Anerkennung eines Arbeitsunfalls in der gesetzlichen Unfallversicherung; haftungsbegründende Kausalität bei degenerativem
Vorschaden
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung weiterer Unfallfolgen und Rente.
Der 1946 geborene Kläger blieb am 21.07.2006 beim Absteigen von der Laderampe eines LKW mit dem Fuß in einem Gurt hängen und
fiel mit der rechten Schulter auf eine am Boden liegende Spanngurthalterung. Er arbeitete zunächst weiter, mittags begab er
sich in ärztliche Behandlung bei dem Facharzt für Chirurgie Dr. L ... Dieser diagnostizierte eine Prellung der rechten Schulter
und der Rippen und schloss anhand der angefertigten Röntgenaufnahmen eine Fraktur aus. Es bestand ein Druck- und Bewegungsschmerz
der rechten Schulter, die Elevation war schmerzhaft.
Am 23.08.2006 wurde wegen anhaltender Beschwerden ein MRT der rechten Schulter durchgeführt. Der Facharzt für Orthopädie Dr.
L. diagnostizierte einen Rotatorenmanschettenmassendefekt beidseits. Am 04.10.2006 habe sich bei der sonographischen Untersuchung
ein identischer Befund der linken Schulter gefunden. Darüber hinaus bestünden erhebliche degenerative Veränderungen am Schulterdach,
am Schultereckgelenk, an der Bizepssehne, so dass von einem degenerativen Rotatorenmanschettenschaden beidseits auszugehen
sei.
Die Beklagte zog das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Bayern bei sowie den Operationsbericht des Dr. L. vom 20.11.2006. Prof.
Dr. B., beratender Arzt der Beklagten, führte am 13.12.2006 aus, dass ein Sturz direkt auf die Schulter keinen geeigneten
Unfallmechanismus für die Verursachung eines Rotatorenmanschettenrisses darstelle. Zudem spreche der von Dr. L. diagnostizierte
degenerative Rotatorenmanschettenmassendefekt ebenfalls gegen eine unfallbedingte Verursachung.
Mit Bescheid vom 26.01.2007 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen des Arbeitsunfalls vom 21.07.2006 ab. Als Folgen
des Unfalls erkannte sie eine Prellung der rechten Schulter sowie eine Rippenprellung an. Den hiergegen erhobenen Widerspruch
wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.04.2007 zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 18.05.2007 Klage beim Sozialgericht München. Das Gericht zog diverse radiologische Befunde sowie
Befundberichte von Dr. L., Dr. L. und Dr. S. (Hausarzt) bei. Der vom Sozialgericht zum ärztlichen Sachverständigen ernannte
Chirurg Dr. L. führte in seinem Gutachten vom 06.02.2008 aus, der Kläger habe sich bei dem Unfall vom 21.07.2006 eine Schulterprellung
rechts und möglicherweise eine heftige Kontusion zugezogen. Die am Unfalltag angefertigten Röntgenaufnahmen der rechten Schulter
zeigten in gleicher Weise wie die Aufnahmen des linken Schultergelenkes einen schon weit fortgeschrittenen, vorbestehenden
degenerativen Rotatorenmanschettenschaden mit charakteristischen Sekundär- bzw. Spätveränderungen. Der Befund wurde durch
eine viereinhalb Wochen nach dem Ereignis vorgenommene Kernspintomographie bestätigt. Eine zweifelsfrei oder auch nur möglicherweise
frische traumatische Gewebezerreißung komme auf den Aufnahmen nicht zur Darstellung. Durch den Unfall vom 21.07.2006 sei es
zu einer Prellung der rechten Schulter und einer Rippenprellung rechts gekommen, möglicherweise auch zu einer gewissen Prellung
der Brustwirbelsäule. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit könne für einen Zeitraum von etwa vier Wochen bejaht werden. Eine
Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) habe allein aufgrund des Unfalls beim Kläger zu keiner Zeit bestanden.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 21.05.2008 ab und stützte sich dabei auf das Gutachten des Dr. L ...
Hiergegen legte der Kläger am 23.06.2008 Berufung ein. Er sei vor dem Ereignis beschwerdefrei gewesen. Die jetzt vorhandenen
Schmerzen seien unfallbedingt. Ein weiteres Sachverständigengutachten werde dies bestätigen.
Der auf Antrag des Klägers gemäß '§
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Chirurg und Orthopäde Dr. S. vom führte im Gutachten vom 30.07.2009 aus, beim Kläger
sei es durch den Sturz zu einem direkten Anpralltrauma der rechten Schulter sowie auch zur Prellung des Schädels und der rechten
Thoraxhälfte gekommen. Der Erstbefund des Dr. L. am Unfalltag beschreibe keine Pseudoparalyse als Zeichen einer frischen traumatischen
Rotatorenmanschettenruptur. Bereits auf den Röntgenbildern der rechten Schulter vom Unfalltag fänden sich deutliche vorbestehende
degenerative Veränderungen. Der gleiche Befund fände sich auf der Gegenseite links bereits bei der Röntgenuntersuchung vom
01.12.2005. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe vier bis sechs Wochen bestanden. Eine Unfallbedingte MdE sei nicht verblieben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 21.05.2008 aufzuheben sowie den Bescheid vom 26.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 26.04.2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, Schulterbeschwerden als weitere Unfallfolge festzustellen.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht München die Klage abgewiesen. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen,
da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§
153 Abs.2
Sozialgerichtsgesetz -
SGG -).
Ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass das Gutachten des vom Kläger benannten Sachverständigen Dr. S. vom 30.07.2009
das Urteil des Sozialgerichts München in vollem Umfang bestätigt hat. Der Sachverständige führt aus, die Kernspinuntersuchung
vom 23.08.2006 habe die vorbestehende Degeneration im Sinne der AC-Gelenkarthrose bestätigt und ferner eine Massenruptur mit
Beteiligung der Infraspinatus-, Supraspinatus- und Oberrand der Subscapularissehne gezeigt. Dabei finde sich eine deutliche
Retraktion der Sehnenränder über die Humeruskopfmitte nach medial hin mit Ausdünnung der Sehnenränder und Atrophie der medial
gelegenen Muskelbäuche, insbesondere des M. Supra-spinatus. Somit sei hier eindeutig von einem vorbestehenden Schaden auszugehen,
da sich eine derartige Retraktion wie auch eine Muskelatrophie nicht innerhalb von fünf Wochen entwickeln könne. Auch das
Fehlen eines Knochenödems spreche gegen einen Unfallschaden. Sämtliche Kriterien sprächen vielmehr für einen eindeutigen vorbestehenden
degenerativen Schaden im Sinne des bereits unmittelbar nach dem Unfallereignis nachgewiesenen Rotatorenmanschetten-Massendefekts,
auch wenn dieser bis zum Unfallzeitpunkt weitgehend ohne größere klinische Symptomatik verlaufen sei.
Im Ergebnis sei es durch den Unfall vom 21.07.2006 zu einer schweren Prellung der rechten Schulter sowie zu einer Rippenprellung,
möglicherweise auch zu einer Prellung der Brustwirbelsäule gekommen. Durch die Prellungen sei es zu einer Aktivierung bestehender
degenerativer Veränderungen an der rechten Schulter und im Wirbelsäulenbereich gekommen, die jedoch als Gelegenheitsursache
zu bewerten seien, so dass auch alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignisse zu derselben Zeit solche Erscheinungen
ausgelöst hätten.
Dr. S. kommt damit zum selben Ergebnis wie die behandelnden Ärzte Dr. L. und Dr. L. und der Sachverständige Dr. L ...
Somit hat der Unfall vom 21.07.2006 die Schulterbeschwerden des Klägers nicht wesentlich verursacht. Der Kläger hat keinen
Anspruch wegen seiner Beschwerden gegen die Beklagte. Die Unfallfolgen waren innerhalb von vier Wochen voll ausgeheilt. Eine
MdE rentenberechtigenden Grades ist nicht verblieben.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.2 Nrn.1 und 2
SGG liegen nicht vor.