Gründe:
Der Kläger absolvierte nach der mittleren Reife zunächst die fünfjährige Ausbildung zum Diakon. Während des einjährigen Vorpraktikums
besuchte er eine Krankenpflegegehilfenschule und bestand die Prüfung als Krankenpflegehelfer. Im zweiten bis vierten Ausbildungsjahr
wurde er an der staatlich anerkannten Fachakademie für Sozialpädagogik der Diakonenanstalt R. ausgebildet. Diesen Ausbildungsabschnitt
schloß er mit der 1. Diakonenprüfung am 31. August 1980 ab. Das Abschlußzeugnis der Fachakademie für Sozialpädagogik vermittelte
dem Kläger die Qualifikation als staatlich anerkannter Erzieher. Gleichzeitig erwarb er an der Fachakademie durch eine staatliche
Ergänzungsprüfung die Fachhochschulreife in den Fachrichtungen Sozialwesen, Religionspädagogik und kirchliche Bildungsarbeit.
Nach einem einjährigen Oberseminar an der Diakonenanstalt R., das überwiegend bestimmt wird vom Unterricht in Theologie sowie
Theorie und Praxis kirchlicher Arbeitsfelder und kirchlicher Diakonie, beendete der Kläger am 31. August 1981 mit der 2. Diakonenprüfung
(Anstellungsprüfung) seine Ausbildung zum Diakon.
Zum Wintersemester 1983/84 begann der Kläger an der Evangelischen Stiftungsfachhochschule N. ein Studium in der Fachrichtung
Sozialwesen mit dem Studienziel Dipl. Sozialpädagoge (FH). Hierfür beantragte er am 27. Oktober 1983 die Gewährung von Ausbildungsförderung.
Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des §
7 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 BAföG seien nicht gegeben; es fehle an der dort vorausgesetzten Identität des Wissenssachgebietes der abgeschlossenen Diakonenausbildung
und des jetzigen Fachhochschulstudiums der Sozialpädagogik. Denn die für die Diakonenprüfung bedeutsamen Fächer Bibelkunde,
Dogmatik und Kirchengeschichte/Kirchenkunde würden während des Fachhochschulstudiums der Sozialpädagogik nicht bzw. nur in
geringem Maße berührt.
Auf die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, dem Kläger
für seine weitere Ausbildung an der Evangelischen Stiftungsfachhochschule N. Ausbildungsförderung zu gewähren. Der Verwaltungsgerichtshof
hat die hiergegen eingelegte Berufung des Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger habe Anspruch auf Ausbildungsförderung nach §
7 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 BAföG. Die Fachhochschulausbildung sei seine einzige weitere Ausbildung. Denn die Ausbildung zum Diakon sei trotz der von ihr auch
vermittelten Qualifikation als staatlich anerkannter Erzieher eine einheitliche Ausbildung im Sinne von §
7 Abs.
1 BAföG für einen eigenständigen, kirchlichen Beruf. Das Studium Sozialwesen an der Evangelischen Stiftungsfachhochschule N. führe
die Diakonenausbildung in derselben Richtung fachlich weiter. Denn dem in §
7 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 BAföG aufgestellten Identitätserfordernis werde genügt durch die fachliche Weiterführung auf einem die vorangegangene Ausbildung
prägenden Teilbereich, hier dem sozialpädagogischen Fachbereich.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten, mit der er die Abweisung der Klage erreichen will. Er rügt die
Verletzung des §
7 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 BAföG.
Der Kläger tritt dem entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht tritt der Auffassung des Beklagten bei.
II. Die Revision des Beklagten ist begründet. Der Verwaltungsgerichtshof hätte auf die Berufung des Beklagten das Urteil des
Verwaltungsgerichts aufheben und die Klage abweisen müssen. Die das Berufungsurteil tragende Ansicht, dem Kläger stehe für
sein Fachhochschulstudium der Sozialpädagogik Ausbildungsförderung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes
in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 6. Juni 1983 (BGBl. I S. 645) -
BAföG - zu, verletzt Bundesrecht (§
137 Abs.
1 Nr.
1 VwGO).
Mit dem angefochtenen Urteil ist allerdings davon auszugehen, daß sich ein Förderungsanspruch allenfalls aus §
7 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 BAföG ergeben könnte. Nach dieser Vorschrift wird Ausbildungsförderung für eine einzige weitere Ausbildung bis zu deren berufsqualifizierendem
Abschluß geleistet, wenn im Zusammenhang mit der vorhergehenden Ausbildung der Zugang zu ihr eröffnet worden ist, sie in sich
selbständig ist und in derselben Richtung fachlich weiterführt. Zu Unrecht hat jedoch das Berufungsgericht angenommen, daß
die vom Kläger aufgenommene Sozialpädagogikausbildung an der Evangelischen Stiftungsfachhochschule N. diese Voraussetzungen
erfüllt.
Für förderungsunschädlich hält das Berufungsgericht, daß der Kläger mit seiner Ausbildung zum evangelischen Diakon fünf Jahre
berufsbildender Ausbildung durchlaufen und hierbei insgesamt drei berufsqualifizierende Abschlüsse erworben hat (Krankenpflegehelfer
[vgl. hierzu BVerwGE 81, 242 ff.] nach einem Jahr, staatlich anerkannter Erzieher nach vier Jahren und evangelischer Diakon nach fünf Jahren). Damit wäre,
stellt man allein auf Art und Zahl der erreichten berufsqualifizierenden Abschlüsse ab, mit dem Erwerb der Qualifikation »staatlich
anerkannter Erzieher« der Grundanspruch aus §
7 Abs.
1 BAföG auf Förderung von mindestens drei Jahren berufsbildender Ausbildung bis zu einem sich daran anschließenden berufsqualifizierenden
Abschluß erschöpft, und alle sich daran anschließenden Ausbildungen stellten sich als »weitere Ausbildung« im Sinne des §
7 Abs.
2 Satz 1
BAföG dar (vgl. BVerwGE 68, 84 [86]). Das Fachhochschulstudium der Sozialpädagogik wäre bei dieser Betrachtungsweise nicht die »einzige«, sondern - nach
der Ausbildung zum Diakon - bereits die zweite »weitere Ausbildung« (so z.B. OVG Münster, Urteil vom 19. November 1984 - 16 A 2049/83 - [FamRZ 1985, 1295] für die Ausbildung zum evangelischen Diakon nach nordrhein-westfälischem Recht). Das Berufungsgericht
ist demgegenüber der Ansicht, die Ausbildung zum evangelischen Diakon in Bayern stelle eine einzige erste Ausbildung nach
§
7 Abs.
1 BAföG dar, weil die gestuften Ausbildungsabschnitte und die in ihnen vermittelten sozialpädagogischen und biblisch-theologischen
Ausbildungsstoffe durch eine einheitliche Ausbildungsund Prüfungsordnung zu einer einheitlichen Ausbildung mit einem eigenständigen
Berufsbild verbunden seien.
Ob unter derartigen Voraussetzungen mehrere (Ausbildungs-)Teile trotz des mit der Beendigung des ersten Teils der Ausbildung
verbundenen Erwerbs einer Berufsqualifikation eine einheitliche Erstausbildung nach §
7 Abs.
1 BAföG bilden (vgl. auch Tz. 7.1.10 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum
Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföGVwV - in ihrer insoweit seit dem 31. Juli 1980 [GMBl. S. 358] unveränderten Fassung), hat das Bundesverwaltungsgericht
bisher ausdrücklich offengelassen (Urteil vom 14. Januar 1982 - BVerwG 5 C 49.80 - [Buchholz 436.36 §
7 BAföG Nr. 25 = FamRZ 1982, 739/740]). Auch im vorliegenden Fall bedarf es einer Entscheidung dieser Frage nicht. Denn selbst wenn
sie zu bejahen sein sollte, scheitert der Förderungsanspruch des Klägers daran, daß es an einer weiteren Tatbestandsvoraussetzung
des §
7 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 BAföG fehlt. Das Fachhochschulstudium in der Fachrichtung Sozialwesen führt nämlich die Ausbildung zum Diakon jedenfalls nicht
»in derselben Richtung fachlich weiter«.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts führt die weitere Ausbildung die erste dann in derselben Richtung
fachlich weiter, wenn sie dem Auszubildenden im Rahmen eines materiell identischen Wissenssachgebietes zusätzliche Kenntnisse
und/oder Fertigkeiten vermittelt (vgl. BVerwGE 55, 200 [205]; 55, 2O5 [207 f.] sowie Urteile vom 24. Juni 1982 - BVerwG 5 C 24.80 und BVerwG 5 C 23.81 -, vom 3. November 1988 - BVerwG 5 C 33.85 - und vom 10. Mai 1990 - BVerwG 5 C 5.85 - [Buchholz 436.36 §
7 BAföG Nrn. 26, 27, 79 und 92]). Um diesen Voraussetzungen zu genügen, reicht es nicht aus, daß das materielle Wissenssachgebiet
der weiteren Ausbildung mit demjenigen der ersten lediglich verwandt ist oder die Wissenssachgebiete beider Ausbildungen weitgehend
einander angenähert sind. Erforderlich ist vielmehr die Identität des Wissenssachgebietes (Urteil vom 10. Mai 1990 [aaO. S.
106]). Fachlich »weiterführt« die weitere die erste Ausbildung in derselben Richtung dann, wenn die weitere Ausbildung vertiefte
und damit zusätzliche Kenntnisse und/oder Fertigkeiten auf dem der ersten Ausbildung zugrundeliegenden Wissenssachgebiet vermittelt
(BVerwGE 55, 205 [208]).
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, daß das Sozialpädagogikstudium des Klägers diese Voraussetzungen im Verhältnis
zu seiner Diakonenausbildung erfüllt. Dabei kann hier offenbleiben, ob die vom Berufungsgericht in Anlehnung an Tz. 7.2.16
in Verbindung mit Tz. 7.2.8 Abs. 2 BAföGVwV in der seit dem 12. September 1984 (GMBl. S. 330) geltenden Fassung vertretene
Ansicht zutrifft, die fachliche Weiterführung in derselben Richtung müsse nicht in jedem Fall auf der vollen Breite der früheren
Ausbildung stattfinden, vielmehr reiche auch eine Weiterführung auf einem die vorangegangene Ausbildung prägenden Teilgebiet
aus. Da §
7 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 BAföG bewußt eng formuliert worden ist (vgl. BVerwG, Beschluß vom 21. Dezember 1989 - BVerwG 5 B 105.89 - [Buchholz 436.36 §
7 BAföG Nr. 91]), könnte ein Förderungsanspruch für eine weitere Ausbildung, die lediglich mit einem Teil des Wissenssachgebiets
der früheren Erstausbildung identisch ist, allenfalls dann begründet werden, wenn die Identität zwischen erster und weiterer
Ausbildung gerade den Teil der Erstausbildung betrifft, der für diese prägend ist (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 30. Januar
1986 - 14 A 101/84 - [ZfSH/SGB 1986, 443]). Daran fehlt es hier.
Prägend für eine Ausbildung sind die Wissenssachgebiete, die die Ausbildung charakterisieren, ihre Identität ausmachen, ihr
»Gesicht« bestimmen. Bei Ausbildungen, die mehrere Ausbildungsteile zu einem Studiengang integrieren, liegt das Prägende gerade
in der Integration verschiedener Ausbildungen zu einer neuen Ausbildung eigener Art. Nur deshalb kann förderungsrechtlich
ein Anspruch nach § 7 Abs. 1 BAFöG für die gesamte Ausbildung als einer Erstausbildung überhaupt diskutiert werden. Diese
Eigenart integrierter Studiengänge verbietet es, sie unter dem Blickwinkel des §
7 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 BAföG wieder in verschiedene (Teil-)Ausbildungen aufzuspalten, die durch weitere Ausbildungen je für sich fachlich weitergeführt
werden können. Das gilt auch für die Ausbildung zum evangelischen Diakon in Bayern. Ausbildung und Berufsbild des evangelischen
Diakons sind, wie das Berufungsgericht selbst dargelegt hat, geprägt durch die enge Verbindung des sozialpädagogischen und
des biblisch-theologischen Fachbereichs: »Beide Komponenten sind für die Ausbildung zum Diakon tragend« (UA S. 12). Deshalb
genügt es für eine fachlich weiterführende Ausbildung im Sinne von §
7 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 BAföG nicht, daß nur in einem dieser Fachbereiche, hier im sozialpädagogischen Fachbereich, weiter ausgebildet wird.
Der vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat angesprochenen Frage, ob das Studium Sozialwesen
an der Evangelischen Stiftungsfachhochschule N. auch den biblisch-theologischen Fachbereich weiterführt, braucht nicht näher
nachgegangen zu werden. Denn das Berufungsgericht hat auf S. 12 der Entscheidungsgründe tatsächlich festgestellt, daß im Studium
Sozialwesen nur im sozialpädagogischen Fachbereich weiter ausgebildet wird. Zulässige und begründete Revisionsrügen im Sinne
des §
137 Abs.
2 VwGO sind hiergegen nicht vorgebracht worden. Von einer aktenwidrigen Feststellung kann ebenfalls keine Rede sein. Denn ausweislich
des vom Berufungsurteil ausdrücklich in Bezug genommenen Studienführers der Evangelischen Stiftungsfachhochschule N. werden
biblisch-theologische Ausbildungsinhalte im Rahmen einer biblisch-theologischen Ergänzungsausbildung mit Ergänzungsprüfung,
die zu der sozialpädagogischen Fachausbildung hinzutritt, vermittelt.
Muß deshalb die Klage unter Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen abgewiesen werden, hat der Kläger nach §
154 Abs.
1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus §
188 Satz 2
VwGO.