr. N. bestätigt, der ebenfalls
keine PTBS, sondern vielmehr einen Verdacht auf eine dissoziative Störung bei histrionischer und narzistischer Persönlichkeitsstörung
beschrieben hat.
Aus dem Gutachten von Dr. H. ergibt sich nichts anderes, da er lediglich eine PTBS in partieller Form, jedoch nicht im Vollbild
bejaht hat. Der Senat hält die Ausführungen des Sachverständigen allerdings insoweit für nicht überzeugend. Dieser hat allein
aus der Ausprägung und Dauer der Methode der operativen Verfolgung geschlossen, dass eine PTBS zumindest in partieller Form
vorliegt, da "prämorbide Persönlichkeitsfaktoren wie bestimmte Persönlichkeitszüge (z. B. zwanghafte oder asthenische) oder
neurotische Erkrankungen in der Vorgeschichte die Schwelle für die Entwicklung der PTBS senken und seinen Verlauf verstärken
können". Selbst wenn er somit von einer entsprechenden Disposition der Klägerin ausgeht, fehlt es doch an der erforderlichen
Bedrohungslage, die objektiv existenzielle Gefahren beinhaltet. Auch in den anamnestischen Angaben im Gutachten des Dr. H.
finden sich hierfür nicht die erforderlichen Anhaltspunkte. Deshalb gelangt der Sachverständige auch zu dem Ergebnis, dass
die von der Klägerin "dargelegten Ereignisse einer offenbar operativen Verfolgung der Staatssicherheit der DDR in ihrem frühen
Erwachsenenalter, d. h. nach Abschluss der Adoleszenz und der Persönlichkeitsentwicklung bei all ihrer Bedeutsamkeit für das
subjektive Erleben der Antragstellerin zumindest allein nicht dazu geeignet sind, eine derartige schwere Ich-strukturelle
Störung wie eine dissoziative Identitätsstörung hervorzurufen". Welche konkreten Ereignisse nach Auffassung des Sachverständigen
Dr. H. geeignet gewesen sein sollen, auch unter Berücksichtigung der Vorschädigung eine PTBS auszulösen, hat er aber nicht
dargelegt.
Wie bereits oben dargestellt stützt sich der Senat auch auf das Gutachten des PD Dr. H. hinsichtlich der anamnestischen Angaben
der Klägerin zu individuellen Erlebnissen mit traumatischer Intensität. Zwar hat die Klägerin mit Schreiben vom 21.06.2014
die Verletzung der Schweigepflicht gerügt. Die Verwertbarkeit des Gutachtens ist jedoch nicht eingeschränkt. Zum einen hat
die Klägerin PD Dr. H. ausweislich ihrer schriftlichen Erklärung vom 18.09.2013 vollumfänglich von seiner ärztlichen Schweigepflicht
gegenüber dem Senat entbunden. Soweit sie nunmehr einschränkend geltend macht, die Entbindungserklärung habe nur gegenüber
dem Senat, nicht aber gegenüber dem Beklagten gegolten, verkennt sie, dass der Senat nach §
107 SGG verpflichtet ist, den Beteiligten eine Abschrift der Niederschrift der Beweisaufnahme oder deren Inhalt mitzuteilen. Zudem
unterliegt der gerichtliche Gutachter in dem Verfahren, in dem er das Gutachten erstattet, gegenüber dem Gericht keiner Schweigepflicht
(Roller in Lüdtke,
SGG, 4. Auflage 2012, §
106 Rdnr. 18; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Auflage 2012, §
106 Rdnr. 10). Soweit PD Dr. H. in seinem Gutachten bei der Klägerin eine chronifizierte schwere PTBS nach ICD-10 F43.1 diagnostiziert
und als wesentliche Ursache für die PTBS mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit die vom OLG Dresden festgestellten rechtsstaatswidrigen
Maßnahmen erachtet hat, hält der Senat das Gutachten von PD Dr. H. nicht für überzeugend.
In formeller Hinsicht zu beanstanden ist, dass PD Dr. H. auf Wunsch der Klägerin die Teilnahme einer weiteren Person, die
er mit "L." im Gutachten angegeben hat, gestattet hat, ohne zuvor die Zustimmung des Senats als Auftraggeber des Gutachtens
einzuholen. Abgesehen davon, dass aufgrund der Anonymisierung dem Senat die teilnehmende Person noch nicht einmal namentlich
bekannt ist, sieht der Senat keine zwingende Notwendigkeit für das Beisein Dritter bei der Begutachtung der Klägerin. Gründe
für die Hinzuziehung weiterer Personen bei einer Begutachtung können sprachliche Verständigungsschwierigkeiten oder (primär)
körperliche Beeinträchtigungen sein. Es ist nicht ersichtlich und wird auch nicht als Grund für die Anwesenheit von Frau L.
genannt, dass deshalb deren Teilnahme an der Begutachtung erforderlich war. Nach der Leitlinie für die sozialmedizinische
Begutachtung (Stand August 2012, zugänglich unter: www.deutsche-rentenversicherung.de), die im Hinblick auf die allgemeinen
Grundsätze der sozialmedizinischen Begutachtung von Menschen mit psychischen Störungen nicht nur für die gesetzliche Rentenversicherung,
die die Erstellung der Leitlinie initiiert hat, sondern auch in anderen Bereichen des Sozialleistungsrechts von wesentlicher
Bedeutung ist, kann der Ablauf der Begutachtung durch die Anwesenheit einer Begleitperson beeinflusst werden. (vgl. hierzu
und zum Folgenden Ziff. 5.3.3 der Leitlinie). Zwar sind Befürchtungen und Sorgen bezüglich des Ablaufs und der Ergebnisse
ärztlicher Begutachtungen in der Bevölkerung verbreitet und gibt das Gutachten des Sachverständigen PD Dr. H. Hinweise darauf,
dass die Klägerin an ähnlichen Ängsten leidet (vgl. S. 25 des Gutachtens). Auch wird die Unabhängigkeit von Gutachtern angezweifelt
und aus diesem Grund eine Begleitperson gewünscht. Diesen Befürchtungen kann aber in anderer Weise begegnet werden. So kann
durch genaue Information über Sinn und Inhalt des Gutachtens im Vorfeld der eigentlichen Begutachtung eine entsprechende Abwehrhaltung
abgebaut werden. Zudem kann angeboten werden, nach Abschluss der eigentlichen Begutachtung ein gemeinsames Gespräch mit Proband
und Begleitperson zu führen. Die Anwesenheit einer Begleitperson während der psychiatrisch-psychotherapeutischen Begutachtung
ist aus gutachterlicher Sicht nur selten unerlässlich und in der Regel verzichtbar, sie kann sogar dem Zweck der Begutachtung
zuwiderlaufen. Denn Erleben und Verhalten sowie Art und Inhalt der Mitteilungen des Probanden werden durch die Begleitperson
modifiziert. Infolge der spezifischen sozialen Einbindung ist mit selektiven Äußerungen des Probanden zu rechnen, sei es aus
Scham, aus Angst oder aus Rücksicht auf die Gefühle der Begleitperson. All dies hat PD Dr. H. außer Acht gelassen und die
Teilnahme von Frau L. zugelassen, ohne die Gründe für den dahingehend geäußerten Wunsch der Klägerin zu ermitteln bzw. darzustellen.
Dass durch den Gutachtensauftrag eine entsprechende Verfahrensweise stillschweigend gebilligt würde, konnte und durfte PD
Dr. H. bei dieser Sachlage nicht unterstellen; er hätte sich daher zuvor bei dem Senat die erforderliche Zustimmung für eine
Begutachtung im Beisein einer Begleitperson einholen müssen.
Bedenken begegnet auch, dass die Begutachtung durchgeführt worden ist, obwohl die Klägerin einleitend darauf hingewiesen hat,
keine weiteren Angaben zur Vergangenheit machen zu wollen, da sie sich selbst schützen wolle und müsse. Zwar hat sie sodann
- wohl auf entsprechende Nachfragen des Sachverständigen - angekündigt, "partiell" Angaben machen zu wollen. Die Bereitschaft
der Klägerin, nur teilweise an der Erstellung des Gutachtens mitzuwirken, begründet jedoch erhebliche Zweifel, ob dem Gutachtensauftrag
überhaupt entsprochen worden ist. Denn gerade im Rahmen der psychiatrischen Begutachtung, bei der die klinische Untersuchung
nur einen geringen Teil einnimmt und organische Befunde keinen objektivierbaren Bestandteil des Gutachtens darstellen, ist
die Exploration von ganz wesentlicher Bedeutung, die daher eine vollumfängliche Aufklärung aller für die Begutachtung notwendiger
Tatsachen voraussetzt. Wird von Seiten des Probanden von vornherein erklärt, nur in gewissem Umfang Angaben machen zu wollen,
kann der Gutachter die Anamnese nicht zur Grundlage seiner psychiatrischen Befunde machen. Zwar hat die Klägerin am Ende der
Exploration auf Rückfrage mitgeteilt, es seien alle für sie wesentlichen Aspekte in Bezug auf ihre Erkrankung und die entstandenen
Fragestellungen im Untersuchungsgespräch ausreichend ausführlich zur Sprache gekommen. Da dieser Vermerk jedoch nicht im Anschluss
an die eigentliche Exploration, sondern nach Darstellung der Untersuchungsbefunde und Testergebnisse angefügt ist, kann nicht
ausgeschlossen werden, dass sich die Äußerung lediglich auf die Fragen im Zusammenhang mit den durchgeführten Testverfahren
bezieht. Im Übrigen ergibt sich aus der Einlassung der Klägerin gerade nicht eine Rücknahme ihrer ursprünglichen Erklärung,
sich nur teilweise zur Vergangenheit äußern zu wollen.
Im Wesentlichen hält der Senat das Gutachten des Sachverständigen hinsichtlich der von ihm gestellten Diagnose einer schweren
PTBS jedoch deshalb nicht für überzeugend, weil er eine solche Gesundheitsstörung angenommen hat, ohne ein konkretes Traumaerlebnis
zu benennen. Als Beispiel für die "aufgetretenen akutbedrohlichen Ereignisse" nennt er das "Stichwort Bukarest". Wie oben
bereits dargestellt, kann aber das mit dem versuchten unerlaubten Grenzübertritt in Rumänien in Zusammenhang stehende Geschehen
außerhalb der Grenzen des Beitrittsgebietes nicht in die Prüfung mit einbezogen werden. Zwar hat der Sachverständige zutreffend
darauf hingewiesen, dass für die juristische Beweisführung die Identifikation einzelner, genau beschreibbarer Ereignisse eine
besondere Rolle spielt. Gerade an dieser Vorgabe orientiert er selbst sich jedoch nicht, sondern verweist lediglich darauf,
dass im vorliegenden Fall einzelne Ereignisse bisher benannt worden seien "als mögliche Rechtfertigungsgründe für die Zuerkennung
einer Entschädigung". Diese führt er dann aber nicht auf, sondern beschränkt sich wiederum nur darauf, ein Beispiel, nämlich
den Freiheitsentzug durch die Einweisung in die Psychiatrie zur Begutachtung, zu nennen. Selbst wenn es sich hierbei um eine
der rechtsstaatswidrigen Maßnahmen gehandelt hat, die letztlich den Beklagten veranlasst haben, aufgrund der psychoreaktiven
Störungen der Klägerin dieser eine Grundrente zu gewähren, belegt dies nicht ein für die Anerkennung einer PTBS vorauszusetzendes
Traumaerlebnis. Dass die Einweisung bzw. der viertägige Aufenthalt in der Psychiatrie für die Klägerin mit existenzbedrohlichen
Erlebnissen verbunden gewesen ist, hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt selbst vorgetragen und würde auch nicht mit dem Umstand
in Einklang zu bringen sein, dass die Klägerin nicht gegen ihren Willen zur Begutachtung eingewiesen worden ist, sondern ganz
bewusst eine solche Begutachtung angestrebt hat, um die Abschlussbeurteilung vom 10.11.1972 widerlegen zu können. Auch die
Tatsache, dass entgegen der ursprünglichen Einschätzung in der Beurteilung aufgrund der psychiatrischen Begutachtung nunmehr
die Eignung der Klägerin für den Richterberuf nicht mehr in Zweifel gezogen worden ist, lässt auf einen insgesamt positiven
Verlauf während der Begutachtung schließen. Die weitere Argumentation des Sachverständigen baut auf der nicht belegten Annahme
auf, es gebe "besondere singuläre Ereignisse", die dem Kriterium A1 zuzuordnen wären. Die von ihm vorgenommene Allgemeinbetrachtung
läuft seinem eigenen Anspruch individueller Prüfung zuwider. Er unterstellt auch im Falle der Klägerin eine "Atmosphäre der
Bespitzelung, Bedrohung, nicht näher fassbaren Gefahr und der ständigen Erwartung, als nächstes wieder einem konkret traumatisierenden
Ereignis ausgesetzt zu sein", ohne entsprechende tatsächliche Geschehnisse, die ein solches Szenario rechtfertigen, darzulegen.
Die Klägerin ist zwar ausweislich des Beschlusses des OLG Dresden vom 27.04.2007 im Zeitraum vom 12.11.1976 bis 28.10.1977
mindestens einmal wöchentlich verhört worden, über Bespitzelungen hat sie indes erstmals in der mündlichen Verhandlung vom
26.06.2014 und auch nur insoweit berichtet, als sie vor ihrem Haus ein auffälliges Fahrzeug mit zwei Personen, die darin Zeitung
gelesen hätten, bemerkt habe. Bedrohungen und konkret traumatisierende Ereignisse lassen sich aus ihren Schilderungen ebenso
wenig herausfiltern. Soweit PD Dr. H. seine Einschätzung mit der Situation ehemaliger politischer Gefangener der DDR begründet
und insoweit auf eine Studie aus dem Jahr 2013 verweist, überzeugt auch dies nicht. Zwar hat das OLG Dresden im Beschluss
vom 27.04.2007 festgestellt, dass die Klägerin vom 12.11.1976 bis zum 28.10.1977 ein Leben unter haftähnlichen Bedingungen
geführt und während dieses Zeitraums zu Unrecht Freiheitsentzug erlitten hat. Ebenso wie in der von PD Dr. H. genannten Studie
nachgewiesen ist, dass nicht bei allen politischen Gefangenen der DDR dieselben psychischen Folgen aufgetreten sind, sondern
deren Verlauf von potentiell traumatisierenden Ereignissen abhängig und sehr variabel ist und zudem die Selbsteinschätzungen
der zu untersuchenden Personen nur unter Vorbehalt zu verwerten sind (vgl. S. 65 des Gutachtens), ist auch nach Auffassung
des Senats die Inhaftierung politischer Gefangener in der DDR allein noch nicht ausreichend, um eine PTBS zu begründen. Wie
bereits oben dargestellt muss mit dem Freiheitsentzug ein Geschehen verbunden sein, das dem Bedrohungscharakter des A1-Kriteriums
entspricht (vgl. Senatsurteil vom 23.02.2012, a. a. O.). Wie schon mehrfach dargestellt, lässt sich dies auch nicht in Bezug
auf die Verhöre der Klägerin im Zeitraum vom 12.11.1976 bis zum 28.10.1977 feststellen. Eine Situation unmittelbarer Bedrohung
aus dem permanenten Gefühl der Ohnmacht gegenüber der staatlichen Gewalt abzuleiten, wie dies von Seiten des Sachverständigen
geschieht (vgl. S. 67 des Gutachtens), entspricht nicht den in den vom Senat berücksichtigten Diagnoseschlüsseln genannten
Kriterien und ist in dieser Allgemeinheit auch nicht nachvollziehbar. Letztlich dürfte ein entsprechendes Gefühl auch in weiten
Kreisen der Bevölkerung westlicher Demokratien verbreitet sein, ohne dass dies dort mit einem Gefühl unmittelbarer Bedrohung
einher ginge. Wiederum ohne konkreten sachlichen Bezug zur Lebensgeschichte der Klägerin ist die Unterstellung einer Traumatisierung
im Sinne einer "kumulativen Mikro-Traumatisierung als die Herstellung einer ständig gefahrengeladenen Atmosphäre, in welcher
für den Betroffenen nahezu jederzeit mit dem Auftreten einer erneuten konkreten Gefährdung und Traumatisierung zu rechnen
war". Denn an der Schilderung solcher konkreten Gefährdungen und Traumatisierungen fehlt es gerade im Falle der Klägerin.
Soweit der Sachverständige schließlich auf die S3-Leitlinie "Posttraumatische Belastungsstörung", AWMF-Register 051/010, allerdings
unter irrtümlicher Annahme einer verbindlichen Geltung, verweist, wird unter Berücksichtigung der dort genannten Beispielsfälle
(Erleben von körperlicher und sexualisierter Gewalt, auch in der Kindheit, Vergewaltigung, gewalttätiger Angriff auf die eigene
Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschlag, Krieg, Kriegsgefangenschaft, politische Haft, Folterung, Gefangenschaft in
einem Konzentrationslager, Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, Unfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen
Krankheit) ebenfalls deutlich, dass die Diagnose einer PTBS wenn schon nicht konkrete lebensgefährdende Rechtsgutbeeinträchtigungen,
so doch zumindest eine existentielle Bedrohungslage voraussetzt, die im Falle der Klägerin nicht erwiesen ist. Ebenfalls mangelbehaftet
ist die GdS-Einschätzung des Sachverständigen, worauf die Klägerin zwar zu Recht hingewiesen hat, worauf es vorliegend jedoch
nicht entscheidend ankommt, nachdem der Senat sich bereits von der Diagnose einer PTBS nicht überzeugen konnte. Nachdem der
Sachverständige sich dahingehend festgelegt hatte, bei der Klägerin eine schwere Störung mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten
nach Teil B Nr. 3.7 VG anzunehmen, bestand ausweislich der dort getroffenen verbindlichen Regelung nur noch ein Beurteilungsspielraum
in dem Bewertungsrahmen zwischen 80 bis 100. Insgesamt vermochte sich der Senat aufgrund der zahlreichen Mängel im Gutachten
des PD Dr. H. diesem daher nicht anzuschließen.
Ebenso wenig wie im Rahmen der ambulanten Untersuchung durch PD Dr. H. hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor
dem Senat Erlebnisse geschildert, die ein Traumaereignis i. S. der Diagnoseschlüssel bedingen würden. Vielmehr lassen die
Angaben hier darauf schließen, dass die Klägerin vergleichsweise zuvorkommend durch die Stasi-Beamten behandelt worden ist.
Insgesamt ergeben sich aus der Sachverhaltsdarstellung offene Fragen, die einer weiteren Klärung nicht zugänglich sind, die
aber jedenfalls dem Nachweis von Traumaereignissen entgegen stehen. So hat die Klägerin angegeben, schon einen Tag vor ihrer
Urlaubsreise nach Rumänien von Stasi-Beamten zu Hause aufgesucht und mit einer Ausreiseabsicht konfrontiert worden zu sein.
Trotz entsprechender Verdachtsmomente ist die Klägerin am darauffolgenden Tag nicht an der Ausreise nach Rumänien gehindert
und trotz des versuchten illegalen Grenzübertritts an der ungarisch-österreichischen Grenze in Ungarn nur kurzfristig festgesetzt
worden, was sie nach eigener Einlassung gegenüber dem Senat erstaunt hat. Nicht weniger verwundert hat sich die Klägerin darüber
gezeigt, dass sie ungehindert in die DDR hat zurückreisen können. In Leipzig hat sie mit ihrer Verhaftung gerechnet, die jedoch
nicht erfolgt ist. Vielmehr ist sie in das Stasi-Gebäude gebracht, dort verhört und wieder frei gelassen worden. Zu ihrer
eigenen Überraschung ist ihr anlässlich des Verhörs nichts passiert, sie wurde noch nicht einmal auf den versuchten unerlaubten
Grenzübertritt angesprochen. Auch in der Folgezeit kam es weder zu einem Strafverfahren noch wurde die Klägerin mehrtägig
arrestiert. Die Klägerin wurde auch nicht mit einem Arbeitsverbot belegt, sondern fand eine Anstellung als Hilfsschwester
in einem Kreiskrankenhaus. Schließlich wurde sogar dem Ausreiseantrag der Klägerin stattgegeben. Dass die Verhörsituation
als solche mit einem kurzzeitigen Freiheitsentzug verbunden gewesen ist, verkennt der Senat nicht, hält diese Beeinträchtigung
aber auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin geschilderten weiteren Umstände der Befragungen (Zelle mit kleinen Fenstern,
direkte Lampenbeleuchtung, tropfender Wasserhahn) nicht für derart einschneidend, dass es zu einem Trauma führen könnte. Hierbei
ist für den Senat auch die Einlassung der Klägerin von Bedeutung, nur zu allgemeinen Dingen befragt worden zu sein. Weder
ist sie somit nach eigenen Angaben mit der für sie kritischen Situation in Ungarn konfrontiert worden, noch wurden ihre Kontakte
zu ihrem schweizer Freund zum Gegenstand der Befragung gemacht. Auch im Übrigen ergeben sich aus der Schilderung der Klägerin
keine Anhaltspunkte dafür, dass sie aufgrund des inhaltlichen Verlaufs der Verhöre besonderem persönlichen Druck oder einer
besonderen Gewissensnot ausgesetzt gewesen wäre. Soweit die Klägerin angegeben hat, sie habe sich einmal heftig gewehrt und
sodann eine Injektion erhalten, aufgrund derer sie eingeschlafen sei, kann auch dieser, erstmals vor dem Senat geschilderte
Vorfall kein Trauma ausgelöst haben. Denn es ist schon nicht ersichtlich, ob es sich hierbei um eine repressive Maßnahme gehandelt
hat oder ob aufgrund der Erregung der Klägerin, ggf. im Zusammenhang mit der diagnostizierten Epilepsie, die Medikamentengabe
therapeutischen Zwecken diente.
Der Feststellung einer PTBS als Schädigungsfolge steht außerdem das Fehlen einer entsprechenden psychopathologischen Symptomatik
entgegen. Der Sachverständige PD Dr. H. hat insoweit als einziges mögliches Merkmal einen dissoziativen Zustand, bei dem die
Klägerin im Gespräch inne hielt, den Blick in die Ferne richtete bzw. scheinbar nach innen und bei stockendem Redefluss für
Sekunden bis maximal eine halbe Minute reglos da saß und das Gespräch nicht fortzuführen vermochte, genannt. Weitere B-Kriterien
hat er nicht befundet. Da er die dissoziative Bewusstseinsstörung nicht weiter hinterfragt hat, also nicht festgestellt hat,
dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt einzelne Bestandteile des Ereignisses wieder erlebt hat, kann schon deshalb diese Auffälligkeit
nicht als psychopathologischer Befund einer PTBS i. S. des Kriteriums B3 anerkannt werden. Zudem ist für den Senat keineswegs
erwiesen, dass es sich hierbei um eine krankhafte, nicht willensgesteuerte Symptomatik gehandelt hat. Auch wenn bereits in
vorangegangenen Verfahren entsprechende Diagnosen gestellt worden sind, ist doch auffällig, dass weder in den verschiedenen
gerichtlichen Verhandlungen, auch nicht in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 26.06.2014, solche Feststellungen getroffen
worden sind, noch im Alltagsleben der Klägerin eine solche Symptomatik bislang Anlass zu neurologischer Abklärung gab. Hinzu
kommt, dass nach dem Entlassungsbericht der Klinik B. D. auch den behandelnden Therapeuten und Ärzten bis zum Schluss des
zehnwöchigen Aufenthaltes nicht vollständig klar geworden ist, in welchem Ausmaß den Angaben der Klägerin zu trauen ist und
ob die dissoziativen und organneurotischen Symptome nicht zum Teil relativ bewußtseinsnahe Inszenierungen zur Erreichung einer
sozialmedizinischen Versorgungslösung gewesen sind. Mit dieser Einschätzung stimmt überein, dass auch Dr. N. bei der Klägerin
ein Münchhausen-Syndrom (absichtliches Erzeugen oder Vortäuschen von körperlichen oder psychischen Symptomen) für möglich
gehalten hat und bewusstseinsnahe Motive nicht auszuschließen vermochte. Soweit die Klägerin bei der Untersuchung durch PD
Dr. H. geschildert hat, sie habe sich wegen eines kalten Deckenlichtstrahlers bei einer Lesung in ihrem Heimatort die ganze
Zeit über wie in einem Film und in einem Verhör gefühlt, handelt es sich um eine pauschale und wenig einschneidende Gefühlsregung,
die schon durch entsprechende Fernsehszenen auch bei Personen provoziert werden kann, die noch nie durch Staatsorgane verhört
worden sind. Eine konkrete Schilderung, mit welchem von ihr selbst erlebten Ereignis die Klägerin diese Situation in Verbindung
gebracht hat und welche weitergehenden Beeinträchtigungen sie außer des Freiheitsentzugs während des Verhörs erlitten hat,
findet sich auch in den anamnestischen Angaben des PD Dr. H. nicht.
Da nach alledem eine PTBS zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen ist, besteht auch kein Anspruch auf Feststellung der
von der Klägerin hiermit in Zusammenhang gebrachten psychosomatischen Störungen als Schädigungsfolge. Dass die Klägerin andererseits
schädigungsbedingt an psychoreaktiven Störungen leidet, hat der Beklagte bereits anerkannt und gewährt der Klägerin deshalb
auch Versorgungsleistungen. Im Übrigen steht der von der Klägerin geltend gemachten Essstörung auch entgegen, dass eine solche
nicht erwiesen ist. Hierbei stützt sich der Senat auf das insoweit überzeugende Gutachten des PD Dr. H., der weder in der
Anamnese noch im erhobenen Befund keine deutlicheren Anhaltspunkte für das Vorliegen einer aktuell klinisch bedeutsamen Essstörung,
die etwa einer besonderen Therapie bedürfe, gesehen hat. Auch die weiteren psychosomatischen Störungen sind nicht im Vollbeweis
gesichert, nachdem PD Dr. H. in seinem Gutachten dargelegt hat, dass unklar bleibe, ob es sich insoweit um einen klinischen
Befund handele. Unabhängig davon, dass zur Überzeugung des Senats bereits keine PTBS der Klägerin erwiesen ist, würde eine
Anerkennung der geltend gemachten weiteren psychosomatischen Beschwerden als Schädigungsfolgen daran scheitern, dass insoweit
ein Zusammenhang mit der PTBS nicht hinreichend wahrscheinlich ist. Auch insoweit stützt sich der Senat auf das Gutachten
des PD Dr. H., der hierzu ausgeführt hat, dass die möglichen Ursachen der geschilderten Symptome vielfältig sind, so dass
die PTBS nicht angeschuldigt werden könne, auch Ursache aller anderen Beschwerden zu sein.
2.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf eine höhere Grundrente als die nach einer MdE (seit 01.01.2009 Grad der Schädigungsfolgen,
im Folgenden: MdE) von 60 v. H. nicht zu, wobei hierbei die Anhebung wegen bbB bereits berücksichtigt ist.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist §
3 VwRehaG, dessen tatbestandliche Voraussetzungen der Beklagte mit Bescheid vom 23.10.2002 insoweit als erfüllt angesehen hat, als
er bei der Klägerin psychoreaktive Störungen als Folgen einer Schädigung im Sinne des
VwRehaG anerkannt hat. Wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung erhält der Betroffene nach Abs. 1 Satz
1 der Vorschrift auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des BVG. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG erhalten Beschädigte eine monatliche Grundrente, deren Höhe sich nach der MdE bestimmt, beginnend ab einer MdE von 30 v.
H.
Nach § 30 Abs. 1 BVG ist die MdE nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten
körperlichen, geistigen, seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen (Satz 1 der
Vorschrift). Die MdE ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 v. H. zu bemessen; eine bis zu fünf Grad geringere MdE wird vom
höheren Zehnergrad mit umfasst (Satz 2 der Vorschrift). Nach Abs. 2 Satz 1 ist die MdE höher zu bewerten, wenn Beschädigte
durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder
in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird.
Bei der Beurteilung der MdE sind vorliegend für die Zeit ab Antragstellung am 02.01.1996 bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte
für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2
SGB IX)" in der jeweils geltenden Fassung (zuletzt Ausgabe 2008) zu beachten, die nach § 30 Abs. 17 BVG a. F. (seit 01.07.2011 § 30 Abs. 16 BVG) für die Zeit ab dem 01.01.2009 durch die in der Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG - Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) - vom 10.12.2008 (BGBl. I Seite 2412) festgelegten VG abgelöst worden sind. Die AHP sind zwar kein Gesetz und auch nicht aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung
erlassen worden. Es handelt sich jedoch bei ihnen um eine auf besonderer medizinischer Sachkunde beruhende Ausarbeitung im
Sinne von antizipierten Sachverständigengutachten, die die möglichst gleichmäßige Handhabung der in ihnen niedergelegten Maßstäbe
im gesamten Bundesgebiet zum Ziel hat. Die AHP engen das Ermessen der Verwaltung ein, führen zur Gleichbehandlung und sind
deshalb auch geeignet, gerichtlichen Entscheidungen zugrunde gelegt zu werden. Gibt es solche anerkannten Bewertungsmaßstäbe,
so ist grundsätzlich von diesen auszugehen (st. Rspr., z. B. BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - und vom 02.12.2010 - B 9 SB 4/10 R - jeweils zit. n. juris). Für die Zeit ab dem 01.01.2009 ist demgegenüber für die Verwaltung und die Gerichte die zu diesem
Zeitpunkt in Kraft getretene Anlage zu § 2 VersMedV maßgeblich, mit der die in den AHP niedergelegten Maßstäbe mit lediglich redaktionellen Anpassungen in eine normative Form
gegossen worden sind, ohne dass die bisherigen Maßstäbe - jedenfalls hinsichtlich der hier zu beurteilenden Gesundheitsstörungen
- inhaltliche Änderungen erfahren hätten.
Danach wird als Schädigungsfolge im sozialen Entschädigungsrecht jede Gesundheitsstörung bezeichnet, die in ursächlichem Zusammenhang
mit einer Schädigung steht, die nach dem entsprechenden Gesetz zu berücksichtigen ist (Teil A Nr. 1 a VG). Ursache im Sinne
der Versorgungsgesetze ist die Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung
zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat (Teil C Nr. 1 b Satz 1 VG). Haben mehrere Umstände zu einem Erfolg
beigetragen, sind sie versorgungsrechtlich nur dann nebeneinander stehende Mitursachen (und wie Ursachen zu werten), wenn
sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges annähernd gleichwertig sind (Teil C Nr. 1 b Satz 2 VG).
Kommt einem der Umstände gegenüber dem anderen eine überragende Bedeutung zu, ist dieser Umstand allein Ursache im Sinne des
Versorgungsrechts (Teil C Nr. 1 b Satz 3 VG). Die Ursache braucht nicht zeitlich eng begrenzt zu sein. Es können auch dauernde
oder wiederkehrende kleinere äußere Einwirkungen in ihrer Gesamtheit eine Gesundheitsstörung verursachen (Teil C Nr. 1 c VG).
Zu den Fakten, die vor der Beurteilung eines ursächlichen Zusammenhangs geklärt ("voll bewiesen") sein müssen, gehören der
schädigende Vorgang, die gesundheitliche Schädigung und die zu beurteilende Gesundheitsstörung (Teil C Nr. 2 a VG). Der schädigende
Vorgang ist das Ereignis, das zu einer Gesundheitsschädigung führt (Teil C Nr. 2 b VG). Die gesundheitliche Schädigung ist
die primäre Beeinträchtigung der Gesundheit durch den schädigenden Vorgang. Die verbleibende Gesundheitsstörung ist die Schädigungsfolge
(Teil C Nr. 2 c VG). Zwischen dem schädigenden Vorgang und der Gesundheitsstörung muss eine nicht unterbrochene Kausalkette
bestehen, die mit den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und den ärztlichen Erfahrungen im Einklang steht. Dabei
sind Brückensymptome oft notwendige Bindeglieder (Teil C Nr. 2 d Sätze 1 und 2 VG). Für die Annahme, dass eine Gesundheitsstörung
Folge einer Schädigung ist, genügt versorgungsrechtlich die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (§ 30 Abs. 5
VwRehaG und Teil C Nr. 3 a Satz 1 VG). Sie ist gegeben, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen
ursächlichen Zusammenhang spricht (Teil C Nr. 3 a Satz 2 VG). Grundlage für die medizinische Beurteilung sind die von der
herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung vertretenen Erkenntnisse über Ätiologie und Pathogenese (Teil C Nr. 3 b Satz 1
VG). Aus dem Umstand, dass der Zusammenhang der Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Vorgang nach wissenschaftlicher
Erkenntnis nicht ausgeschlossen werden kann, lässt sich nicht folgern, dass er darum wahrscheinlich sei. Ebenso wenig kann
das Vorliegen einer Schädigungsfolge bejaht werden, wenn ein ursächlicher Zusammenhang nur möglich ist (Teil C Nr. 3 d Sätze
1 und 2 VG).
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass bei der Klägerin schädigungsbedingt
keine höhere MdE als 60 v. H. vorliegt, wobei insoweit eine bbB mit einer Erhöhung um 10 v. H. bereits berücksichtigt ist.
In Teil A Nr. 26.3 AHP bzw. Teil B Nr. 3.7 VG werden im Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche die Gesundheitsstörungen
Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen in einer Bewertungsgruppe zusammengefasst. Die vom Beklagten
anerkannten "psychoreaktiven Störungen" sind dieser Gruppe zuzurechnen. Danach beträgt bei mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten
die MdE 50 bis 70 v. H. und nur bei schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten 80 bis 100 v. H.
Ausgehend hiervon hat der Beklagte - dem Sachverständigengutachten des Dr. H. insoweit folgend - die anerkannten psychoreaktiven
Störungen mit einer MdE von 50 v. H. bewertet (Bescheid vom 23.10.2002) und ist somit von einer schädigungsbedingten schweren
Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten ausgegangen. Mit Bescheid vom 20.03.2003 hat der Beklagte wegen
bbB die MdE auf 60 v. H. angehoben. Zu Recht hat das SG im angefochtenen Urteil ausgeführt, dass diese Einschätzung des Beklagten bereits als äußerst wohlwollend zu bezeichnen ist
und im Hinblick auf den medizinisch belegten Vorschaden sowie den nicht schädigungsbedingten Nachschaden keinesfalls von einer
höheren MdE als 60 v. H. ausgegangen werden kann. Der Senat schließt sich dieser Auffassung nach nochmaliger Überprüfung des
Sachverhalts vollumfänglich an und nimmt auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen
Urteils zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (§
153 Abs.
2 SGG).
Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin in ihrem Alltagsleben nicht schwerwiegend eingeschränkt ist. Der Senat
entnimmt das dem Entlassungsbericht der Klinik Bad Dürkheim wie auch den zahlreichen Angaben der Klägerin im laufenden Verfahren,
belegt durch weitere Unterlagen (Presseberichte, Veröffentlichungen etc.). Danach ist sie vielmehr bis heute zu einer eigenständigen
strukturierten Lebensführung in der Lage, kann sich selbst und ihren Haushalt versorgen sowie Pkw fahren (vgl. die anamnestischen
Angaben im Gutachten von PD Dr. H.). Sie veröffentlicht Bücher und Artikel, veranstaltet Lesungen und führt zahlreiche Klageverfahren
auch für andere Personen, denen sie persönlich im Prozess beisteht. Sie steht in der Öffentlichkeit und kann selbständig Kontakt
zu zahlreichen Amtsträgern und Politikern aufbauen, um ihrem Anliegen zum Erfolg zu verhelfen. Niederfrequente psychiatrische
Behandlung nimmt die Klägerin nicht in Anspruch, sie befindet sich lediglich seit Jahren in therapeutischer Behandlung bei
dem Dipl.-Psych. B., ohne dass diese allerdings erkennbar Erfolge zeigt und die von der Klägerin geschilderte Symptomatik
beeinflussen würde. Psychopharmaka erhält die Klägerin nicht verordnet. Nach ständiger Rechtsprechung des LSG kann in der
Regel bei insoweit fehlender fachärztlicher Behandlung nicht davon ausgegangen werden, dass ein diagnostiziertes seelisches
Leiden über eine leichtere psychische Störung hinausgeht (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.2010 - L 8 SB 1549/10 - Juris). Auch der persönliche Eindruck des Senats in mehreren mündlichen Verhandlungen hat das Bild einer mitten im Leben
stehenden Frau bestätigt, die sich dezidiert einbringen kann und auch keinen niedergeschlagenen oder antriebsarmen Eindruck
hinterließ. Auch in der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2014 war die Klägerin nach fast zweistündiger Verhandlung in der
Lage, im Einzelnen dezidiert ihre umfangreichen Beweisanträge zu kommentieren und auf angebliche Lücken in der Protokollierung
hinzuweisen. Schließlich ergibt sich auch aus dem eigenen Schreiben der Klägerin vom 02.02.2014, dass die anerkannte Schädigungsfolge
keine höhere MdE als 50, zuzüglich einer bbB von 10, rechtfertigt. Wenn die Klägerin darin angibt, sie sei nicht geistig behindert
und könne denken, laufen, reden, schreiben, aber manchmal könne sie es auch nicht, weil die PTBS all das verunmögliche, so
ergibt sich auch hieraus, dass die Klägerin jedenfalls nicht dauerhaft und durchgängig an schweren Störungen mit mittelgradigen
sozialen Anpassungsschwierigkeiten leidet, die eine weitere Ausschöpfung des Bewertungsrahmen von 50 bis 70 begründen könnten.
Schwankungen im Gesundheitszustand bei längerem Leidensverlauf ist jedoch nach Teil A Nr. 18 AHP bzw. Teil A Nr. 2 f VG mit
einem Durchschnittswert Rechnung zu tragen, d. h. es muss in solchen Fällen von dem durchschnittlichen Ausmaß der Beeinträchtigungen
ausgegangen werden. Im Falle der Klägerin sind bei Annahme einer MdE von 50 daher bei zeitweise geringer Beeinträchtigung
auch Zeiten schwerer sozialer Anpassungsschwierigkeiten berücksichtigt, die - wären sie durchgehend und dauerhaft gegeben
- eine Mindest-MdE von 80 begründen würden.
Soweit sich die Klägerin im Berufungsverfahren auf die Entscheidungen der Rehabilitierungsbehörden berufen hat, ergibt sich
auch hieraus keine höhere Bewertung der MdE. Dass weder der Beklagte noch das Gericht im Hinblick auf die Beurteilung der
MdE an die Entscheidung der Rehabilitierungsbehörde gebunden sind, hat das SG bereits in rechtlich nicht zu beanstandender Weise dargelegt und ergibt sich zwingend schon daraus, dass die Rehabilitierungsbehörde
hierüber nicht befunden hat. Dies betrifft auch die der MdE-Bewertung vorgeschaltete Feststellung der schädigungsbedingten
Gesundheitsstörungen. §
12 Abs.
4 VwRehaG beschränkt den Aufgabenbereich der Rehabilitierungsbehörde auf Feststellungen zur Rechtsstaatswidrigkeit der Maßnahme i.
S. des §
1 VwRehaG und behält "die nach dem Bundesversorgungsgesetz erforderlichen Feststellungen" der Versorgungsbehörde vor. Nur wenn die rechtsstaatswidrige Maßnahme gerade in der gesundheitlichen
Schädigung liegt, muss sich die bindende Feststellung der Rehabilitierungsbehörde hierauf erstrecken (BVerwG, Urteil vom 09.10.2003
- 3 C 1/03 - BVerwGE 119, 102). Haben - wie im Regelfall - die rechtsstaatswidrigen Maßnahmen die gesundheitliche Schädigung erst zur weiteren Folge, werden
hierdurch typischerweise Kausalitätsfragen aufgeworfen, deren Beantwortung der Versorgungsbehörde vorbehalten bleibt (BVerwG,
a. a. O.). Auch im Falle der Klägerin ist keine gesundheitliche Schädigung als rechtsstaatswidrige Maßnahme festgestellt worden.
Der Senat entnimmt das den Beschlüssen des OLG Dresden vom 14.12.2005 und 27.04.2007. Diese haben als rechtsstaatswidrige
Maßnahmen die Einweisungen zur psychiatrischen Untersuchung, die Verbringung in das Stasigebäude und die vom 12.11.1976 bis
28.10.1977 mindestens einmal wöchentlich erfolgten Festnahmen, aber gerade keine spezifische gesundheitliche Schädigung der
Klägerin im Rahmen dieser Vorfälle durch staatliche Mitarbeiter festgestellt.
Soweit die Klägerin für einen Zeitraum bis 18.06.1998 die Feststellung einer MdE von 80 v. H. und danach von 100 v. H. begehrt,
lässt sich eine solche Einschätzung nach allen aktenkundigen medizinischen Unterlagen mit Ausnahme der allerdings weder medizinisch
noch versorgungsrechtlich begründeten und daher für den Senat nicht überzeugenden Einschätzung des Dr. D. nicht rechtfertigen.
Dass PD Dr. H. nicht nur hinsichtlich der von ihm diagnostizierten PTBS, sondern auch im Hinblick auf die von ihm geschätzte
Höhe der MdE den Senat nicht zu überzeugen vermochte, wurde bereits oben im Einzelnen ausgeführt. Weshalb er trotz der Alltagsfähigkeiten
der Klägerin und ihrer noch bestehenden sozialen Kontakte von schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten ausgegangen ist,
ergibt sich aus seinem Gutachten nicht. Die von ihm angenommene MdE um 70 v. H. wäre nach Teil B Ziff. 3.7 VG auch nur mit
mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten zu begründen, von denen letztlich auch der Beklagte ausgegangen ist, ohne
insoweit den Bewertungsrahmen auszuschöpfen. Selbst Dr. H. hat bei - aus Sicht des Senats nicht erwiesenen - Annahme einer
partiellen PTBS keine höhere MdE als 60 v. H. empfohlen.
Die Klägerin hat die förmliche Feststellung einer dissoziativen Störung, wie sie nach vorheriger Verdachtsdiagnose durch Dr.
N. von Dr. H. und Dr. H. diagnostiziert worden ist, nicht beantragt. Auch wenn aufgrund der übereinstimmenden Feststellungen
der genannten Fachärzte von einer entsprechenden Gesundheitsstörung auszugehen wäre, wobei der Senat nicht von einem entsprechenden
Nachweis im Vollbeweis ausgeht, und trotz fehlender Erklärung dafür, dass erstmals durch Dr. N. der Verdacht einer solchen
Erkrankung im Jahr 2000 und somit 23 Jahre nach der Ausreise der Klägerin aus der DDR geäußert worden ist, von einem Kausalzusammenhang
mit der rechtsstaatswidrigen Behandlung der Klägerin in der DDR ausgegangen würde, ergäbe sich hieraus kein höherer GdS und
somit kein Anspruch auf höhere Versorgungsleistungen. Denn in den von dem Beklagten als Folgen einer Schädigung anerkannten
"psychoreaktiven Störungen" ist die dissoziative Störung enthalten und bei der Bewertung des GdS von 50 mit berücksichtigt.
Insoweit stützt sich der Senat auf die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. G. vom 29.11.2013.
3.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf einen BSA in der von ihr geltend gemachten Höhe.
Rechtsgrundlage ist insoweit §
3 Abs.
1 Satz 1
VwRehaG i. V. m. § 30 Abs. 3 ff. BVG i. d. F. vom 09.12.2010. Die durch Gesetz zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften vom 20.06.2011 (BGBl. I S. 1114) erfolgte Neufassung des BSA ab 01.07.2011 gilt nur für Fälle, in denen nach dem 30.06.2011 erstmalig ein BSA beantragt worden
ist (Dau in Knickrehm, Gesamtes soziales Entschädigungsrecht, § 30 Rdnr. 49). Nachdem der Beklagte mit Bescheid vom 20.03.2003
einen BSA ab 01.04.1997 unter Zugrundelegung eines Vergleichseinkommens nach A 15 anerkannt hatte, hat das SG bereits ab 01.07.1994 einen Anspruch der Klägerin auf einen BSA nach §
6 Satz 2
VwRehaG unter Zugrundelegung eines Vergleichseinkommens nach R 1 Ost bejaht. In seinem Urteil vom 24.05.2012 hat der Senat das Urteil
des SG abgeändert und den Beklagten dem Grunde nach verurteilt, der Klägerin einen BSA für die Zeit vom 01.01.1996 bis 31.03.1997
unter Zugrundelegung eines Vergleichseinkommens nach A 11 zu gewähren. Das BSG hat ausdrücklich die Nichtzulassungsbeschwerde im Hinblick auf die Frage des rechtmäßigen Beginns der Grundrente, des BSA
und der Ausgleichsrente als unzulässig verworfen, sodass - da der Beklagte keine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt hat -
vorliegend ein Anspruch der Klägerin auf BSA dem Grunde nach seit 01.01.1996 rechtskräftig festgestellt ist.
Bei der Berechnung der Höhe des BSA ist ein Vergleichseinkommen nach A 11 zugrunde zu legen.
Nach § 30 Abs. 3 BVG erhalten rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen
gemindert ist, nach Anwendung des Absatzes 2 der Vorschrift einen BSA in Höhe von 42,5 v. H. des auf volle Euro aufgerundeten
Einkommensverlustes oder, falls dies günstiger ist, einen BSA nach Absatz 6 der Vorschrift. Unabhängig davon, ob sich der
BSA nach § 30 Abs. 4 BVG (Brutto-BSA) oder nach § 30 Abs. 6 BVG (Netto-BSA) bestimmt, gilt für die Ermittlung des Vergleichseinkommens § 30 Abs. 5 BVG. Danach errechnet sich das Vergleichseinkommen nach den Sätzen 2 bis 6 der Vorschrift aus dem monatlichen Durchschnittseinkommen
der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der die Beschädigten ohne die Schädigung nach ihren Lebensverhältnissen, Kenntnissen und
Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätten. Das Gesetz fordert damit
eine Prognose des wahrscheinlich nach der Schädigung eingetretenen weiteren Berufsweges unter Berücksichtigung aller bis dahin
erkennbar gewordenen einschlägigen Gesichtspunkte (vgl. BSG SozR 1300 § 45 Nr. 49). Der sog. "Hätte"-Beruf ist unter Wegdenken der Schädigung nach den konkreten Lebensverhältnissen sowie den Kenntnissen
und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen des Beschädigten zu prognostizieren.
Zu Recht hat das SG auf der Grundlage der klägerischen Angaben sowie der aktenkundigen Nachweise über ihren beruflichen Werdegang angenommen,
dass die Klägerin ohne die als rechtsstaatswidrig festgestellten Maßnahmen wenig später zur Richterin gewählt worden wäre.
Die Richtigkeit wird insbesondere durch die Abschlussbeurteilung des Direktors des Bezirksgerichts K. vom 23.02.1973 bestätigt,
wonach die Klägerin die erforderlichen Kenntnisse auf den Gebieten des Familien-, Zivil- und Arbeitsrechts besaß. Für den
Senat besteht kein Zweifel daran, dass die Klägerin dieses Amt auch noch zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung ausgeübt hätte.
Der Senat entnimmt das dem Umstand, dass sie von ihrem langjährigen schweizer Bekannten als eher linientreu beschrieben wurde
(Polizeiaussage vom 27.01.1978). Die Richtigkeit dieser Aussage wird bestätigt durch die guten Noten in Staatsbürgerkunde
im Abitur wie im Studium in Dialektischem und Historischem Materialismus sowie Staatsrecht und nicht zuletzt durch das ihr
gestattete Studium der Rechtspflege an der K.-Universität L., einer Kaderschmiede des SED-Staates (vgl. Isenberg/Jahn, "Elend
in Leipzig", ZEIT-ONLINE, 23.11.1990, Nr. 48). Anders als der Beklagte im Bescheid vom 20.03.2003 ausgeführt hat, ist deswegen
aus Sicht des Senats unwahrscheinlich, dass die Klägerin ohne die rechtsstaatswidrigen Maßnahmen vor der Wiedervereinigung
ihre Ausreise in die BRD betrieben hätte. Ihren ersten Ausreiseantrag hat die Klägerin nämlich Ende 1976 gestellt und somit
zu einem Zeitpunkt, als sie bereits Gegenstand nachrichtendienstlicher Beobachtung war. Auch wenn ihre Übersiedelung 1977
keine förmliche Zwangsaussiedlung gewesen ist, ist bei realistischer Betrachtung nicht von einer freiwilligen Ausreise, sondern
vielmehr davon auszugehen, dass die in den rechtsstaatswidrigen Maßnahmen zum Ausdruck gekommenen Zersetzungsmaßnahmen letztlich
den aus staatlicher Sicht erwünschten Erfolg brachten.
Der weitere berufliche Lebensweg der Klägerin ist daher hypothetisch zu bestimmen und kann sich nicht auf die tatsächliche
berufliche Entwicklung der Klägerin im Bundesgebiet stützen. Davon ausgehend kann sich der Senat jedoch nicht mit hinreichender
Gewissheit davon überzeugen, dass die Klägerin nach der Wiedervereinigung zur Richterin auf Lebenszeit berufen worden und
daher ein Vergleichseinkommen nach R1/R2 zugrunde zu legen wäre.
Nach § 30 Abs. 5 Satz 1 BVG beurteilt sich die berufliche Prognose nach dem Wahrscheinlichkeitsmaßstab, mithin nach einem geringeren Grad der Gewissheit.
Wahrscheinlichkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass so viel mehr für als gegen die behauptete berufliche Entwicklung
spricht, dass sich hierauf die Überzeugung gründen kann (vgl. hierzu grundlegend BSG SozR 1300 § 45 Nr. 49). Unter Berücksichtigung aller den Beschädigten betreffenden Lebensumstände ist zu beurteilen, ob mehr für als gegen
den hypothetischen Berufserfolg spricht. Die bloße Möglichkeit eines bestimmten beruflichen Aufstiegs hingegen reicht nicht
aus. Die Beweiserleichterung der Wahrscheinlichkeit erstreckt sich nicht auf die der Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legenden
Tatsachen; diese müssen vielmehr erwiesen sein (BSG a. a. O.).
Dass sich nicht mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit feststellen lässt, dass die Klägerin nach der Wiedervereinigung zur Richterin
auf Lebenszeit berufen worden wäre, hat das SG für eine Tätigkeit als Richterin in den alten Bundesländern im angefochtenen Urteil bereits mit überzeugender Begründung
dargelegt. Diesen Erwägungen, insbesondere der Annahme, dass das Unvermögen der Klägerin, nach ihrer Umsiedlung nach Westdeutschland
im Jahr 1977 ein Jurastudium zu absolvieren und das für eine Tätigkeit als Richterin notwendige Zweite juristische Staatsexamen
erfolgreich zu bestehen, nicht auf die im Beitrittsgebiet erfolgten Schädigungshandlungen zurückgeführt werden kann, schließt
sich der Senat vollumfänglich auch hinsichtlich der fehlenden Vergleichbarkeit zwischen den juristischen Ausbildungen und
der verfassungsrechtlichen Stellung von Richtern im Beitrittsgebiet an (§
153 Abs.
2 SGG). Selbst wenn die Klägerin das Zweite juristische Staatsexamen in den alten Bundesländern bestanden hätte, spricht gegen
eine erfolgreiche Bewerbung als Richterin deren Eintrittsalter mit 43 Jahren zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung am 03.10.1990.
Das ergibt sich aus dem Schreiben des Justizministeriums vom 22.07.1991, wonach das von der Klägerin erreichte Lebensalter
ein zusätzliches Einstellungshindernis darstellt.
Anders als das SG hält es der Senat aber allenfalls für möglich, nicht aber für wahrscheinlich, dass die Klägerin im Beitrittsgebiet nach der
Wiedervereinigung zur Richterin auf Lebenszeit berufen worden wäre. Denn es spricht mehr gegen als für einen solchen Berufsweg.
Die statistische Wahrscheinlichkeit der Übernahme in ein solches Richterverhältnis lag unter 50 v. H., was der Senat der Auskunft
des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz vom 30.10.2006 entnimmt. Danach wurden von den insgesamt 440 Richtern, die am
03.10.1990 in Sachsen beschäftigt waren, lediglich 211 in ein Richterverhältnis auf Probe berufen und nur 181 Richter in ein
Richterverhältnis auf Lebenszeit übernommen. In der Person der Klägerin liegen auch keine außergewöhnlichen Umstände vor,
die eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine Übernahme begründen könnten. Vielmehr sprechen die individuellen Gegebenheiten
sogar dagegen, dass die Klägerin in ein Richterverhältnis berufen worden wäre. Voraussetzung für die Ernennung ist nämlich
neben der Bewerbung des betreffenden Richters, dass dieser vom Richterwahlausschuss bestätigt und vom Staatsminister der Justiz
für persönlich und fachlich geeignet befunden wird. An der persönlichen Eignung der Klägerin für ein Richteramt bestehen bereits
im Hinblick auf die bei ihr vorliegenden, nicht schädigungsbedingten gesundheitlichen Einschränkungen gewichtige Zweifel,
die eine Übernahme in das Richteramt auf Lebenszeit unwahrscheinlich gemacht hätten. So wurden im Entlassungsbericht der Psychosomatischen
Fachklinik B. D. narzistische und histrionisch auftrumpfende Züge und hat Dr. N. eine histrionische und narzistische Persönlichkeitsstörung
diagnostiziert. Auch der Sachverständige Dr. H. hat eine in der Kindheit angelegte psychische Vorschädigung beschrieben. Schließlich
ergibt sich aus dem von der Klägerin vorgelegten Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung sowie ihrem eigenen Vortrag, dass
sie in den Jahren 1966 bis 1968 wegen hereditärer und degenerativer Krankheiten des Zentralnervensystems behandelt worden
ist, bis zum Alter von 21 Jahren epileptische Anfälle hatte und seit 1968 bis heute ununterbrochen Antiepileptika (Phenhydan
3x/Tag und Resimatil 2x/Tag) einnimmt. Dass hierfür u. U. keine medizinische Indikation besteht, wie von PD Dr. H. entgegen
der Einschätzung des rezeptierenden behandelnden Arztes angenommen, die Klägerin bei PD Dr. H. aber äußerte, diese Medikamente
auf gar keinen Fall absetzen zu wollen, weist auf weitere psychische Auffälligkeiten der Klägerin hin, die ebenfalls ihrer
Eignung für den Staatsdienst entgegen stehen bzw. gestanden hätten. Es erscheint daher höchst fraglich, ob die Klägerin insgesamt
die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Übernahme in ein Richteramt auf Lebenszeit nach Ableistung der Probezeit im Jahre
1994 erfüllt hätte.
Selbst wenn die Klägerin trotz ihrer narzistischen und histrionischen Persönlichkeitsstörung sowie der Einnahme von Antiepileptika
die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Übernahme in den Richterdienst erfüllt hätte, wäre eine solche wegen fachlicher
Mängel nicht wahrscheinlich gewesen. Auch wenn für eine Übernahme der Diplom-Juristen im Beitrittsgebiet nicht die Ablegung
der Zweiten juristischen Staatsprüfung verlangt wurde, so musste in der dreijährigen Probezeit doch der Nachweis dafür erbracht
werden, dass sie für den Richterberuf nach den in den alten Bundesländern geltenden Maßstäben geeignet sind. Dieser Nachweis
kann nicht allein aufgrund der Abschlussbeurteilung des Direktors des Bezirksgerichts K. vom 23.02.1973 geführt werden, zumal
darin die Geeignetheit auf bestimmte Rechtsgebiete eingeschränkt wird und die Beurteilung wegen der fehlenden Vergleichbarkeit
der Anforderungen an den Richterberuf in der ehemaligen DDR und der BRD nicht aussagekräftig ist. Gegen ihre fachliche Eignung
spricht aus Sicht des Senats zum einen, dass sie nach schwangerschaftsbedingtem Abbruch nicht zu einem späteren Zeitpunkt
das Studium der Rechtswissenschaften wieder aufgenommen hat. Des Weiteren belegen ihre Dienstzeugnisse im Vorbereitungsdienst,
dass sie die besonderen Anforderungen für eine Übernahme in den Justizdienst nicht erfüllt hätte. Anhaltspunkte dafür, dass
die fehlende fachliche Qualifikation gesundheits- oder gar schädigungsbedingt ist, hat der Senat nicht, zumal Arbeits- und
Erwerbsunfähigkeit erst am 18.06.1998 und damit nach 1994, der Übernahme der Ost-Richter, eingetreten ist. Denn bei den gerichtlichen
Stationen (Amtsgericht Reutlingen, Landgericht Tübingen) wurden nicht nur Lücken im materiellen und prozessualen Recht deutlich,
auch die Fähigkeit der Klägerin, Urteile abzufassen wurde äußerst kritisch betrachtet. Der Klägerin fiel es nicht leicht,
praxisnah und juristisch exakt argumentierend einen Fall zu bearbeiten und ihn konsequent einer Lösung zuzuführen. Nicht selten
hat sie an Stelle fundierter juristischer Argumente Behauptungen aufgestellt und - soweit sie begründet wurden - mit allgemeinen
z. B. sozialen, "menschlichen" oder gefühlsmäßigen Gründen gestützt. Beim Abfassen von Urteilen hatte die Klägerin deutliche
Schwierigkeiten hinsichtlich des Aufbaus, der Gewichtung und der sprachlichen Gestaltung, obwohl sie von Beginn des Ausbildungsabschnittes
an mit einer Fülle einschlägiger Vorgänge versorgt worden war. Das hat dazu geführt, dass ihre Entwürfe insgesamt nur bruchstückweise
praktisch verwertbar gewesen sind. Dementsprechend sind die vergebenen Noten am untersten Rand der Skala für eine noch erfolgreiche
Bewertung angesiedelt (4 und 5 Punkte). Die von der Staatsanwaltschaft, der Stadt T. und der Rechtsanwaltspraxis vergebenen
besseren Noten (7, 6 und 15 Punkte) sind für die hypothetische Einschätzung, ob die Klägerin zur Richterin berufen worden
wäre, weniger bedeutsam.
Selbst wenn die Klägerin zu den 211 von 440 Richtern gehört hätte, die nach der Wiedervereinigung zunächst in ein Richteramt
auf Probe berufen worden wären, hält der Senat es wegen der oben dargelegten erheblichen Zweifel jedenfalls an der fachlichen
Eignung der Klägerin nicht für wahrscheinlich, dass sie nach Ablauf der dreijährigen Probezeit in ein Richterverhältnis auf
Lebenszeit übernommen worden wäre.
Auch ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft oder Einstellung in den höheren juristischen Staatsdienst ist nicht wahrscheinlich.
Hierfür hätte es jeweils des erfolgreichen Abschlusses der Zweiten juristischen Staatsprüfung bedurft. Dass die Klägerin ohne
die schädigenden Ereignisse nach der Wiedervereinigung diese Prüfung erfolgreich hätte ablegen können, hält der Senat im Hinblick
auf die oben beschriebenen gesundheitlichen, schädigungsunabhängigen und fachlichen Defizite nicht für wahrscheinlich.
Es spricht aber in Anbetracht ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten wie ihres Arbeitswillens Einiges dafür, dass sie eine Tätigkeit
im öffentlichen Dienst gefunden hätte, zumal sie in den achtziger Jahren als Verwaltungsangestellte bei mehreren Gemeinden
und beim Regierungspräsidium Tübingen gearbeitet hat. Dies und der Umstand, dass sie nach Rücktritt von der Zweiten juristischen
Staatsprüfung den Beruf der Amtsanwältin angestrebt hat, belegt hinreichend, dass sie eher im öffentlichen Dienst (Innenverwaltung,
öffentlich-rechtliche Körperschaften) als in einem Unternehmen der privaten Wirtschaft eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hätte.
Der von ihr erworbene Berufsabschluss, der der Ersten juristischen Staatsprüfung gleichgestellt ist (vgl. Bescheinigung vom
20.1.21993), rechtfertigt auch die Annahme, dass sie eine Tätigkeit im gehobenen Dienst hätte ausüben können.
An den nach dem Individualisierungsprinzip ermittelten Berufserfolg des Beschädigten knüpft die Ermittlung des (hypothetischen)
Einkommens an. Dies geschieht pauschalierend und typisierend in Form eines Vergleichseinkommens. Dabei ermächtigt § 30 Abs. 14 a) BVG die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, welche Vergleichsgrundlage und in
welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist. Die auf dieser Ermächtigungsgrundlage erlassene
BSchAV (in der bis zum 30.06.2011 gültigen Fassung vom 16.01.1991, BGBl. I S. 136) verweist in ihrem § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 für Beschäftigte im öffentlichen Dienst auf § 4 BSchAV. Danach war in der bis
zum 21.12.2007 geltenden Fassung des § 4 Abs. 1 BSchAV das Durchschnittseinkommen bei Beamten des gehobenen Dienstes bis zur
Vollendung des 30. Lebensjahres das Grundgehalt der Besoldungsgruppe A 9, bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres das Grundgehalt
der Besoldungsgruppe A 10, bis zur Vollendung des 52. Lebensjahres das Grundgehalt der Besoldungsgruppe A 11 und vom vollendeten
52. Lebensjahr an das Grundgehalt der Besoldungsgruppe A 12 jeweils mit der Dienstaltersstufe des BBesG, jedoch ohne Berücksichtigung von Amtszulagen. Das nach Anlage IV zum BBesG zu ermittelnde Grundgehalt war um den Ortszuschlag nach Stufe 2 des BBesG (Anlage V) und um die Stellenzulage nach Vorbemerkung Nr. 27 zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B (Anlage I des BBesG) zu erhöhen. In der ab dem 21.12.2007 geltenden Fassung des § 4 BSchAV (BGBl. I S. 2904) wurden die Dienstaltersstufen für die einzelnen Besoldungsgruppen festgelegt, nämlich für die Besoldungsgruppe
A 9 die Stufe 4, für die Besoldungsgruppe A 10 die Stufe 7, für die Besoldungsgruppe A 11 die Stufe 10 und für die Besoldungsgruppe
A 12 die Stufe 12 des BBesG. Außerdem wurde bei im Übrigen gleichem Wortlaut nicht der Ortszuschlag, sondern der Familienzuschlag hinzugerechnet.
Für die Zeit vom 01.01.1996 bis 31.03.1997 hat die Klägerin mithin einen Anspruch auf BSA unter Berücksichtigung eines Vergleichseinkommens,
das aus dem Durchschnittseinkommen des Grundgehalts der Besoldungsgruppe A 11 und Dienstaltersstufe des BBesG einschließlich Ortszuschlag nach Stufe 2 zu ermitteln ist. Dabei ist eine Differenzierung in die im Beitrittsgebiet niedrigere
Besoldung im öffentlichen Dienst nicht vorzunehmen, weil das den Regelungen des § 30 Abs. 5 Satz 2 und 3 BVG nicht zu entnehmen ist. Für die Zeit ab 01.04.1997 hat der Beklagte mit Bescheid vom 20.03.2003 bei der Berechnung des BSA
die höhere Besoldungsgruppe A 15 zugrunde gelegt. Hieraus ergibt sich für die Klägerin jedenfalls keine Verletzung in subjektiven
Rechten.
4.
Rechtsgrundlage für die von der Klägerin beanspruchte Ausgleichsrente ist § 32 BVG, wonach Schwerbeschädigte eine Ausgleichsrente erhalten, wenn sie infolge ihres Gesundheitszustands oder hohen Alters oder
aus einem von ihnen nicht zu vertretenden sonstigen Grunde eine ihnen zumutbare Erwerbstätigkeit nicht oder nur in beschränktem
Umfang oder nur mit überdurchschnittlichem Kräfteaufwand ausüben können.
Zu Recht hat sich das SG bei der Prüfung dieser Voraussetzungen an dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers vom 07.12.2000 orientiert, wonach der
Rentengewährung wegen Erwerbsunfähigkeit ab 14.08.1999 als Leistungsfall der 18.06.1998 zugrunde gelegt wurde. Einen früheren
Eintritt der Erwerbsunfähigkeit kann auch der Senat nicht festzustellen. Denn die Klägerin war erst seit 18.06.1998 dauerhaft
arbeitsunfähig. Nach Entlassung aus dem juristischen Vorbereitungsdienst zum 31.03.1997 war sie ein Jahr arbeitslos und stand
im Leistungsbezug, was grundsätzlich Verfügbarkeit, d.h. Arbeitsfähigkeit voraussetzt. Demzufolge war sie auch nicht arbeitsunfähig
krank gemeldet. Für die Richtigkeit spricht, dass sie in dieser Zeit nach eigenen Angaben eine Pressekampagne gestartet hat,
in einer Fernsehsendung im Z. war und sich persönlich mit der damaligen Bundestagsabgeordneten H. D. traf (vgl. MDK-Gutachten
vom 27.10.1998). Diese erhebliches persönliches Engagement voraussetzenden Aktivitäten und die Teilnahme an einer beruflichen
Weiterbildungsmaßnahme im März 1998 (PC-Kurs), den sie wegen der am 18.06.1998 eingetretenen fiebrigen Erkrankung jedoch nicht
beenden konnte, stehen der Annahme einer vor dem 18.06.1998 bestehenden Erwerbsunfähigkeit entgegen. Anhaltspunkte dafür,
dass die Klägerin bereits bei Grenzübertritt erwerbsunfähig war, bestehen angesichts ihrer Versichertenbiographie nicht. Denn
einer tatsächlichen Berufsausübung wie im Falle der Klägerin kommt in der Regel sogar ein stärkerer Beweiswert zu als medizinischen
Befunden (BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 12; Kasseler Kommentar, §
43 SGB VI Rdnr. 28).
Die Höhe der Ausgleichsrente ist nach § 32 Abs. 2 BVG abhängig von der MdE und somit vorliegend nach einer MdE von 60 v. H. (einschließlich der bbB von 10 v. H.) zu bestimmen.
5.
Der Senat hat sich zur weiteren Sachaufklärung nicht gedrängt gesehen. Vielmehr ist im Hinblick auf den Streitgegenstand Entscheidungsreife
gegeben und war auch auf die Beweisanträge der Klägerin nicht erneut Beweis zu erheben, wobei hierüber nicht, wie von der
Klägerin gewünscht, vorab zu entscheiden war. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass ein Gericht nicht auf die Stellung
von Beweisanträgen hinwirken oder vorab Hinweise auf eine mögliche Beweiswürdigung zum Nachteil eines Verfahrensbeteiligten
geben muss (u.a. BSG SozR 1500 § 160 Nr. 13; Beschluss vom 12.02.2002 - B 11 AL 249/01 B -). Das
SGG sieht im Gegensatz zu dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren (§
86 Abs.
2 VwGO) auch nicht vor, dass über gestellte Beweisanträge vorab durch Beschluss zu entscheiden wäre (so BSG, Beschluss vom 06.03.2003 - B 11 AL 129/02 B -, juris, vgl. dazu auch Hauck in Hennig, Kommentar zum
SGG, §
103 Rz. 69). Vielmehr wird in den Urteilsgründen dargelegt, warum das Gericht den Anträgen nicht gefolgt ist.
Der Senat hat sich hinsichtlich der Frage, ob die Klägerin an einer PTBS erkrankt ist, nicht veranlasst gesehen, weitere Beweise
zu erheben. Vielmehr hat sich zur Überzeugung des Senats aufgrund des von dem Beklagten ermittelten Sachverhalts, wobei allerdings
das bei Prof. Dr. F. in Auftrag gegebene Gutachten nicht zu verwerten war, sowie der gerichtlichen Beweiserhebungen mit an
Gewissheit grenzender Sicherheit herausgestellt, dass die Voraussetzungen für eine entsprechende Diagnose nicht gegeben sind.
Diese Überzeugung konnte der Senat gewinnen, auch wenn der von Amts wegen beauftragte Sachverständige PD Dr. H. im Ergebnis
eine andere Auffassung vertreten hat. Denn auch die von ihm geschilderten Tatsachen bzw. die fehlenden Angaben der Klägerin
zu einem als Traumaereignis zu würdigenden Erlebnis haben zur Überzeugungsbildung des Senats beigetragen. Der Senat hat auch
nicht eigene medizinische Kenntnisse dem medizinischen Sachverstand des Gutachters gegenüber gestellt, sondern schlicht den
von der Klägerin geschilderten Lebenssachverhalt unter Zugrundelegung der für die Diagnose einer PTBS geforderten Voraussetzungen
gewürdigt. Das von PD Dr. H. gefundene Ergebnis beruhte auch nicht auf einer medizinischen Subsumtion, sondern auf den fehlerhaften
Annahmen, die Klägerin hätte entscheidungserhebliche individuelle Traumaerlebnisse geschildert ("Stichwort Bukarest") bzw.
hätte in einer Atmosphäre permanenter Angst, imaginierter oder konkreter Verfolgung und der realistischen Befürchtung, zu
einem beliebigen nicht vorhersehbaren und daher auch nicht beeinflussbaren Zeitpunkt einer konkreten Bedrohung ausgesetzt
zu sein, gelebt. Da der Senat aus dem Vorbringen der Klägerin gerade nicht genügend verlässliche Anhaltspunkte hierfür gefunden
hat und sich durch die Schilderungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung in seiner Auffassung bestätigt gesehen hat,
dass die von der Klägerin im Zeitraum von 1972 bis 1977 erlittenen staatlichen Repressalien nicht die Qualität traumataauslösender
Verfolgung hatten, bedurfte es zu dieser Frage keiner weiteren Beweiserhebung. Dass der Senat trotz der Diagnose einer PTBS
durch den Sachverständigen PD Dr. H. durchaus Zweifel am Vorliegen einer solchen Erkrankung hat und die Klägerin nicht davon
ausgehen konnte, dass sich der Senat der Auffassung des Sachverständigen anschließen würde, ergibt sich schon aus dem Senatsbeschluss
vom 05.03.2014, aufgrund dessen der Senat den Beteiligten eine vergleichsweise Erledigung des Rechtsstreits vorgeschlagen
hat. Denn hierin wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, das mit dem Vergleichsvorschlag keinerlei Aussage darüber getroffen
wird, ob der Senat sich inhaltlich der Einschätzung des Sachverständigen PD Dr. H. anschließt und im Entscheidungsfall ebenfalls
vom Vorliegen einer schädigungsbedingten PTBS ausgeht oder auch unter Außerachtlassung des Gutachtens von Prof. Dr. F. bei
seiner Auffassung verbleibt, dass es am Nachweis einer solchen Erkrankung fehlt.
Der Senat ist auch den Beweisanträgen der Klägerin nicht gefolgt.
Soweit diese die Vernehmung von PD Dr. H. als sachverständiger Zeuge beantragt hat,
wäre, da PD Dr. H. nicht als sachverständiger Zeuge i. S. des §
118 Abs.
1 SGG i. V. m. §
414 ZPO vernommen, sondern als Sachverständiger i. S. der §
118 Abs.
1 SGG i. V. m. §§
402 ff.
ZPO beauftragt worden ist, allenfalls eine mündliche Erläuterung des schriftlichen Gutachtens oder eine schriftliche Gutachtensergänzung
nach §
118 Abs.
1 SGG i. V. m. §
411 Abs.
3 und
4 ZPO in Betracht gekommen. Nachdem die Klägerin jedoch bereits ihre Einwendungen gegen das Gutachten mit Schreiben vom 30.01.
und 02.02.2014 mitgeteilt und der Senat deshalb den Sachverständigen um schriftliche Ergänzung seines Gutachtens gebeten und
dieser seine ergänzende Stellungnahme vom 26.04.2014 vorgelegt hatte, hat sich der Senat nicht zur Einholung einer weiteren
ergänzenden Stellungnahme gedrängt gesehen. Die von der Kläger formulierten Beweisfragen geben hierfür auch keinen Anlass,
denn sie beschränken sich darauf, weitere wissenschaftliche Quellen zu den von PD Dr. H. vertretenen Auffassungen genannt
zu erhalten. Der Sachverständige hatte jedoch bereits seinem Gutachten vom 20.09.2013 eine umfangreiche, vierseitige Literaturliste
beigefügt und somit die Fragen der Klägerin bereits beantwortet. Weiterer Nachweise zur wissenschaftlichen Fundiertheit seiner
Ausführungen bedurfte es nicht.
Die beantragte Einholung weiterer Zusatzgutachten von Amts wegen zu den körperlich-funktionellen Beeinträchtigungen war ebenfalls
nicht geboten. Denn die Klägerin hat nochmals, wie bereits zuvor, ausdrücklich diese Beeinträchtigungen in kausalen Zusammenhang
mit der PTBS gestellt. Da der Senat jedoch schon nicht vom Vorliegen einer PTBS überzeugt ist, ist ein auf der Diagnose der
PTBS aufbauender, also diese voraussetzender Beweisantrag nicht entscheidungserheblich. Zudem hat der Senat zu diesen Fragen
bereits Beweis in Form der Einholung des Gutachtens bei PD Dr. H. erhoben, der die Wahrscheinlichkeit eines kausalen Zusammenhangs
zwischen den körperlich-funktionellen Beeinträchtigungen der Klägerin und der PTBS verneint hat. Schließlich bedarf es auch
allein deshalb keiner weiteren Begutachtungen zur Frage des Vorliegens körperlich-funktioneller Beeinträchtigungen, weil die
Beklagte als Schädigungsfolge bereits psychoreaktive Störungen der Klägerin anerkannt hat.
Auch zur beantragten Vernehmung von W. L. als Zeugin zu der Frage, welche Beeinträchtigungen der jetzigen Lebenssituation
der durch die schwere komplexe PTBS geschädigten Klägerin sich aus Sicht der Zeugin darstellen, hat sich der Senat nicht gedrängt
gesehen. Wie sich aus der Begründung des Beweisantrages ergibt, beruht auch dieser auf der Annahme, dass die Klägerin an einer
schweren, chronifizierten PTBS leidet. Da der Senat diese Auffassung nicht teilt, ist dem Beweisantrag die Grundlage entzogen.
Auch soweit die Zeugin dazu befragt werden soll, ob die Klägerin mit ihr über die ihr zugefügte Folter, die Todesbedrohungen,
die psychischen und physischen Verletzungen gesprochen hat, werden mit dem Beweisantrag bereits Tatsachen unterstellt, die
gerade nicht erwiesen sind. Denn der Senat hält aufgrund fehlender eigener Schilderungen der Klägerin gerade nicht für erwiesen,
dass diese gefoltert oder mit dem Tod bedroht bzw. psychisch und physisch verletzt worden ist. Fehlt es aber am Nachweis zugefügter
Verletzungen, ist auch nicht darüber Beweis zu erheben, wie sich die zugefügten Verletzungen im Alltag der Klägerin auswirken.
Im Übrigen kommt es für die Entscheidung des Senats nicht darauf an, wie die benannte Zeugin die Beeinträchtigungen der Lebenssituation
der Klägerin einschätzt, sondern entscheidend ist, wie diese tatsächlich in ihrer Lebensführung schädigungsbedingt eingeschränkt
ist. Hierfür ist vorrangig auf die eigenen Schilderungen der Klägerin, u. a. im Rahmen der Begutachtung durch PD Dr. H., abzustellen,
die der Senat im Hinblick auf die Höhe der schädigungsbedingten MdE gewürdigt hat. Darüber hinaus fehlt es der benannten Zeugin
an der medizinischen Sachkunde dafür zu beurteilen, inwieweit die möglichen Einschränkungen der Klägerin nicht auf der geltend
gemachten Schädigung, sondern auf schädigungsunabhängigen Ursachen wie z. B dem zerrütteten Verhältnis zum Sohn beruhen.
Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung beantragt hat,
die Akten komplett einzusehen, bestand für den Senat keine Veranlassung zur Gewährung weiterer Akteneinsicht. Auf Antrag der
früheren Klägervertreterin war bereits im erstinstanzlichen Verfahren Akteneinsicht gewährt worden (vgl. Bl. 7 SG). Sodann hat der Senat auf den Antrag der Klägerin vom 30.01.2014, ihr Einsicht in die dem Gericht vorliegenden Akten frühestens
Ende März 2014 zu gewähren, mit Verfügung vom 18.02.2014 Gelegenheit gegeben, in die Gerichts- und Behördenakten auf der Geschäftsstelle
des Senats in der 13. Kalenderwoche (24. bis 28 März) Einsicht zu nehmen. Mit Schreiben vom 20.03.2014 hat die Klägerin gebeten,
die Frist zur Akteneinsicht auf Grund ihrer schweren Erkrankung zu verlängern. Mit weiterem Schreiben vom 24.04.2014 hat die
Klägerin erneut um Fristverlängerung gebeten und beantragt, ihr Akteneinsicht am SG zu gewähren. In der beigefügten ärztlichen Bescheinigung des Dr. F., Klinik Dr. F. D., vom 17.03.2014 wird angegeben, dass
sich die Klägerin vom 04.02. bis 18.03.2014 in stationärer fachklinischer Behandlung befunden hat. Mit Verfügung vom 25.04.2014
wurde der Klägerin Frist gesetzt bis 15.05.2014 zur Einsichtnahme in die Akten beim SG. Ebenfalls am 25.04.2014 wurden sämtliche beim LSG vorhandenen Akten (4 Bd. SG-Akten, 8 Bd. Verw-Akten, 1 Bd. BSG-Akten sowie 3 Bd. LSG-Akten) an das SG übersandt. Am 08., 09., 12., 13., 14 ... sowie 15.05.2014 hat die Klägerin in die Akten eingesehen, die am 15.05.2014 an
das LSG rückübersandt worden sind (Bl. 169 LSG). Mit Schreiben vom 06.06.2014 hat die Klägerin vorgetragen, es sei ihr in
der gesetzten Frist nicht möglich gewesen, die Akten vollständig einzusehen. Außerdem sei die
SGB IX-Akte nicht mitübersandt worden.
Hieraus ergibt sich, dass die Klägerin an 6 Tagen am SG in die Akten Einsicht genommen hat. Die pauschale Einlassung der Klägerin, sie habe in dieser Zeit das umfangreiche Aktenmaterial
nicht sichten können, ist nicht ausreichend, um nochmals Akteneinsicht zu gewähren und eine weitere Verzögerung der Erledigung
des Rechtsstreits hierdurch zu verursachen. Das Recht auf Akteneinsicht (vgl. §
120 SGG) ist Ausfluss des nach Art.
103 Abs.
1 GG garantierten Rechtes auf rechtliches Gehör. Das Gericht kann eine angemessene Frist zur Einsichtnahme setzen und die Frist
verlängern, wenn der Beteiligte außerstande ist, innerhalb der Frist sein Recht auszuüben. Der Senat hat deshalb den mehrfachen
Anträgen der Klägerin auf Fristverlängerung großzügig stattgegeben und darüber hinaus die Akten zur Einsichtnahme an das SG wohnortnah übersandt. Nachdem die Klägerin am SG an 6 Tagen die Akten eingesehen hatte, hat sie zwar auf dem Rücksendeblatt des SG vermerkt, in verschiedene Akten nicht Einblick genommen zu haben, eine weitere Fristverlängerung hat die Klägerin aber nicht
beantragt. Auch mit Schreiben vom 06.06.2014 hat die Klägerin lediglich beantragt, alle noch vorhandenen Akten am SG einsehen zu können. Da jedoch keine weiteren als die bereits übersandten Akten am LSG vorhanden sind, lief dieser Antrag
ins Leere. Dies gilt auch für die von der Klägerin gewünschte Einsicht in die Schwerbehindertenakte, da diese nicht zum Gegenstand
des Verfahrens gemacht worden ist. Soweit die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 21.06.2014 rügt, die gewährte Akteneinsichtsfrist
vom 08. bis 12.05.2014 für jeweils zwei Stunden sei zu kurz gewesen, steht dem bereits entgegen, dass die Klägerin auch am
13., 14. und 15.05.2014 Akteneinsicht genommen hat. Letztlich entscheidend für die Versagung weiterer Akteneinsicht nach bereits
gewährter und mehrtägig erfolgter Einsichtnahme ist, dass die Klägerin nicht substantiiert dargelegt hat, dass und weshalb
ihr die Ausübung des rechtlichen Gehörs im Hinblick auf die nicht vollständig eingesehenen Akten nicht möglich ist. Im Termin
zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergab sich zu keinem Zeitpunkt der Eindruck, die Klägerin hätte mangels Kenntnis
des Akteninhalts sich nicht zur Sache einlassen können. Entsprechende Einwendungen hat die Klägerin im Verlauf der Verhandlung
auch nicht erhoben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.