Höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Tenor
Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts
Rheinland-Pfalz vom 25. Oktober 2019 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Beschluss wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin begehrt in der Sache höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen)
nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
Die 1951 geborene Klägerin bewohnt mit ihrem Ehemann eine Mietwohnung. In der Zeit vom 1.6.2017 bis 31.5.2018 zahlte ihr der
Beklagte Grundsicherungsleistungen, ausgehend von einem Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 2 (Personen, wenn sie in einer
Wohnung mit einem Ehegatten oder Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftlicher Gemeinschaft mit einem
Partner zusammenleben) und unter Berücksichtigung des hälftigen Mietzinses und hälftiger Nebenkosten. Mit ihrem Begehren,
höhere Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung eines Regelbedarfs nach Regelbedarfsstufe 1 (monatliche Differenz
2017: 41 Euro, in 2018: 42 Euro) sowie des vollständigen Mietzinses samt Nebenkosten (monatliche Differenz mindestens 231,15
Euro) zu erhalten, weil ihrem Ehemann Sozialhilfeleistungen versagt worden seien, ist beim Sozialgericht Mainz (SG) im Wesentlichen ohne Erfolg geblieben (Urteil vom 5.2.2019); das SG hat den Beklagten lediglich verurteilt, weitere 231,24 Euro als hälftigen Modernisierungszuschlag für die Zeit vom 1.6.2017
bis 31.5.2018 zu zahlen. Ihre Berufung, die sie auf die Zahlung eines Regelbedarfs in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 beschränkt
hat, hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz als unzulässig verworfen (Beschluss vom 25.10.2019).Die Berufung sei nicht statthaft, weil der Beschwerdewert von mehr als 750 Euro nicht erreicht werde. Ausgehend von der Differenz
zwischen Regelbedarfsstufe 1 und 2, gerechnet auf das streitbefangene Jahr, ergebe sich ein Beschwerdewert von lediglich 497
Euro; selbst wenn man den Wert der Anschlussberufung des Beklagten in Höhe von 231,24 Euro addiere, ergebe sich eine Beschwer
von lediglich 728,24 Euro. Eine Umdeutung der Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde komme nicht in Betracht.
Die Klägerin wendet sich dagegen mit der Beschwerde und beantragt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Verfahren
der Nichtzulassungsbeschwerde sowie die Beiordnung eines Rechtsanwalts.
II
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§
73a Abs
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz <SGG> iVm §
114 Zivilprozessordnung <ZPO>). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg böte die Nichtzulassungsbeschwerde
nur, wenn einer der drei in §
160 Abs
2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§
73 Abs
4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Die Revision darf
danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht
und auf dieser Abweichung beruht (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG). Von diesen Zulassungsgründen kann nach Aktenlage unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin keiner mit Erfolg im Beschwerdeverfahren,
verbunden auch mit einem möglichen Erfolg in der Hauptsache (vgl dazu nur BSG SozR 4-1500 § 73a Nr 2 mwN) geltend gemacht werden.
Grundsätzlich bedeutsame Rechtsfragen stellen sich nicht. Insbesondere ist bereits entschieden, dass sich der Wert des Beschwerdegegenstands
nach dem bemisst, was der Rechtsmittelkläger mit seinem Berufungsantrag verfolgt (stRspr; vgl nur BSG vom 4.7.2011 - B 14 AS 30/11 B; BSG vom 5.8.2015 - B 4 AS 17/15 B; zum Ganzen auch Leitherer in Meyer- Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
144 mwN aus der Rechtsprechung). Damit kann - wie hier - der Wert des Beschwerdegegenstands niedriger sein als die Beschwer und damit trotz zutreffender
Rechtsmittelbelehrung des SG, das zurecht von der Zulässigkeit der Berufung ausgegangen ist, die Berufung bei entsprechender Beschränkung unzulässig sein.
Folglich liegen auch keine Anhaltspunkte für eine Divergenz der Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG vor. Auch ein Verfahrensmangel ist nicht erkennbar; insbesondere hat das LSG nach dem Ausgeführten
nicht zu Unrecht ein Prozessanstelle eines Sachurteils erlassen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 750 Euro nicht übersteigt.
Angesichts des Vortrags der Klägerin im Berufungs- und dem vorliegenden Beschwerdeverfahren ist auch nicht davon auszugehen,
dass das LSG mit seiner Annahme, die Klägerin verfolge nur das Begehren, höhere Regelleistungen zu erhalten, den Streitgegenstand
verkannt hat (§
123 SGG). Auf die Ausführung der Klägerin zu vermeintlich bestehenden Gründen für die Zulassung der Berufung kommt es hier nicht an.
Ob ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren wäre, würde sie beim LSG jetzt noch Nichtzulassungsbeschwerde gegen
das Urteil des SG einlegen, steht im vorliegenden Verfahren ebenfalls nicht zur Entscheidung an.
Mit der Ablehnung von PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§
73a Abs
1 SGG iVm §
121 Abs
1 ZPO).
Die von der Klägerin ohne zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegte Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht
den zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Die Klägerin muss sich vor dem BSG gemäß §
73 Abs
4 SGG durch einen zugelassenen Bevollmächtigten vertreten lassen. Sie selbst kann eine Prozesshandlung rechtswirksam nicht vornehmen,
folglich auch nicht selbst Beschwerde einlegen. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem nach §
73 Abs
4 SGG zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Hierauf hat das LSG die Klägerin in der Rechtsmittelbelehrung des
Beschlusses hingewiesen. Die nicht formgerecht eingelegte Beschwerde ist schon deshalb nach §
160a Abs
4 Satz 1
SGG iVm §
169 Satz 3
SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.