Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung
Nichterscheinen zum Meldetermin ohne wichtigen Grund
Rechtmäßigkeit der Minderung der Grundsicherung
Behandlung von Anträgen auf Terminsverlegung
Verneinung erheblicher Gründe für eine Vertagung
Gründe
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist in der von §
145 Abs.
1 S. 2
SGG vorgeschrieben Form und Frist erhoben worden. Sie ist gemäß §
145 Abs.
1 S. 1
SGG statthaft. Die Berufung bedarf nach §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 119,70 EUR beträgt und das Sozialgericht die Berufung nicht zugelassen
hat.
Die Beschwerde ist unbegründet. Gemäß §
144 Abs.
2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung
des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts
abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel
geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
Die Streitsache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S.v. §
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG. Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Minderung der Grundsicherung von Februar 2015 bis April 2015 um 10%
des maßgeblichen Regelbedarfs, weil die Klägerin trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen zu dem Meldetermin am
08.10.2014 ohne wichtigen Grund nicht erschienen ist. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob bei einem seit 2009 unverändert
bestehenden Bewerberangebot und nicht beschiedenem Antrag, nach § 27 SGB II darlehensweise Leistungen zu gewähren, Veranlassung zur Vergabe von Meldeterminen bestehe, wirft keine Rechtsfrage auf, deren
Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern.
Vielmehr handelt es sich um eine Rüge der Rechtsanwendung im Einzelfall, die mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht (erneut)
zur Prüfung gestellt werden kann.
Ebenso wenig liegt der Zulassungsgrund des §
144 Abs.
2 Nr.
3 SGG vor, da die Klägerin keine der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmängel geltend macht, die vorliegen
und auf denen das Urteil beruhen kann. Ein Verfahrensmangel liegt nur vor bei einem Verstoß des erstinstanzlichen Gerichts
gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt. Der Mangel bezieht sich nicht auf den sachlichen Inhalt
des Urteils. Es geht insoweit nicht um die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung, sondern um das prozessuale Vorgehen des
Gerichts auf dem Weg zum Urteil (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. September 2005 - L 6 AL 63/05 NZB). Ein Verfahrensmangel verpflichtet nur dann zur Zulassung der Berufung, wenn er gerügt, d.h. "geltend gemacht" wird.
Dafür genügt es, wenn Tatsachen substantiiert vorgetragen werden, aus denen sich der Mangel des Verfahrens ergibt.
Soweit die Klägerin behaupten sollte, die Verhandlung in der Streitsache gegen die Sanktion wegen des Meldeversäumnisses habe
nur 15 Minuten gedauert, fehlt es bereits an einem schlüssigem Vortrag, wieso das Protokoll für das Verfahren S 11 AS 459/15 den Beginn des Termin mit "12.50 Uhr" und das Ende des Termins mit "13.40 Uhr" ausweist, insoweit unrichtig ist. Der Umstand,
dass das Sozialgericht in der Terminsladung eine Dauer von 15 Minuten für den Termin prognostiziert hatte, begründet einen
Verfahrensfehler allein deshalb nicht, weil es allenfalls auf die tatsächliche Terminsdauer ankommt.
Die Rüge der Klägerin, das Sozialgericht habe ihren Anträgen vom 10.09.2015 und 15.09.2015, den Termin zur mündlichen Verhandlung
vom 15.09.2015 zu verlegen, um ihr nach der am 10.09.2015 erfolgten Mandatsniederlegung der Bevollmächtigten Zeit für die
Vorbereitung des Termins zu geben, nicht entsprochen, begründet nicht die Zulassung der Berufung nach §
144 Abs.
2 Nr.
3 SGG. Eine Verletzung des Grundsatzes auf rechtliches Gehör liegt nicht vor (§
62 SGG).
Zwar kann und ggf. muss ein Termin zur mündlichen Verhandlung gemäß §
202 S. 1
SGG i.V.m. dem entsprechend anwendbaren §
227 Abs.
1 S. 1
ZPO bei Vorliegen erheblicher Gründe aufgehoben werden, selbst wenn das persönliche Erscheinen des Klägers bzw. der Klägerin
nicht angeordnet worden ist (BSG, Beschlüsse vom 21.07.2005 - B 11a/11 AL 261/04 B und vom 13.11.2008 - B 13 R 277/08 B). Ein iS des §
227 Abs.
1 S. 1
ZPO ordnungsgemäß gestellter Verlegungsantrag mit einem hinreichend substantiiert geltend und ggf. glaubhaft gemachten Terminsverlegungsgrund
begründet grundsätzlich eine entsprechende Pflicht des Gerichts zur Terminsverlegung (BSG, Urteile vom 28.4.1999 - B 6 KA 40/98 R und vom 12.2.2003 - B 9 SB 5/02 R). Die Behandlung von Anträgen auf Terminsverlegung hat dabei der zentralen Gewährleistungsfunktion der mündlichen Verhandlung
für den Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör zu genügen (BSG, Beschluss vom 16.11.2000 - B 4 RA 122/99 B). Dabei kann die Mandatsniederlegung eines Bevollmächtigten und die fehlende Möglichkeit, kurz vor dem Termin einen neuen
Bevollmächtigten zu bestellen, einen erheblichen Grund darstellen (Kühl in: Breitkreuz/Fichte,
SGG, 2. Aufl., §
110 Rn. 8; Leitherer in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl., §
110 Rn. 5a).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Das Sozialgericht hat zutreffend in nicht zu beanstandender Weise das Vorliegen erheblicher
Gründe für eine Vertagung verneint. Die Klägerin war, was sich aus den vor ihr verfassten Schriftsätzen seit 2012 eindeutig
ergibt, in der Lage, ihr Anliegen im Verhandlungstermin vom 15.09.2015 darzulegen, zudem der Termin erst fünf Tage nach der
Unterrichtung von der Mandatsniederlegung seitens der Bevollmächtigten stattfand. Darüber hinaus hat die Klägerin auch nicht
geltend gemacht, nach Ablehnung der Prozesskostenhilfe mit Beschluss aus Juli 2015 erneut einen Bevollmächtigten beauftragen
zu wollen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§
177 SGG).
Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil rechtskräftig (§
145 Abs.
4 S. 4
SGG).