Gründe:
I. Die Klägerin, die seit 1985 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt im Rahmen der Sozialhilfe bezog, beantragte Anfang Oktober
1985 bei der Beklagten eine einmalige Leistung in Höhe von 100 DM, um am 13. Oktober 1985 die Taufe ihres im November 1984
geborenen Sohnes Benjamin im Kreise von 15 engeren Angehörigen feiern zu können. Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid
vom 21. Oktober 1985 ab, weil der vergleichsweise geringe Bedarf aus den Regelsätzen gedeckt werden könne.
Die nach erfolglos durchgeführtem Vorverfahren erhobene Klage, gerichtet auf Verpflichtung der Beklagten zur Bewilligung einer
Beihilfe für die Ausrichtung einer Tauffeier in angemessener Höhe, ist vom Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf seine Rechtsprechung
(NJW 1986, 1951) abgewiesen, die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin, die ihr Klagebegehren nunmehr auf 160 DM bezifferte, zurückgewiesen
worden. Das Oberverwaltungsgericht hat dies unter Bezugnahme auf seine Rechtsprechung begründet, wonach die Ausrichtung bestimmter
Feiern und Feste den persönlichen Bedürfnissen zugerechnet werde und es nicht den herrschenden Lebensgewohnheiten entspreche,
eine (aufwendigere) Tauffeier auszurichten (ZfF 1989, 206).
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 1, § 11 Abs.
1, § 12 Abs. 1, § 21 Abs. 1, § 22
BSHG und der Regelsatzverordnung sowie von Art. 4 Abs. 1 und 2, Art.
6 Abs.
2 und Art.
7 Abs.
2
GG.
II. Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht, indem es einen Anspruch der Klägerin auf eine einmalige
Leistung zu den Kosten der aus Anlaß der Taufe ihres Sohnes B. ausgerichteten Feier verneint hat.
Der für die Ausrichtung einer solchen Feier entstehende Bedarf gehört nicht zum Regelbedarf, den die laufenden Leistungen
nach Regelsätzen umfassen. Er gehört insbesondere nicht zu der in § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG und § 1 Abs. 1
Regelsatzverordnung genannten Bedarfsgruppe der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens. Denn die in einem traditionell gewachsenen Rahmen
übliche Ausrichtung einer privaten Feier im Anschluß an die kirchliche Taufe entspringt nicht vorrangig dem allgemeinen persönlichen
Bedürfnis, auch über die alltäglichen Kontakte hinaus in gewissen zeitlichen Abständen Formen der Geselligkeit zu pflegen,
die der Aufrechterhaltung, Festigung und Vertiefung zwischenmenschlicher, familiärer, freundschaftlicher oder nachbarschaftlicher
Beziehungen dienen (wie z.B. eine Geburtstagsfeier, vgl. dazu Urteil des Senats vom 18. Februar 1993 - BVerwG 5 C 47.92 - [zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung bestimmt]). Sie wird vielmehr durch die herausragende religiöse Bedeutung
der Taufe und durch die Einmaligkeit der ihr zugrundeliegenden Lebensentscheidung geprägt. Kirchliches Ereignis und privates
Feiern mit Gästen sind im Fall der Taufe untrennbar miteinander verbunden.
Der Bedarf für die Ausrichtung einer Taufe wird auch dann nicht durch die Regelsätze abgedeckt, wenn es sich nur um eine schlichte,
kleine Feier handelt, die mit beschränkten Mitteln bestritten werden kann. Ebenso wie ein Bedarf ohne ausdrückliche Regelung
nicht allein wegen der Höhe des zu seiner Deckung erforderlichen finanziellen Aufwandes aus dem in § 22
BSHG in Verbindung mit der Regelsatzverordnung genannten Regelbedarf herausfällt (dazu vgl. die Urteile des Senats vom 13. Dezember 1990 - BVerwG 5 C 17.88 - [BVerwGE 87, 212 ff.] und vom 5. November 1992 - BVerwG 5 C 15.92 - [zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung bestimmt]), gehört ein Bedarf nicht allein deshalb zum Regelbedarf,
weil seine Deckung nur geringe n Aufwand erfordert. Für die Abgrenzung kommt es vielmehr darauf an, ob der geltend gemachte
Bedarf seiner Art nach unter die in § 1 Abs. 1
Regelsatzverordnung genannten Bedarfsgruppen fällt.
Daß die Kosten der Ausrichtung einer privaten Feier aus Anlaß der Taufe nicht in die Bedarfsgruppe der persönlichen Bedürfnisse
des täglichen Lebens fallen und nicht zum Regelbedarf gehören, schließt allerdings nicht aus, daß sie dennoch vom notwendigen
Lebensunterhalt im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1, § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG erfaßt werden und durch eine einmalige Leistung (§ 21 Abs. 11
BSHG) zu decken sind. Denn die in § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG aufgeführten Bedarfsgruppen stellen, wie sich aus der Beifügung "besonders" ergibt, keine abschließende Aufzählung des notwendigen
Lebensunterhalts dar. Nach der Aufgabe der Sozialhilfe, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das
der Würde des Menschen entspricht (§ 1 Abs. 2 Satz 1 BSHG; vgl. auch §
9
SGB I), umfaßt der notwendige Lebensunterhalt nach § 12
BSHG nicht nur das physiologisch Notwendige, sondern den gesamten zu einem menschenwürdigen Leben erforderlichen Bedarf (vgl.
BVerwGE 87, 212 [214]). Es sind damit auch die herrschenden Lebensgewohnheiten und Erfahrungen zu berücksichtigen (vgl. BVerwGE 69, 146 [154]), wo - bei hinsichtlich des Maßstabes darauf Bedacht zu nehmen ist, was sich Personen, deren Einkommen dem im Geltungsbereich
der jeweiligen Regelsätze erzielten durchschnittlichen Netto-Arbeitsentgelt unterer Lohngruppen zuzüglich Kindergeld und Wohngeld
entspricht (vgl. § 22 Abs. 3 Satz 2 BSHG), aus ihrem bescheidenen Mitteln üblicherweise leisten können.
Es entspricht der Lebenserfahrung und ist allgemeinkundig, daß - wie auch das Berufungsgericht ausgeführt hat - die Taufe
in allen Kreisen der Bevölkerung festlich begangen wird. Die kirchliche Zeremonie und die daran anschließende private Feier
bilden dabei nach allgemeiner Anschauung eine Einheit, aus der sich nicht einzelne Abschnitte - etwa erster Teil in der kirchlichen
Öffentlichkeit oder zweiter Teil als Feier im Familienkreis - heraustrennen lassen. Die private Feier mit Gästen ist ein Ausdruck
der persönlichen Anteilnahme an der im Vordergrund der Taufe stehenden Glaubensentscheidung und entspringt dem menschlichen
Grundbedürfnis, einmalige und herausragende Ereignisse im persönlichen Leben in festlicher Form zu feiern. Fiele der Bedarf
für die Ausrichtung einer privaten Feier der Taufe aus dem Leistungsrahmen des notwendigen Lebensunterhalts heraus, ginge
für diejenigen, die auf Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen sind, der festliche Charakter der Taufe zu einem wesentlichen
Teil verloren. Das ist dem Hilfesuchenden nicht zuzumuten.
Die sozialhilferechtlich gebotene Orientierung an Lebensgewohnheiten und Leistungsfähigkeit der unteren Einkommensgruppen
(vgl. § 22 Abs. 3 Satz 2 BSHG) bedeutet jedoch, daß die Höhe der einmaligen Leistung an den Kosten einer Taufe in schlichter Form und kleinem Kreis auszurichten
ist. Die vom Berufungsgericht in anderem rechtlichen Zusammenhang erwähnte gemeinsame Kaffeetafel der Eltern des Taufkindes
mit den engsten Angehörigen und den Paten kann diesem Maßstab genügen. Für die Bemessung der einmaligen Leistung sind, wenn
- wie hier - die Feier schon stattgefunden hat, die den Hilfesuchenden tatsächlich entstandenen Kosten - in den durch §
88
VwGO gezogenen Grenzen - zugrunde zu legen, soweit sie nach den angeführten Kriterien sozialhilferechtlich angemessen sind. Das
Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine tatsächlichen Feststellungen hierzu getroffen.
Das nötigt zur Zurückverweisung, da die entsprechenden Ermittlungen im Revisionsverfahren nicht möglich sind (§
144 Abs.
3 Nr.
2
VwGO).
Zugleich wird das Berufungsgericht allerdings aufzuklären haben, in welchem Umfang die Beklagte vor Durchführung der Tauffeier
(s. hierzu BVerwGE 90, 154 [156] und Urteil des Senats vom 3. Dezember 1992 - BVerwG 5 C 32.89 - [zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung bestimmt]) Kenntnis vom Bedarf der Klägerin an den für die Ausrichtung
der Feier nach obigen Grundsätzen angemessenen finanziellen Mitteln hatte. Bestand für die Beklagte aufgrund des Umstandes,
daß die Klägerin zunächst nur eine Beihilfe in Höhe von 100 DM beantragt hatte, keine Veranlassung, von einem höheren Bedarf
auszugehen, scheitert ein darüber hinausgehendes, erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf 160 DM beziffertes Verpflichtungsbegehren
schon an § 5
BSHG. Denn nur für bekannten Bedarf kann nach Maßgabe von § 5
BSHG ein Sozialhilfeanspruch zugesprochen werden. Hatte die Klägerin hingegen den Bedarf der Beklagten gegenüber hinreichend (z.B.
durch Angaben zum sächlichen und personellen Umfang der Feier) bekanntgegeben und zunächst nur geringer geschätzte Kosten
geltend gemacht, so ist es dem Sozialhilfeträger verwehrt , die Übernahme der über den geschätzten Betrag hinausgehenden Kosten
unter Berufung auf § 5
BSHG abzulehnen. Der Hilfesuchende könnte eine entsprechend erweiterte Kostenübernahme auf der Grundlage von §
9 1
VwGO in Verbindung mit §
264 Nr. 2
ZPO noch in einem schon anhängigen Rechtsstreit begehren.