Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der J gGmbH. Diese ist Trägerin eines zugelassenen Krankenhauses und behandelte
dort vom 2. bis 3.5.2013 eine seinerzeit 14-jährige Versicherte der beklagten Krankenkasse stationär. In dem Datensatz nach
§
301 SGB V teilte das Krankenhaus folgende Diagnosen und Prozeduren mit: Hauptdiagnose: R10.4 (Sonstige und nicht näher bezeichnete
Bauchschmerzen), Nebendiagnose: Z13.2 (Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf Ernährungsstörungen), Prozeduren: am 2.5.2013
und 3.5.2013 jeweils: OPS 1-760 (Belastungstest mit Substanzen zum Nachweis einer Stoffwechselstörung, Inkl.: Orale Leucin-,
Carnitin-, Phenylpropionsäure-, Glukose-, Laktose- oder Fettbelastung, Intravenöse Pyruvatbelastung, Fastentest). Das Krankenhaus
stellte der Beklagten für die Behandlung 660,15 Euro auf der Grundlage der Fallpauschale (DRG) G72B in Rechnung. Die Beklagte
glich die Rechnung nicht aus. Klage und Berufung des Klägers hatten keinen Erfolg. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt:
Es fehle für den streitigen Vergütungsanspruch bereits an einer formal ordnungsgemäßen Abrechnung des Krankenhauses. Die übermittelten
Diagnosen und Prozeduren ließen nicht den naheliegenden Schluss zu, dass die Behandlung der Versicherten stationär habe erfolgen
müssen. Spätestens auf den Hinweis der Beklagten hin, eine stationäre Behandlung könne nicht übernommen werden, hätte das
Krankenhaus sich zu weiteren Erläuterungen veranlasst sehen müssen. Dies gelte umso mehr, als es zwischen den Beteiligten
auch in der Vergangenheit bereits zu Streitigkeiten im Zusammenhang mit Belastungstests bei Jugendlichen gekommen sei. Etwas
anderes ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass eine Krankenhausverordnung des behandelnden Facharztes der Versicherten
vorgelegen habe. Die Verordnung sei für das Krankenhaus nicht bindend und lasse keine Rückschlüsse auf die stationäre Behandlungsbedürftigkeit
zu. Die Beklagte sei nicht nach Maßgabe des §
275 Abs
1c SGB V mit Einwendungen ausgeschlossen (Urteil vom 16.6.2021).
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
II
Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus §
160a Abs
2 Satz 3
SGG abzuleitenden Darlegungsanforderungen.
1. Wer sich - wie der Kläger - auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig
(entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG vom 26.5.2020 - B 1 KR 14/19 B - juris RdNr 4 mwN; zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieses Maßstabs BVerfG vom 14.4.2010 - 1 BvR 2856/07 - SozR 4-1500 § 160a Nr 24 RdNr 5 f mwN). Diesen Darlegungsanforderungen wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht.
a) Der Kläger formuliert bereits keine konkrete Rechtsfrage, der er grundsätzliche Bedeutung beimisst.
Sofern man seinem Vorbringen, das BSG habe sich nicht zu einer weiteren Ausdehnung der Informationspflichten über den Katalog aus §
301 SGB V geäußert, sinngemäß die abstrakte Rechtsfrage entnehmen könnte, ob die Informationspflichten des Krankenhauses über den Katalog
des §
301 SGB V hinausgehen, legt der Kläger jedenfalls die Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage nicht dar.
Zu den gebotenen Informationen, die Voraussetzung der Fälligkeit des Vergütungsanspruchs des Krankenhauses sind, gehört es
nach stRspr des BSG, dass das Krankenhaus in Fällen, in denen regelhaft ambulante Behandlung ausreichend ist, nicht nur eine Aufnahmediagnose
benennt, die die ärztliche Behandlung rechtfertigen kann, sondern Angaben zu Gründen macht, die Anlass für die stationäre
Versorgung des Versicherten hätten geben können (vgl BSG vom 21.3.2013 - B 3 KR 28/12 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 29 RdNr 16; BSG vom 14.10.2014 - B 1 KR 27/13 R - BSGE 117, 82 = SozR 4-2500 § 109 Nr 40, RdNr 21; BSG vom 21.4.2015 - B 1 KR 10/15 R - juris RdNr 11; BSG vom 23.6.2015 - B 1 KR 26/14 R - BSGE 119, 150 = SozR 4-5560 § 17c Nr 3, RdNr 36; vgl auch BSG vom 26.9.2017 - B 1 KR 37/17 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 37 RdNr 5). Das BSG hat ferner entschieden, dass die vertraglich vereinbarten Datenübermittlungsvorschriften gemäß §
301 Abs
3 SGB V zur Ausgestaltung der Übermittlungserfordernisse nach §
301 Abs
1 SGB V dem nicht entgegenstehen. So lange die Vertragspartner des §
301 Abs
3 SGB V die erforderlichen Vordrucke noch nicht angepasst haben, kann dies in entsprechender Anwendung des §
301 Abs
1 Satz 2
SGB V durchaus auf dem Weg geschehen, dass erforderliche Angaben in nicht maschinenlesbarer Form erfolgen, also zB durch separates
Anschreiben, Fax oder E-Mail (vgl BSG vom 21.3.2013 - B 3 KR 28/12 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 29 RdNr 17).
Inwiefern vor dem Hintergrund dieser Rspr des BSG, die auch das LSG seiner Entscheidung zu Grunde gelegt hat, hinsichtlich der oben genannten Rechtsfrage noch Klärungsbedarf
bestehen sollte, legt der Kläger nicht dar.
b) An hinreichenden Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit fehlt es auch, sofern man dem Beschwerdevorbringen sinngemäß die
weitere Rechtsfrage entnehmen könnte, ob die ärztliche Verordnung der Krankenhausbehandlung einen Vertrauenstatbestand begründet,
der das Krankenhaus zur weiteren Übermittlung von Informationen nicht verpflichtet.
Nach der Rspr des BSG obliegt die Entscheidung darüber, ob eine stationäre Behandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, nicht dem Krankenhaus
oder dem einweisenden Arzt, sondern der Krankenkasse, gegen die sich der Anspruch richtet. Die durch das Gesundheitsstrukturgesetz vom 21.12.1992 (BGBl I 2266) eingefügte Formulierung, wonach die Krankenhausbehandlung "nach Prüfung durch das Krankenhaus" erforderlich sein muss, eröffnet
dem behandelnden Arzt keinen Beurteilungsspielraum, sondern hebt lediglich hervor, dass das Krankenhaus die Notwendigkeit
der stationären Behandlung mit Blick auf die zur Verfügung stehenden Alternativen in eigener Verantwortung zu überprüfen hat.
Ein Beurteilungsspielraum oder eine Einschätzungsprärogative im Sinne eines Entscheidungsfreiraums mit verminderter Kontrolldichte
kommt dem Krankenhausarzt insofern schon deshalb nicht zu, weil nicht er, sondern die Krankenkasse über den Anspruch auf Krankenhausbehandlung
entscheidet (vgl BSG vom 25.9.2007 - GS 1/06 - BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 28 f). Entschieden hat das BSG ferner, dass der Anspruch Versicherter auf Krankenhausbehandlung und damit der Vergütungsanspruch des Krankenhauses nicht
formal von einer vorherigen vertragsärztlichen Verordnung abhängt, sondern davon, dass Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit
besteht. Der Leistungsanspruch knüpft entsprechend dem Wirtschaftlichkeitsgebot (§
12 Abs
1 SGB V) an die Erforderlichkeit von Krankenhausbehandlung an, die das Krankenhaus vor der stationären Aufnahme und fortlaufend während
der stationären Behandlung zu prüfen hat (BSG vom 19.6.2018 - B 1 KR 26/17 R - BSGE 126, 79 = SozR 4-2500 § 39 Nr 30, RdNr 19 ff).
Inwiefern vor dem Hintergrund dieser Rspr ein Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage bestehen sollte, ob die vertragsärztliche
Verordnung der Krankenhausbehandlung für das Krankenhaus einen Vertrauenstatbestand begründet, legt der Kläger nicht dar.
2. Der Kläger macht ferner geltend, die vom BSG aufgestellten Grundsätze bezögen sich auf regelhaft der ambulanten (vertragsärztlichen) Behandlung zugewiesene Leistungen
und seien auf die angefochtene Entscheidung nicht übertragbar. Das LSG habe zu Unrecht eine über den Umfang von §
301 SGB V hinausgehende Informationspflicht des Krankenhauses angenommen. Insofern wendet er sich jedoch allein gegen die inhaltliche
Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung ohne einen Revisionszulassungsgrund aufzuzeigen. Die Behauptung, die Berufungsentscheidung
sei inhaltlich unrichtig, kann nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl zB BSG vom 19.6.2018 - B 1 KR 87/17 B - juris RdNr 7; BSG vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10).
3. Sofern sich der Kläger in diesem Zusammenhang auch gegen die Beweiswürdigung des LSG wendet und diese als fehlerhaft ansieht,
bezeichnet auch dies keinen Grund für die Zulassung der Revision. Denn nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG kann eine Verfahrensrüge nicht auf eine Verletzung von §
128 Abs
1 Satz 1
SGG gestützt werden.
4. Soweit der Kläger schließlich eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§
103 SGG) rügt, bezeichnet er keinen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zuletzt aufrechterhaltenen oder im Urteil
wiedergegebenen Beweisantrag, dem das LSG nicht gefolgt ist (vgl zum Erfordernis zB BSG vom 7.10.2021 - B 1 KR 23/21 B - juris RdNr 7; BSG vom 16.5.2019 - B 13 R 222/18 B - juris RdNr 12, jeweils mwN).
5. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
6. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm §
154 Abs
2 VwGO, diejenige über den Streitwert auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG.