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LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.06.2017 - 19 AS 822/16
SGB-II-Leistungen Rechtmäßigkeit von Ersatzansprüchen Sozialwidriges Verhalten des Ersatzpflichtigen Quasideliktische Ersatzpflicht Handlungstendenz
1. Der Ersatzanspruch aus § 34 Abs. 1 S. 1 SGB II a.F. setzt u.a. als (ungeschriebenes) objektives Tatbestandsmerkmal ein sozialwidriges Verhalten des Ersatzpflichtigen voraus, das seine Hilfsbedürftigkeit bzw. die der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft herbeigeführt hat.
2. Sozialwidrig ist ein Verhalten, wenn das Tun oder Unterlassen desjenigen, der zum Ersatz verpflichtet werden soll, von der Gemeinschaft derjenigen, die die Mittel für die Grundsicherungsleistungen aufbringen muss, missbilligt wird.
3. Die quasideliktische Ersatzpflicht des § 34 SGB II dient der Durchsetzung des für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts geltenden Nachranggrundsatzes aus § 2 SGB II.
4. § 34 SGB II weicht hiermit von dem Grundsatz ab, wonach existenzsichernde und bedarfsabhängige Leistungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, regelmäßig unabhängig von der Ursache der entstandenen Notlage und einem vorwerfbaren Verhalten in der Vergangenheit zu leisten sind.
5. Das BSG hat das Tatbestandsmerkmal des "sozialwidrigen Verhaltens" für den Regelungsbereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende dahingehend umschrieben, dass nur ein Verhalten sozialwidrig ist, das (1) in seiner Handlungstendenz auf die Einschränkung bzw. den Wegfall der Erwerbsfähigkeit oder der Erwerbsmöglichkeit oder (2) auf die Herbeiführung von Hilfebedürftigkeit bzw. der Leistungserbringung gerichtet war bzw. hiermit in "innerem Zusammenhang" stand oder (3) das einen ein spezifischen Bezug zu anderen nach den Wertungen des SGB II zu missbilligenden Verhaltensweisen aufweist.
Normenkette:
SGB II a.F. § 34
,
SGB II § 2
Vorinstanzen: SG Köln 11.03.2016 S 33 AS 2599/15
Tenor
Die Urteile des Sozialgerichts Köln vom 11.03.2016 werden geändert. Der Bescheid vom 05.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2015 und vom 01.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2015 wird aufgehoben. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Die Revision wird nicht zugelassen.

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