I. Der Kläger begehrt von der Beklagten laufende Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz für die Zeit vom 17. Januar bis 31. Juli 1985.
Der im Jahre 1964 geborene Kläger lebte bis Mai 1983 bei seinen Eltern in Berlin. Nach dem Abschluß der Realschule mit dem
Zeugnis der mittleren Reife begann er eine Lehre als Ladenfleischer, die er im Januar 1984 vorzeitig mit gutem Erfolg beendete.
Im Anschluß daran arbeitete er in dem erlernten Beruf bei seiner Lehrfirma. Da er eine fachbezogene Weiterbildung durch den
Besuch der 12. Klasse der Fachoberschule in der Fachrichtung Ernährung und Hauswirtschaft anstrebte, um die Fachhochschulreife
zu erlangen und anschließend Ökotrophologie an einer Fachhochschule zu studieren, bewarb er sich Anfang März 1984 um einen
entsprechenden Schulplatz in Hamburg, nachdem nach seinen Erkundigungen in Berlin eine Fachoberschulklasse in der gewünschten
Fachrichtung noch nicht vorhanden war. Dieser Schulplatz wurde ihm zum 1. August 1984 zugesagt. Daraufhin kündigte der Kläger
sein Arbeitsverhältnis in Berlin zum Ende Juli 1984 und absolvierte in Hamburg von August 1984 bis Ende Juli 1985 die 12.
Klasse der Fachoberschule, die in der gewünschten Fachrichtung nur in der Tagesschulform angeboten wurde.
Einen Antrag des Klägers auf Bewilligung von Ausbildungsförderung für diesen Schulbesuch hatte das zuständige Bezirksamt von
Berlin im April 1984 unter Hinweis auf § 68 Abs. 2 Nr. 1
BAföG mit der Begründung abgelehnt, von der Wohnung der Eltern des Klägers in Berlin aus sei eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte
erreichbar, weil zum September 1984 eine vergleichbare Fachoberschulklasse auch in Berlin eingerichtet werde, die der Kläger
besuchen könnte. Der Bescheid wurde nach erfolgloser Durchführung eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bestandskräftig.
Einen Antrag des Klägers auf Arbeitslosenunterstützung hatte das Arbeitsamt im September 1984 ebenfalls abgelehnt.
Nachdem der Kläger seine Ersparnisse Ende September 1984 aufgebraucht hatte, stellte er mündlich einen Antrag auf Sozialhilfe,
der jedoch im Oktober 1984 bestandskräftig abgelehnt wurde. Von Oktober 1984 bis Juli 1985 erhielt der Kläger von seinem Vermieter
in Hamburg ein Darlehen von monatlich 400 DM.
Mit Schreiben vom 11. Januar 1985, bei der Beklagten eingegangen am 17. Januar 1985, beantragte der Kläger erneut Sozialhilfe
und führte hierzu aus, zu seinen Eltern nach Berlin könne er aus persönlichen Gründen nicht zurückkehren. Eine Arbeitsaufnahme
neben dem Besuch der Fachoberschule sei ihm nicht möglich und zumutbar, da der Unterricht acht Stunden in Anspruch nehme und
anschließend vor- bzw. nachbereitet werden müsse.
Mit Bescheid vom 5. Februar 1985 lehnte die Beklagte diesen Antrag mit der Begründung ab, der Kläger sei nicht bereit, unter
Aufgabe seines Schulbesuchs zumutbare Arbeit zur Abwendung der Hilfebedürftigkeit zu leisten, und habe damit seinen Rechtsanspruch
auf Hilfe zum Lebensunterhalt verwirkt. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte zurück.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage, die auf die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe des Regelsatzes für die
Zeit vom 17. Januar bis 31. Juli 1985 gerichtet war, stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht
das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage mit folgender Begründung abgewiesen:
Zutreffend habe das Verwaltungsgericht entschieden, daß § 26 Satz 1 BSHG dem Hilfebegehren des Klägers nicht entgegenstehe. Der Kläger könne jedoch deswegen keine Hilfe zum Lebensunterhalt beanspruchen,
weil er sich durch Einsatz seiner Arbeitskraft selbst hätte helfen können. Ein wichtiger Grund gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 BSHG habe dem nicht entgegengestanden. Ursache für die Aufgabe des Arbeitsverhältnisses bei seiner Lehrfirma sei allein sein Wunsch
gewesen, an der Fachoberschule die schulischen Voraussetzungen für eine höherwertige Berufsausbildung zu erlangen. Er sei
von vornherein auf eine finanzielle Unterstützung für den Fachoberschulbesuch angewiesen gewesen, weil er von seinen Eltern
keine Leistungen erhalten und selbst Rücklagen nicht gebildet habe. Aus dem schon geraume Zeit vor dem vorgesehenen Schulbeginn
ergangenen Bescheid vom April 1984 und dem dazu ergangenen Widerspruchsbescheid sei für den Kläger erkennbar gewesen, daß
eine Förderung nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz ausscheide. Darüber hinaus handele es sich um eine nur einjährige Ausbildung, für die der Zugang auch nicht mit besonderen
Schwierigkeiten verbunden gewesen sei. Dem Kläger habe daher sozialhilferechtlich angesonnen werden können, seinen Wunsch
zum Besuch der Fachoberschule zunächst zurückzustellen und vorerst weiterhin berufstätig zu sein, um Sparrücklagen zu bilden
und hieraus die geplante Ausbildung zu finanzieren. Die mit einem solchen Aufschub verbundene zeitliche Verzögerung der Aufnahme
des Schulbesuches sei für den damals gerade 20 Jahre alten Kläger hinnehmbar gewesen. Dies entspreche dem Grundsatz des Nachrangs
der Sozialhilfe. Etwas anderes gelte auch nicht deshalb, weil der Kläger Sozialhilfeleistungen zu einem Zeitpunkt begehrt
habe, in dem der Besuch der Fachoberschule weit fortgeschritten gewesen sei. Der Kläger sei von Beginn des Fachoberschulbesuchs
an auf finanzielle Unterstützung angewiesen gewesen und nicht erst im Laufe der Ausbildung infolge unvorhersehbarer Umstände
hilfebedürftig geworden, die ihm möglicherweise die Aufgabe der Ausbildung wegen der mit einer späteren Wiederaufnahme verbundenen
Nachteile unzumutbar gemacht hätten.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers. Er rügt eine Verletzung des § 2 Abs. 1, § 18 Abs. 1 und 3, § 25
Abs. 1 BHG sowie der gerichtlichen Aufklärungspflicht und - sinngemäß - des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Die Beklagte
verteidigt das angefochtene Urteil.
II. Die zulässige Revision ist unbegründet. Die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung, daß der Kläger für die Zeit vom
17. Januar bis zum 31. Juli 1985 keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz hat, steht mit Bundesrecht in Einklang.
In Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 11. Dezember 1986 - BVerwG 5 C 71.85 - [Buchholz 436.36 § 68
BAföG Nr. 5]) und der jetzt ausdrücklich in §
65 Abs.
3 Nr.
1 BAföG in der seit dem 12. BAföGÄndG vom 22. Mai 1990 (BGBl. I S. 936) geltenden Fassung getroffenen gesetzlichen Regelung ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß § 26 Satz 1 BSHG dem geltend gemachten Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nicht entgegensteht. Das Berufungsgericht hat auch mit Recht
entschieden, daß der Kläger gleichwohl keine Hilfe zum Lebensunterhalt für die maßgebliche Zeit beanspruchen kann, weil er
sich durch Einsatz seiner Arbeitskraft selbst hätte helfen können (§ 2 Abs. 1, § 18 Abs. 1, § 25 Abs. 1 BSHG). Auf einen »sonstigen wichtigen Grund«, der es ihm gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 BSHG unzumutbar gemacht hätte, seine Arbeitskraft zur Beschaffung seines Lebensunterhalts sich einzusetzen, kann sich der Kläger
nicht berufen.
Der Begriff des »wichtigen Grundes« in § 18 Abs. 3 Satz 1 BSHG ist aus dem Regelungszusammenhang des Gesetzes und der Zielsetzung der Vorschrift heraus auszulegen, insbesondere also aus
dem Grundsatz der Pflicht zur Beschaffung des Lebensunterhalts durch Arbeit (§ 18 Abs. 1 BSHG) und dem Gewicht der ausdrücklich in Absatz 3 genannten Ausnahmen von diesem Grundsatz. Der Entstehungsgeschichte der Regelung, die sich ursprünglich eng an das Arbeitslosenversicherungsrecht
anlehnte, kommt demgegenüber ebensowenig maßgebliche Bedeutung zu wie ihrer Auslegung in einzelnen Verwaltungsvorschriften.
Der den Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 BSHG) konkretisierende Grundsatz des § 18 Abs. 1 BSHG wird durch den Wunsch des Klägers nach einer sinnvollen fachbezogenen Fortbildung nicht außer Kraft gesetzt. Denn die Ausbildungsforderung,
auf die das Begehren des Klägers der Sache nach gerichtet ist, ist auch in dem Bereich, den § 26 BSHG offenhält, nicht mehr eigentlich Aufgabe der Sozialhilfe, seitdem der Unterabschnitt 3 - Ausbildungshilfe - durch Art. 21
Nr. 10 des Zweiten Haushaltsstrukturgesetzes vom 22. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1523) aufgehoben worden ist. Vielmehr ist die Sozialhilfebedürftigkeit allein nach sozialhilferechtlichen Kriterien zu beurteilen:
Nur wenn anderenfalls der Auszubildende nicht im Sinne von § 1 Abs. 2 BSHG in der Lage wäre, unter zumutbarem Einsatz seiner Kräfte unabhängig von Sozialhilfe ein Leben zu führen, das der Würde des
Menschen entspricht, kann die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt während der Ausbildung in Betracht kommen. Das war beim
Kläger, der bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung als Ladenfleischer hatte, in seinem erlernten Beruf arbeiten und
davon menschenwürdig leben konnte, nicht der Fall.
Der Wunsch des Klägers, an der Fachoberschule die schulischen Voraussetzungen für eine höherwertige Berufsausbildung zu erlangen,
hat auch nicht das gleiche Gewicht wie die ausdrücklich in § 18 Abs. 3 BSHG anerkannten Ausnahmetatbestände, bei denen persönliches Unvermögen des Hilfesuchenden, der Bestandsschutz seines Berufs oder
eine familienbedingte Pflichtenkollision eine Arbeit als unzumutbar erscheinen lassen. Dies gilt selbst bei einbeziehender
Würdigung des in Art.
12 GG gewährleisteten Grundrechts auf freie Berufswahl. Denn der Kläger hätte nach den für das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen
Feststellungen des angefochtenen Urteils seinen Wunsch zum Besuch der Fachoberschule nicht endgültig aufgeben, sondern nur
zurückstellen müssen, um zunächst durch weitere Berufstätigkeit zusätzliche Sparrücklagen zu bilden und sodann mit einer gewissen
zeitlichen Verzögerung z.B. im folgenden Jahr die geplante Ausbildung hieraus zu finanzieren.
Die vom Kläger in diesem Zusammenhang sinngemäß erhobene Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor dem
Berufungsgericht greift nicht durch. Auf den Gesichtspunkt, daß der Kläger den Schulbesuch erst nach Ansparen einer größeren
Summe aufgrund längerer Berufstätigkeit hätte aufnehmen können, hatte nämlich bereits der Widerspruchsbescheid hingewiesen,
so daß der Kläger dadurch nicht überrascht worden sein kann. Die Rüge, das Berufungsgericht habe gleichzeitig seine Pflicht
zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts verletzt, genügt schon nicht den Darlegungserfordernissen des §
139 Abs.
3 Satz 4
VwGO. Denn die allgemein gehaltenen Ausführungen der Revision lassen nicht erkennen, zu welchem Ergebnis die von ihr für erforderlich
gehaltene weitere Sachaufklärung durch Vernehmung des Klägers im einzelnen hätte führen sollen (vgl. BVerwGE 31, 212 [217 f.]).
Daß der Kläger Sozialhilfe erst von einem Zeitpunkt an begehrt, in dem der Besuch der Fachoberschule bereits weit fortgeschritten
war, hat das Berufungsgericht nicht zum Anlaß einer anderen Beurteilung der Zumutbarkeit genommen, weil für den Kläger der
Eintritt seiner Hilfebedürftigkeit - wie bindend festgestellt - von vornherein vorhersehbar war. Auch dies ist revisionsrechtlich
nicht zu beanstanden. War ihm ein Aufschub seiner weiteren Ausbildung sozialhilferechtlich zuzumuten, so kann ihm nicht zugutekommen,
daß er sich anders entschieden und die möglichen Nachteile eines bei Versagung der Hilfe notwendig werdenden Abbruchs dieser
Ausbildung damit in Kauf genommen hat.