Anspruch des Heimträgers auf Vergütung nicht in Anspruch genommener Verpflegung
Tatbestand:
Der am 3. September 2001 verstorbene Ehemann der Klägerin, der von dieser beerbt worden ist, befand sich seit dem 18. Februar
1999 aufgrund Vertrags vom gleichen Tag, der mit dem Rechtsvorgänger der Beklagten geschlossen war, in einem von diesem betriebenen
Pflegeheim. Er nahm dort als Versicherter der sozialen Pflegeversicherung Leistungen der vollstationären Pflege nach §
43 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (
SGB XI) in Anspruch. Die Einrichtung war durch Abschluß des Versorgungsvertrags gemäß §
72 SGB XI zur Erbringung vollstationärer Pflegeleistungen zugelassen. Das im Heimvertrag festgelegte Entgelt wurde während der gesamten
Aufenthaltsdauer gezahlt.
Vom Beginn seines Aufenthalts nahm der Ehemann der Klägerin jedoch die normale Verpflegung, von der gelegentlichen Verabreichung
von Teegetränken abgesehen, nicht in Anspruch; er war vielmehr in der Folge eines erlittenen Unfalls und der damit einhergehenden
Behinderung auf Sondennahrung angewiesen, die von der Krankenkasse bezahlt wurde. Die Verabreichung dieser Nahrung bei liegender
Sonde wurde als Leistung der medizinischen Behandlungspflege durch das Pflegepersonal erbracht und durch das Entgelt für die
allgemeinen Pflegeleistungen abgegolten. Die Klägerin macht wegen ersparter Verpflegung für 900 Tage gegen die Beklagte einen
Bereicherungsanspruch von 3.150 EURO (3,50 EURO pro Tag) nebst Zinsen geltend. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben.
Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte
ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin kann als Erbin ihres verstorbenen Ehemannes Rückzahlung des der Höhe nach unstreitigen
Anteils der auf die Verpflegung geleisteten Vergütung wegen ungerechtfertigter Bereicherung der Beklagten (§
812 Abs.
1 Satz 1 erster Fall
BGB) verlangen.
I. Die Rüge der Revision, das Berufungsurteil enthalte weder einen Tatbestand noch bezeichne es die im Berufungsrechtszug
gestellten Anträge, greift nicht durch. Das Berufungsgericht hat wegen des Sach- und Streitstandes auf die tatsächlichen Feststellungen
im angefochtenen Urteil Bezug genommen und zum Ausdruck gebracht, daß die Parteien in der zweiten Instanz neue Tatsachen nicht
vorgetragen haben. Insoweit genügt das Urteil den Anforderungen des §
540 Abs.
1 Nr.
1 ZPO. Diese Bezugnahme erfaßt jedoch denknotwendig nicht die erst im Berufungsverfahren gestellten Anträge. Der Bundesgerichtshof
hat insoweit - nach Verkündung der angefochtenen Entscheidung - mit Urteil vom 26. Februar 2003 (VIII ZR 262/02 - NJW 2003, 1743; zur Veröffentlichung in BGHZ 154, 99 vorgesehen) entschieden, der Berufungsantrag sei auch nach neuem Recht in das Berufungsurteil aufzunehmen. Das bedeutet aber
nicht in jedem Fall, daß der Antrag des Berufungsklägers wörtlich wiederzugeben ist. Vielmehr kann es genügen, wenn aus dem
Zusammenhang deutlich wird, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat. So liegt es hier. Den Entscheidungsgründen
ist nicht nur der für die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfrage maßgebliche Sach- und Streitstand zu entnehmen, sondern
auch das Ziel der Beklagten, angesichts ihrer Würdigung der Rechtslage das Urteil des Amtsgerichts in vollem Umfang anzugreifen.
II. Das Berufungsgericht geht in seinen rechtlichen Überlegungen von § 10 Nr. 7 des Heimvertrags aus. Dort heißt es:
"Bei einer vorübergehenden Abwesenheit des Bewohners, die länger als drei Tage andauert, berechnet die Einrichtung pro Kalendertag
eine Platzfreihaltegebühr. Diese beträgt ab dem ersten Abwesenheitstag und bei Urlaub für längstens 28 Tage 75 % des Pflegesatzes
für die allgemeinen Pflegeleistungen und des Entgelts für Unterkunft und Verpflegung sowie 100 % des Entgelts für betriebsnotwendige
nicht geförderte Investitionskosten ..."
Das Berufungsgericht sieht diese Vorschrift als abschließende Regelung darüber an, unter welchen Voraussetzungen und in welchem
Umfang sich das Entgelt ermäßigt. Die Bestimmung schließe damit sonstige, nach dem Gesetz an sich bestehende Ermäßigungsgründe
aus.
Auf der Grundlage dieser Auslegung sei diese Bestimmung des Heimvertrags für die hier vorliegende Fallgestaltung, bei der
die Verpflegung für die gesamte Dauer der Vertragsbeziehung nicht in Anspruch genommen werde, nach § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam. Denn sie verstoße gegen den in §
552 Satz 2
BGB a.F. (= §
537 Abs.
1 Satz 2 n.F.), §
615 Satz 2
BGB enthaltenen Grundsatz, daß sich der Vermieter bzw. der Dienstverpflichtete den Wert ersparter Aufwendungen anrechnen lassen
müsse. Ungeachtet des legitimen Interesses des Heimträgers an einer Pauschalierung der Entgelte sei es - ähnlich wie in Fällen
vorübergehender Abwesenheit, über die der Bundesgerichtshof bereits entschieden habe (Senatsurteil BGHZ 148, 233) - unangemessen, wenn ein Leistungsbestandteil, der auf Dauer nicht erbracht werde, honoriert werden müsse.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß dem Heimvertrag Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinn des nach Art.
229 § 5 Satz 1
EGBGB noch anwendbaren § 1 Abs. 1 AGBG (vgl. jetzt §
305 Abs.
1 Satz 1 und
2 BGB) zugrunde liegen, die der Rechtsvorgänger der Beklagten dem Ehemann der Klägerin bei Abschluß des Vertrags gestellt hat.
Das wird auch von der Revision nicht bezweifelt.
Soweit es um die Auslegung des § 10 Nr. 7 des Heimvertrags geht, liegt die Annahme des Berufungsgerichts, diese Bestimmung
umschreibe abschließend, unter welchen Voraussetzungen eine Ermäßigung des Entgelts in Frage komme, indes eher fern. Nach
ihrem Wortlaut regelt sie die Vergütungspflicht für den Fall der vorübergehenden Abwesenheit des Heimbewohners, womit sie
die Regelung des Rahmenvertrags für vollstationäre Pflege gemäß §
75 Abs.
1 SGB XI für das Land Baden-Württemberg vom 12. Dezember 1996 in §
23 aufnimmt. Die Auffassung, sie gelte für weitere denkbare Fälle, in denen Leistungen ganz oder teilweise nicht in Anspruch
genommen werden, in dem Sinn, daß eine - wie das Berufungsgericht meint - von Gesetzes wegen eröffnete Reduzierung des Entgelts
ausgeschlossen sei, hat in den Vorinstanzen nicht einmal die Beklagte vertreten. Die Beklagte hat sich vielmehr auf den Standpunkt
gestellt, bei der rechtlichen Würdigung seien maßgebend die Bestimmungen des Elften Buches Sozialgesetzbuch einzubeziehen,
namentlich der angeführte Rahmenvertrag und die beide Parteien nach §§
87 Satz 3,
85 Abs.
6 SGB XI bindenden Pflegesatzvereinbarungen; diese sähen eine Entgeltreduzierung wegen der pauschalen Verabredung der Leistungsinhalte
nicht vor und gestatteten dem Pflegeheim weder gegenüber der Pflegekasse noch gegenüber dem Selbstzahler einen Preisnachlaß
für nicht in Anspruch genommene Leistungen. Unter dem Eindruck des Berufungsurteils vertritt die Revision zusätzlich die Auffassung,
im Hinblick auf diese Rechtslage seien Schranken der Inhaltskontrolle im Sinn des § 8 AGBG zu beachten. Unangemessen im Sinn des § 9 Abs. 1 AGBG sei die Versagung der Entgeltreduzierung vor allem auch deshalb nicht, weil die Beklagte wegen der Mehraufwendungen für die
medizinische Behandlungspflege kein zusätzliches Entgelt verlangen könne.
2. Der Senat, der zu einer eigenen Auslegung des § 10 Nr. 7 des Heimvertrags befugt ist, weil Bestimmungen dieses Inhalts
nach seiner Kenntnis über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus verbreitet sind, braucht nicht abschließend zu entscheiden,
ob der Auslegung des Berufungsgerichts - etwa im Hinblick auf den Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung (vgl. hierzu
im Rahmen eines Individualprozesses BGH, Urteile vom 11. Februar 1992 - XI ZR 151/91 - NJW 1992, 1097, 1099; vom 10. Mai 1994 - XI ZR 65/93 - NJW 1994, 1798, 1799) - zu folgen ist. Geht man, wozu der Senat neigt, davon aus, § 10 Nr. 7 des Heimvertrags verhalte sich zu der hier
aufgeworfenen Rechtsfrage nicht, ist der Anspruch der Klägerin gemessen an den Normen des
BGB, des Heimgesetzes in der hier anwendbaren Fassung des Gesetzes zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit
vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014, 1057) und des Elften Buches Sozialgesetzbuch begründet. Folgt man der Ausgangsüberlegung
des Berufungsgerichts, ist eine Inhaltskontrolle nach § 8 AGBG nicht ausgeschlossen; vielmehr erweist sich dann der Ausschluß des Anspruchs im Sinn des § 9 Abs. 1 AGBG als unangemessen.
3. a) Wie der Senat bereits mit Urteil vom 8. November 2001 (BGHZ 149, 146) entschieden hat, bestimmt sich die Ausgestaltung eines mit einem Versicherten der sozialen Pflegeversicherung abgeschlossenen
Heimvertrags, der Leistungen der stationären Pflege nach den §§
42 und
43 SGB XI in Anspruch nimmt, gemäß § 4e Abs. 1
HeimG in bezug auf Art, Inhalt und Umfang der allgemeinen Pflegeleistungen, der Leistungen für Unterkunft und Verpflegung und der
Zusatzleistungen nach den Vorschriften des Siebten und Achten Kapitels des Elften Buches Sozialgesetzbuch. Der Gesetzgeber
hat insoweit das Heimvertragsrecht mit den Bestimmungen des Elften Buches Sozialgesetzbuch bewußt eng miteinander verzahnt.
Nach seinen Vorstellungen sollen nämlich Art und Umfang der allgemeinen Pflegeleistungen sowie die Leistungen bei Unterkunft
und Verpflegung und die Höhe des hierfür zu entrichtenden Entgelts zum Schutz der Heimbewohner nicht individuell, sondern
mit den Leistungsträgern (Pflegekassen, sonstige Sozialversicherungsträger, Sozialhilfeträger) ausgehandelt werden und Zusatzleistungen
der Zustimmung der Pflegekassen bedürfen. Dem Gesetzgeber lag daran, daß die von den Pflegesatzparteien ausgehandelten und
mit Zustimmung der Pflegekassen zustande gekommenen Vereinbarungen nicht durch die Heimverträge zwischen den Heimträgern und
Heimbewohnern unterlaufen werden (vgl. BT-Drucks. 12/5262 S. 168). Instrumente zur Umsetzung dieser Regelungsvorstellungen
sind die auf Landesebene geschlossenen Rahmenverträge über die pflegerische Versorgung, die nach §
75 Abs.
1 Satz 4
SGB XI für die Pflegekassen und die zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Inland unmittelbar verbindlich sind, und die zwischen dem
Träger des einzelnen zugelassenen Pflegeheims sowie den in §
85 Abs.
2 SGB XI genannten Kostenträgern geschlossenen Vereinbarungen über Pflegesätze (§
85 SGB XI) und Entgelte für Unterkunft und Verpflegung (§
87 SGB XI), die nach §
85 Abs.
6 Satz 1 Halbsatz 2
SGB XI (i.V.m. §
87 Satz 3 Halbsatz 1
SGB XI) für das Pflegeheim sowie für die in dem Heim versorgten Pflegebedürftigen und deren Kostenträger unmittelbar verbindlich
sind. Das Gesetz regelt ferner Grundsätze über die Finanzierung der Pflegeeinrichtungen (§
82 SGB XI) und die Bemessung der Pflegesätze (§
84 SGB XI), schreibt das einzuhaltende Verfahren für das Zustandekommen der Vereinbarungen vor (§
85 SGB XI) und bestimmt, daß die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung in einem angemessenen Verhältnis zu den Leistungen stehen
müssen (§
87 Satz 2
SGB XI). Für eine Regelung dieser Sachbereiche durch Rechtsverordnung enthält §
83 SGB XI - zum Teil unter näher beschriebenen Voraussetzungen - eine Ermächtigungsgrundlage, von der bislang jedoch kein Gebrauch
gemacht worden ist. Vereinbarungen über die Pflegesätze und die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung sind jedoch nicht
zwingend erforderlich, um dem Versicherten die Gewährung von Leistungen der Pflegeversicherung zu ermöglichen. Fehlt es an
solchen Vereinbarungen, ist er allerdings auf einen Kostenerstattungsanspruch nach Maßgabe des §
91 SGB XI beschränkt.
b) Ohne Erfolg möchte die Revision den Regelungen im Rahmenvertrag entnehmen, daß der Entgeltanspruch der Beklagten nicht
von der Inanspruchnahme der Verpflegungsleistungen durch den Ehemann der Klägerin abhängt. Wie der Senat entschieden hat,
ist ein pflegebedürftiger Versicherter nach dem Wortlaut des §
75 Abs.
1 Satz 4
SGB XI nicht unmittelbar an den Rahmenvertrag gebunden. Geltungsgrund für eine Bestimmung des Rahmenvertrags im Verhältnis zwischen
dem Heim und dem Heimbewohner kann deshalb nur der zwischen ihnen geschlossene Heimvertrag sein (vgl. BGHZ 149, 146, 152). An einer wirksamen Einbeziehung des Rahmenvertrags in seinem gesamten Bestand fehlt es jedoch. Die Präambel des Heimvertrags
enthält am Ende zwar einen Hinweis, der wegen seiner Unvollständigkeit (Regelungen Rahmenvertrag §
75 SGB XI) aber keinen Aufschluß darüber gibt, in welcher Hinsicht dieser Vertrag in Bezug genommen werden soll. Soweit der Heimvertrag
in §§ 1 und 2 zu den Leistungen der allgemeinen Pflege und der medizinischen Behandlungspflege auf den Rahmenvertrag verweist,
betreffen diese Bezugnahmen - eine wirksame Einbeziehung unterstellt - nicht den hier in Rede stehenden Bereich der (Unterkunft
und) Verpflegung. Im übrigen bestätigt der von der Beklagten vorgelegte Rahmenvertrag, zu dessen Auslegung der Senat befugt
ist, daß es an einer ausdrücklichen Regelung für die hier zu entscheidende Frage fehlt. Wie bereits ausgeführt, enthält der
Rahmenvertrag - in Erfüllung des in §
75 Abs.
2 Nr.
5 SGB XI enthaltenen Auftrags - in §
23 Abs.
3 eine Regelung über Abschläge von der Pflegevergütung, also dem Entgelt für die allgemeinen Pflegeleistungen (vgl. §
82 Abs.
1 Nr.
1 SGB XI), und - insoweit über den Katalog des §
75 Abs.
2 SGB XI hinausgehend - zugleich über Abschläge des Entgelts für Unterkunft und Verpflegung in Fällen vorübergehender, im Sinn des
Rahmenvertrags ganztägiger Abwesenheit.
Daß die Vertragsbeteiligten des Rahmenvertrags über die ausdrücklichen Regelungen des Vertrags hinaus die hier zu entscheidende
Frage, ob bei einer von der Krankenkasse finanzierten Sondennahrung Abschläge beim Entgelt für Verpflegung zu machen sind,
überhaupt behandeln und verneinen wollten, ist weder vorgetragen noch bestehen hierfür irgendwelche Anhaltspunkte. Der Rahmenvertrag
folgt in seiner Gliederung den Bereichen, die in §
75 Abs.
2 Nr.
1 bis 7
SGB XI angesprochen sind. Im übrigen ist die Aufzählung von Regelungsgegenständen in §
75 Abs.
2 SGB XI nicht abschließend, wie sich aus der Formulierung dieser Vorschrift ("Die Verträge regeln insbesondere") ergibt. Es kann
daher nicht davon ausgegangen werden, daß die Rahmenvertragsparteien eine Regelung treffen wollten, die nach der Art der zu
lösenden Frage auch Belange der gesetzlichen Krankenversicherung tangiert. Im Verhältnis zwischen der Pflegekasse und der
Pflegeeinrichtung wirft die vorliegende Fallgestaltung keine Probleme auf. Das Pflegeheim hat im Rahmen der medizinischen
Behandlungspflege die Verabreichung der Sondennahrung bei liegender Sonde vorzunehmen. Diese Leistung wird durch die Pflegevergütung
abgegolten. Sie als Mehraufwendung anzusehen, die es rechtfertigen könnte, ersparte Verpflegungskosten gegenzurechnen, wie
es die Revision bei einer Gesamtwürdigung für geboten hält, wird der Sachlage schon deshalb nicht gerecht, weil im allgemeinen
andere Hilfeleistungen bei der Ernährung entbehrlich werden, die das Heim im Rahmen der allgemeinen Pflege zu erbringen hat.
Wird - wie hier - die Sondennahrung aufgrund ärztlicher Verordnung nach §
31 Abs.
1 Satz 2
SGB V i.V.m. Nr.
17.1 i der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Versorgung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen
Versorgung (abgedruckt in Hauck/Haines,
Sozialgesetzbuch V, 1. Band, C 430) von der Krankenkasse übernommen, spart der Versicherte zwar Lebenshaltungskosten ein, die er im Rahmen stationärer
Pflege selbst zu tragen hätte. Müßte indes wegen dieser Ersparnis ein Ausgleich hergestellt werden, so beträfe dieser nur
das Verhältnis des Versicherten zu seiner Krankenkasse. Daß die organisatorisch mit den Krankenkassen verbundenen Pflegekassen
diese Ersparnis in einem Rahmenvertrag gewissermaßen unausgesprochen an die Pflegeheime weitergeben wollen, obwohl auch bei
diesen entsprechende Aufwendungen nicht anfallen, liegt fern.
c) Soweit es um die Vereinbarungen der Pflegesatzparteien über die Pflegesätze und die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung
geht, sind die in der Pflegeversicherung versicherten Heimbewohner nach §
85 Abs.
6 Satz 1 Halbsatz 2
SGB XI (i.V.m. §
87 Satz 3
SGB XI) zwar hieran gebunden. Der Gesetzgeber hat den Pflegekassen und den übrigen Kostenträgern insoweit eine Sachwalterstellung
für die Interessen der Pflegebedürftigen zugemessen (vgl. BT-Drucks. 12/5262 S. 147, 168). Läßt man den Gesichtspunkt außer
Betracht, daß dieser Bestimmung wegen ihrer normativen Wirkung für Dritte ähnliche Bedenken verfassungsrechtlicher Art entgegengehalten
werden könnten, wie sie auch gegen die Regelung in §
75 Abs.
1 Satz 4
SGB XI erhoben werden (vgl. Wigge, in: Wannagat, Sozialgesetzbuch, Soziale Pflegeversicherung, §
87 SGB XI Rn. 4; Spellbrink, in: Hauck/Noftz,
SGB XI, §
87 Rn. 16, der eine normative Wirkung gegenüber dem Heimbewohner leugnet; Senatsurteil BGHZ 149, 146, 151 f. m.w.N.), könnte dies vor allem dann problematisch sein, wenn zum (objektiven) Nachteil der Pflegebedürftigen Entgelte
vereinbart würden, die nicht - wie in §
87 Satz 2
SGB XI vorgesehen - zu den Leistungen in einem angemessenen Verhältnis stünden. Unter diesem Gesichtspunkt könnte auch eine Regelung
zu Bedenken Anlaß geben, die diesen Maßstab in Teilbereichen verfehlt.
Die aufgeworfenen Fragen bedürfen jedoch deshalb keiner abschließenden Beantwortung, weil die von der Beklagten vorgelegten
Vereinbarungen der Pflegesätze der verschiedenen Pflegeklassen und der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung außer der in
§
85 Abs.
1 SGB XI vorgesehenen Festlegung der jeweiligen Beträge und der Laufzeit keine weiteren Abreden darüber enthalten, wie zu verfahren
ist, wenn die normale Verpflegung aus gesundheitlichen oder behinderungsbedingten Gründen durch eine Sondenernährung ersetzt
werden muß.
d) Den Vorschriften des Elften Buches Sozialgesetzbuch mit dem Instrument normativer Verträge zur Ausgestaltung des Pflegevertragsrechts
läßt sich schließlich nicht entnehmen, daß im Interesse der Wirtschaftlichkeit und Berechenbarkeit der Kosten ein System pauschaler
Berechnungsgrößen vereinbart ist, für dessen Anwendung es keine Rolle spielt, ob bestimmte angebotene Leistungen nachgefragt
werden oder nicht. Eine solche Beurteilung, wie sie die Revision vornehmen will, würde dem im Elften Buch Sozialgesetzbuch
nicht verwendeten Begriff der "Pauschale" eine rechtliche Bedeutung beimessen, die mit den Bemessungsgrundsätzen in den §§
84 und
87 SGB XI nicht in Einklang stünde.
aa) Mit den Pflegesätzen werden den Heimen nach §
84 Abs.
1, 4
SGB XI die allgemeinen Pflegeleistungen unter Einschluß der medizinischen Behandlungspflege und der sozialen Betreuung (§
82 Abs.
1 Satz 2
SGB XI) vergütet. Dabei müssen die Pflegesätze leistungsgerecht sein; sie sind, um den Versorgungsaufwand, den der Pflegebedürftige
nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit benötigt, in drei Pflegeklassen einzuteilen und müssen einem Pflegeheim bei
wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen. Dabei verbleiben ihm Überschüsse, es
muß aber auch Verluste tragen (§
84 Abs.
2 SGB XI). Das ergibt sich auch als Konsequenz aus dem Umstand, daß nach §
85 Abs.
3 SGB XI die Pflegesatzvereinbarungen im voraus für einen zukünftigen Zeitraum zu treffen sind.
Den Vereinbarungen über die Pflegesätze liegt damit eine vorausschauende Sicht über die Honorierung der im Rahmenvertrag näher
beschriebenen Pflegeleistungen zugrunde, die nach Art und Schwere der Pflegebedürftigkeit erforderlich sind und die das Pflegeheim
nach §
85 Abs.
3 Satz 2
SGB XI im Pflegesatzverfahren durch geeignete Nachweise darzulegen hat, ehe es zu einer Vereinbarung kommt. Dabei mag der Revision
zugegeben werden, daß die Charakterisierung dieses auf Vereinbarungen gründenden Systems insofern als "pauschal" bewertet
werden kann, als es für die Vergütung nicht darauf ankommt, welche jeweiligen einzelnen Leistungen für jeden Heimbewohner
erbracht wurden; vielmehr ist entscheidend, daß der Heimbewohner die nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit benötigten
Pflegeleistungen erhält. Ob er alle angebotenen Leistungen, etwa der sozialen Betreuung, annimmt - eine Entscheidung hierfür
oder dagegen wird auch vom Maß seiner Gesamtbefindlichkeit abhängen -, vermag den Vergütungsanspruch des Heimes grundsätzlich
nicht zu beeinflussen. Das verlangen schon kalkulatorische Überlegungen, die das Heim zur Vorhaltung dieser Leistungen und
Dienste verpflichten.
bb) Soweit es um die von den Pflegesatzparteien abzuschließenden Vereinbarungen der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung
geht, gelten ähnliche Grundsätze. Auch hier wird in Teilbereichen der Unterkunft - etwa der Wäscheversorgung - in dem Sinn
von einer pauschalen Regelung gesprochen werden können, als sich die benötigten Leistungen, die prinzipiell durch Personal-
und Sachmittel vorzuhalten sind, und ihre Honorierung nicht unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse jedes einzelnen
Heimbewohners festlegen lassen. Für die Verpflegungsaufwendungen, die das Heim je Bewohner und Tag anzusetzen hat, gilt dies
jedoch nicht in gleicher Weise. Das Heim ist, um geordnet wirtschaften zu können, nicht darauf angewiesen, daß jeder Heimbewohner
seine Mahlzeiten täglich einnimmt. Kann es sich, wie in Zeiten längerer Abwesenheit, darauf einstellen, daß die Verpflegung
nicht abgenommen wird, erleidet es bei einer Reduzierung des Entgelts keine Einbußen, weil es sich beim Einkauf der Lebensmittel
entsprechend einrichten kann. Gleiches gilt, wenn - wie hier - aus gesundheitlichen Gründen über einen längeren Zeitraum nur
eine Sondenernährung vorgenommen und die im Heimvertrag vorgesehene Kostform nicht verabreicht werden kann.
Nichts spricht dafür, daß die in §
87 Satz 3 i.V.m. §
85 Abs.
6 Satz 1 Halbsatz 2
SGB XI geregelte Verbindlichkeit der Vereinbarung über die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung dem Pflegeheim die Möglichkeit
versagen wollte, einem Heimbewohner den Gegenwert für nicht eingenommene Mahlzeiten zu erstatten. Die in den Vorinstanzen
vorgetragene Überlegung der Beklagten, das Pflegesatzsystem kenne keine Preisnachlässe, übersieht, daß es hier nicht um eine
gegenüber der Pflegesatzvereinbarung preisgünstigere Gestellung der Verpflegung geht, sondern um eine Berücksichtigung des
Umstands, daß aus Gründen, die mit der Lebenssituation des Pflegebedürftigen zwingend verbunden sind, die normale Verpflegung
nicht entgegengenommen werden kann, so daß das Heim, das sich hierauf selbstverständlich einstellt, entsprechende Mittel ersparen
kann. Die Revision kann etwas anderes auch nicht daraus herleiten, daß der Heimvertrag für die vom Pflegebedürftigen nach
§§
4 Abs.
2 Satz 2,
82 Abs.
1 Satz 3
SGB XI selbst zu tragenden Kosten der Unterkunft und Verpflegung, die sogenannten Hotelkosten, in Übereinstimmung mit den Vereinbarungen
nach §
87 SGB XI einen einheitlichen Tagessatz ohne Differenzierung der beiden Kostenarten vorsieht. Die Zusammenfassung dieser Kosten in
einem Kostenblock, die den Anforderungen des § 4e Abs. 1 Satz 1
HeimG genügte (vgl. hierzu Senatsurteil vom 8. November 2001 - III ZR 14/01 - NJW 2002, 507, 510 f.; insoweit ohne Abdruck in BGHZ 149, 146), in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Heimgesetzes vom 5. November 2001
(BGBl. I S. 2960; zur Neufassung S. 2970) nach § 5 Abs. 3 Satz 3
HeimG aber im Interesse einer weitergehenden Transparenz aufgegeben worden ist (vgl. Regierungsentwurf BT-Drucks. 14/5399 S. 21),
ist vor dem Hintergrund der Selbstzahlungspflicht des Heimbewohners verständlich, besagt aber nicht, daß es nicht darauf ankäme,
ob in diesem einheitlichen Kostenblock überhaupt Verpflegung gewährt wird. Eine solche Betrachtungsweise stünde auch mit dem
Sinn des §
87 SGB XI nicht in Einklang, der im Interesse des Heimbewohners vorsieht, daß die für die angesprochenen Fragen kundigen und mit Verhandlungsmacht
ausgestatteten Leistungsträger im Sinn des §
85 Abs.
2 SGB XI als "Sachwalter" angemessene Entgelte für Unterkunft und Verpflegung aushandeln (vgl. BT-Drucks. 12/5262 S. 147 zu § 96 des
Gesetzentwurfs). Die Vorschrift will vor allem den Pflegebedürftigen davor bewahren, daß die Pflegeheime gewissermaßen "durch
die Hintertür" durch überhöhte Entgelte bei den Hotelkosten Mindereinnahmen im Bereich der pflegerischen Dienstleistungen
kompensieren können (vgl. Udsching,
SGB XI, §
87 Rn. 3; Vogel/Schmäing, in: Klie/Krahmer, Lehr- und Praxiskommentar
SGB XI, §
87 Rn. 11). In gleicher Weise gilt dies für die Überlegung, wegen eines zusätzlichen Aufwands bei der Verabreichung der Sondenernährung
im Rahmen medizinischer Behandlungspflege sei ein Ausgleich im Kostenblock Unterkunft und Verpflegung vorzunehmen. Die Ausgestaltung
der Kostenübernahme der Hotelkosten durch den Pflegebedürftigen beruht mit auf dem Gedanken, die zu Hause oder im Heim betreuten
Pflegebedürftigen gleichzubehandeln. Es würde auch diesem Grundsatz widersprechen, wenn der zu Hause betreute Pflegebedürftige
bei der Verabreichung von Sondennahrung Verpflegungsaufwendungen ersparte, im Heim hingegen nicht.
e) Beantworten demnach die Vorschriften des Heimgesetzes und des Elften Buches Sozialgesetzbuch die Frage, ob die Beklagte
das volle Entgelt für die nicht in Anspruch genommene Verpflegung verlangen kann, nicht zum Nachteil der Klägerin, sprechen
sie eher von ihrer den Heimbewohner schützenden Tendenz dagegen, ist der Rückgriff auf §
615 Satz 2
BGB nicht verschlossen. Wie der Senat mehrfach entschieden hat, hat der Gesetzgeber das Heimvertragsrecht, soweit es um die hier
zugrunde zu legende Fassung des Heimgesetzes geht, nicht umfassend und abschließend geregelt. Es sind daher ergänzend die
allgemein geltenden zivilrechtlichen Normen und diejenigen Bestimmungen der Beurteilung zugrunde zu legen, die bei einem gemischten
Vertragstyp den Schwerpunkt bilden (vgl. Urteile vom 8. November 2001 - III ZR 14/01 - NJW 2002, 507, 508; BGHZ 148, 233, 234 f.). Dieser liegt nach den im Heimvertrag übernommenen Pflichten im dienstvertraglichen Bereich.
Geht man daher davon aus, daß der Heimvertrag keine Regelung für die hier zu entscheidende Frage enthält, folgt aus dem ergänzend
anwendbaren §
615 Satz 2
BGB - ohne Rückgriff auf Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung - unmittelbar, daß sich die Beklagte die Ersparnisse bei
der Verpflegung anrechnen lassen muß.
4. Legt man wie das Berufungsgericht zugrunde, § 10 Nr. 7 des Heimvertrags schließe eine Entgeltreduzierung aus, ist eine
Kontrolle dieser Klausel nach § 8 AGBG nicht verschlossen. Wie die Ausführungen zu 3 zeigen, wiederholt die Vorschrift in dieser Auslegung nicht etwa nur das, was
sich aus den zur Beurteilung heranzuziehenden Rechtsvorschriften ergibt, sondern weicht von diesen teilweise ab, teilweise
ergänzt sie diese. Die danach gebotene Inhaltskontrolle führt zur Unwirksamkeit der Klausel nach § 9 Abs. 1 AGBG. Die Revision führt zwar an, eine Inhaltskontrolle, wie sie der Senat für heimvertragliche Bestimmungen, die auf rahmenvertragliche
Regelungen Bezug nehmen, für möglich erachtet habe (vgl. BGHZ 149, 146, 152 f.), dürfe nicht zu einer Änderung des Rahmenvertrags und verbindlicher Vereinbarungen zwischen den Pflegesatzparteien
führen. Ob dem zu folgen ist, bedarf jedoch anläßlich des hier zu entscheidenden Falles keiner abschließenden Beantwortung.
Sicherlich ist bei einer Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen in dem hier betroffenen Bereich zu berücksichtigen,
daß der Gesetzgeber durch die Ausgestaltung des Rechts der Leistungserbringung und Vergütung in den Bestimmungen des Elften
Buches Sozialgesetzbuch selbst Vorkehrungen zum Schutz der Heimbewohner getroffen hat. Das wird um so mehr zu beachten sein,
als bestimmte Fragen in den Rahmenverträgen oder Vergütungsvereinbarungen eine positive Antwort erhalten haben. Wie ausgeführt
fehlt es hieran jedoch in bezug auf die Frage, ob der behinderungsbedingte Verzicht auf die normale Verpflegung ohne Auswirkung
auf den Vergütungsanspruch des Heimes bleibt. Da Grundprinzipien des bürgerlichen Rechts gegen eine solche Lösung sprechen
und der durch §
87 SGB XI grundsätzlich vorgesehene Schutz des Heimbewohners unvollkommen wäre, wenn er in jedem Fall einer positiven vertraglichen
Ausformung durch die Pflegesatzparteien bedürfte, andererseits keine Belange von Gewicht dafür sprechen, der Beklagten angesichts
der dauernden Nichtinanspruchnahme der Verpflegung die volle Gegenleistung zu belassen, ist der Ausschluß der Entgeltreduzierung
durch eine vorformulierte Vertragsklausel unangemessen und unwirksam. Dies gilt auch für die in der Revisionsverhandlung angeführte
Erwägung der Beklagten, die Klägerin sei an den geschlossenen Heimvertrag gebunden, weil ihr Ehemann bereits zu Vertragsbeginn
die Sondennahrung benötigt habe.
5. Ob einem uneingeschränkten Entgeltanspruch auch §
4 Abs.
3 HeimG a.F. entgegenstünde (vgl. hierzu Senatsurteil BGHZ 148, 233, 235 f.), bedarf danach keiner Entscheidung. Der Vortrag der Parteien gibt auch keinen Anlaß zur Prüfung, ob der Bereicherungsanspruch
nach §
814 BGB ausgeschlossen ist. Es bestehen keine Anhaltspunkte, daß der Klägerin und ihrem Ehemann die im Hinblick auf das Zusammenwirken
der Vorschriften des
BGB, des Heimgesetzes und des Elften Buches Sozialgesetzbuch komplizierte Rechtslage im Zeitpunkt der Zahlung des Heimentgelts
bereits bekannt war. Die Klägerin setzt sich mit der Geltendmachung des Bereicherungsanspruchs daher auch nicht entgegen dem
Gebot von Treu und Glauben (§
242 BGB) zu eigenem früheren Verhalten in Widerspruch.