LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.05.2017 - 11 KA 38/14
Vorinstanzen: SG Detmold 12.03.2014 S 5 KA 18/11
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 12.03.2014 wird zurückgewiesen. Klägerin und Beklagter
tragen die Gerichtskosten des Verfahrens zu je 1/2. Der Beklagte trägt 1/2 der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten
der Klägerin für beide Rechtszüge. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Streitig ist eine Ermächtigung nach § 118 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch ( SGB V).
Die Klägerin ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie betreibt mehrere Krankenhäuser und Kliniken sowie andere medizinische
Einrichtungen, darunter in M ein Allgemeinkrankenhaus (seit 2012 mit weiterem Standort in S), das unter anderem über eine
psychiatrische Abteilung verfügt. Hinzu kommt in M und N jeweils eine psychiatrische Tagesklinik. Das Krankenhaus in M wurde
(erneut) ab dem 01.09.2010 in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen. Laut Anlage zum entsprechenden
Feststellungsbescheid der Bezirksregierung E verfügt das Krankenhaus über eine Abteilung für Psychiatrie mit 170 Betten sowie
Tageskliniken in M und N mit 15 bzw. 20 Betten. Die Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Krankenhaus
M wurde durch den Zulassungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk E mit Wirkung zum 17.10.2001 unbefristet
ermächtigt, psychisch erkrankte Versicherte ambulant in der Institutsambulanz am Krankenhaus in M zu behandeln. Mit Änderungsbeschluss
vom 25.08.2010 stellte der Zulassungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk E fest, dass das Krankenhaus
M als Allgemeinkrankenhaus mit seiner selbstständigen, fachärztlich geleiteten psychiatrischen Abteilung mit regionaler Versorgungsverpflichtung
nach § 118 Abs. 2 SGB V ermächtigt ist, im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung psychiatrische und psychotherapeutische Leistungen zu erbringen.
Mit Schreiben vom 13.08.2010 wandte sich die Klägerin an den Zulassungsausschuss und zeigte an, dass sie zukünftig beabsichtige,
ambulante psychiatrische und psychotherapeutische Leistungen gemäß § 118 Abs. 2 SGB V mit dem Personal der Institutsambulanz aus M auch in den "Räumlichkeiten" der Tagesklinik in N zu erbringen. Hierbei handele
es sich gewissermaßen um eine "Unterbetriebsstätte" der in M bestehenden psychiatrischen Institutsambulanz. Entsprechend solle
auch nur eine (gemeinsame) Abrechnung der Institutsleistungen in M und N erfolgen. Der Zulassungsausschuss legte das Schreiben
als Antrag auf Erteilung einer Institutsermächtigung für die "Unterbetriebsstätte N" aus und holte Stellungnahmen der beteiligten
Krankenkassenverbände und der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL, Beigeladene zu 1)) ein. Letztere sprach
sich gegen die beantragte Ermächtigung aus und verwies darauf, dass der regionale psychiatrische Pflichtversorgungsauftrag
der psychiatrischen Hauptabteilung des Allgemeinen Krankenhauses in M obliege und nicht der Tagesklinik in N (Stellungnahme
vom 22.11.2010). Auch sehe die dreiseitige Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der Deutschen Krankenhausgesellschaft
sowie dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen nach § 118 Abs. 2 Satz 2 SGB V vor, dass die ermächtigten Krankenhäuser sicherstellen, dass ärztliches und nichtärztliches Personal einschließlich eines
Notfalldienstes außerhalb der regulären Dienstzeiten zur Verfügung stehe. Dies sei nicht möglich, wenn - wie hier - dasselbe
Personal zugleich an verschiedenen Standorten, nämlich in N und M, eingesetzt werden solle. Die AOK Nordwest, der BKK Landesverband
Nordwest sowie die IKK (Beigeladene zu 2) bis 4)) schlossen sich der Auffassung der Beigeladenen zu 1) an (Stellungnahmen
vom 22. und 29.11. sowie 02. und 14.12.2010). Der Zulassungsausschuss lehnte die begehrte "Unterbetriebsstätte" in den Räumlichkeiten
der psychiatrischen Tagesklinik in N ab (Beschluss vom 25.01.2010 aus der Sitzung vom 15.12.2010). Dabei folgte er den Argumenten
der Beigeladenen.
Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch. Es müsse lediglich festgestellt werden, dass die Institutsermächtigung auch für
die neue Betriebsstätte in den Räumlichkeiten der Tagesklinik in N gelte. Eine eigene Ermächtigung sei hierfür nicht notwendig.
Vielmehr ergebe sich der Anspruch bereits unmittelbar aus dem Gesetz. Im Übrigen folge das Tätigwerden sowohl am Krankenhaus
in M als auch in der Tagesklinik in N bereits aus dem Feststellungsbescheid der Bezirksregierung E vom 21.10.2010. Das Tatbestandsmerkmal
der "regionalen Versorgungsverpflichtung" stehe der "Unterbetriebsstätte" nicht entgegen. Mit diesem Kriterium knüpfe der
Gesetzgeber an die Regelungen des Betreuungsrechts und der Landesunterbringungsgesetze an. Es sollen ausschließlich Einrichtungen
mit besonderer Fachkompetenz zur ambulanten Versorgung ermächtigt werden. Diese Voraussetzung erfülle man auch am Standort
in N, der im Feststellungsbescheid der Bezirksregierung ebenfalls aufgeführt werde. Schließlich stehe auch der dreiseitige
Vertrag dem Tätigwerden an der Betriebsstätte in N nicht entgegen. Ob eine psychiatrische Abteilung im Sinne des § 118 Abs. 2 SGB V ermächtigt sei, ergebe sich unabhängig von dieser Vereinbarung allein und unmittelbar aus dem Gesetz. Der Beklagte wies den
Widerspruch zurück (Beschluss vom 17.11.2011 aus der Sitzung vom 14.09.2011). Die der Klägerin zuletzt mit Bescheid des Zulassungsausschusses
vom 25.08.2010 erteilte Ermächtigung gelte nicht für ambulante psychiatrische und psychotherapeutische Leistungen am Standort
in N. § 118 SGB V erfasse nur solche Einrichtungen, in denen die ambulante Behandlung der Versicherten in der Ambulanz einer Klinik durchgeführt
würden. Dies setze eine organisatorische und räumliche Anbindung der Ambulanz an die Klinik voraus. Sie bestehe zwischen der
Institutsambulanz in M und den Räumlichkeiten der Tagesklinik in N nicht.
Hiergegen hat die Klägerin am 13.12.2011 Klage erhoben und begehrt festzustellen, kraft Gesetzes ermächtigt zu sein, auch
am Standort in N eine psychiatrische Institutsambulanz betreiben zu dürfen. Alternativ können Sie beanspruchen, hierzu ermächtigt
zu werden.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 14.09.2011 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin berechtigt ist, eine psychiatrische
Institutsambulanz unter der Anschrift S-Straße 00, N, zu betreiben,
hilfsweise,
eine Ermächtigung zum Betrieb einer psychiatrischen Institutsambulanz nach § 118 Abs. 2 Satz 1 SGB V für den Standort S-Straße 00, N, zu erteilen,
hilfsweise,
eine Ermächtigung zum Betrieb einer psychiatrischen Institutsambulanz gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGB V für den Standort S-Straße 00, N zu erteilen.
der Beklagte und die Beigeladene zu 2) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die übrigen Beteiligten haben keine Anträge gestellt.
Das Sozialgericht (SG) E hat die Klage als unbegründet abgewiesen (Urteil vom 12.03.2014) und ausgeführt: Ein Anspruch darauf festzustellen, dass
die Klägerin berechtigt ist, eine Institutsambulanz am Standort N zu betreiben, ergebe sich aus den gesetzlichen Regelungen
nicht. Das Bundessozialgericht (BSG) habe klargestellt, dass Außenstellen von Krankenhäusern nicht in den Anwendungsbereich des § 118 Abs. 1 SGB V einbezogen werden können (Urteil vom 21.06.1995 - 6 RKA 49/94 -). Dies gelte auch im Rahmen des § 118 Abs. 2 SGB V. Nichts anderes folge aus der Entscheidung des BSG vom 28.01.2009 - B 6 KA 61/07 R -, denn der dortige Fall sei mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. In der vom BSG entschiedenen Fallgestaltung sei die psychiatrische Tagesklinik in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen
gewesen und habe vor diesem Hintergrund bereits die Voraussetzungen für § 118 Abs. 1 SGB V erfüllt. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall. Sie betreibe ein Allgemeinkrankenhaus mit einer psychiatrischen Abteilung
und könne daher Leistungen als psychiatrische Institutsambulanz nur unter den Voraussetzungen des § 118 Abs. 2 SGB V erbringen. Dass die Klägerin am Standort in N über eine eigenständige psychiatrische Klinik verfüge und dort nun eine psychiatrische
Institutsambulanz betreiben möchte, behaupte sie nicht einmal selbst. Die Behandlung der dort vorstellig werdenden Patienten
solle vielmehr mit dem Team der Institutsambulanz vom Standort M erfolgen, so dass eine eigenständige Institutsambulanz in
N nicht gewollt sei. Die in § 118 Abs. 2 SGB V enthaltene gesetzliche Ermächtigung berechtige im Übrigen nur zur Behandlung im ermächtigten Krankenhaus. Dabei müsse gewährleistet
sein, dass den Patienten alle Einrichtungen des Krankenhauses in personeller und sachlicher Art im Bedarfsfall zugutekommen
könnten. Vor diesem Hintergrund genüge es nicht, die ambulante Behandlung psychisch Kranker an einem über 20 Kilometer entfernten
Ort durchzuführen, ohne auf die Einrichtung der psychiatrischen Abteilung des Allgemeinkrankenhauses zurückgreifen zu können.
Vor diesem Hintergrund könne sich die in § 118 Abs. 2 SGB V gesetzlich normierte Ermächtigung nicht auf den in N geführten Betriebsteil des Allgemeinkrankenhauses beziehen. Auch das
Hilfsbegehren der Klägerin führe nicht zum Erfolg. Sie könne sich nicht auf § 31 Abs. 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) berufen. Zwar könnten die Zulassungsausschüsse in besonderen Fällen ärztlich geleitete Einrichtungen zur Teilnahme an der
vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen, sofern ein Bedarf hierfür bestehe. Hieran fehle es jedoch, auch wenn die Klägerin
argumentiere, dass Patienten aus dem östlichen Raum des Landkreises längere Wege zurücklegen müssten, um die ambulante Versorgung
in der Institutsambulanz in M in Anspruch nehmen zu können. Aus anderen Unterlagen sei ebenfalls kein besonders gravierendes
Versorgungsdefizit zu entnehmen. Vor diesem Hintergrund sei nichts dafür ersichtlich, dass der Beklagte hierzu eine Entscheidung
hätte treffen müssen.
Mit der hiergegen fristgerecht eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend: Sie begehre festzustellen, dass sie gemäß
§ 118 Abs. 2 SGB V berechtigt sei, auch in den Räumen der Tagesklinik in N eine psychiatrische Institutsambulanz zu betreiben. Nach dem Krankenhausplan
für das Land Nordrhein-Westfalen bestehe für das Krankenhaus eine regionale Versorgungspflicht für das gesamte Versorgungsgebiet,
das heiße für den Kreis N-M. Der Versorgungsauftrag erstrecke sich damit auf alle Standorte des Krankenhauses, also auch auf
denjenigen in N. Das sei inzwischen mit Feststellungsbescheid der Bezirksregierung E vom 08.02.2017 auch ausdrücklich festgestellt
worden. Der § 118 SGB V unterscheide nämlich nicht zwischen voll- und teilstationären Versorgungsangeboten. Die Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 21.06.1995 - 6 RKA 49/94 - sei nicht einschlägig. Sie beziehe sich ausdrücklich auf "Außenstellen von Krankenhäusern"
im Anwendungsbereich des § 118 Abs. 1 SGB V. Im Übrigen liege eine solche Anbindung jedenfalls am Standort N vor. "Wohnortnähe" im Sinne des Krankenhausplans sei auch
bei einer Entfernung von ca. 20 Kilometern noch gegeben. Das ärztliche und nichtärztliche psychiatrische/psychotherapeutische
Personal sei bereits jetzt standort- und sektorenübergreifend in der psychiatrischen Station des Krankenhauses M-S, in der
dort angegliederten Institutsambulanz sowie in den Tageskliniken in M und N tätig.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des SG E vom 12.03.2014 den Beschluss des Beklagten vom 17.11.2011 aus der Sitzung vom 14.09.2011 aufzuheben und festzustellen,
dass sie gemäß § 118 Abs. 2 SGB V berechtigt ist, eine psychiatrische Institutsambulanz auch unter der Anschrift S-Straße 00, N zu betreiben.
Der Beklagte sowie die Beigeladenen zu 1) und 4) beantragen,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Zur Begründung nehmen sie Bezug auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil des SG E sowie im eigenen Beschluss vom 14.09.2011.
Die Klägerin hat nach Hinweis des Gerichts auf den mit Wirkung vom 23.07.2015 neu eingefügten § 118 Abs. 4 SGB V erklärt, man habe einen entsprechenden Antrag bewusst (noch) nicht gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge
des Beklagten sowie des Zulassungsausschusses der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk E Bezug genommen. Sie waren
Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz ( SGG) frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat kann nicht beanspruchen, dass der Beschlusses des Beklagten
vom 17.11.2011 aus der Sitzung vom 14.09.2011 aufgehoben und festgestellt wird, dass sie gemäß § 118 Abs. 2 SGB V berechtigt ist, eine psychiatrische Institutsambulanz auch unter der Anschrift S-Straße 00 in N zu betreiben.
I. Streitgegenstände der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage sind allein der Beschluss des Beklagten vom 17.11.2011
und der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch, feststellen zu lassen, gemäß § 118 Abs. 2 SGB V berechtigt zu sein, eine psychiatrische Institutsambulanz auch in N zu betreiben.
Zur Feststellung des Streitgegenstands in sachlicher Hinsicht ist der Klageantrag (§ 92 Satz 1 SGG) und der zu seiner Begründung dienende Sachverhalt ausschlaggebend. In persönlicher Hinsicht ist auf den Kläger und den Beklagten
abzustellen (Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, 2017, § 95 Rdn. 4 ff; Hintz in: BeckOK SozR, SGG, Stand 01.03.2017, § 94 Rdn. 2). Hier behauptet die Klägerin im Berufungsverfahren ausschließlich noch gegenüber dem Beklagten bestehende Ansprüche
dahin, dass der angefochtene Beschluss aufgehoben und festgestellt wird, dass sie gem. § 118 Abs. 2 SGB V berechtigt ist, eine psychiatrische Institutsambulanz (auch) unter der Anschrift S-Straße 00, N zu betreiben. Alle anderen
in erster Instanz noch gestellten Klageanträge verfolgt die Klägerin im Berufungsverfahren ausdrücklich nicht mehr. Danach
sind nicht (mehr) Streitgegenstände Ansprüche der Klägerin aus § 118 Abs. 1, 3, 4 SGB V oder § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV.
II. Die gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG gegenüber dem Beklagten mit dem Ziel erhobene Klage, feststellen zu lassen, dass die Klägerin zur ambulanten psychiatrischen
und psychotherapeutischen Behandlung nach § 118 Abs. 2 SGB V auch unter der Anschrift S-Straße 00, N, ermächtigt ist, ist unzulässig. Es fehlt das Feststellungsinteresse (Senat, Urteil
vom 28.01.2015 - L 11 KA 109/13 -).
Das nach § 55 Abs. 1 SGG erforderliche berechtigte Interesse kann als besonderes Rechtsschutzbedürfnis rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller
Art sein, wobei die Klägerin ihr berechtigtes Feststellungsinteresse durch entsprechenden Tatsachenvortrag substantiiert darlegen
muss, ohne dass große Anforderungen an die Substantiierungspflicht zu stellen sind (BSG, Urteil vom 28.08.2007 - B 7/7a AL 16/06 R -; Senat, Urteil vom 28.01.2015 - L 11 KA 109/13 - m.w.N.). Das Feststellunginteresse muss jedoch gerade gegenüber dem Beklagten bestehen. Ein Feststellungsinteresse der
Klägerin gegenüber einem oder mehreren der Beigeladenen genügt hingegen nicht. Sonst wäre die Klage bei Klageerhebung zunächst
mangels Feststellungsinteresses unzulässig und würde erst durch die u.U. nicht einmal notwendige Beiladung eines oder mehrerer
Dritter zulässig (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, 2014, § 55 Rdn. 15a; Senat, Urteil vom 28.01.2015 - L 11 KA 109/13 -; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27.06.1997 - 8 C 23/96 - m.z.w.N.).
Nach § 118 Abs. 2 SGB V sind Allgemeinkrankenhäuser unter den näher aufgeführten Voraussetzungen zur psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung
ermächtigt. Es bedarf hierfür keiner Antragstellung und keiner Ermächtigung durch den Beklagten. Die Ermächtigung besteht
vielmehr kraft Gesetzes (Köhler-Hohmann in: jurisPK- SGB V, 2. Auflage, 2012, § 118 Rdn. 30; Hess in: Kasseler Kommentar, SGB V, 84. Ergänzungslieferung, 2014, § 118 Rdn. 6; Bogan in: BeckOK- SGB V, Stand 01.03.2015, § 118 Rdn. 16; Hencke in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, SGB V, Stand Juli 2014, § 118 Rdn. 6; Becker in: Becker/Kingreen, SGB V, 4. Auflage, 2014, § 118 Rdn. 8; Senat, Urteil vom 28.01.2015 - L 11 KA 109/13 -). Auch ein rechtlich geschütztes Interesse daran festzustellen, dass eine solche Ermächtigung besteht, ist im Verhältnis
der Klägerin zum Beklagten nicht gegeben. Ein solches Feststellungsinteresse könnte allenfalls im Verhältnis der Klägerin
zu Krankenkassen bestehen, deren Versicherte von ihr ambulant psychiatrisch oder psychotherapeutisch in N behandelt werden
(sollen). Es dürfte der Klägerin nämlich nicht zuzumuten sein vorzuleisten und erst im Rahmen eines Abrechnungsstreits zu
klären, ob die Ermächtigung kraft Gesetzes besteht. Dies verleiht der Klägerin jedoch kein Feststellungsinteresse gegenüber
dem Beklagten (Senat, Urteil vom 28.01.2015 - L 11 KA 109/13 -). Er ist "absolut unzuständig".
Ob ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung gegenüber den beigeladenen Krankenkassenverbänden besteht, kann
der Senat offenlassen. Ihre (spätere) Beiladung kann - wie dargelegt - die bei Erhebung unzulässige Klage nicht zulässig machen.
Entsprechendes gilt für die einzelnen als mögliche Zahlungspflichtige in Betracht kommenden Krankenkassen, die daher auch
nicht beizuladen waren.
III. Hat der Beklagte es somit zu Recht abgelehnt festzustellen, dass die Klägerin gemäß § 118 Abs. 2 SGB V berechtigt ist, eine psychiatrische Institutsambulanz (auch) unter der Anschrift S-Straße 00, N zu betreiben, so ist sein
Beschluss vom 17.11.2011 aus der Sitzung vom 14.09.2011 inhaltlich richtig und daher nicht aufzuheben. Die insoweit erhobene
Anfechtungsklage ist zwar zulässig aber unbegründet.
Der Beschluss des Beklagten ist auch nicht etwa deswegen rechtswidrig und belastet die Klägerin (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG), weil er den Beschluss des Zulassungsausschuss vom 25.01.2010 aus der Sitzung vom 15.12.2010 nicht aufgehoben hat. Richtig
ist allerdings, dass die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 13.08.2010 den Zulassungsausschuss ursprünglich nur darüber informieren
wollte, im Rahmen der bereits erteilten Zulassung nun auch am Standort in N ambulant vertragsärztlich tätig werden zu wollen.
Dies hat der Zulassungsausschuss u.a. als Antrag ausgelegt, die Klägerin zu ermächtigen, auch in N eine Institutsambulanz
zu betreiben. Dieser Auslegung ist die Klägerin indes nicht entgegengetreten, sondern hat sich im Verfahren vor dem Zulassungsausschuss
ausschließlich inhaltlich mit den Einwänden der Beigeladenen gegen eine entsprechende Ermächtigung befasst. Die Klägerin hat
somit (zumindest) konkludent einen entsprechenden Antrag auf Erteilung einer Ermächtigung gestellt, über den zunächst der
Zulassungsausschuss und später der Beklagte entscheiden mussten.
Soweit die Klägerin im Widerspruchs- und Klageverfahren z.T. vorträgt, sie habe einen entsprechenden Antrag nie gestellt,
kann sie sich darauf nach dem auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden allgemeinen Rechtsgrundsatz des venire contra
factum proprium nicht berufen. Er ist im deutschen Recht zwar nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, aber von der Rechtsprechung
aus der Generalklausel des § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (Treu und Glauben) entwickelt worden. Systematisch handelt es sich um einen Fall unzulässiger Rechtsausübung wegen widersprüchlichen
Verhaltens. Danach gilt: "Wer eine rechtliche Regelung längere Zeit in einem bestimmten Sinn ausgelegt hat, ist hieran gebunden,
wenn sich der andere Teil auf eine gleichbleibende Einstellung eingerichtet hat." (BSG, Beschluss vom 03.09.2009 - B 5 R 10/09 B - und vom 08.01.2015 - B 4 AS 295/14 B -). Hier muss die Klägerin sich daran festhalten lassen, dass ihr Schreiben vom 13.08.2010 (auch) als Antrag auf Erteilung
einer Ermächtigung nach § 118 Abs. 1 SGB V ausgelegt worden ist. Dagegen hat sie sich im Ausgangsverfahren nicht gewehrt und auch im Widerspruchsverfahren gegenüber
der Beklagten dargelegt, dass und warum der Anspruch besteht. Darüber musste der Beklagte entscheiden und hat ihn zutreffend
abgelehnt.
Andere Gründe, die zur Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Beklagten vom 17.11.2011 aus der Sitzung vom 14.09.2011 führen
könnten, trägt die Klägerin nicht vor und sind auch nicht zu erkennen.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1, Halbs. 3 SGG i.V.m. den §§ 154 Abs. 1 und 2 sowie 155 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsordnung ( VwGO). Die Klägerin unterliegt in erster und zweiter Instanz und hat danach grundsätzlich die Kosten des Verfahrens zu tragen
(§ 154 Abs. 1 und 2 VwGO). Der Beklagte hat sich allerdings mit den Begehren der Klägerin festzustellen, dass sie berechtigt ist, eine psychiatrische
Institutsambulanz auch in der S-Straße 00 in N zu betreiben, inhaltlich befasst, statt sich insoweit für unzuständig zu erklären.
Er hat damit der Klägerin schuldhaft Veranlassung gegeben, Klage zu erheben sowie Berufung einzulegen, und somit die Hälfte
der Kosten zu tragen (§ 155 Abs. 4 VwGO).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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