Ausbildungsunterhaltsanspruch eines unterhaltsberechtigten Kindes gegen die Eltern bei Ausbildungsplatzaufnahme aufgrund eines
notenschwachen Schulabschlusses erst nach drei Jahren
Tatbestand
Die 1989 geborene Antragstellerin begehrt von ihrem Vater, dem Antragsgegner, Ausbildungsunterhalt für die Zeit ab September
2010.
Die Antragstellerin lebte nach der Trennung ihrer Eltern im Jahr 1997 zunächst im Haushalt des Vaters in den Niederlanden,
bevor sie 2003 zu ihrer Mutter nach Deutschland wechselte. Dort erwarb sie 2007 die mittlere Reife mit einem Notendurchschnitt
von 3,6. Anschließend nahm sie eine eigene Wohnung und bestritt ihren Lebensunterhalt selbst, indem sie als ungelernte Kraft
in verschiedene Beschäftigungsverhältnisse eintrat und Praktika zum Teil in der Erwartung leistete, auf diese Weise Zugang
zu einem Ausbildungsplatz zu erlangen. Im August 2010 begann sie eine Ausbildung zur Fleischereifachverkäuferin. Ihre Mutter
erzielt als geringfügig Beschäftigte Einkünfte von monatlich höchstens 400 €.
Das Amtsgericht hat den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin rückständigen Unterhalt für September 2010 bis
Juli 2011 in Höhe von 2.923,42 € sowie laufenden Unterhalt ab August 2011 in Höhe von monatlich 218,82 € zu zahlen. Das Oberlandesgericht
hat die Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich seine zugelassene Rechtsbeschwerde.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
I.
Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Ausbildungsunterhaltsverhältnis zwischen
Eltern und Kindern sei von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägt, weshalb das Kind seine Ausbildung mit Fleiß und Zielstrebigkeit
durchzuführen habe. Gewisse Ausbildungsverzögerungen seien je nach den Umständen des Einzelfalls jedoch hinzunehmen. Trotz
einer nicht unerheblichen Verzögerung bei der Ausbildung könne ein Unterhaltsanspruch dann noch fortbestehen, wenn in den
Fällen der Erstausbildung der Unterhaltspflichtige durch die Zuerkennung des Unterhaltsanspruchs wirtschaftlich nicht übermäßig
belastet werde, die Versagung des Unterhaltsanspruchs für das Kind jedoch gravierende Folgen für dessen Lebensstellung hätte
und Verzögerungen in der Ausbildung jedenfalls auch auf vom Kind nicht zu vertretende Umstände zurückzuführen seien. Dies
sei im vorliegenden Fall gegeben, da die Antragstellerin bei notenbedingt schlechten Chancen auf einen Ausbildungsplatz berechtigterweise
mehrere Praktika absolviert habe mit dem Ziel, im Anschluss hieran bei den jeweiligen Unternehmen einen Ausbildungsplatz zu
erlangen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der sehr mäßige Schulabschluss auch auf die von der Antragstellerin nicht zu
vertretende familiäre Situation einschließlich des Aufenthaltswechsels von den Niederlanden nach Deutschland und dem damit
verbundenen Wechsel des Schulsystems zurückzuführen sei. Der Antragsgegner habe auch noch drei Jahre nach Abschluss der allgemeinen
Schulausbildung damit rechnen müssen, von der Antragstellerin auf Ausbildungsunterhalt in Anspruch genommen zu werden.
Der Unterhaltsbedarf der Antragstellerin sei -dem Amtsgericht folgend -nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien mit 670 €
monatlich zu bemessen, wobei davon auszugehen sei, dass sie nicht mit einem Partner in häuslicher Gemeinschaft lebe. Nach
Abzug des Kindergeldes und der Ausbildungsvergütung unter Berücksichtigung eines pauschalen ausbildungsbedingten Mehrbedarfs
von monatlich 90 € verbleibe ein offener Bedarf von anfänglich 284 €, zwischen Februar 2011 und Juli 2011 250,57 € und seit
August 2011 218,82 € monatlich. Dem Antragsgegner, der über ein Nettoeinkommen in Höhe von 1.782,50 € verfüge, verbleibe auch
nach Abzug von pauschalen berufsbedingten Aufwendungen, Krankenversicherungsbeiträgen und Unterhaltsbeträgen noch ein Einkommen,
welches deutlich über seinem angemessenen Selbstbehalt liege.
Der Anspruch der Antragstellerin entfalle auch nicht deswegen, weil sie dem Antragsgegner seit geraumer Zeit den Kontakt verweigere.
Allein ein solches Verhalten begründe eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach §
1611 BGB nicht. Insoweit könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass auch der Antragsgegner es unterlassen habe, seinerseits (wieder)
den Kontakt zur Antragstellerin zu suchen.
Schließlich würde auch eine zwischen dem Antragsgegner und der Mutter der Antragstellerin getroffene Freistellungsvereinbarung,
wonach jeder Elternteil für das bei ihm lebende Kind sorgen solle, den Unterhaltsanspruch nicht entfallen lassen.
II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Zutreffend ist das Oberlandesgericht für das in 2010 eingeleitete Verfahren auf der Grundlage des Art. 5 Nr. 2 der Verordnung
(EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in
Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 (Brüssel I-VO = EuGVVO) von der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte ausgegangen. Die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates über die
Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen
vom 18. Dezember 2008 (EuUnthVO) ist nach deren Art. 75 Abs. 1 auf das vor ihrem Inkrafttreten eingeleitete Verfahren nicht
anwendbar.
Ebenfalls zutreffend hat das Oberlandesgericht das Verfahren nach deutschem Sachrecht beurteilt, was sich aus Art. 4 des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht (HUÜ 73) bzw. Art. 3 Abs. 1 des Haager Protokolls über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht (Haager Unterhaltsprotokoll - HUP) ergibt.
Denn die Antragstellerin als Unterhaltsberechtigte hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.
2. Ebenfalls zu Recht hat das Oberlandesgericht entschieden, dass die Antragstellerin gegen den Antragsgegner einen Anspruch
auf Ausbildungsunterhalt nach §§
1601,
1610 Abs.
2 BGB hat.
a) Gemäß §
1610 Abs.
2 BGB umfasst der Unterhalt den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf.
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats ist der aus §
1610 Abs.
2 BGB folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden
Berufsausbildung vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners auf Ermöglichung einer Berufsausbildung
steht auf Seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in
angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Zwar muss der Verpflichtete nach Treu und Glauben (§
242 BGB) Verzögerungen der Ausbildungszeit hinnehmen, die auf ein vorübergehendes leichteres Versagen des Kindes zurückzuführen sind.
Verletzt dieses aber nachhaltig seine Obliegenheit, die Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen,
büßt es seinen Unterhaltsanspruch ein und muss sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit
selbst zu verdienen (Senatsurteile vom 4. März 1998 - XII ZR 173/96 - FamRZ 1998, 671 und vom 29. Juni 2011 - XII ZR 127/09 - FamRZ 2011, 1560 Rn. 15).
bb) Aus dem Gegenseitigkeitsverhältnis folgt auch die Obliegenheit des Kindes, die Ausbildung in angemessener Zeit aufzunehmen.
Auch ein Schulabgänger muss auf die Belange des Unterhaltspflichtigen Rücksicht nehmen und sich in angemessener Zeit darüber
klar werden, welche Ausbildungsmöglichkeiten ihm nach seinem jeweiligen Schulabschluss zur Verfügung stehen. Er muss sich
alsbald um einen entsprechenden Ausbildungsplatz bemühen und die Ausbildung zielstrebig beginnen. Zwar ist einem jungen Menschen
eine gewisse Orientierungsphase zuzugestehen, deren Dauer von Fall zu Fall unterschiedlich ist und sich jeweils nach Alter,
Entwicklungsstand und den gesamten Lebensumständen des Auszubildenden richtet. Je älter er indessen bei Schulabgang ist und
je eigenständiger er seine Lebensverhältnisse gestaltet, desto mehr tritt an die Stelle der Elternverantwortung die Eigenverantwortung
für seinen Berufsund Lebensweg. Selbst wenn er bisher noch keine Berufsausbildung erfahren hat, kann eine lange Verzögerung
dazu führen, dass sein Ausbildungsanspruch entfällt und er sich daher seinen Lebensunterhalt mit ungelernten Tätigkeiten oder
aufgrund sonstiger Begabung und Fertigkeiten verdienen muss (Senatsurteile vom 4. März 1998 - XII ZR 173/96 - FamRZ 1998, 671 und vom 29. Juni 2011 - XII ZR 127/09 - FamRZ 2011, 1560 Rn. 16).
Allerdings gibt es keine feste Altersgrenze für die Aufnahme einer Ausbildung, ab deren Erreichen der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt
entfällt. Die Frage, bis wann es dem Unterhaltsberechtigten obliegt, seine Ausbildung aufzunehmen, richtet sich vielmehr nach
den Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich ist, ob den Eltern unter Berücksichtigung aller Umstände die Leistung von Ausbildungsunterhalt
in den Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit noch zumutbar ist (Senatsurteil vom 29. Juni 2011 - XII ZR 127/09 - FamRZ 2011, 1560 Rn. 17 mwN).
So ist einerseits anerkannt, dass subjektive Beeinträchtigungen des Unterhaltsberechtigten, die diesem nicht vorwerfbar sind,
wie etwa eine psychische Erkrankung, die verzögerte Aufnahme eines Studiums rechtfertigen können (vgl. Senatsurteil vom 29.
Juni 2011 - XII ZR 127/09 - FamRZ 2011, 1560 Rn. 18 mwN).
Andererseits mutet §
1610 Abs.
2 BGB den Eltern nicht zu, sich gegebenenfalls nach Ablauf mehrerer Jahre, in denen sie nach den schulischen Ergebnissen und dem
bisherigen Werdegang des Kindes nicht mehr mit der Nachholung etwa der Hochschulreife und der Aufnahme eines Studiums rechnen
mussten, einem Ausbildungsanspruch des Kindes ausgesetzt zu sehen. Dabei kann auch ins Gewicht fallen, dass es sich um Zeiträume
handelt, in denen steuerliche Erleichterungen, Kindergeld oder kindbezogene Gehaltsbestandteile aufgrund des fortgeschrittenen
Alters des Kindes unabhängig von seinem Ausbildungsstand wegfallen (Senatsurteil vom 4. März 1998 - XII ZR 173/96 - FamRZ 1998, 671, 672).
b) Den vorstehenden Grundsätzen wird die angefochtene Entscheidung gerecht.
aa) Die Antragstellerin hat 2007 im Alter von 18 Jahren die mittlere Reife absolviert. Soweit das von der Rechtsbeschwerde
aufgegriffene Wiederholen der siebten Klasse zu einem verzögerten Abschluss der allgemeinen Schulausbildung führte, muss der
Verpflichtete dies nach Treu und Glauben hinnehmen. Unabhängig davon, dass dem Kind ein schulisches Versagen während seiner
Minderjährigkeit ohnehin kaum vorgeworfen werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 5. November 1997 - XII ZR 20/96 - FamRZ 1998, 367, 370 zu §
1611 Abs.
2 BGB), ist nach den getroffenen Feststellungen das Wiederholen der Schulklasse ebenso wie der vergleichsweise schlechte Notendurchschnitt
des Abgangszeugnisses auch auf die von der Antragstellerin nicht zu vertretende familiäre Situation einschließlich des Aufenthaltswechsels
von den Niederlanden nach Deutschland und den damit verbundenen Wechsel des Schulsystems zurückzuführen. Darin, dass die Antragstellerin
diese negativen Einflüsse auf ihre schulische Entwicklung auch in den Folgejahren nach dem Wechsel nicht aus eigener Kraft
mit der vorhandenen Begabung kompensieren konnte, liegt kein schuldhaftes Versagen des Kindes von unterhaltsrechtlicher Relevanz.
bb) Ebenfalls ist der Antragstellerin unterhaltsrechtlich nicht vorzuwerfen, dass sie nicht sofort nach der Erlangung des
Schulabschlusses in ein Ausbildungsverhältnis eintrat. Dass das Oberlandesgericht ihr insoweit eine Übergangszeit zugestanden
hat, liegt im tatrichterlichen Ermessen und ist im Rahmen der rechtlichen Überprüfung nicht zu beanstanden.
Hierbei durfte das Oberlandesgericht berücksichtigen, dass es Bewerbern mit guter Ausgangsqualifikation, die sich vor allem
durch gute Schulnoten ausdrücken kann, im ersten Zugriff grundsätzlich leichter gelingt, einen Ausbildungsplatz zu erlangen,
als Bewerbern mit schwächerer Qualifikation. Letztere mögen verstärkt darauf angewiesen sein, durch Motivation und Interesse
an dem Berufsbild zu überzeugen, was auch durch vorgeschaltete Berufsorientierungspraktika oder mittels eines Einstiegs über
eine (zunächst) ungelernte Aushilfstätigkeit gelingen kann.
Nach den getroffenen Feststellungen bemühte sich die Antragstellerin seit 2007 um einen Ausbildungsplatz, indem sie in den
Jahren bis 2009 mehrere Praktika absolvierte mit dem Ziel, im Anschluss hieran bei den jeweiligen Unternehmen einen Ausbildungsplatz
zu erlangen. Zwar hat die Antragstellerin für 2008 keine konkreten Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz vorgetragen. Es hält
sich jedoch in den Grenzen des tatrichterlichen Beurteilungsspielraums, wenn das Oberlandesgericht hierin nach den Umständen
des Einzelfalls noch keine nachhaltige Obliegenheitsverletzung gesehen hat.
cc) Dass die angeordnete Unterhaltsverpflichtung den Antragsgegner unzumutbar belasten könnte, ist vor dem Hintergrund der
tatrichterlich getroffenen Feststellungen auch unter Berücksichtigung des relativ langen Zeitraums bis zur Aufnahme der Ausbildung
nicht ersichtlich. Denn in Anbetracht der schwierigen Ausbildungsmarktlage für Schulabsolventen mit schwacher Notenqualifikation
musste der Antragsgegner damit rechnen, dass die Antragstellerin eine Ausbildungsstelle erst würde antreten können, nachdem
sie sich in vorgeschalteten Berufsorientierungspraktika oder ähnlichen Tätigkeiten bewährt hatte. Auch liegt die gesamte Ausbildung
noch innerhalb des Zeitraums vor der Vollendung des 25. Lebensjahres, für den Kindergeld beansprucht werden kann, wenn das
Kind für einen Beruf ausgebildet wird (§ 2 Abs. 2 Nr. 2
BKGG). Durch die vorgenannte Regelung erkennt die Rechtsordnung eine Berufsausbildung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres
unabhängig von ihrer Art als grundsätzlich förderungswürdig an. Es handelt sich um die erste Ausbildung der Antragstellerin,
die der Antragsgegner zu finanzieren hat; zudem muss der Antragsgegner vergleichsweise niedrige Beträge zahlen, die sich innerhalb
des Ausbildungszeitraums wegen der jährlich steigenden Ausbildungsvergütung sogar noch verringern.
3. Auch hinsichtlich der Höhe des angeordneten Unterhalts hält die angefochtene Entscheidung einer Überprüfung stand.
a) Der Bedarf der Antragstellerin steht nur insoweit im Streit, als der Antragsgegner Haushaltsersparnis und Synergie durch
das Zusammenleben mit einem Partner geltend macht. Das Oberlandesgericht hat jedoch das Vorbringen, mit dem der Antragsgegner
das Zusammenleben der Antragstellerin mit einem Partner behauptet, zu Recht als nicht hinreichend substanziiert erachtet.
b) Nach den zur Leistungsfähigkeit des Antragsgegners getroffenen Feststellungen verfügt dieser über ein monatliches Nettoeinkommen
von 1.782,50 € abzüglich 5% berufsbedingter Aufwendungen (89,15 €) und Krankenversicherungsbeitrag von 274,77 €. Unter Abzug
des angemessenen Selbstbehalts, den das Oberlandesgericht unter Hinweis auf seine Leitlinien in tatrichterlicher Verantwortung
mit 1.100 € bis Ende 2010 bzw. 1.150 € für die Zeit danach bemessen hat, war der Antragsgegner für den zugesprochenen Unterhalt
leistungsfähig. Damit kann er den Unterhalt erbringen.
Etwas anderes folgt auch nicht aus den erhöhten Selbstbehalten, die der Senat gegenüber einem vormals wirtschaftlich selbstständigen
Kind gebilligt hat (Senatsurteil vom 18. Januar 2012 - XII ZR 15/10 - FamRZ 2012, 530 Rn. 20). Denn ein Kind, das die Phase vor seiner Erstausbildung durch Berufsorientierungspraktika oder ähnliche Tätigkeiten
überbrückt, ist noch nicht wirtschaftlich selbstständig im vorbezeichneten Sinne.
Soweit der Antragsgegner vorbringt, ihm müsse pauschal ein höherer als der tabellenmäßige Selbstbehalt verbleiben, um das
in seinem Aufenthaltsstaat, den Niederlanden, bestehende höhere Preisniveau aufzufangen, ist dem nicht zu folgen. Die tabellenmäßigen
Selbstbehaltsbeträge geben eine pauschalierte Betrachtung zur Hand, die bereits auf regionale Preisunterschiede innerhalb
Deutschlands keine Rücksicht nimmt. Ob eine Anpassung des Selbstbehalts erforderlich ist, wenn der im Ausland aufhältige Unterhaltspflichtige
einem von den Annahmen der Tabelle wesentlich abweichenden Preisniveau ausgesetzt ist, unterliegt der tatrichterlichen Beurteilung.
Jedenfalls wenn sich die Kaufkraft des Euro in den einzelnen Staaten nur geringfügig unterscheidet, wie hier die Rechtsbeschwerde
nur um 4,4 % erhöhte Lebenshaltungskosten für die Niederlande vorträgt, ist ein Kaufkraftausgleich regelmäßig nicht geboten
(Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 9 Rn. 35).
4. Schließlich ist es nicht zu beanstanden und von der Rechtsbeschwerde im Übrigen auch nicht gerügt, dass das Oberlandesgericht
eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach §
1611 BGB abgelehnt hat (vgl. dazu auch Senatsurteile vom 25. Januar 1995 - XII ZR 240/93 - FamRZ 1995, 475, 476 und vom 29. Juni 2011 - XII ZR 127/09 - FamRZ 2011, 1560 Rn. 27).