Gründe:
I. Der Kläger zu 1 - im folgenden als Kläger bezeichnet - wandte sich erstmals im August 1975 und dann erneut Anfang 1977
an die Beklagte mit der Bitte, seiner 1972 geborenen, schwerstbehinderten und von seiner Ehefrau, der früheren Klägerin zu
2, und ihm gepflegten Tochter B. Pflegegeld zu gewähren. Er gab an, daß sie ein eigenes Einfamilienhaus bewohnten. Dieses
bewertet e die Beklagte offenbar als ein nach § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG geschütztes Hausgrundstück. Durch einen an den Kläger adressierten Bescheid vom 30. Juni 1977 gewährte die Beklagte der Tochter
B. des Klägers mit Wirkung vom 9. Mai 1977 das pauschalierte Höchstpflegegeld nach §§ 68, 69 BSHG. Durch weiteren, wiederum an den Kläger adressierten Bescheid vom 24. Februar 1978 gewährte die Beklagte dem Kläger für seine
Tochter B. das Höchstpflegegeld auch rückwirkend für die Zeit vom 15. August 1975 bis zum 8. Mai 1977. Die Nachzahlung betrug
insgesamt 11 855,76 DM und erfolgte unter der Voraussetzung, daß dem Kläger, seiner Ehefrau und ihrer Tochter die Aufbringung
der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nicht zuzumuten sei, sowie mit der Maßgabe, daß der Kläger, sollte die Prüfung seiner
für 1976 und 1977 noch darzulegenden Einkommensverhältnisse ergeben, daß ihm die Aufbringung der Mittel aus seinem Einkommen
und Vermögen zumutbar gewesen sei, insoweit die Sozialhilfe zu ersetzen habe.
Nachdem die Beklagte im Dezember 1982 erfahren hatte, daß der Kläger und seine Ehefrau neben dem Einfamilienhaus weiteren
Grundbesitz hatten bzw. während der Zeit gehabt hatten, für die die Beklagte das Pflegegeld gewährt hatte, stellte sie die
Zahlung des Pflegegeldes mit Ablauf des Jahres 1982 ein. Durch einen an den Kläger und seine Ehefrau adressierten Bescheid
vom 29. Juni 1983 hob die Beklagte ihre Bewilligungsbescheide vom 30. Juni 1977 und vom 24. Februar 1978 sowie die nachfolgenden
Anpassungsbescheide auf und forderte vom Kläger und seiner Ehefrau, die dadurch rechtsgrundlos erbrachten Leistungen in Höhe
von 60 210,72 DM zu erstatten. Sie hätten ihr erhebliches Vermögen nicht vollständig angegeben und dadurch die begünstigenden
Bescheide durch vorsätzliche Unterdrückung wesentlicher Tatsachen, also durch arglistige Täuschung, bewirkt. Die Bewilligung
der Sozialhilfe sei deshalb rechtswidrig gewesen.
Der gegen diesen Bescheid nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht stattgegeben.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und den vom Kläger
der Beklagten zu ersetzenden Betrag auf 11 855,76 DM festgesetzt. Es hat den Bescheid der Beklagten vom 29. Juni 1983 und
den Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 1983 aufgehoben, soweit von dem Kläger ein höherer Betrag verlangt und die frühere
Klägerin zu 2 überhaupt in Anspruch genommen wird. Die weitergehende Klage hat das Oberverwaltungsgericht abgewiesen. Im übrigen
hat es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht
im wesentlichen ausgeführt:
Soweit die Kläger sich dagegen wendeten, daß die Beklagte die Bewilligungsbescheide aufgehoben habe, sei die Klage unzulässig.
Die Beklagte könne von dem Kläger zwar nicht Erstattung nach § 50 SGB X, aber Aufwendungsersatz nach § 29 Satz 2 BSHG verlangen. Dahin könne der Bescheid vom 29. Juni 1983 umgedeutet werden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers. Er erstrebt die volle Wiederherstellung des stattgebenden Urteils
erster Instanz, soweit dieses ihn betrifft. Er rügt die Verletzung materiellen und formellen Rechts und macht insbesondere
geltend, daß eine Umdeutung unzulässig und ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 29 BSHG nicht begründet sei.
Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision. Einer Umdeutung bedürfe es nicht; ihr Rückforderungsanspruch sei als
Erstattungsanspruch begründet.
II. Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht (§
137 Abs.
1 Nr.
1 VwGO).
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht die Klage gegen die Aufhebung der Bewilligungsbescheide als unzulässig abgewiesen. Zwar
begünstigen die Bewilligungsbescheide nur die Tochter des Klägers, der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Beklagten
vom 29. Juni 1983 ist jedoch, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, gegen den Kläger gerichtet. Als Adressat
dieses Bescheides kann er sich gegen die von ihm geforderte Rückzahlung der seiner Tochter gewährten Hilfeleistung auch mit
der Anfechtung der Aufhebungsentscheidung wehren.
Das Berufungsgericht hat die Klage, soweit der Kläger sich gegen die Rückforderung der für die Zeit vom 15. August 1975 bis
8. Mai 1977 geleisteten Hilfe in Höhe von 11 855,76 DM wendet, ebenfalls zu Unrecht abgewiesen. Entgegen der Auffassung des
Berufungsgerichts ist es nicht möglich, den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 29. Juni 1983 in einen auf Aufwendungsersatz
nach § 29 Satz 2 BSHG gerichteten Bescheid umzudeuten (§ 43 SGB X). Denn der Beklagten steht gegen den Kläger ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 29 Satz 2 BSHG nicht zu. Ein solcher Anspruch setzte eine Hilfegewährung nach § 29 Satz 1 BSHG voraus (»In diesem Umfange...«); daran fehlt es.
Hier ist schon fraglich, ob die Auffassung des Berufungsgerichts, die in dem Bescheid vom 24. Februar 1978 enthaltenen, eingangs
des Urteils wörtlich wiedergegebenen Wendungen deuteten zwingend darauf hin, daß die Hilfe als erweiterte Hilfe im Sinne von
§ 29 Satz 1 BSHG gewährt worden sei, überhaupt von den tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil getragen wird. Während nämlich die
Gewährung erweiterter Hilfe nach § 29 Satz 1 BSHG bedeutet, daß Hilfe über § 28 BSHG hinaus auch insoweit gewährt wird, als den dort genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen oder Vermögen
zuzumuten ist, hat das Berufungsgericht den Bescheid vom 24. Februar 1978 im Tatbestand seines Urteils mit den Worten zitiert,
die Bewilligung erfolge unter der Voraussetzung, daß die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nicht zuzumuten
ist. Die bloße Ankündigung eines Ersatzanspruchs für den Fall, daß sich der Mitteleinsatz letztlich doch als zumutbar herausstellt,
rechtfertigt die Annahme einer erweiterten Hilfe nach § 29 Satz 1 BSHG jedenfalls nicht.
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Bestandskraft des Bescheides vom 24. Februar 1978 dahinstehen lassen,
ob die Voraussetzungen der erweiterten Hilfe nach § 29 Satz 1 BSHG vorgelegen haben. Denn die Bestandskraft wirkt nur im Verhältnis zur Hilfeempfängerin, an die der Bewilligungsbescheid (auch
nach Auffassung des Berufungsgerichts) gerichtet war, nicht aber gegenüber Dritten, nach § 28 BSHG gegebenenfalls Einsatzpflichtigen. Diese sind selbst bei Rechtskraft dem Hilfeempfänger gegenüber nicht gehindert, die Voraussetzungen
für einen Aufwendungsersatzanspruch nach § 29 BSHG zu bestreiten.
Bei Erlaß des Bewilligungsbescheides vom 24. Februar 1978 lag kein begründeter Fall vor, die Hilfe für die Zeit vom 15. August
1975 bis 8. Mai 1977 als erweiterte Hilfe zu gewähren. Die Hilfe war nicht so eilig, daß die Klärung der nach Ansicht der
Beklagten noch offenen Einkommens- und Vermögenslage nicht hätte abgewartet werden können. Es ging nur um eine Nachzahlung,
ein aktueller Bedarf der hilfebedürftigen Tochter war nicht zu decken. Auch ein Weigerungsfall (vgl. dazu BVerwGE 66, 82 [85]), bei dem der Sozialhilfeträger in Kenntnis vorhandenen Einkommens oder Vermögens nach § 29 Satz 1 BSHG leistet, lag hier nicht vor.
Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§
144 Abs.
4 VwGO). Denn das Berufungsgericht hat zutreffend dargelegt, daß das der Tochter des Klägers mit Bescheid vom 24. Februar 1978 bewilligte
Pflegegeld nicht nach § 50 SGB X vom Kläger selbst erstattet verlangt werden kann, weil diese Regelung nur den Hilfeempfänger verpflichtet. Das hat der Senat
in seinem Urteil vom 30. April 1992 - BVerwG 5 C 29.88 - dargelegt. Darauf wird Bezug genommen.