Hilfsmittel für gehbehinderte Versicherte aus der gesetzlichen Krankenversicherung
Gründe:
I
Die im Jahre 1946 geborene Klägerin leidet an einer chronisch-fortschreitenden rheumatischen Polyarthritis mit Hüftgelenksprothese
beidseits, Kniegelenkkapselschädigung rechts und Vorfußverformung rechts. Sie ist bei der beklagten Ersatzkasse krankenversichert
und mit einem elektrogetriebenen Faltrollstuhl, dessen Gewicht ca 35 kg beträgt, versorgt.
Im März 1999 beantragte die Klägerin bei der Beklagten unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung und eines Kostenvoranschlags,
als Hilfsmittel eine in ihren PKW einzubauende Vorrichtung zum erleichterten Ein- und Ausladen des Faltrollstuhls (sog Rollstuhl-Ladeboy),
Marke "Maximum", nebst Zubehör, zum Gesamtpreis von 8.444,80 DM zu gewähren. Auf Grund ihrer Krankheit könne sie den Faltrollstuhl
allein nicht ins Auto laden; auch für die Menschen in ihrem Umfeld sei er zu schwer. Nach dem Hinweis des Medizinischen Dienstes
der Krankenversicherung, dass das Hilfsmittelverzeichnis den für die Klägerin an sich sinnvollen Ladeboy nicht enthalte, lehnte
die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass das Gerät kein Hilfsmittel iS der gesetzlichen Krankenversicherung sei
(Bescheid vom 18. Mai 1999 und Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 1999). Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil
vom 2. Februar 2000), das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 12. Dezember
2001). Das LSG hat ausgeführt, der Ladeboy sei nicht erforderlich, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder einer
Behinderung vorzubeugen. Zum Ausgleich einer Behinderung sei ein Hilfsmittel nur im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse
zu gewähren. Hinsichtlich des Grundbedürfnisses eines "gewissen körperlichen Freiraums" sei nur ein Gehen in der eigenen Wohnung,
ein "An-die-frische-Luft-Kommen" und ein Erledigen der Alltagsgeschäfte im unmittelbaren Nahbereich notwendig, wozu der Faltrollstuhl
mit Elektroantrieb ausreiche.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie macht geltend, es müsse bei der Hilfsmittelversorgung
auch der besondere Schutz der Behinderten einschließlich der selbstbestimmten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gemäß
Grundgesetz (
GG) und Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (
SGB IX) berücksichtigt werden. Alltagsgeschäfte könnten häufig nicht mehr im Nahbereich erledigt werden. Sie benötige den Ladeboy
aber auch für Besuche von Ärzten, Krankengymnasten und Schwimmbädern; das sei vom LSG verfahrensfehlerhaft nicht aufgeklärt
worden. Auch die Krafteinschränkung ihrer Arme sei nicht berücksichtigt worden; dadurch sei die Benutzung eines handbetriebenen
Rollstuhls ausgeschlossen. Die Rechtsprechung habe zur Ermöglichung der Nutzung eines PKW einen schwenkbaren Autositz und
eine Auffahrrampe für Rollstühle als Hilfsmittel anerkannt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 12. Dezember 2001 und das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland
vom 2. Februar 2000 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, sie mit einem Rollstuhl-Ladeboy, Marke "Maximum", nebst Zubehör
zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
II
Die Revision der Klägerin war zurückzuweisen. Die Vorinstanzen haben zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch
auf einen Rollstuhl-Ladeboy als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung hat.
Nach §
33 Abs
1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) idF des Gesetzes vom 19. Juni 2001 (BGBl I 1046) haben Versicherte einen Anspruch gegen ihre Krankenkasse auf Versorgung
mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind,
um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen,
soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach §
34 Abs
4 SGB V durch Rechtsverordnung ausgeschlossen sind.
Der Rollstuhl-Ladeboy (einschließlich des Zubehörs) ist zwar kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, sondern
eine speziell für Behinderte entwickelte Vorrichtung, die es ermöglicht, ohne nennenswerten körperlichen Kraftaufwand auch
schwere Rollstühle in einen PKW zu verladen. Er ist auch nicht durch Rechtsverordnung nach §
34 Abs
4 SGB V ausgeschlossen. Das Nichtaufführen im Hilfsmittelverzeichnis nach §
128 SGB V würde einer Gewährung ebenfalls nicht entgegenstehen.
Der Rollstuhl-Ladeboy ist aber für die Klägerin zunächst nicht erforderlich, "um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern"
oder "einer drohenden Behinderung vorzubeugen". Das LSG hat hierzu - insoweit von der Revision unangegriffen - festgestellt,
dass die im Berufungsverfahren zur Frage von Fahrten ins Schwimmbad vorgelegte Bescheinigung von Dr. W. nur von
einem "sinnvollen" Besuch an Warmwassertagen spricht, nicht jedoch von notwendigen krankengymnastischen Übungen im Schwimmbad.
Es hat das Schwimmen somit als zwar empfehlenswerte körperliche Betätigung, nicht aber als lebensnotwendige Behandlungsmaßnahme
gewertet, die mit dem begehrten Mittel sicherzustellen sei. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Revision
rügt, das LSG habe es unterlassen, Feststellungen darüber zu treffen, ob die Klägerin das umgerüstete Fahrzeug auch benötigt,
um Ärzte und Krankengymnasten zu erreichen, ist eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach §
103 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) nicht erkennbar. Nach dem Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren bestand für das LSG keine Veranlassung, Ermittlungen
in diese Richtung durchzuführen, weil die Klägerin selbst keine Anhaltspunkte dafür gegeben, vielmehr nur betont hat, dass
der PKW ihre Bewegungsfreiheit vergrößere und sie insbesondere in die Lage versetze, an Warmwassertagen ein Schwimmbad aufzusuchen.
Das LSG ist auf diesen Gesichtspunkt eingegangen. Unter den gegebenen Umständen konnte es davon ausgehen, dass für das Aufsuchen
von Ärzten und Krankengymnasten die Benutzung eines PKW nicht zwingend erforderlich war, weil anders zu erwarten war, dass
dieses erst jetzt geltend gemachte, noch stärkere Argument bereits früher von der Klägerin vorgetragen worden wäre. Die Sachaufklärungspflicht
des Gerichts geht nicht so weit, dass es ohne jeglichen konkreten Anhaltspunkt unabhängig von dem Vorbringen der Beteiligten
in alle nur denkbare Richtungen ermitteln müsste (BSG SozR Nr 3 zu §
103 SGG, Meyer-Ladewig,
SGG, 7. Aufl, §
103 RdNr 7; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Aufl, III RdNr 12).
Damit ist revisionsgerichtlich nicht weiter darauf einzugehen, ob als Hilfsmittel zur Sicherstellung der ärztlichen Behandlung
auch Gegenstände in Betracht kommen, die nicht unmittelbar der ärztlichen Behandlung dienen, sondern nur als Transportmittel
zur Arztpraxis benutzt werden sollen, oder ob insoweit auf die gesetzliche Verpflichtung der Krankenkasse zur Übernahme von
Transportkosten zu verweisen ist, die in §
60 SGB V geregelt ist (vgl BSG SozR 3-3300 §
40 Nr 9).
Es geht damit nur noch um die Frage, ob das Gebot eines möglichst weit gehenden Behinderungsausgleichs die Krankenkasse verpflichtet,
einen gehbehinderten Menschen in die Lage zu versetzen, ohne fremde Hilfe seinen Rollstuhl in einem PKW zu transportieren,
um auf diese Weise seine Bewegungsfreiheit über den Bereich hinaus zu erweitern, den er sich allein mit einem elektrisch angetriebenen
Rollstuhl von seiner Wohnung aus erschließen kann, auch um weiter entfernte Ärzte seiner Wahl aufzusuchen.
Der in §
33 Abs
1 Satz 1
SGB V genannte Zweck des Behinderungsausgleichs eines von der gesetzlichen Krankenkasse zu leistenden Hilfsmittels bedeutet auch
nach Inkrafttreten des
SGB IX (vgl hier §
31 Abs
1 Nr
3 SGB IX) nicht, dass nicht nur die Behinderung als solche, sondern auch sämtliche direkten und indirekten Folgen der Behinderung
auszugleichen wären. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist nach wie vor allein die medizinische Rehabilitation,
also die möglichst weit gehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktion einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges,
um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche
oder soziale Rehabilitation bleibt Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel ist von der gesetzlichen Krankenversicherung
daher nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und
damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach der ständigen Rechtsprechung (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31
- Rollstuhl-Bike - und Nr 32 - Therapie-Tandem; Urteile des Senats vom 23. Juli 2002, B 3 KR 3/02 R - Dreirad - zur Veröffentlichung vorgesehen - und vom 21. November 2002, B 3 KR 8/02 R - nicht veröffentlicht) gehören zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungaufnehmen,
Ausscheiden, (elementare) Körperpflegen, selbstständige Wohnen sowie Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen
Freiraums.
Das hier in Betracht kommende Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums" hat die Rechtsprechung
bislang immer nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens
mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden verstanden. So hat der Senat in seiner Entscheidung vom 8. Juni
1994 (3/1 RK 13/93 = SozR 3-2500 § 33 Nr 7 - Rollstuhlboy -) zwar die Bewegungsfreiheit als Grundbedürfnis bejaht, aber dabei nur auf diejenigen
Entfernungen abgestellt, die ein Gesunder zu Fuß zurücklegt. Später (Urteil vom 16. September 1999, B 3 RK 8/98 R = SozR 3-2500 § 33 Nr 31 - Rollstuhl-Bike -) hat der Senat das auf die Fähigkeit präzisiert, sich in der eigenen Wohnung
zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise
im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind. Soweit überhaupt
die Frage eines größeren Radius über das zu Fuß Erreichbare hinaus aufgeworfen worden ist, sind bisher immer zusätzliche qualitative
Momente verlangt worden: So hat der Senat in seiner Entscheidung vom 16. April 1998 (B 3 KR 9/97 R = SozR 3-2500 § 33 Nr 27 - Rollstuhl-Bike für Jugendliche -) zwar diejenigen Entfernungen als Maßstab genommen, die ein Jugendlicher
mit dem Fahrrad zurücklegt; das Hilfsmittel ist aber nicht wegen dieser - rein quantitativen - Erweiterung, sondern wegen
der dadurch geförderten Integration des behinderten Klägers in seiner jugendlichen Entwicklungsphase zugesprochen worden (vgl
dazu neuerdings auch Urteil des Senats vom 23. Juli 2002, B 3 KR 3/02 R - Dreirad - zur Veröffentlichung vorgesehen). Ganz ähnlich war schon in der Entscheidung vom 2. August 1979 (11 RK 7/78 = SozR 2200 § 182b Nr 13 - Faltrollstuhl -) nicht die für einen Schüler angesprochene "Fortbewegung auch in Orten außerhalb
seines Wohnortes", sondern die Ermöglichung des Schulbesuchs der maßgebliche Gesichtspunkt gewesen.
Diese Rechtsprechung ist nach Inkrafttreten des Sozialgesetzbuch Elftes Buch (
SGB XI) nicht zu modifizieren. Denn das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung hat sich dadurch nicht wesentlich geändert,
und dieses Leistungsrecht bleibt maßgebend. Mit dem
SGB IX hat der Gesetzgeber die bisherigen Bestimmungen zur Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Leben in der Gesellschaft
und zum Ausgleich von Benachteiligungen, die vor allem im Rehabilitationsangleichungsgesetz (RehaAnglG) und im Schwerbehindertengesetz enthalten waren, zusammengefasst, sprachlich überarbeitet und vor allem hinsichtlich der
Stärkung der Selbstbestimmung sowie des Wunsch- und Wahlrechts der Leistungsberechtigten ausgebaut.
Im Unterschied zu den früheren Regelungen des RehaAnglG, die insgesamt hinsichtlich der Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistungen der Rehabilitationsträger im Einzelnen und
deren Sicherstellung auf die jeweils geltenden besonderen Vorschriften in den jeweiligen Leistungsbereichen verwiesen (vgl
§ 9 Abs 1 RehaAnglG), beschränkt sich das
SGB IX allerdings nicht auf bloße Verweisungen, sondern regelt eigenständig Gegenstände, Umfang und Ausführung von Leistungen. Hinsichtlich
der Zuständigkeit und der Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe wird aber nach wie vor auf die für den jeweiligen
Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetze verwiesen, während diese im Übrigen nur maßgebend sind, soweit sie Abweichendes
vorsehen (§
7 SGB IX; vgl dazu Gesetzesbegründung BT-Drucks 14/5074 S 94).
Die gesetzlichen Krankenkassen sind gemäß §
5 Nr
1, §
6 Abs
1 Nr
1 SGB IX Träger von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, für deren Voraussetzungen die Vorschriften des
SGB V maßgebend sind. Der Anspruch der Klägerin, die wegen ihrer dauerhaften Behinderungen unter den Personenkreis des
SGB IX fällt, sie mit einem Hilfsmittel zu versorgen, richtet sich somit nach §
33 SGB V, der durch Art 5 Nr 9 des Gesetzes vom 19. Juni 2001 (BGBl I 1046) nur um die Wörter "einer drohenden Behinderung vorzubeugen" ergänzt worden
ist. Soweit das
SGB IX in §
31 den Hilfsmittelbegriff definiert, kann offen bleiben, ob dies zu den Leistungsvoraussetzungen zählt, die sich allein nach
dem
SGB V richten, oder ob es sich um Art und Gegenstand der Leistungen handelt, für die das
SGB IX gilt, sofern die einschlägigen Leistungsgesetze nichts anderes vorsehen (vgl Götze in Hauck/Noftz,
SGB IX, K §
1 RdNr 6). Denn §
31 SGB IX gibt hinsichtlich des Hilfsmittelbegriffs nur den Regelungsgehalt des §
33 SGB V wieder, wie er durch die höchstrichterliche Rechtsprechung entwickelt worden ist, bestätigt somit diese Rechtsprechung und
enthält in Abs 3 nur insofern eine Erweiterung der Rechte des Leistungsberechtigten, als er gegen Übernahme der Mehrkosten
auch ein aufwändigeres Hilfsmittel, als nötig ist, wählen kann.
Aus dem verfassungsrechtlichen Verbot der Benachteilung behinderter Menschen in Art
3 Abs
3 Satz 2
GG ergeben sich ebenfalls keine weiter gehenden Leistungsansprüche bei der Hilfsmittelversorgung. Zwar ist das Verbot einer
Benachteiligung zugleich mit einem Auftrag an den Staat verbunden, auf die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen
hinzuwirken (vgl BT-Drucks 12/8165 S 29; Jarass in Jarass/Pieroth,
GG, 5. Aufl, Art
3 RdNr 105). Diesem Auftrag zur Umsetzung und Konkretisierung (vgl Umbach in Umbach/Clemens,
GG, Art 3 RdNr 383 ff) hat der Gesetzgeber mit dem
SGB IX Rechnung getragen, ohne dass damit der Auftrag als erledigt anzusehen wäre. Der fortbestehende Auftrag zur Ausgestaltung
des Sozialstaatsgebots begründet aber keine konkreten Leistungsansprüche.
Da sich die Aufgabe der Krankenkassen zum Behinderungsausgleich iS von §
33 Abs
1 Satz 1
SGB V (medizinische Rehabilitation) hinsichtlich des Grundbedürfnisses auf Bewegung und körperlichen Freiraum somit nach wie vor
auf den dargestellten Nahbereich beschränkt, hat die Klägerin keinen Anspruch auf einen von der Beklagten zu gewährenden Rollstuhl-Ladeboy,
um mit Hilfe der Kombination von Auto und elektrogetriebenem Faltrollstuhl den Radius ihrer selbstständigen Fortbewegung über
den Nahbereich hinaus (erheblich) zu erweitern. Unzutreffend ist in diesem Zusammenhang die Auffassung der Revision, das Autofahren
gehöre zu den Grundbedürfnissen iS von §
33 Abs
1 Satz 1
SGB V, die durch Hilfsmittel der Krankenversicherung zu befriedigen seien (vgl grundsätzlich BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 29 - behindertengerechte
Kfz-Ausstattung). Die Klägerin kann sich für ihre Auffassung nicht auf eine Entscheidung des 8. Senats des Bundessozialgerichts
(BSG) vom 26. Februar 1991 (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 3) stützen, welche zum Recht der
Reichsversicherungsordnung ergangen ist und im Einzelfall die Ausrüstung mit einem schwenkbaren Beifahrersitz als Hilfsmittel für möglich gehalten hat,
sofern die vorhandene Ausstattung mit einem Rollstuhl und die Übernahme der Krankenfahrten zur Gewährleistung eines hinreichenden
Bewegungsspielraums noch nicht ausreichend waren. Die mit der Benutzung eines PKW verbundene Bewegungsfreiheit ist damit nicht
allgemein als Grundbedürfnis anerkannt worden. Transportable Auffahrschienen zum PKW für einen Rollstuhl hat das BSG nicht
als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannt (vgl Urteil des BSG vom 3. November 1987, 8 RK 14/87 = BKK 1988, 275 = ErsK 1990, 253 = Die Leistungen 1988, 285). Soweit das LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 27. Oktober 1994,
L 5 K 86/93 = Breithaupt 1995, 832), worauf sich die Revision beruft, derartige Auffahrschienen zugesprochen hat, ging es um einen 15-jährigen
Kläger, dem es nach den Feststellungen des LSG wegen der Schwere seiner Behinderungen und seines Alters nicht zumutbar war,
seinen Elektrorollstuhl auf längeren Wegstrecken allein zu benutzen, also um besondere Umstände des Einzelfalles, die keine
Divergenz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung erkennen lassen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.