Entschädigungsleistungen auf der Grundlage des OEG
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Bereits geklärte Rechtsfrage
Gründe:
I
Die Klägerin ist im Januar 2007 geboren und lebt seit Februar 2009 in einer Pflegefamilie. Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren
wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs durch ihren leiblichen Vater wurde nach umfangreichen Ermittlungen gemäß §
170 Abs
2 Strafprozessordnung eingestellt. Das beklagte Land lehnte in der Folge einen ersten Antrag der Klägerin auf Leistungen nach dem
OEG ab, weil sich ein strafbares Verhalten ihres leiblichen Vaters nicht habe nachweisen lassen (Bescheid vom 21.2.2011).
Im Dezember 2014 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin für sie erneut Leistungen nach dem
OEG wegen sexuellen Missbrauchs. Darüber hinaus sei die Klägerin durch Alkoholkonsum ihrer leiblichen Mutter während der Schwangerschaft
geschädigt worden.
Antrag, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Bescheid vom 14.7.2015, Widerspruchsbescheid vom 14.3.2016, Gerichtsbescheid
vom 1.2.2017, Berufungsurteil vom 9.8.2018). Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, die damaligen Anschuldigungen der leiblichen
Mutter der Klägerin wegen eines sexuellen Missbrauchs durch den Vater seien in einem umfangreichen Strafverfahren aufgeklärt
worden. Die Staatsanwaltschaft habe zu Recht die Schlussfolgerung gezogen, dass für die Durchführung eines Strafverfahrens
bzw für einen sexuellen Missbrauch keine hinreichenden Anhaltspunkte vorgelegen hätten.
Ein fetales Alkoholsyndrom sei bei der Klägerin niemals sicher diagnostiziert worden. Zudem könne nach der Rechtsprechung
des entscheidenden LSG-Senats der Genuss von Alkohol während der Schwangerschaft ohnehin keine Gewalttat iS des §
1 OEG sein.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt. Das LSG habe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verkannt. Es sei unter Berücksichtigung der Zwecke des
OEG zu klären, ob der Konsum von Alkohol der leiblichen Mutter während der Schwangerschaft als tätlicher Angriff anzusehen sei.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil
die allein behauptete grundsätzliche Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargelegt worden ist (§
160a Abs
2 S 3
SGG).
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus
aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig
ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen
der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung
erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte)
Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende
Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (Senatsbeschluss vom 25.10.2016 - B
10 ÜG 24/16 B - Juris RdNr 7 mwN).
Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht. Sie führt nicht aus, aufgrund welcher Feststellung
des LSG die von ihr aufgeworfene Frage, ob der Konsum von Alkohol durch die leibliche Mutter während der Schwangerschaft als
tätlicher Angriff iS von §
1 Abs
1 S 1
OEG anzusehen ist, im vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserheblich sein sollte und deswegen geklärt werden könnte. Die maßgebliche
Sachverhaltsdarstellung in der Beschwerdebegründung muss das BSG in die Lage versetzen, sich ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein aufgrund des Beschwerdevortrags ein Bild
über den Streitgegenstand sowie seine tatsächlichen und rechtlichen Streitpunkte zu machen (Senatsbeschluss vom 30.11.2017
- B 9 V 36/17 B - Juris RdNr 10 mwN). Dagegen verzichtet die Beschwerde nahezu vollständig auf die Wiedergabe des vom LSG festgestellten
entscheidungserheblichen Sachverhalts. Insbesondere legt sie nicht dar, welche nach §
1 Abs
1 S 1
OEG erforderliche gesundheitliche Schädigung der Klägerin als kausale Folge des behaupteten Alkoholkonsums ihrer Mutter während
der Schwangerschaft festgestellt sein sollte. Darlegungen hierzu wären schon deshalb geboten gewesen, weil das LSG im angefochtenen
Urteil ausgeführt hat, dass bei der Klägerin das von ihr als Schaden behauptete "fetale Alkoholsyndrom" niemals sicher diagnostiziert
worden sei.
Unabhängig davon geht die Beschwerde selbst nicht von einer grundsätzlichen Klärungsbedürftigkeit der von ihr formulierten
Rechtsfrage aus. Vielmehr führt sie aus, die von der Rechtssache aufgeworfene Rechtsfrage sei im Ansatz geklärt, jedoch vorliegend
fehlerhaft auf den Einzelfall angewendet worden. Damit rügt sie der Sache nach nur einen im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde
unerheblichen Rechtsanwendungsfehler im Einzelfall (vgl Senatsbeschluss vom 9.6.2017 - B 9 V 88/16 B - Juris RdNr 11).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
2. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§
160a Abs
4 S 1 Halbs 2, §
169 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.