Unterzeichnung einer Niederschrift über die vorinstanzlich ohne mündliche Verhandlung beschlossene Entscheidungsformel
Keine Unterzeichnung durch die ehrenamtlichen Richter notwendig
Gründe:
Mit vorbezeichnetem Urteil hat das LSG Baden-Württemberg die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Heilbronn
vom 21.9.2017 zurückgewiesen. Nach Zustellung am 15.9.2018 hat sich der Kläger mit Schriftsatz vom 12.10.2018 an das BSG gewandt, die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt und gebeten, "die Berufung gegen
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 21. September 2017 nachträglich zuzulassen". Dies fasst der Senat als
Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 12.9.2018 und als kombinierten
Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Beschwerdeverfahren nebst Beiordnung eines Rechtsanwalts auf.
1. Dieser PKH-Antrag ist indes abzulehnen, weil eine Nichtzulassungsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet
(§
73a Abs
1 S 1
SGG iVm §
114 Abs
1 S 1, §
121 Abs
1 ZPO). Nach §
160 Abs
2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das angefochtene Urteil von einer
Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht
und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder aufgezeigt worden noch nach Durchsicht der Akten aufgrund der im
PKH-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung des Streitstoffs zu erblicken. Dagegen ist eine allgemeine Überprüfung des vorinstanzlichen
Urteils in dem Sinne, ob das LSG unter Würdigung der Angaben des Klägers richtig entschieden hat, im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde
nicht statthaft. Es ist nicht erkennbar, dass ein nach §
73 Abs
4 SGG zugelassener Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers erfolgreich zu begründen.
a) Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die allgemeine, über den Einzelfall
hinausgehende Bedeutung hat. Die Frage muss außerdem klärungsbedürftig sein. Das ist nicht der Fall, wenn die Antwort darauf
von vornherein praktisch außer Zweifel steht oder die Frage bereits höchstrichterlich entschieden ist (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70). Rechtsfragen, die in diesem Sinne grundsätzliche Bedeutung haben könnten, sind nicht erkennbar.
b) Der Zulassungsgrund der Divergenz (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) könnte ebenfalls nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Divergenz (Abweichung) bedeutet Widerspruch im Rechtssatz oder
- anders ausgedrückt - das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die den miteinander zu vergleichenden Entscheidungen
zugrunde gelegt worden sind. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung
von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 mwN). Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden.
c) Schließlich lässt sich auch kein Verfahrensmangel feststellen, der gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte. Selbst wenn der unvertretene Kläger mit der Vorlage der schriftlichen Zeugenaussage,
die er seiner Einverständniserklärung (iS des §
124 Abs
2 SGG) beigefügt hat, sinngemäß beantragt hätte, diesen Zeugen zum behaupteten Nahtoderlebnis (sog A-Kriterium) aufgrund des herannahenden
Zuges zu vernehmen, wäre darin kein Verfahrensmangel zu erblicken, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Denn
das LSG hat das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung tragend mit der Begründung verneint, dass auch die weiteren
diagnostischen Kriterien dieser Erkrankung (B- und C-Kriterium) nicht vorlägen. Aus der Tatsache, dass nur die Berufsrichter
die Niederschrift über die vorinstanzlich ohne mündliche Verhandlung beschlossene Entscheidungsformel unterschrieben haben,
kann nicht gefolgert werden, dass die dort genannten ehrenamtlichen Richter unter Verstoß gegen Art
101 Abs
1 S 2
GG, §
16 S 2
GVG iVm §
202 S 1
SGG verfahrensfehlerhaft (§
202 S 1
SGG iVm §
547 Nr 1
ZPO) nicht mitgewirkt hätten. Im Übrigen existiert keine Verfahrensvorschrift, die eine Unterzeichnung des im Verfahren ohne
mündliche Verhandlung nach geheimer Beratung beschlossenen Urteilstenors auch durch die ehrenamtlichen Richter zwingend gebieten
würde - selbst wenn eine solche Vorgehensweise vielfach üblich ist (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 12. Aufl 2017, §
124 RdNr 4b; Estelmann in Zeihe,
SGG, §
124 Anm 9d ["gesetzeskonformer Gerichtsgebrauch"]; s auch Aussprung in Roos/Wahrendorf,
SGG, 2014, §
124 RdNr
87 ["altbewährte Vorgehensweise"] sowie eine entsprechende Regelung in § 8 Abs 3 S 2 der Geschäftsordnung des BSG vom 25.10.2010; aA Humpert in Jansen,
SGG, §
124 RdNr 16 und Ortloff/Riese in Schoch/Schneider/Bier,
VwGO, 34. EL Mai 2018, §
101 RdNr 19 f).
Da dem Kläger somit keine PKH zu bewilligen ist, hat er nach §
73a Abs
1 S 1
SGG iVm §
121 Abs
1 ZPO auch keinen Anspruch auf Beiordnung eines Rechtsanwalts.
2. Die vom Kläger persönlich eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im vorbezeichneten Urteil des LSG
Baden-Württemberg ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht eingelegt worden ist. Der Kläger konnte, worauf er in der Rechtsmittelbelehrung
des angefochtenen Urteils ausdrücklich hingewiesen worden ist, die Beschwerde wirksam nur durch zugelassene Prozessbevollmächtigte
einlegen lassen (§
73 Abs
4 SGG). Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen (§
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 S 2 und 3
SGG).
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§
183,
193 SGG.