Erinnerungsverfahren; Verweisung; Willkür; Zuständigkeit
Gründe
I.
Mit Beschluss vom 08.08.2015, L 7 AS 551/14 B ER, entschied der Senat über die Beschwerde der damaligen Antragsteller bzw. Beschwerdeführer und jetzigen Erinnerungsführer
(künftig: E) über den Beschluss des Sozialgerichts München vom 07.07.2014, S 48 AS 1555/14 ER in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, mit dem die E höhere Leistungen nach dem SGB II begehrten. In Ziffer III. des Beschlusses vom 08.08.2015, L 7 AS 551/14 B ER, bewilligte der Senat den E Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Ratenzahlung für das Beschwerdeverfahren.
Mit Beschluss vom 08.08.2017, L 7 AS 551/14 B ER (S 48 AS 1555/14 ER), hob die Kostenbeamtin am Sozialgericht München die unter Ziffer III. des Beschlusses des Bayer. Landessozialgerichts
vom 08.08.2014, L 7 AS 551/14 B ER, erfolgte Bewilligung von PKH für das Beschwerdeverfahren nach §
124 Abs.
1 Nr.
4 ZPO auf. Die E hätten eine wesentliche Änderung der persönlichen Verhältnisse nicht mitgeteilt, nämlich die Heirat der E zu 1).
Nachdem die E entsprechend der Rechtsmittelbelehrunggegen den Beschluss der Kostenbeamtin am Sozialgericht München vom 08.08.2017,
L 7 AS 551/14 B ER (S 48 AS 1555/14 ER) Erinnerung zum Sozialgericht München eingelegt hatten, hörte der zuständige Richter am Sozialgericht München die Beteiligten
zu einer Verweisung an das Bayer. Landessozialgericht gemäß §
98 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) i.V.m. §
17a Abs.
2 Satz 1
Gerichtsverfassungsgesetz (
GVG) wegen funktioneller Unzuständigkeit an. Das Sozialgericht München sei nicht befugt, über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung
der durch das Bayer. Landessozialgerichts mit Beschluss vom 08.08.2015 bewilligten PKH zu entscheiden. Vielmehr sei in einem
solchen Fall als "das Gericht" im Sinne von §
73a Abs.
8 SGG das Gericht anzusehen, das ursprünglich PKH gewährt habe, hier also das Bayer. Landessozialgericht.
Nach erfolgter Anhörung verwies der zuständige Richter am Sozialgericht München mit Beschluss vom 02.11.2017 "das Erinnerungsverfahren"
an das Bayer. Landessozialgericht gemäß §
98 SGG i.V.m. §
17a Abs.
2 Satz 1
GVG. Das Sozialgericht sei funktional unzuständig.
II.
Der Verweisungsbeschluss wird aufgehoben und die Sache an das Sozialgericht München zurückverwiesen.
Instanziell zuständig für die Entscheidung über die Erinnerung gegen die Entscheidung der Kostenbeamtin am Sozialgericht München
ist die dafür zuständige Kammer am Sozialgericht München. Denn mit der Erinnerung gemäß §
73a Abs.
8 SGG wenden sich die E gegen eine Entscheidung einer Kostenbeamtin am Sozialgericht München. Zuständig für die Überprüfung der
Entscheidung der Kostenbeamtin am Sozialgericht München ist gemäß §
73a Abs.
8 SGG "das Gericht", also das Gericht, dem die Kostenbeamtin angehört, und damit das Sozialgericht München.
Das Landessozialgericht ist auch nicht durch den Verweisungsbeschluss des Sozialgerichts zuständig geworden. Eine Bindungswirkung
gemäß §
98 SGG iVm §
17a Abs.
2 Satz 2
GVG ist wegen Willkür der Verweisung nicht eingetreten (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 05.01.2012, B 12 SF 4/11 S Rz. 26).
Grundsätzlich ist ein Verweisungsbeschluss zwar gemäß §
98 SGG iVm 17a Abs.
2 GVG bindend, unabhängig davon, ob der Verweisungsbeschluss rechtswidrig ist und prozessuale oder materielle Vorschriften verletzt
wurden (BSG, Beschluss vom 18.07.2012, B 12 SF 5/12 S Rz 5). Ausnahmsweise kommt jedoch einem Verweisungsbeschluss dann keine Bindungswirkung zu, wenn die Verweisung auf Missachtung
elementarer Verfahrensgrundsätze oder auf willkürlichem Verhalten beruht (BSG aaO Rz 6). Willkürlich ist eine gerichtliche Entscheidung, wenn sie unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mehr vertretbar
ist, so dass sich der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (BSG aaO Rz 6).
So liegt der Fall hier.
Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar und damit willkürlich ist die Begründung des Verweisungsbeschlusses mit
der Unzuständigkeit der Kostenbeamtin.
Derr Richter hat hier verwiesen, ohne seine eigene Zuständigkeit als Gericht überhaupt zu prüfen.
Vielmehr hat er die Verweisung damit begründet, dass die Kostenbeamtin, deren Entscheidung er hätte überprüfen müssen, für
ihre Entscheidung nicht zuständig gewesen sei. Dies ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt haltbar.
Ein Erinnerungsverfahren dient im Übrigen stets dazu, ein in einer Instanz einmal begonnenes Verfahren gerade auch innerhalb
dieser Instanz zu halten. Erinnerungsverfahren und Verweisungen wegen instanzieller Unzuständigkeit an ein höheres Gericht
schließen sich daher schon wegen der Struktur eines Erinnerungsverfahrens aus.
Im Ergebnis ist der Verweisungsbeschluss des Sozialgerichts München aufzuheben und die Sache an das instanziell zuständige
Sozialgericht München zurückzuverweisen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar, §
177 SGG.