Tatbestand:
Der Kläger schuldete zum 1. März 2002 dem Beklagten Abgabenforderungen in Höhe von 62 075, 62 EURO, vor allem wegen Einkommen
und Umsatzsteuer 1990 bis 1993 zuzüglich Nebenleistungen, die der Beklagte seit Fälligkeit immer wieder erfolglos versucht
hatte zu vollstrecken.
Er ist verheiratet mit ... - im Folgenden: Ehefrau-, von der er jedoch getrennt leben soll.
Die Ehefrau erteilte dem Kläger am 4. August 2000 eine Vollmacht für das auf ihren Namen lautende Konto bei der X-Bank mit
der Nummer ...
Ferner war der Kläger u. a. Inhaber eines Kontos bei der Y-AG, das am 6. März 2002 einen Bestand von 10,59 EURO aufwies. Am
21. März 2002 gingen darauf weitere 2 246,97 EURO ein (Bl. 302, 312 Vollstr.A).
Der Kläger war unter der Bezeichnung "..." beim Internet-Auktionshaus eBay registriert. Dort versteigerte er insbesondere
Waren der Unterhaltungselektronik einschließlich Zubehör. Die Zahlungen aus den erfolgreich verlaufenen Auktionen gingen auf
dem Konto bei der X-Bank ein.
Vom 5. Februar bis 7. März 2002 wurden im Auftrag des Klägers durchgeführte Auktionen bei eBay im Gesamtvolumen von 8 860,65
EURO beendet. Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht auf Bl. 30 bis 36 Str.A. Bezug.
Am 26. Februar 2002 zahlte das Bezirksamt dem Kläger Sozialhilfe in Höhe von 784,79 EURO aus (monatliche Hilfe zum Lebensunterhalt
in Höhe von 624,79 EURO zuzüglich 142,00 EURO Mietzuschuss).
Am 1. März 2002 durchsuchten Steuerfahndung und Kriminalpolizei die Wohnung des Klägers. Bei dieser Gelegenheit nahm eine
Vollziehungsbeamtin des Beklagten beim Kläger auch Vollstreckungsmaßnahmen vor. U. a. pfändete sie Bargeld in Höhe von 905,00
EURO, worüber sie dem Kläger eine Quittung über Umsatzsteuer 1992 in Höhe von 93,07 EURO und Vollstreckungskosten in Höhe
von 811,93 EURO erteilte. Das Geld lieferte sie am 4. März 2002 ab (Bl. 253 Vollstr.A.).
Am 5. März 2002 beantragte der Kläger, ihm den Betrag von 784,79 EURO (zuvor erhaltene Sozialhilfe) auszuzahlen. Diesen Antrag
lehnte der Beklagte mit Verfügung vom 11. März 2002 ab, da der Kläger aufgrund seiner Einnahmen aus den Internet-Auktionen
des Schutzes der Vollstreckungsschutzbestimmungen des §
811 Abs.
1 Nr.
2 Zivilprozessordnung -
ZPO- und des §
55 Abs.
4 Sozialgesetzbuch -SGB- I nicht bedürfe. Der Verfügung war keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Vielmehr sah der Beklagte
im Schreiben vom 5. März 2002 einen Einspruch gegen die Pfändungsverfügung und wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung
vom 18. April 2002 zurück. Ausweislich des Eingangsstempels der bei den Streitakten befindlichen Kopie ist die Einspruchsentscheidung
am Montag, dem 22. April 2002 beim Klägervertreter eingegangen.
Daraufhin hat der Kläger am 22. Mai 2002 Klage erhoben. Er macht geltend, bei den streitigen 784,79 EURO handele es sich um
eine nicht pfändbare Sozialhilfeleistung. Dem könne der Beklagte auch nicht entgegenhalten, dass der Kläger Erlöse aus Internet-Auktionen
erzielt habe. Von den im Zeitraum vom 5. Februar bis 7. März 2002 abgeschlossenen Auktionen hätten die nach dem 26. Februar
2002 abgeschlossenen Auktionen nicht mehr realisiert werden können, weil die angebotenen Waren seitens der Polizei bzw. der
Steuerfahndung beschlagnahmt worden seien. Dies betreffe Umsätze in Höhe von 1 925,50 EURO. Auch die am 9. und 14. Februar
2002 abgeschlossenen Verträge über die Lieferung eines Sanyo PLC-5605 E für 1 206,00 EURO und eines Epson EMP-7100 für 1 209,00
EURO hätten nicht realisiert werden können, weil die Gegenstände von der Polizei beschlagnahmt worden seien. Weitere Handelsobjekte
hätten im Eigentum der Ehefrau gestanden, sodass er verpflichtet gewesen sei die Erlöse an die Ehefrau herauszugeben. Damit
seien lediglich Umsätze in Höhe von 4 297,35 EURO erzielt worden, denen jedoch Aufwendungen für die Anschaffung der Waren
in Höhe von mindestens 3 700,00 EURO gegenübergestanden hätten. Ferner habe die Ehefrau dem Kläger im Januar 2002 die Kontovollmacht
entzogen. Daher habe er auf die im Jahre 2002 erzielten Umsätze keinen Zugriff mehr gehabt. Ein realisierbarer Unterhaltsanspruch
gegen die Ehefrau bestehe nicht. Denn diese habe sich - jedenfalls vorübergehend - nach Brasilien abgesetzt, betreibe die
Scheidung und sei derzeit unbekannt verzogen. Der Kläger halte sich derzeit in Brasilien auf, jedoch nur um das für seinen
Sohn erstrittene Sorgerecht zu realisieren. Für einen Rückflug nach Deutschland fehle ihm das Geld.
Der Kläger beantragt, die Pfändungsverfügung vom 1. März 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. April 2002 insoweit
aufzuheben, als dem Kläger 784,79 EURO Bargeld gepfändet wurde,
hilfsweise,
im Falle des Unterliegens festzustellen, dass die Pfändungsverfügung vom 1. März 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung
vom 18. April 2002 rechtswidrig war, soweit sie sich auf Bargeld in Höhe von 784,79 EURO erstreckte.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält daran fest, dass nach Sinn und Zweck der Pfändungsschutzbestimmungen Bargeldbeträge nur dann nach §
811 Abs.
1 Nr.
2 ZPO bzw. § 4 Abs. 1 Bundessozialhilfegesetz -BSHG- in Verbindung mit § 55 Abs. 4 SGB I unpfändbar seien, wenn der Vollstreckungsschuldner dieses Schutzes bedürfe. Daran fehle es im Streitfall, da der Kläger
im Zeitraum vom 5. Februar bis 10. März 2002 bei Internet-Auktionen Geschäfte über 8 860,85 EURO abgeschlossen habe. Der Versand
der Waren sei ausschließlich gegen Vorkasse erfolgt, sodass dem Kläger wegen des Interesses der Erwerber an der Eigentumsverschaffung
ein großer Teil der Erlöse aus den im Februar beendeten Auktionen zugeflossen sein werde. Es könne daher jedenfalls von Erlösen
in Höhe von 6 935,35 EURO ausgegangen werden. Soweit der Kläger einwende, die Geräte Sanyo und Epson seien beschlagnahmt worden,
sei dies aus den vorliegenden Beschlagnahmeprotokollen nicht ersichtlich. Es sei auch nicht glaubhaft, dass der Kläger die
geltend gemachten Beträge für den Erwerb der Waren habe aufwenden müssen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass gegen den Kläger
ein Ermittlungsverfahren wegen gewerbsmäßiger Hehlerei geführt werde. Den Widerruf der Kontovollmacht durch die Ehefrau habe
der Kläger nicht nachgewiesen.
Das Gericht hat dem Kläger mit Verfügung vom 12. Dezember 2002 aufgegeben, innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Monat
ab Zustellung des Schreibens
- nachzuweisen, welche Betriebsausgaben ihm in Zusammenhang mit den vom Beklagten mit Schriftsatz vom 10. Juli 2002 mitgeteilten
Umsätzen entstanden sind,
- nachzuweisen, dass die Geräte Sanyo PLC-5605E und Epson EMP-7100 vor Realisierung des Kaufpreises beschlagnahmt wurden,
- nachzuweisen, dass der Kläger verpflichtet war, den Verkaufserlös für die Geräte
- T-Fax 5830 (10. Februar 2002),
- Panasonic DVD-A360EG (17. Februar 2002),
- Loop Up 50 (16. und 17. Februar 2002),
- Loop UP 50 (17. und 20. Februar 2002),
- Loop Up 50 (23. und 24. Februar 2002),
- Siemens S 35 Dummy (25. Februar 2002)
an seine Ehefrau herauszugeben,
- nachzuweisen, dass die Ehefrau des Klägers die diesem am 4. August 2000 erteilte Kontovollmacht im November 2001 widerrufen
hat.
Darauf hat der Kläger am 24. Januar 2003 vorgetragen, er habe aufgrund seines Aufenthalt in Brasilien derzeit keinen Zugriff
auf Unterlagen, um seine wirtschaftlichen Verhältnisse vor seiner Ausreise belegen zu können. Im Übrigen seien die versteigerten
Gegenstände zum Teil auf Trödelmärkten bzw. in Schlussverkäufen ohne Belege erworben worden. Schließlich sei er auf die Kooperation
seiner früheren Ehefrau angewiesen, mit der derzeit nicht zu rechnen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens nimmt das Gericht auf die vorbereitenden Schriftsätze
und die beigezogenen Akten Bezug. Dem Gericht haben acht der vom Beklagten für den Kläger unter der Steuernummergeführten
Steuer- und Vollstreckungsakten vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nur mit dem Hilfsantrag zulässig.
Es entspricht der vorherrschenden Auffassung, dass sich Rechtsbehelfe gegen einzelne Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in der
Hauptsache erledigen, wenn diese Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch ihre vollständige Durchführung beendet sind, ohne dass
es dabei auf eine vollständige Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers ankommt (Bundesfinanzhof -BFH-, Beschluss vom 11.
April 2001 VII B 304/00, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2001, 525 [527]). Eine solche vollständige Durchführung liegt im Streitfall vor, weil das gepfändete
Bargeld auf ein Bankkonto des Beklagten eingezahlt und die beigetriebenen Beträge auf dem Steuerkonto des Klägers verbucht
wurden. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem BFH-Urteil vom 22. Oktober 2002 VII R 56/00, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst -DStRE- 2003, 182. Der BFH hat darin zwar eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung, auf die der Drittschuldner bereits geleistet hatte, aufgehoben.
Er hat in der Entscheidung jedoch nicht zu erkennen gegeben, dass er damit von seiner zuvor zitierten Rechtsprechung abweichen
will. Vielmehr geht das Gericht davon aus, dass die Aufhebung durch die Besonderheiten des Streitfalls (Vollstreckung ohne
wirksame Steuerfestsetzung) begründet war.
Für die im Hilfsantrag verfolgte Fortsetzungsfeststellungsklage besteht ein Feststellungsinteresse, da davon auszugehen ist,
dass der Beklagte bei einem Obsiegen des Klägers den streitigen Betrag an den Kläger zurückzahlen wird (BFH-Urteil in BStBl
II 2001, 525 [527]).
Die Klage ist unbegründet.
Der Kläger wird durch die angefochtene Pfändungsverfügung und die Ablehnung des Beklagten, die gepfändeten Gelder freizugeben,
nicht in seinen Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 FGO). Das am 1. März 2002 gepfändete Bargeld unterlag auch nicht teilweise den Pfändungsschutzbestimmungen des §
295 AO in Verbindung mit §
811 Abs.
1 Nr.
2 ZPO bzw. § 55 Abs. 4 SGB I in Verbindung mit § 4 Abs. 1 BSHG.
Nach §
811 Abs.
1 Nr.
2 ZPO ist der Pfändung nicht unterworfen der zur Beschaffung von auf vier Wochen erforderlichen Nahrung-, Feuerungs- und Beleuchtungsmittel
erforderliche Geldbetrag. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass der Kläger nicht angegeben hat, über welche Vorräte er
insoweit im Zeitpunkt der Pfändung verfügte bzw. inwieweit bis Ende März 2002 Vorauszahlungen für Strom und Heizung geleistet
waren. Selbst wenn man unterstellt, dass der Kläger insoweit 784,79 EURO für die Beschaffung der vorbezeichneten Verbrauchsmittel
aufwenden musste, hat sein Begehren insoweit keinen Erfolg. Denn der Kläger war auf die gepfändeten Bargeldbeträge nicht angewiesen.
Denn der Kläger hat einen solchen Bedarf trotz entsprechender Auflagen des Gerichts nicht nachgewiesen. Vielmehr bestehen
erhebliche Anhaltspunkte, dass der Kläger sich aus anderen Quellen die erforderlichen Mittel auch nach dem 1. März 2002 beschaffen
konnte.
Diese Anhaltspunkte rühren daher, dass der Kläger - wie er selbst einräumt - bis in den Monat März hinein Versteigerungen
in seinem Namen bei dem Internet-Auktionshaus eBay ausgeführt hat. Er hat auch eingeräumt, damit Umsätze in Höhe von 4 297,35
EURO realisiert zu haben. Ob er darüber hinaus Umsätze erzielte aus der Veräußerung der oben erwähnten Geräte der Firmen Sanyo
und Epson sowie aus Gegenständen, die angeblich seiner Ehefrau zuzurechnen waren, kann dahinstehen. Soweit der Kläger einwendet,
der Betrag von 4 297,35 EURO habe nicht oder nur zu einem ganz geringen Umfange zur Bestreitung seines Lebensunterhalts zur
Verfügung gestanden, folgt ihm das Gericht nicht. Denn er hat seine Einwendungen entgegen der ihm aus § 76 Abs. 1 Satz 3 FGO folgenden Mitwirkungspflicht nicht belegt. Weder hat er nachgewiesen, dass ihm im gleichen Zeitraum Betriebsausgaben in Höhe
von 3 700,00 EURO entstanden sind, noch hat er belegt, dass die ihm erteilte Verfügungsvollmacht für das Konto bei der X-Bank
widerrufen worden wäre. Dabei kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass er sich in Brasilien aufhalte und kein Geld
für eine Rückkehr habe. Ggf. müsste er seinem Prozessbevollmächtigten Zutritt zu den entsprechenden Unterlagen verschaffen
oder sich ggf. mit konsularischer Hilfe um eine Rückkehr bemühen. Anhaltspunkte für solche Bemühungen bestehen nicht.
Dementsprechend kann dem Kläger nicht darin gefolgt werden, dass den Veräußerungen Erwerbsaufwendungen in nahezu gleicher
Höhe gegenüberstanden. Das Gericht geht zwar zu Gunsten des Klägers davon aus, dass er im Februar 2002 zwecks Erzielung von
Auktionsumsätzen Betriebsausgaben und auch gelegentliche Forderungsausfälle zu verzeichnen hatte. Mangels Vorlage von Belegen
kann jedoch als möglich angesehen werden, dass der Kläger die Ware auf illegalem Wege zu sehr günstigen Einstandskosten beschafft
hat. Daher schätzt das Gericht den ihm noch verbleibenden und nach dem 1. März 2002 realisierbaren Gewinn aus den im Februar
2002 abgeschlossenen Internet-Auktionen auf 3 000,00 EURO, sodass er des am 1. März 2002 gepfändeten Betrages zur Begleichung
seiner Lebenshaltungskosten nicht bedurfte. Auch der Geldeingang auf dem Konto bei der Y-AG im März 2002 legt nahe, dass der
Kläger auf das gepfändete Bargeld nicht angewiesen war.
Aufgrund der Kontovollmacht seiner Ehefrau hatte der Kläger Zugriff auf das Konto bei der X-Bank, auf dem die Auktionserlöse
eingingen. Zweifel am Vortrag des Klägers, dass ihm im Januar 2002 die Verfügungsbefugnis über das X-Bankkonto entzogen wurde,
rühren aus dem insoweit widersprüchlichen Vortrag, wonach der Widerruf zunächst bereits im November 2001 erfolgt sein sollte
(Bl. 25 Str.A.), der erst später auf Januar 2002 korrigiert wurde (Bl. 41 Str.A.). Unter Zugrundelegung des zuerst genannten
Datums hätte die weitere Durchführung von Internet-Auktionen keinen Sinn gemacht. Es erscheint denkbar, dass dies auch dem
Kläger aufgegangen ist und er deshalb seinen Vortrag entsprechend umgestellt hat. Ferner will der Klägervertreter von Angestellten
der X-Bank erfahren haben, dass die Verfügungsbefugnis des Klägers erloschen ist, benennt jedoch andererseits die Gesprächspartner
nicht als Zeugen, obwohl er dazu unter Ausschlussfristsetzung aufgefordert wurde. Unter diesen Umständen ist das Gericht nicht
verpflichtet, von sich aus potentielle Auskunftspersonen zu ermitteln und als Zeugen zu laden.
Ferner kann der Kläger sich nicht auf Pfändungsschutz aus §
295 AO in Verbindung mit § 55 Abs. 4 SGB I in Verbindung mit § 4 Abs. 1 BSHG berufen.
Dem Kläger ist allerdings einzuräumen, dass nach dem Wortlaut der Vorschrift unbeachtlich ist, ob das gepfändete Bargeld tatsächlich
aus der Auszahlung der Sozialleistung stammt und ob der Kläger noch über andere Geldquellen verfügt. Denn nach § 55 Abs. 4
SGB I ist Bargeld insoweit nicht der Pfändung unterworfen, als sein Betrag dem unpfändbaren Teil der Leistungen für die Zeit
von der Pfändung bis zum nächsten Zahlungstermin entspricht. Da es sich bei der am. 26. Februar 2002 ausgezahlten Sozialhilfeleistung
offenbar um die Leistung für den Monat März 2002 handelt, wäre dies im Streitfall der geltend gemachte Betrag von 784,79 EURO.
Dementsprechend wird auch für die dem §
55 Abs.
4 SGB I entsprechende Vorschrift für Arbeitseinkommen, §
811 Abs.
1 Nr.
8 ZPO, in der Literatur davon ausgegangen, dass es nicht darauf ankommt, ob der Schuldner weitere Einkünfte hat und der gepfändete
Bargeldbetrag tatsächlich den ausgezahlten Arbeitslohn darstellt (Stein/Jonas/Münzberg,
ZPO, 20. Aufl., §
811 Rdz. 61; Zöller/Stöber,
ZPO, 22. Aufl., §
811 Rdz. 32; zu §
55 Abs.
4 SGB I: §
850 i Rdz. 54; Schilken in Münchener Kommentar zur
ZPO, §
811 Rdz. 33). Demgegenüber verlangt allerdings das Landgericht -LG- Regensburg (Beschluss vom 5. Juni 1979 2 T 80/79 Rechtspfleger 1979, 467), dass der Schuldner nachweist, dass der gepfändete Betrag tatsächlich aus Sozialhilfeleistungen
stammt.
Abweichend von der vorstehend skizzierten Literaturauffassung setzt nach Auffassung des Gerichts § 55 Abs. 4 SGB I voraus,
dass der Vollstreckungsschuldner des Schutzes durch diese Bestimmung zur Erhaltung seines Existenzminimums bedarf. Denn die
Vorschrift stellt (auch im Verhältnis zwischen Privaten) eine Einschränkung der Gläubigerrechte dar, für die es einer dem
Sinn und Zweck der Vorschrift entsprechenden Legitimation bedarf. Daran fehlt es, wenn der Vollstreckungsschuldner sein Existenzminimum
aus anderen Einkunfts- oder Vermögensquellen decken kann. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, es bleibe dem Gläubiger unbenommen
auf diese anderen Vermögensgegenstände zuzugreifen. Denn wie der Streitfall zeigt, sind Konstellationen denkbar, in denen
dies dem Gläubiger nicht möglich ist, weil aufgrund der gewählten Gestaltung Inhaber des Vermögensgegenstandes nicht der Schuldner,
sondern ein Dritter ist. Zwar stehen dem Kläger Herausgabe- bzw. Unterhaltsansprüche gegen seine Ehefrau zu, jedoch wäre deren
Pfändung und Einziehung für den Beklagten wegen der Unauffindbarkeit der Ehefrau wirtschaftlich wertlos. Im Übrigen müsste
ein Gläubiger einen erheblichen Zeit- und Geldaufwand investieren, um die Ansprüche durchzusetzen.
Ebenso wenig kann der Beklagte darauf verwiesen werden, er könne nach §
31a Abs.
3 AO das Bezirksamt -Sozialamt- über den mutmaßlichen Leistungsmissbrauch durch den Kläger unterrichten. Denn ein etwaiger Rückforderungsbescheid
würde zwar auch dazu führen, dass der Kläger den Betrag von 784,79 EURO an das Land Berlin abführen müsste, jedoch würde dadurch
nicht die entsprechende Steuerschuld getilgt.
Die Auffassung des Gerichts steht im Einklang mit der anderweitig erkennbaren Tendenz, Pfändungsschutzbestimmungen entsprechend
ihrem Sinn und Zweck ggf. auch einschränkend auszulegen. So geht die herrschende Meinung dahingehend, dass das so genannte
Eigengeld im Sinne des §
52 Strafvollzugsgesetz -StVollZG-, auch soweit es aus Arbeitsentgelt gemäß §
43 StVollZG stammt, nicht dem Pfändungsschutz gemäß §§
850 ff.
ZPO unterliegt (Finanzgericht Berlin, Urteil vom 6. März 2002 7 K 7416/01 Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2002, 954 in Verbindung mit EFG 2002, 380 m. w. N. aus der Zivilrechtsprechung,RevisionanhängigunterdemAktenzeichen VII R 24/02) . Ferner wird für die analoge Anwendung des §
811 Abs.
1 Nr.
8 ZPO auf das Eigengeld des Untersuchungshäftlings die Auffassung vertreten, dass sich der Betrag auf den unter Berücksichtigung
der Haftsituation (Tragen der Kosten für Grundbedürfnisse durch die Haftanstalt) erforderlichen Geldbetrag reduziert (LG Weiden,Beschluss
vom 1. Juli 1999 2 T 533/99 Juristisches Büro 2000, 103).
Davon ausgehend kann sich der Kläger im Streitfall nicht auf die Schutzwirkung des §
295 AO in Verbindung mit § 55 Abs. 4 SGB I in Verbindung mit § 4 Abs. 1 BSHG berufen, weil er aufgrund seiner oben dargestellten anderen Geldquellen auf die Sozialhilfe bzw. das gepfändete Bargeld nicht
angewiesen war. Im Übrigen ist bei den wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers nicht feststellbar, dass es sich bei dem
gepfändeten Bargeld tatsächlich um die am 26. Februar 2002 ausgezahlte Sozialhilfe handelte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die Zulassung der Revision aus § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
Das Gericht hat den Streitwert ausgehend von den Sachanträgen der Beteiligten bestimmt (§§ 13, 25 Gerichtskostengesetz).