LSG Hamburg, Urteil vom 28.03.2019 - 1 KR 125/17
Vorinstanzen: SG Hamburg 05.10.2017 S 48 KR 1744/15
1. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. 2. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Die Revision
wird zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand:
Streitig ist eine Vergütungsforderung der Klägerin, wobei es um die Vergütung einer allogenen Stammzelltherapie im OFF-Label-Use
bei Mantelzelllymphom geht. Der 1950 geboren Versicherte H.B. wurde dabei vom 17. März 2010 bis zum 21. April 2010 im Krankenhaus
der Klägerin stationär behandelt. Bei ihm war zuvor im Dezember 2003 ein Mantelzelllymphom im Stadium IV diagnostiziert worden.
Nach Chemotherapie mit anschließender autologer Blutstammzelltransplantation erreichte der Patient eine komplette Remission.
Im Oktober 2008 kam es zu einem zytologisch gesicherten Rezidiv des Mantelzelllymphoms. Durch eine Strahlentherapie von Dezember
2008 bis Januar 2009 wurde eine zweite komplette Remission erreicht.
Am 17. Februar 2010 wurde mit dem Versicherten eine Einverständniserklärung zur allogenen Stammzelltransplantation (Blut und
Knochenmark) erörtert und von diesem unterzeichnet. Dort heißt es unter anderem: "Mir ist bewusst, dass es im Zusammenhang
mit der Behandlung zu schwerwiegenden Infektionen, Blutungen, Störungen der Funktion lebenswichtiger Organe, Ausbleiben der
Transplantation sowie einer Transplantation-gegen-Wirt-Reaktion kommen kann, und dass das Risiko, an einer dieser Komplikationen
zu versterben, nicht unerheblich ist. Auch auf weitere Risiken und Nebenwirkungen des Verfahrens (Übelkeit, Erbrechen, Thrombozytopenie,
Unverträglichkeitsreaktionen, Gesinnungsstörungen, Blutungen, Substitution mit Blutpräparaten, Übertragung von Infektionen
durch Blutprodukte, Haarausfall, Sterilität, Zweittumorerkrankung) wurde ich ausreichend hingewiesen und aufgeklärt."
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Erklärung Bezug genommen. Am 25. März 2010 wurde sodann die hier streitige allogene
Stammzelltransplantation durchgeführt. Im Verlauf des 7. Mai 2010 wurde der Patient notfallmäßig aufgenommen und verstarb
an den Folgen einer Sepsis mit Multiorganversagen am 17. Juni 2010. Mit Rechnung vom 31. Mai 2010 machte die Klägerin auf
der Basis der DRG A04C "Knochenmarktransplantation / Stammzelltransfusion, allogen, außer bei Plasmozytom, ohne In-vitro-Aufbereitung,
ohne Graft-versus-host-Krankheit Grad III und IV, HLA-identisch" 80.360,66 EUR gegenüber der Beklagten geltend, die von der
Beklagten zunächst bezahlt wurden. Der von der Beklagten beauftragte MDK kam in einem Gutachten von Dezember 2011 zu dem Ergebnis,
dass die medizinische Notwendigkeit für eine allogene Stammzelltransplantation bei anscheinend langsam wachsendem Mantelzelllymphom
und nicht aggressivem Verlauf nicht nachvollziehbar sei. Erst bei Auftreten eines erneuten Rezidivs wäre eine allogene Stammzelltransplantation
nachvollziehbar gewesen. Die von der Clearingstelle aufgestellte dringende Indikation, wie häufige Rezidive, Hochrisikosituation
oder erhebliche klinische Symptomatik und Versagen herkömmlicher Therapien sei bei einer bereits seit einem Jahr bestehenden
kompletten Remission nicht zu erkennen. Gegen diese Beurteilung hat für die Klägerin Professor Dr. G. Stellung genommen und
ausgeführt, aus ersten Ergebnissen einer klinischen Studie folge, dass beim Mantelzelllymphom bei einem Rezidiv nach vorangegangener
Hochdosistherapie und autologer Stammzelltransplantation die Erfolgsaussichten einer zweiten autologen Stammzelltherapie in
der Regel minimal seien. Die allogene Stammzelltherapie weise in dieser Situation demgegenüber in einer Reihe von Studien
hervorragende Überlebensraten mit einem Gesamtüberleben von 52 bis 85 % nach 3 bis 4 Jahren auf. Diese Therapiemodalität stelle
gegenwärtig die einzige sichere Chance auf eine Langzeitremission zumindest im Rezidiv dar. Die Beklagte hat sich dem nicht
angeschlossen und rund 45.000 EUR mit anderen unstreitigen Forderungen verrechnet. Das Sozialgericht hat auf die sich anschließende
Klage hin ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. Die Gutachter Professor Dr. H. und Prof. K. sind zu der Einschätzung
gelangt, dass es in der Zusammenschau von Krankengeschichte und wissenschaftlicher Evidenz gerechtfertigt gewesen sei, aufgrund
des Rezidivs eines Mantelzelllymphoms nach initialer autologer Blutstammzelltransplantation mit einer allogenen Blutzelltransplantation
zu behandeln, da dies die einzige Therapie mit kurativem Potenzial darstelle. Das Sozialgericht hat daraufhin mit Urteil vom
5. Oktober 2017, der Beklagten zugestellt am 13. November 2017, der Klage stattgegeben. Mit der am 21. November 2017 eingelegten
Berufung macht die Beklagte geltend, nach der ständigen Rechtsprechung des BSG erfordere das Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V, dass die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute eine neue Behandlungsmethode befürworte und dass über die Zweckmäßigkeit
der Therapie ein Konsens bestehe. Dies setze im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode zuverlässige,
wissenschaftlich nachprüfbare Angaben gemacht werden könnten. Der Erfolg müsse sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten
Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Soweit das Sozialgericht auf Studien
aus den Jahren 2014 und 2016 verwiesen habe, sei dies nicht nachvollziehbar. Für die Frage, ob bei der großen Mehrheit der
einschlägigen Fachleute Einigkeit über die Zweckmäßigkeit einer Therapie bestehe, sei auf den Zeitpunkt der Behandlung, hier
also März 2010 abzustellen. Aus den von dem Sachverständigen herangezogenen kleineren Studien ergebe sich nicht, dass hinsichtlich
der Behandlungsmethode ein breiter Konsens bestanden habe. Es sei nicht ausreichend, dass die Behandlungsmethode von einzelnen
Fachleuten empfohlen worden sei. Es werde weiterhin auf die Feststellungen des MDK verwiesen. Danach sei beim Versicherten
die durchgeführte Behandlung im Hinblick auf den Krankheitsverlauf nach der damals maßgeblichen Datenlage nicht erforderlich
gewesen, da zum Zeitpunkt der Behandlung eine komplette Remission bestanden habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts vom 5. Oktober 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und verweist darauf, dass es sich bei den Studien aus den Jahren
2014 und 2016 um retrospektive Studien gehandelt habe, die ältere Behandlungsfälle ausgewertet hätten. Weiter sei zu berücksichtigen,
dass es angesichts der Seltenheit der Erkrankung schon aus diesem Grund nur ein begrenztes Potenzial an Patienten gebe. Die
Beklagte hat eine erneute Stellungnahme des MDK vorgelegt. Dieser hat ausgeführt, dass bei Patientinnen und Patienten, die
nach Hochdosistherapie und autologer Stammzelltransplantation in der Erstlinie ein Rezidiv des Mantelzelllymphoms erlitten,
der Zeitraum zwischen Ersttherapie und Rückfall der mit Abstand wichtigste Prognosefaktor sei. Die Sterblichkeit nehme mit
jedem Jahr relativ um 38 % ab, so dass sie nach vier Jahren nur noch bei 15 % liege. So liege die 5-Jahres-Überlebensrate
in der Gruppe von Patientinnen und Patienten, bei denen es mehr als zwölf Monate bis zum Rezidiv gedauert habe, bei ca. 30
%. Da das Intervall bis zum Rückfall im vorliegenden Fall besonders lang gewesen sei, habe die Überlebenswahrscheinlichkeit
noch deutlich höher gelegen. Zusätzlich sei die Prognose im vorliegenden Fall noch dadurch begünstigt worden, dass der Rückfall
nur in einer Lymphknotengruppe im Mediastinum aufgetreten sei, was ebenfalls sehr ungewöhnlich und prognostisch gut sei. Nach
der Rezidivdiagnose im Oktober 2008 habe man sich daher zu einer hochdosierten Bestrahlung entschlossen, unter welcher eine
vollständige Rückbildung des Lymphoms eingetreten sei. Damit habe man dem Patienten eine systemische intravenöse Chemotherapie
mit all ihren Nebenwirkungen und Risiken erspart. Es habe somit alles dafür gesprochen, den weiteren Verlauf abzuwarten und
erst im Falle des Auftretens eines weiteren Rezidivs eine Behandlung mit einer Chemoimmuntherapie zu beginnen. Auf diese Besonderheiten
des Einzelfalles sei der Gutachter nicht eingegangen. Er sei einer Fehleinschätzung unterlegen, indem er von einer besonders
ungünstigen Prognose des Patienten mit einer Lebenserwartung von ca. 1,5 Jahren ausgegangen sei und in der Behandlung mit
allogener Stammzelltransplantation die einzige Chance auf ein Langzeitüberleben gesehen habe. Üblich und in allen Therapieprotokollen
vorgesehen sei im Übrigen eine systemische Rezidiv-Chemoimmuntherapie vor allogener Stammzelltransplantation. Ob diese im
vorliegenden Fall aufgrund des sehr lokalisierten Befalls ausnahmsweise durch eine Bestrahlung habe ersetzt werden können,
hätte man vorab mit dem Transplantationszentrum abstimmen müssen. Die Rezidivbehandlung müsse mit der Konditionierungsbehandlung
vor allogener Stammzelltransplantation abgestimmt werden. Bei dieser Konditionierungsbehandlung handele es sich um die Vorbehandlung
der allogenen Stammzelltransplantation, die dazu diene, Lymphomzellen abzutöten und das Immunsystem des Patienten so weit
zu unterdrücken, dass die Stammzellen des gesunden Spenders anwachsen könnten. Darüber hinaus hätte man bei ungünstiger Prognose
bereits im Oktober 2008 die Suche nach einem geeigneten Spender einleiten müssen, da im ersten Jahr nach der Rezidivtherapie
die Prognose besonders günstig sei. Tatsächlich sei die Suche aber erst Ende 2009 eingeleitet worden. Erst eine lokale Bestrahlung
durchzuführen, dann nach Erreichen der Vollremission 14 Monate zu warten und erst dann, wenn in diesem Zeitraum ein Rezidiv
nicht aufgetreten sei und sich die Prognose dadurch erheblich verbessert habe, eine Behandlung mit einer allogenen Stammzelltherapie
zu beginnen, sei keine anerkannte Therapiestrategie. Es bestehe kein Zweifel, dass es sich bei dem Mantelzelllymphom um eine
grundsätzlich lebensbedrohliche Krankheit handele. Der Patient habe indes mit der Bestrahlung der mediastinalen Lymphknoten
bereits eine anerkannte Therapie erhalten, die sich auch als erfolgreich erwiesen habe. Danach habe keine notstandsähnliche
Situation entsprechend § 2 Abs. 1a SGB V mehr bestanden. Die Behandlung des Rezidivs sei mit der mediastinalen Bestrahlung abgeschlossen gewesen, solange eine komplette
Remission (vollständige Tumorrückbildung) bestanden habe. 14 Monate nach Erreichen der Vollremission, nachdem sich die Prognose
des Patienten damit deutlich verbessert habe, noch eine allogene Stammzelltransplantation anzuschließen, sei ein völlig ungewöhnliches
Vorgehen, welches nicht dem wissenschaftlichen Stand der Erkenntnisse entsprochen habe. Darüber hinaus habe sich die wissenschaftliche
Erkenntnislage zum Nutzen einer Behandlung mit allogener Stammzelltherapie seit März 2010 grundlegend verändert. 2010 sei
die Datenlage jedenfalls noch widersprüchlich gewesen und es seien damals teilweise auch sehr ungünstige Behandlungsergebnisse
veröffentlicht worden. Es habe zum damaligen Zeitpunkt zwei klinische Studien zur allogenen Stammzelltransplantation beim
Mantelzelllymphom gegeben, in welche der Patient hätte aufgenommen werden können. Im Übrigen sei der Patient nicht hinreichend
aufgeklärt worden. Die Aufklärung im vorliegenden Fall sei extrem anspruchsvoll. Man hätte den Patienten darauf hinweisen
müssen, dass sich seine Prognose nachdem sich das Lymphom bereits seit 14 Monaten in der Remission befunden habe, deutlich
verbessert habe, der empfohlene Zeitpunkt für eine Behandlung mit allogener Stammzelltransplantation längst verstrichen gewesen
sei und es durchaus angemessen wäre, den weiteren Krankheitsverlauf abzuwarten. Im Übrigen hätte er auf den möglichen Studieneinschluss
hingewiesen werden müssen. Hierzu haben die Gerichtssachverständigen noch einmal Stellung genommen und weiter daran festgehalten,
dass die allogene Stammzelltransplantation heute eine anerkannte Therapieform für Patienten mit einem Mantelzelllymphom sei,
die nach einer primären Chemo-Immuntherapie und autologer Stammzellentransplantation ein Rezidiv erlitten, wobei hierfür bereits
im Jahr 2010 eine ausreichende Evidenz vorgelegen habe. Tatsächlich sei der Verlauf der Krankengeschichte bei dem Versicherten
im vorliegenden Fall ungewöhnlich gewesen. Zutreffend sei, dass das Rezidiv des Mantelzelllymphoms nach der autologen Stammzelltransplantation
spät, nämlich erst nach vier Jahren aufgetreten sei und der Patient nach der Rezidivbehandlung erneut eine Remission erreicht
habe, die ein weiteres Jahr angehalten habe. Aus der von der Beklagten zitierten Studie von Dietrich et al ergebe sich, dass
die Wahrscheinlichkeit für Patienten, die später als zwölf Monate nach der autologer Stammzelltransplantation mit einem Mantelzelllymphom
rezidivierten, ohne allogene Blutstammzelltransplantation nach einem Jahr noch zu leben bei 82 %, nach fünf Jahren aber nur
noch bei 29 % gelegen habe. Hieraus werde deutlich, dass mehr als 80 % der Patienten aus der Arbeit ein Jahr nach dem Rezidiv
nach der autologen Blutstammzelltransplantation in einer ähnlichen Situation wie der Versicherte gewesen seien. Die Tatsache
schütze die Patienten der Studie aber nicht davor, in den folgenden vier Jahren zum überwiegenden Teil zu versterben. Eine
ganz besonders günstige Prognose sei dies sicherlich nicht. Auch nach dieser Studie sei es so, dass nur ganz vereinzelt Patienten
das Rezidiv eines Mantelzelllymphoms nach autologer Blutstammzelltransplantation ohne anschließende allogene Blutstammzelltransplantation
länger als fünf Jahre überlebten. Mit der allogenen Blutstammzelltransplantation verdoppele sich allerdings die Wahrscheinlichkeit
nach fünf Jahren zu leben trotz der therapiebedingten Sterblichkeit der Transplantation von 29 % auf 60 %. Im Übrigen sei
vorliegend die zu erwartende therapiebedingte Mortalität für die allogene Blutstammzelltransplantation verhältnismäßig gering
gewesen, weil der Versicherte einen sehr guten Spender gehabt habe, was die Mortalität eher auf 10-15 % als auf 30 % sinken
lasse. Bei dem Patienten sei offensichtlich erst im Rahmen der Nachsorge nach der Bestrahlung im Jahr 2008 das Thema einer
kurative Behandlung durch eine allogene Blutstammzelltransplantation aufgekommen. Zu diesem Zeitpunkt sei ein Einschluss in
eine klinische Studie nicht mehr möglich gewesen, da das Rezidiv ja bereits mit einer Strahlentherapie erfolgreich behandelt
worden sei und eine zweite Remission vorgelegen habe. Medizinisch sei es aber sehr wahrscheinlich, dass die Erkrankung ohne
eine allogene Blutstammzelltransplantation erneut rezidiviert wäre. In diesem Falle hätte die Gefahr bestanden, dass keine
erneute Remission der Erkrankung hätte erreicht werden können. Dies sei eine unter Hämatologen allgemein bekannte Tatsache,
auch wenn sie nun vom MDK bestritten werde. Die Aussage des MDK, zu dem Zeitpunkt, zu welchem der Patient sich für die Durchführung
einer allogenen Blutstammzelltransplantation entschlossen habe, sei das Zeitfenster für eine solche bereits geschlossen gewesen,
entbehre jeder wissenschaftlichen Grundlage. Dies wäre im Gegenteil der Fall gewesen, wenn man mit der allogenen Blutstammzelltransplantation
auf ein neues Rezidiv gewartet hätte und dieses dann nicht mehr auf eine erneute Behandlung angesprochen hätte. Die Rezidivtherapie
habe im Fall des Versicherten in Dosis und Fraktionierung medizinisch korrekt daran angepasst werden müssen, dass bereits
bei der autologen Blutstammzelltransplantation eine Ganzkörperbestrahlung des Versicherten durchgeführt worden sei. Insoweit
habe auch bei der Konditionierung zur allogenen Blutstammzelltransplantation die im Vorfeld durchgeführte Therapie berücksichtigt
werden müssen und sei diese auch berücksichtigt worden. In der mündlichen Verhandlung vom 28. März 2019 hat der Sachverständige
Prof. Dr. K. ausgeführt, es gebe unterschiedliche Abstufungen der Remission. Je feiner das befallene Organ untersucht werde,
desto sicherer könne man davon ausgehen, dass der Patient aktuell nicht unter Krebs leide. Im vorliegenden Fall sei allerdings
ein relativ grober Untersuchungsmaßstab zum Tragen gekommen. Die Erkrankung, unter welcher der Versicherte gelitten habe,
sei eine nicht heilbare Krankheit, es sei denn, man wende die streitige Therapie an. Mit dieser komme es bei einem Teil der
Patienten zum langfristigen Stillstand. Erst seit Ende der 1990er Jahre sei erkennbar, dass derart behandelte Patienten bis
heute überlebt hätten. Wegen der mit der Therapie verbunden Risiken werde diese gleichwohl erst in einem späteren Krankheitsstadium
nach einem Rezidiv angewendet. Es gebe hierfür allerdings ein Zeitfenster. Habe der Patient bereits zu viele Therapien durchlaufen,
sei es auch für die allogene Stammzelltherapie zu spät. Vorliegend sei der Versicherte in einer für die Behandlung günstigen
Situation gewesen, da er bereits einschlägige Therapien durchlaufen hatte und nach dem ersten Rezidiv in Remission war. In
dieser Situation habe man nach dem damaligen Kenntnisstand sagen können, dass er ohne die allogene Stammzelltransplantation
eine äußerst geringe Überlebenschance gehabt hätte. Üblicherweise schließe sich die allogene Stammzelltransplantation an die
Remission an, es dauere regelmäßig wegen der vorbereitenden auch organisatorischen Maßnahmen etwa drei Monate bis die Therapie
durchgeführt werden könne. Warum es im vorliegenden Fall deutlich länger gedauert habe, wisse er nicht, das könne verschiedene
auch organisatorische Gründe gehabt haben. Es ändere aber nichts daran, dass die durchgeführte Therapie angesichts der bestehenden
Remission weiterhin sinnvoll gewesen sei. Entscheidend sei, dass der Patient sich in Remission befunden habe. Der große Zeitabstand
sei keineswegs ungünstig für den Patienten gewesen, denn er habe dadurch Zeit gehabt, sich von den vorangehenden Therapien
zu erholen. Das Risiko des Abwartens habe allein darin bestanden, dass vor Beginn der allogenen Stammzelltransplantation ein
Rezidiv habe auftreten können, was aber hier nicht der Fall gewesen sei. Zweifel daran, dass die Therapie qualitativ einwandfrei
durchgeführt worden sei, bestünden für ihn nicht. Zwar habe der Tod des Versicherten sicherlich mit der fraglichen Therapie
im Zusammenhang gestanden. Allerdings würden Todesfälle nach der Therapie auch in einem sehr großzügigen Maßstab den Folgen
der Therapie zugerechnet. Bei den von ihm benannten 40% verstorbenen Patienten nach Therapie seien diese späten Therapiefolgen
mit tödlichem Ausgang bereits eingerechnet. Seines Wissens habe es zum damaligen Zeitpunkt keine Studien mehr gegeben, die
für die Erkrankung des Klägers in seinem Stadium passend gewesen seien und an denen dieser hätte teilnehmen können. Die von
Professor G. geleitete sei kurz zuvor "zugemacht" worden und die von der Beklagten angeführte Studie sei für Patienten mit
einem Rezidiv nach konventioneller Therapie und damit nicht für den Versicherten geeignet gewesen. Außerdem habe der Patient
eine Hepatitis C Erkrankung gehabt, die eine Aufnahme in eine Studie ausgeschlossen habe.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der
ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 28. März 2019 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten und Unterlagen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz ( SGG)) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Sie ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat für die stationäre Behandlung des Versicherten, wie das Sozialgericht
zu Recht festgestellt hat, in der Zeit vom 17. März 2010 bis zum 21. April 2010 einen weiteren Vergütungsanspruch in Höhe
von 45.351,04 EUR unter Zugrundelegung der DRG A04C "Knochenmarktransplantation / Stammzelltransfusion, allogen, außer bei
Plasmozytom, ohne In-vitro-Aufbereitung, ohne Graft-versus-host-Krankheit Grad III und IV, HLA-identisch", den die Beklagte
zu Recht zunächst erfüllt hat. Diese war daher nicht berechtigt, einen Betrag in dieser Höhe gegen einen späteren unstreitigen
Vergütungsanspruch aufzurechnen, denn ihr stand insoweit ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch nicht zu. Rechtsgrundlage
des - dem Grunde nach unstreitigen - Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V, § 17b Abs. 1 Satz 10 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) und § 7 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) in Verbindung mit der hier maßgeblichen Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2010
(Fallpauschalenvereinbarung 2009 - FPV 2009) sowie dem am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Vertrag Allgemeine Bedingungen
Krankenhausbehandlung vom 19. Dezember 2002 zwischen der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft e.V. und u.a. der Beklagten
(Vertrag nach § 112 SGB V). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entsteht die - dem Grunde nach hier auch nicht streitige - Zahlungsverpflichtung
der Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme einer Leistung durch den Versicherten
(BSG, Urteil vom 18.09.2008 - B 3 KR 15/07 R - Juris). Vorliegend geht es um die Abrechnung von Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§
7 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 9 KHEntgG), hier der FPV 2009. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht dabei indes nur,
wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V erforderlich ist. Deshalb definiert § 2 Abs. 2 S. 1 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG): "Allgemeine Krankenhausleistungen sind die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit
des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung
des Patienten notwendig sind." Das Fallpauschalensystem lässt keinen Raum dafür, nicht notwendige Leistungen zu vergüten (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R -, Juris m.w.N.). Dabei fordert das Qualitätsgebot (§ 2 Abs. 1 S. 3 SGB V) grundsätzlich, dass die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode befürwortet
und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht.
Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode - die in ihrer Gesamtheit und nicht
nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist - zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können.
Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit
der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen
erfolgreich gewesen sein. Diese Anforderung darf aber nicht als starrer Rahmen missverstanden werden, der unabhängig von den
praktischen Möglichkeiten tatsächlich erzielbarer Evidenz gilt. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so sind ergänzend
die Voraussetzungen grundrechtsorientierter Leistungsauslegung abzuklären. Die grundrechtsorientierte Auslegung einer Regelung
des SGB V über einen Anspruch auf Übernahme einer Behandlungsmethode zulasten der GKV setzt voraus, dass folgende drei Voraussetzungen
kumulativ erfüllt sind: (1.) Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung oder wertungsmäßig
damit vergleichbare Erkrankung vor. (2.) Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard
entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. (3.) Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein
anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte", nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens
auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf (stRspr des BSG, zuletzt Urteil vom 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R -, Juris m.w.N.). Nach Auffassung des Senats kann, obwohl nach den Ausführungen des Sachverständigen einiges dafür spricht,
dahinstehen, ob im Jahr 2009 im Sinne des Qualitätsgebots bereits eine ausreichende Datenlage - aus den retrospektiv ausgewerteten
Daten der Studie "Dietrich et al." aus dem Jahre 2014 - bestand, um zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zum
Erfolg der allogenen Stammzelltransplantation machen zu können. Jedenfalls liegen die Voraussetzungen grundrechtsorientierter
Leistungsauslegung vor. (1.) Gerechtfertigt ist eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen
nur, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt,
wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten
Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren,
überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird. Ähnliches gilt für den ggf. gleichzustellenden,
nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R -, mwN). Nach Auffassung des erkennenden Senats war es mit diesen Maßstäben nicht zu vereinbaren, dem Versicherten in seiner
speziellen Situation eine Versorgung mit allogener Stammzelltransplantation zu versagen, weshalb die Behandlung notwendig
und der Klägerin das begehrte Entgelt zu gewähren war. Vor dem Hintergrund des strengen Ausnahmecharakters der Voraussetzungen
ergibt sich eine Leistungspflicht der Beklagten - aufgrund der durchgeführten Güterabwägung - aus folgenden Erwägungen: Nach
den schriftlichen Ausführungen der Gerichtssachverständigen Prof. H. und Prof. K. und den mündlichen Ausführungen des Prof.
K. im Termin vom 28. März 2019 bestehen für den Senat keine Zweifel daran, dass es sich bei dem Mantelzellymphom um eine regelmäßig
tödlich verlaufende Erkrankung handelt und dass sich der Versicherte in einem Stadium befand, in welchem ein zur Lebenserhaltung
akuter Behandlungsdruck bestand. Zwar war der Versicherten nach einem relativ groben Untersuchungsmaßstab "rezidivfrei", jedoch
hat Prof. K. für den Senat überzeugend ausgeführt, dass dies keineswegs bedeutet, dass man mit feineren Untersuchungsmethoden
nicht Krebszellen gefunden hätte, sondern dass im Gegenteil mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch Krebszellen
vorhanden waren. Der Senat ist nach diesen Ausführungen davon überzeugt, dass es sich bei der Erkrankung des Versicherten
um eine unheilbare Erkrankung handelt, jedenfalls ohne Einsatz der streitgegenständlichen Therapie, und dass diese bei Auftreten
eines weiteren Rezidivs unweigerlich binnen kurzer Zeit zum Tode des Versicherten geführt hätte. Des Weiteren ist der Senat
aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen davon überzeugt, dass in der Lage, in welcher sich der Versicherte befand,
binnen vier Jahren er mit einer mehr als 70%igen Wahrscheinlichkeit verstorben wäre. Gleichzeitig befand sich der Versicherte
aufgrund des Umstandes, dass zwar Krebszellen vorhanden waren, diese indes noch nicht wieder aktiv geworden waren, innerhalb
eines Zeitfensters, in dem eine allogene Stammzelltherapie mit dem Erfolg eines Stillstandes der Erkrankung möglich war, eine
andere Therapie jedoch nicht mehr zur Verfügung stand. Aufgrund dieses Status Quo war zwar im Zeitpunkt der Behandlung die
Erkrankung des Versicherten wie die Beklagte zu Recht geltend macht, nicht unmittelbar lebensbedrohlich in dem Sinne, dass
die Gefahr des Todes bereits unmittelbar bevorstand. Sie ist indes nach Auffassung des Senats wertungsmäßig mit einer solchen
Erkrankung vergleichbar. Denn der Zustand des Versicherten konnte aufgrund der vorhandenen "schlummernden" Krebszellen jederzeit
und mit großer Wahrscheinlichkeit umschlagen in einen dann sich schnell entwickelnden und vor allem unumkehrbaren und im Ergebnis
tödlichen Prozess. Dafür geben die vom Sachverständigen Prof. K. dargelegten Prozentsätze der Wahrscheinlichkeit des Wiederauftretens
eines Rezidivs hinreichend sicheren Aufschluss, denn dieser hat im Ergebnis ausgeführt, dass nur ganz vereinzelt Patienten
mit einem Rezidiv des Mantellzelllymphoms auch nach autologer Stammzelltransplantation, wie sie der Versicherte durchlaufen
hatte, länger als fünf Jahre überlebten. (2.) Dass der Versicherte austherapiert in dem Sinne war, dass eine allgemein anerkannte
medizinischem Standard entsprechende Behandlung für eine Heilung der Erkrankung nicht mehr zur Verfügung stand, ist zwischen
den Beteiligten bei genauerer Betrachtung nicht streitig. Allerdings meint die Beklagte, der Versicherte sei aufgrund der
zuvor stattgehabten Behandlungen im Zeitpunkt seiner Rezidivfreiheit geheilt gewesen. Dieser Betrachtung vermag sich der Senat
aufgrund der oben dargelegten Ausführungen des Sachverständigen Prof. K. nicht anzuschließen.
(3.) Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht
eine "auf Indizien gestützte", nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung
auf den Krankheitsverlauf. Dass das Medikament für die Erkrankung des Versicherten eine hohe Effektivität hat, die durch die
wenigen vorhandenen Fallstudien bestätigt wird und über die in Fachkreisen Konsens besteht, wird vom Gutachter so bestätigt
und auch von der Beklagten bzw. vom MDK nicht substanziell angegriffen. Dass die Datenlage 2010 noch widersprüchlich gewesen
ist, steht der Einschätzung als grundsätzlich erfolgversprechender Therapie nicht entgegen. Gleiches gilt für die unzweifelhaft
mit der Therapie verbundenen und gleichfalls mit einem nicht unerheblichen Mortalitätsrisiko verbundenen unerwünschten Wirkungen
der Therapie. Dass der Versicherte hier tatsächlich vermutlich an den Folgen der Behandlung gestorben ist, ist tragisch, ändert
aber nichts an der nicht ganz fern liegenden Aussicht auf Heilung, die zum Zeitpunkt des Beginns der Behandlung, auf welchen
abzustellen ist, vorgelegen hat. Statistisch hat der Versicherte seine Aussicht auf ein Fünf-Jahres-Überleben hierdurch von
29 % auf 60 % erhöht. Diese Zahlen beinhalten zwar zugleich, dass eben auch 40 % der Patienten diesen Zeitrahmen trotz der
Behandlung nicht mehr erreichen und inzwischen entweder an der Erkrankung selbst oder aber an den Folgen der Behandlung versterben.
Bei einer Nichtbehandlung sind es indes über 80 % der Patienten, die nach Fünf Jahren nicht mehr leben. Nach den Erkenntnissen
der medizinischen Wissenschaft ist die Behandlung damit aber objektiv erfolgversprechend und unter Berücksichtigung des gebotenen
Wahrscheinlichkeitsmaßstabes ergibt die abstrakte Chancen-/Risikoabwägung, dass der voraussichtliche Nutzen die möglichen
Risiken überwiegt. Bedenkt man sodann, dass im Falle des Versicherten der ausgewählte Spender besonders gut "passte", so dass
Prof. K. das individuelle Risiko des Versicherten, an der Behandlung zu versterben, nur noch mit 10-15 % angab, fällt auch
die konkret-individuelle Chancen-/Risikoabwägung positiv aus (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R -, a.a.O.) Das mit der Behandlung verbundene nicht unerhebliche Mortalitätsrisiko führt aber nach Auffassung des Senats dazu,
dass (4.) die Behandlung besonders darauf zu prüfen ist, ob sie de lege artis durchgeführt wurde und dass (5.) eine ausreichende
Aufklärung des Patienten über die Risiken der Behandlung durchgeführt worden sein muss.
(4.) Nach den Ausführungen der Gutachter Prof. H. und Prof. K. ist der Senat von der qualitätsgerechten Ausführung der Behandlung
durch die Klägerin überzeugt. Prof. K. hat ausgeführt, Zweifel an der qualitätsgerechten Ausführung der Behandlung gebe es
nicht. Diese sei auch noch zeitgerecht gewesen. Die längere behandlungsfreie Phase habe der Patient zur Regeneration von der
vorherigen Behandlung nutzen können, einziges Risiko sei das zwischenzeitliche Auftreten eines Rezidivs gewesen, welches die
allogene Stammzelltransplantation verunmöglicht hätte. Der Spender hätte sogar so gut gepasst, dass sich das Risiko für schwere
Nebenwirkungen erheblich verringert habe. Nach alledem mag es angehen, dass der zeitliche Ablauf im vorliegenden Fall ungewöhnlich
war; nachteilig für den Patienten oder nicht mehr de lege artis war er indes nicht.
(5.) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Senat auch der Auffassung, dass die Aufklärung des Patienten hier noch
ausreichend erfolgt ist. Diese muss so umfassende Informationen über Eigenart, Nutzen und Risiken der geplanten Behandlung
enthalten, dass sie dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten in vollem Umfang Rechnung trägt (BSG a.a.O.). In der Einverständniserklärung, welche mit dem Versicherten erörtert worden ist und die der Versicherte am 17. Februar
2010 und damit auch in ausreichendem Abstand vor der Behandlung unterschrieben hat, ist unter anderem darauf hingewiesen,
dass es durch die Behandlung zu schwerwiegenden Infektionen, Blutungen, Störungen der Funktion lebenswichtiger Organe, Ausbleiben
der Transplantation sowie eine Transplantation-gegen-Wirt-Reaktion kommen kann, und dass das Risiko, an einer dieser Komplikationen
zu versterben, nicht unerheblich ist. Auch hinsichtlich weiterer Risiken und Nebenwirkungen des Verfahrens wurde der Versicherte
aufgeklärt.
Bei der Einverständniserklärung handelt es sich zwar um einen Vordruck. Es können jedoch keine Zweifel daran bestehen, dass
der Kläger auch individuell aufgeklärt worden ist. Denn dem Vordruck ist maschinenschriftlich angefügt ein Unterpunkt über
im Gespräch noch einmal erörterte Risiken. Dort ist die Vorbehandlung erläutert und auch noch einmal auf das mit dieser Vorbehandlung
verbundene Risiko hingewiesen, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 2 5 % mit dem Auftreten einer schwerwiegenden, möglicherweise
tödlichen Schädigung der Leber zu rechnen sei. Des Weiteren heißt es in dem Zusatz, spezielle persönliche Risikofaktoren seien
erörtert worden. Der Senat hält diese ausführliche und individuelle Aufklärung des Versicherten für ausreichend. Insbesondere
war die Klägerin nicht gehalten, wie von der Beklagten gefordert, den Patienten darauf hinzuweisen, "dass sich seine Prognose,
nachdem sich das Lymphom bereits seit 14 Monaten in der Remission befunden habe, deutlich verbessert habe, der empfohlene
Zeitpunkt für eine Behandlung mit allogener Stammzelltransplantation längst verstrichen gewesen sei und es durchaus angemessen
wäre, den weiteren Krankheitsverlauf abzuwarten." Hierbei handelt es sich um die medizinische Einschätzung der Beklagten,
nicht jedoch der Klägerin. Wie oben dargelegt, teilt der Senat diese Einschätzung nicht. Auf einen möglichen Einschluss in
Studien war der Patient schon deshalb nicht hinzuweisen, weil er seinen persönlichen Umständen nach für den Einschluss in
eine solche Studie nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. K. nicht in Betracht kam.
Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus den §§ 12 und 14 des zwischen den Beteiligten geltenden Vertrages nach § 112 SGB V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
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