Anspruch auf Elterngeld; Berücksichtigung von Verlusten bei einer selbständigen Tätigkeit im Veranlagungszeitraum als Einkommen;
Begrenzung des Mindestelterngelds auf zwölf Monate
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf höheres Elterngeld zusteht.
Die am 14.06.1972 geborene Klägerin ist Mutter des am 24.11.2010 geborenen Kindes B. J. R.. Das Kind lebt seit der Geburt
ständig im Haushalt der Klägerin und wird von ihr erzogen. Der Klägerin steht die elterliche Sorge, zumindest das Aufenthaltsbestimmungsrecht,
allein zu. Sie und das Kind leben nicht mit dem Vater des Kindes in einer Wohnung. Die Klägerin ist seit dem Jahr 2000 im
Großhandel mit Edelsteinen selbständig tätig. Im Jahr 2009 wurden ihr Waren in erheblichem Umfang gestohlen. Die Versicherung
erstattete ihr (nur) die Anschaffungskosten der gestohlenen Ware. Den durch den Diebstahl erlittenen Schaden machte die Klägerin
iHv 83.445,50 EUR steuerlich geltend, weshalb sie im Jahr 2009 nach den Festsetzungen im Steuerbescheid für 2009 vom 30.09.2010
keinen Gewinn, sondern einen Verlust aus Gewerbebetrieb iHv 30.338,00 EUR erwirtschaftete. Für das Jahr 2010 wurde die Einkommensteuervorauszahlung
auf 0,00 EUR festgesetzt. Vom 15.10.2010 bis 21.01.2011 bezog die Klägerin Mutterschaftsgeld iHv täglich 42,00 EUR.
Am 23.02.2011 (Eingang bei der Beklagten) beantragte sie bei der Beklagten die Gewährung von Elterngeld für die ersten 14
Lebensmonate ihres Kindes. Zu ihrem Antrag gab sie an, ihre selbständige Tätigkeit reduzieren zu wollen. Sie werde im Bezugszeitraum
ca acht Wochenstunden (vgl Blatt 55 der Verwaltungsakte der Beklagten) selbständig arbeiten. Sie gebe den Einzelhandel/Großhandel
auf, stelle ihre Reisetätigkeit bis 01.05.2011 ein, reduziere diese danach auf 1/5 und werde die Teilnahme an Messen von sechs
auf zwei im Jahr reduzieren. Des Weiteren gab sie an, im Jahr 2009 einen schweren Umsatzeinbruch gehabt zu haben, da bei ihr
Waren im Verkaufswert von ca 300.000,00 EUR gestohlen worden seien. Ihre Versicherung decke nur einen Teil des Schadens ab.
Dieses außergewöhnliche Ereignis habe ihre Bilanz verfälscht und dadurch auch das für die Elterngeldberechnung relevante Einkommen.
Sie verlange ihr Einkommen auf der Grundlage des Durchschnitts der letzten drei Jahre zu berechnen. Im Jahr 2008 habe sie
positive Einkünfte iHv 38.614,00 EUR, im Jahr 2007 iHv 16.654,00 EUR und im Jahr 2006 iHv 21.492,00 EUR gehabt. Auf Nachfrage
der Beklagten teilte die Klägerin mit, vom 24.11.2010 bis zum 31.12.2010 Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv -6.595,00 EUR, vom
01.01.2011 bis 31.12.2011 iHv 6.702,00 EUR und vom 01.01.2012 bis zum 23.01.2012 iHv 579,00 EUR gehabt zu haben. Mit Bescheid
vom 02.05.2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin Elterngeld für den ersten Lebensmonat ihres Kindes iHv 0,00 EUR, für den
zweiten Lebensmonat iHv 19,35 EUR, für den dritten bis zwölften Lebensmonat iHv jeweils 300,00 EUR und für den 13. und 14.
Lebensmonat iHv jeweils 0,00 EUR.
Mit ihrem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, ausweislich ihrer Gewinnermittlung habe sie außergewöhnliche
Aufwendungen iHv 83.445,50 EUR im Jahr 2009 gehabt. Diese Aufwendungen dürften bei der Berechnung des Elterngeldes nicht berücksichtigt
werden, so dass sich eigentlich ein Gewinn von 53.107,86 EUR ergebe. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid
vom 06.06.2011, zugestellt mittels Empfangsbekenntnis am 17.06.2011, zurück. Die gesetzliche Regelung gebe keine Möglichkeit,
den Bemessungszeitraum aufgrund von besonderen Ereignissen wie dem Diebstahl zu ändern. Es könne eine Gewinnminderung aufgrund
außergewöhnlicher Aufwendungen nicht außer Betracht bleiben. Da die Klägerin zudem keine Minderung von Einkommen aus einer
Erwerbstätigkeit habe, bestehe auch kein Elterngeldanspruch für den 13. und 14. Lebensmonat ihres Kindes.
Am Montag, 18.07.2011, hat die Klägerin beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben und ausgeführt, in einer analogen Anwendung des Gesetzes müssten außergewöhnliche Aufwendungen unberücksichtigt
bleiben.
Das SG hat mit Urteil vom 06.10.2011 die Klage abgewiesen. Die Höhe des Elterngeldes bestimme sich nach den allgemeinen Vorschriften
des § 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG). Vorliegend gelte nach § 2 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 9 Satz 1 BEEG als Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit der durchschnittlich monatlich erzielte Gewinn der Klägerin, wie er sich
aus dem Steuerbescheid für das Jahr 2009 ergebe. Da die Klägerin im Jahr 2009 entsprechend dem vorgelegten Steuerbescheid
keinen Gewinn erzielt habe, habe die Beklagte zu Recht den Mindestbetrag iHv 300,00 EUR bezahlt, auf den in dem ersten und
zweiten Lebensmonat ihres Kindes das bezogene Mutterschaftsgeld angerechnet worden sei. Auch für den 13. und 14. Lebensmonat
habe die Beklagte zu Recht kein Elterngeld ausgezahlt, da bei der Klägerin durch diese Erziehungszeiten keine Minderung des
Einkommens aus Erwerbstätigkeit folge. Eine fiktive Einzelberechnung ihres Gewinns ohne die gegenüber dem Finanzamt geltend
gemachten besonderen Belastungen komme nicht in Betracht, weil dies im Gesetz nicht vorgesehen sei. Wenn sich die Klägerin
im Steuerrecht zu einer bestimmten Vorgehensweise (Angabe von außerordentlichen Aufwendungen) entscheide, könne sie sich im
darauf aufsetzenden Sozialrecht nicht so behandeln lassen, als ob sie einen Gewinn ohne die geltend gemachten Aufwendungen
erzielt hätte. Die Klägerin müsse sich an der von ihr getroffenen, ihr eigenes Nettoeinkommen mindernden Steuerentscheidung
festhalten lassen. Auch eine Berechnung des Elterngelds aus dem Gewinn des Jahres 2008 komme nicht in Betracht, da § 2 Abs. 9 BEEG ausdrücklich auf den im Veranlagungszeitraum (hier: 2009) ergangenen Steuerbescheid verweise. Eine Regelungslücke, die mit
einer Analogie gefüllt werden könnte, bestehe insoweit nicht.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 21.10.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18.11.2011 beim Landessozialgericht
Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Das SG habe zu.U.nrecht die im Jahr 2009 in der Gewinnermittlung berücksichtigten außergewöhnlichen Aufwendungen iHv 83.445,50 EUR
unberücksichtigt gelassen. Mit der Entstehung dieser Aufwendungen hätten ihr Ausgleichsansprüche gegen eine Versicherung zugestanden.
Die Versicherung habe aber nur die Anschaffungskosten der Ware erstattet. Damit habe sie zwar ihren Warenbestand wieder ergänzen,
aber keinen regulären Geschäftsbetrieb mehr aufnehmen können. Versprochene Lieferfristen hätten nicht eingehalten werden können,
weil die Beschaffung der Ersatzware nicht schnell habe erfolgen können. Es sei zeitaufwändig und schwierig, die von ihr gehandelten
Edelsteine in einer vergleichbaren Qualität in der Saison wieder zu beschaffen. Es müssten daher fiktive Umsätze, die sich
an dem Gewinn des Jahres 2009 ohne das schädigende Ereignis oder des vorhergehenden Jahres 2008 orientierten, zur Berechnung
des Elterngeldanspruchs hinzugerechnet werden. Es sei insoweit auf das modifizierte Zuflussprinzip abzustellen. Dies sei auch
gemäß der Entscheidung des Bayerischen LSG vom 09.06.2011 (L 12 EG 40/09) bei Selbständigen anwendbar. Der Rechtsgedanke daraus sei auf den vorliegenden Fall entsprechend anwendbar. Das Ziel, Verwaltungsaufwand
zu vermeiden, müsse hinter dem Gleichbehandlungsgrundsatz zurückstehen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass aufgrund einer
vorsätzlich begangenen Straftat durch das SG ein Ergebnis erzielt werde, das mit den Grundgedanken des BEEG nicht vereinbar sei. Insbesondere sei der Gleichbehandlungsgrundsatz und der Schutz der Familie durch die Entscheidung des
SG in einer nicht hinnehmbaren Art und Weise beeinträchtigt. Denn das SG habe die Intention des Gesetzgebers, eine möglichst gerechte Verteilung beim Elterngeld zu gewährleisten, verkannt. Diese
Intention ergebe sich auch aus der Möglichkeit der Verschiebung des Bemessungszeitraumes nach § 2 Abs. 7 Sätze 5, 6 oder 7 BEEG in Fällen einer unverschuldeten Benachteiligung. Um dieser Intention in analoger Anwendung Rechnung zu tragen, müssten vorliegend
ihre außergewöhnlichen Aufwendungen berücksichtigt werden und es müsse von einem Gewinn iHv 53.107,83 EUR ausgegangen werden
oder es müsse ein anderer Gewinnermittlungszeitpunkt berücksichtigt werden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 06.10.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 02.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 06.06.2011 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr höheres Elterngeld unter der Berücksichtigung eines im Jahr
2009 erzielten Gewinns von 53.107,83 EUR,
hilfsweise eines im Jahr 2008 erzielten Gewinns von 38.614,00 EUR zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Das Gesetz sehe eine
Ausnahmeregelung nicht vor. Vielmehr stelle das BEEG bei der Ermittlung von Einkommen bei Selbständigen ausdrücklich auf den Rückgriff auf den Einkommensteuerbescheid aus dem
Jahr vor der Geburt (hier: Kalenderjahr 2009) ab. Die Festlegung des Bemessungszeitraums werde von der Klägerin auch nicht
bestritten. Der Einkommensteuerbescheid 2009 stelle ein negatives Einkommen aus Gewerbebetrieb fest. Ausnahmen oder Einschränkungen
der Zugrundelegung der Zahlen aus dem Einkommensteuerbescheid sehe das BEEG nicht vor. Die Regelung des § 2 Abs. 9 Satz 1 BEEG sei auch nicht unvollständig oder unklar und somit einer Analogie nicht zugänglich. Die Ausrichtung des Elterngeldes anhand
eines fiktiven Umsatzes sei nicht möglich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie
die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß den §§
143,
144,
151 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthafte und zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche
Verhandlung entscheidet (§
124 Abs.
2 SGG), ist nicht begründet. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der Bescheid der Beklagten vom 02.05.2011
in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.06.2011. Dieser ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höheres Elterngeld.
Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld richtet sich nach dem mit Wirkung zum 01.01.2007 eingeführten BEEG in der Fassung vom 05.12.2006 (BGBl. I 2748).
Nach § 1 Abs. 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr. 1), mit seinem
Kind in einem Haushalt lebt (Nr. 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr. 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit
ausübt (Nr. 4). Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BEEG für einen Anspruch dem Grunde nach sind erfüllt. Die Klägerin hatte auch während der ersten 12 Lebensmonate des am 24.11.2010
geborenen Kindes ihren Wohnsitz in Deutschland, lebte mit diesem in einem Haushalt, betreute und erzog das Kind und übte nur
eine Erwerbstätigkeit aus, die weniger als 30 Wochenstunden umfasste (§ 1 Abs. 6 BEEG). Sie beantragte das Elterngeld schriftlich am 23.02.2011 und damit innerhalb von drei Monaten nach der Geburt des Kindes
(§ 7 Abs. 1 Satz 2 BEEG).
Die Höhe des Elterngeldes bemisst sich nach § 2 BEEG (hier in den Fassung vom 02.04.2009 und 09.12.2010). Elterngeld wird gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG iHv 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen
Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800,00 EUR monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die
berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist die Summe der positiven
(ab 01.01.2011: im Inland zu versteuernden) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit
und nichtselbstständiger Arbeit im Sinne von §
2 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 bis 4
EStG nach Maßgabe von § 2 Abs. 7 bis 9 BEEG zu berücksichtigen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BEEG). In den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer
als 1.000,00 EUR war, erhöht sich der Prozentsatz von 67% um 0,1 Prozentpunkte für je 2,00 EUR, um die das maßgebliche Einkommen
den Betrag von 1.000,00 EUR unterschreitet, auf bis zu 100% (§ 2 Abs. 2 Satz 1 BEEG). Nach § 2 Abs. 5 Satz 1 BEEG wird Elterngeld mindestens iHv 300,00 EUR gezahlt. Für Monate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person
ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt, das durchschnittlich geringer ist als das nach Abs. 1 berücksichtigte durchschnittlich
erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld iH des nach Abs. 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes
des Unterschiedsbetrages dieser durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt (§ 2 Abs. 3 Satz 1 BEEG).
Ist die dem zu berücksichtigenden Einkommen aus selbstständiger Arbeit zu Grunde liegende Erwerbstätigkeit sowohl während
des gesamten für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes maßgeblichen Zeitraums als auch während des gesamten letzten
abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums ausgeübt worden, gilt gemäß § 2 Abs. 9 Satz 1 BEEG als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus dieser Erwerbstätigkeit der durchschnittlich
monatlich erzielte Gewinn, wie er sich aus dem für den Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ergibt. Dies gilt nicht,
wenn im Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen des § 2 Abs. 7 Satz 5 und 6 vorgelegen haben (§ 2 Abs. 9 Satz 2 BEEG). Als auf den Gewinn entfallende Steuern ist bei Anwendung von § 2 Abs. 9 Satz 1 BEEG der auf die Einnahmen entfallende monatliche Anteil der im Steuerbescheid festgesetzten Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag
und Kirchensteuer anzusetzen (§ 2 Abs. 9 Satz 4 BEEG).
Der Bemessungszeitraum nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG geht von Oktober 2009 bis September 2010, da die Klägerin im Oktober 2010 Mutterschaftsgeld erhalten hat (§ 2 Abs. 9 Satz 2 i.V.m. Abs. 7 Satz 6 BEEG). Die Klägerin hat innerhalb dieses Zeitraumes wie auch während des gesamten letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums,
d.h. im Kalenderjahr 2009, ihre selbständige Tätigkeit unverändert ausgeübt. Daher ist zur Bemessung des zur Berechnung des
Elterngeldes maßgeblichen Einkommens vor der Geburt gemäß § 2 Abs. 9 Satz 1 BEEG auf den für das Jahr 2009 ergangenen Steuerbescheid abzustellen. Ausweislich des Steuerbescheids vom 30.09.2010 hat die Klägerin
im Jahr 2009 keinen Gewinn, sondern einen Verlust iHv 36.295,00 EUR erwirtschaftet. Daher hatte sie im Bemessungszeitraum
vor der Geburt kein i.S.d. § 2 Abs. 1 i.V.m. Abs. 9 BEEG zu berücksichtigendes Einkommen erzielt, weshalb das Elterngeld gemäß § 2 Abs. 5 Satz 2 BEEG iHv 300,00 EUR monatlich festzusetzen war.
Die Gründe, weshalb die Klägerin im Jahr 2009 einen Verlust erwirtschaftet hatte, sind dabei nach der Gesetzeslage unbedeutend.
Daher kommt es weder darauf an, ob die Klägerin den Verlust durch eigenes Verhalten erwirtschaftet hat noch ob es sich um
einen unvorhersehbaren Verlust handelt. Auch ist unbedeutend, dass der Klägerin möglicherweise Versicherungsansprüche zustanden;
der gesetzlichen Regelung ist zu entnehmen, dass nur tatsächlich zugeflossenes Einkommen berücksichtigungsfähig ist; bloße
Entgelt- oder sonstige Einkommensansprüche reichen also nicht.
Dieses Ergebnis ist auch nicht im Wege der sog modifizierten Zuflusstheorie zu korrigieren. Diese vom BSG entwickelte Rechtsauffassung ist bei Selbständigen ohnehin nicht anzuwenden (BSG 29.08.2012, B 10 EG 18/11 R, [...]; BSG 05.04.2012, B 10 EG 10/11 R, SozR 4-7837 § 2 Nr. 14 = [...]). Des Weiteren handelt es sich vorliegend auch nicht um einen Fall, der zur Anwendung der modifizierten Zuflusstheorie
führen würde. Die darunter fallenden Sachverhalte sind dadurch gekennzeichnet, dass während des Bemessungszeitraumes erwirtschaftetes
Entgelt erst im Bezugszeitraum ausgezahlt wird. Vorliegend hat die Klägerin aber nicht im Bezugszeitraum Einkommen erzielt,
das bereits im Bemessungszeitraum erwirtschaftet worden war. Sie hat vielmehr im Bemessungszeitraum - in Folge des Diebstahls
- einen Verlust erwirtschaftet. Im Bezugszeitraum sind ihr dann aber keine im Jahr 2009 erwirtschafteten Entgelte zugeflossen;
auch nicht die an sie ausgezahlten Versicherungsleistungen.
Der im Jahr 2009 erwirtschaftete und im Vergleich zum Jahr 2008 (Gewinn laut Steuerbescheid vom 30.07.2009 iHv 33.258,00 EUR)
eingetretene Verlust beruht auch nicht darauf, dass die Klägerin wegen eines unterschiedlichen zeitlichen Umfangs dieser Tätigkeit
voneinander abweichende Gewinne erzielt hätte (dazu vgl. BSG 05.04.2012, B 10 EG 4/11 R, SozR 4-7837 § 2 Nr. 13 = [...]; BSG 17.02.2011, B 10 EG 1/10 R, SGb 2011, 210; BSG 03.12.2009, B 10 EG 2/09 R, SozR 4-7837 § 2 Nr. 5 = [...]), sondern darauf, dass der Klägerin im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit in Folge eines Diebstahls ein Verlust
entstanden ist. Die Art der ausgeübten Tätigkeit der Klägerin ist durchgängig gleich geblieben. Auch hinsichtlich des zeitlichen
Umfangs der Tätigkeiten ergeben sich unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) keine relevanten Abweichungen, die eine Anwendung des § 2 Abs. 9 BEEG und damit die Zugrundelegung des Einkommens aus dem Jahr 2009 ausschlössen. Für eine Berücksichtigung des Gewinns aus dem
Jahre 2008 oder früherer Jahre fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Insoweit besteht auch keine durch eine Analogie ausfüllungsbedürftige
Gesetzeslücke.
Damit hat die Beklagte den Betrag des Elterngeldes zu Recht auf monatlich 300,00 EUR festgesetzt. Hierauf sind für die Zeit
bis 21.01.2011 das kalendertäglich iHv 42,00 EUR bezogene Mutterschaftsgeld anzurechnen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 BEEG). Den Zahlbetrag hat die Beklagte für die Zeit vom 24.11.2010 bis zum 23.12.2010 (1. Lebensmonat) mit 0,00 EUR sowie vom
24.12.2010 bis zum 23.01.2011 (2. Lebensmonat) mit 19,35 EUR zutreffend berechnet.
Für den 13. und 14. Lebensmonat steht der Klägerin ebenfalls kein Elterngeld zu. Gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 BEEG kann ein Elternteil mindestens für zwei und höchstens für zwölf Monate Elterngeld beziehen. Nach § 4 BEEG ist es nicht der "systematische Regelfall", dass - allen - Elternteilen Anspruch auf vierzehn Monate Elterngeld eingeräumt
ist und dieser Anspruch für miteinander und dem Kind zusammenlebende Elternteile auf zwölf Monate gekürzt wird. Gesetzgeberische
Grundregel ist es gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 BEEG vielmehr, dass beiden Elternteilen ein Elterngeldanspruch auf höchstens zwölf Monatsbeträge gegeben wird. Nur ausnahmsweise
räumt § 4 Abs. 2 Satz 3 BEEG den Eltern Anspruch auf "zwei weitere Monatsbeträge" ein, wenn für (weitere) zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus
Erwerbstätigkeit erfolgt. Damit ist der Anspruch von Eltern, bei denen beide Teile vor der Geburt kein zu berücksichtigendes
Einkommen hatten, auf zwölf Monate (iH des Mindestbetrages nach § 2 Abs. 5 BEEG) begrenzt (BSG 26.05.2011, B 10 EG 3/10 R, SozR 4-7837 § 4 Nr. 1 = [...] RdNr. 26). Da die Klägerin vor der Geburt aber kein zu berücksichtigendes Einkommen hatte (dazu so), erfolgt
im Bezugszeitraum kein Einkommensausfall i.S. einer Minderung des Einkommens gemäß § 4 Abs. 3 Satz 3 bzw. 4 Nr. 2 BEEG.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.