Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren; Bezeichnung einer Divergenz
Gründe:
Mit Urteil vom 17.3.2009 hat das Sächsische Landessozialgericht (LSG) einen Anspruch des Klägers auf Feststellung von Zeiten
seiner Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nach Nummer 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegt.
Er beruft sich sinngemäß auf das Vorliegen eines Verfahrensmangels iS von §
160 Abs
2 Nr
3 Sozialgerichtsgesetz (
SGG), die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS von §
160 Abs
2 Nr
1 SGG und Divergenz iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG.
Die Beschwerde ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da die geltend gemachten Zulassungsgründe
nicht ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl §
160a Abs
2 Satz 3
SGG).
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG), müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargelegt werden. Darüber hinaus ist die Darlegung
erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG, ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht, auf dem Mangel beruhen
kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 Satz 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist (zum Ganzen vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4 mwN).
Der Kläger rügt zum einen eine falsche Beweiswürdigung des Berufungsgerichts. Auf eine Verletzung des §
128 Abs
1 Satz 1
SGG kann die Nichtzulassungsbeschwerde jedoch nach der ausdrücklichen Bestimmung des §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG nicht gestützt werden. Soweit der Kläger zum anderen eine fehlerhafte Beweiserhebung des LSG und damit sinngemäß eine Verletzung
des §
103 SGG geltend macht, hat er bereits versäumt aufzuzeigen, einen Beweisantrag im Berufungsverfahren gestellt und bis zuletzt aufrechterhalten
zu haben.
Grundsätzliche Bedeutung iS von §
160 Abs
2 Nr
1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit
oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss
daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen
sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung der Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder
der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner
Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre
(konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm
angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird
die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger misst sinngemäß der Frage grundsätzliche Bedeutung bei,
ob die industriemäßige Herstellung von Waren aus gebrauchten Teilen (Aufarbeitung) den Tatbestand der Produktion iS von §
1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten
Betrieben in Verbindung mit § 1 Abs 1 der zweiten Durchführungsbestimmung zu dieser Verordnung erfüllt.
Er hat es allerdings versäumt, die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage ausreichend darzutun.
Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage nicht, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem
Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt muss eine Rechtsfrage auch dann angesehen
werden, wenn das Revisionsgericht bzw das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sie zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat,
jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung
der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8; siehe hierzu
auch Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNr 117 mwN).
Zwar behauptet der Kläger, das BSG habe die aufgeworfene Frage im Urteil vom 24.4.2008 - B 4 RS 31/07 R - nicht entschieden. Er hat jedoch nicht dargetan, dass auch keine anderen höchstrichterlichen Entscheidungen vorliegen,
die zumindest Anhaltspunkte zur Beantwortung der von ihm als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben. Vielmehr weist
der Kläger selbst auf die Entscheidungen des BSG vom 9.4.2002 (B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr 6) und 23.8.2007 (B 4 RS 3/06 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 16) hin, aus denen sich nach der Beschwerdebegründung Erkenntnisse für die Beurteilung der gestellten
Frage ableiten lassen.
Ebenso wenig hat der Kläger eine Divergenzrüge ordnungsgemäß dargetan.
Divergenz iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zu Grunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen.
Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten
Rechtssatz des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung
liegt folglich nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat,
sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit
der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen
Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht.
Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet das vorstehend Gesagte, dass die Beschwerdebegründung erkennen lassen muss, welcher
abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz
dazu im Widerspruch steht; ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die oberstgerichtliche Rechtsprechung
in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zu Grunde zu legen haben wird (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 §
160a Nr 34 S 72 mwN). Diesen Darlegungserfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger hat bereits keinen tragenden abstrakten Rechtssatz des LSG herausgestellt, mit dem dieses der Rechtsprechung des
BSG widersprochen habe. Er macht lediglich geltend, das Berufungsgericht habe die Reichweite und Grenzen des fordistischen
Produktionsbegriffs im Sinne der Entscheidungen des BSG vom 9.4.2002 (aaO) und 23.8.2007 (aaO) verkannt. Missversteht das
Berufungsgericht einen höchstrichterlichen Rechtssatz und wendet es deshalb das Recht fehlerhaft an, kann daraus jedoch nicht
geschlossen werden, es habe einen divergierenden Rechtssatz aufgestellt. Die Bezeichnung einer Abweichung iS des §
160 Abs
2 Nr
2 SGG setzt vielmehr die Darlegung voraus, dass das LSG die höchstrichterliche Rechtsprechung im angefochtenen Urteil in Frage
stellt, was nicht der Fall ist, wenn es eine höchstrichterliche Entscheidung in ihrer Tragweite für den entschiedenen Fall
verkannt haben sollte (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 73 mwN).
Mit seinem gesamten Vorbringen macht der Kläger letztlich die Unrichtigkeit des angefochtenen Berufungsurteils in der Sache
geltend. Hierauf kann jedoch nach §
160 Abs
2 Nr
1 bis
3 SGG eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden.
Die nicht formgerecht begründete Beschwerde ist gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 SGG.