Gründe:
Die statthafte und fristgerecht erhobene Beschwerde (vgl. §
172 Abs.
1 und §
173 SGG) der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 6. November 2009 ist begründet.
Nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG kann das Gericht einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
treffen, wenn eine dahingehende Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer solchen
Regelungsanordnung setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch)
und dass die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Sowohl der Anordnungsanspruch
als auch der Anordnungsgrund sind gemäß §
920 Abs.
2 der
Zivilprozessordnung (
ZPO) In Verbindung mit §
86b Abs.
2 Satz 4
SGG glaubhaft zu machen.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Anspruchsgrundlage für die Gewährung eines Darlehens ist § 22 Abs. 5 SGB II in der
ab dem 1. April 2006 geltenden Fassung (BGBl. I S. 558). Hiernach können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht
werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage
gerechtfertigt ist. Die Schulden sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit
einzutreten droht (Satz 2). Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden (Satz 4). Die genannten tatbestandlichen Voraussetzungen
sind hier erfüllt.
Insbesondere ist Hilfe zur Sicherung der Unterkunft erforderlich. Denn die Vermieterin hat zwar nach Aktenlage bereits im
Dezember 2009 Räumungsklage erhoben. Nach fernmündlicher Auskunft ist sie aber bereit, das Mietverhältnis unter der Voraussetzung
fortzusetzen, dass die Mietschulden getilgt werden.
Darüber hinaus ist Voraussetzung für eine vom Antragsgegner zu treffenden Ermessensentscheidung bzw. ein nach § 22 Abs. 5
Satz 2 SGB II regelmäßig auszuübendes gebundenes Ermessen, dass die Hilfe zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer
vergleichbaren Notlage "gerechtfertigt ist". Bei der Voraussetzung der Rechtfertigung einer Schuldenübernahme handelt sich
um ein Tatbestandsmerkmal der Vorschrift, das als unbestimmter Rechtsbegriff der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt
(vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 25. September 1996 - 4 L 4040/95 - Juris Rdnr. 24; Schmidt in: Oestreicher, SGB XII/SGB II, Stand: März 2009, § 22 SGB II Rdnr. 146; Dauber in: Mergler/Zink,
SGB XII, Stand: August 2008, § 34 Rdnr. 11).
Bei der Prüfung der Frage, ob die Leistung gerechtfertigt ist, ist u.a. von Bedeutung, wie es zur Notlage gekommen ist. Die
Übernahme der Schulden ist regelmäßig nur dann gerechtfertigt, wenn der Hilfebedürftige nach den Gesamtumständen unverschuldet
in Rückstand mit Zahlungen auf unterkunftsbezogene Kosten (Miete, Gas- und Stromkosten o.ä.) geraten ist, die Notlage für
die Existenz des Leistungsberechtigten bedrohlich ist und die Schulden nicht aus eigener Kraft getilgt werden können. Nicht
gerechtfertigt ist die Übernahme von Schulden, wenn z. B. Miete oder Energiekostenabschläge im Vertrauen darauf nicht gezahlt
werden, dass der Leistungsträger die Miet- und/oder Energieschulden später übernehmen werde (BT-Drs. 13/2440 S. 19 zur Vorläuferregelung
des § 15a des Bundessozialhilfegesetzes) oder Mietschulden dadurch entstanden sind, dass der Hilfesuchende trotz Belehrung
durch den Träger in einer unangemessen teuren Wohnung verblieben ist und die Differenz zwischen angemessenen und tatsächlichen
Kosten nicht aufgebracht hat (OVG Lüneburg, Beschluss vom 24. März 1999 - 4 M 756/99 - Juris Rdnr. 23). Auch soll durch eine Übernahme der Schulden nicht nachträglich verantwortungsloses Verhalten der Leistungsberechtigten
honoriert und hierdurch eine fehlende Eigenverantwortlichkeit weiter gestärkt werden (vgl. Dauber, aaO., Rdnr. 11).
Im vorliegenden Fall ist zunächst von Bedeutung, dass die Mietschulden nach Aktenlage aus von ihnen zu vertretenden Gründen
entstanden sind. Die ihnen gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II enthielten jeweils einen
Anteil für die Kosten der Unterkunft, so dass es den Antragstellerinnen oblegen hätte, die monatliche Mietzahlungen an die
Vermieterin zu entrichten. Demgegenüber haben die Antragstellerinnen ausweislich des Schreibens der Berliner Stadtmission
vom 19. Oktober 2009 mit diesen Leistungen "eine Geldstrafe zur Abwendung einer drohenden Inhaftierung bezahlt".
Diese zweckwidrige Verwendung der Leistungen für die Unterkunft und die Heizung kann nicht dazu führen, dass der Antragsgegner
diese Kosten nunmehr quasi ein zweites mal im Wege der Darlehensgewährung nach § 22 Abs. 5 SGB II zu übernehmen hat. Denn
§ 22 Abs. 5 SGB II begründet, wie auch aus der tatbestandlichen Voraussetzung der Rechtfertigung für die Schuldenübernahme
folgt, vielmehr einen Ausnahmetatbestand, der bei der grundsätzlich nicht durch das SGB II beabsichtigten Aufgabe der privaten
Schuldentilgung insbesondere dem gesetzgeberischen Ziel, Obdachlosigkeit zu vermeiden, Rechnung trägt.
Im vorliegenden Einzellfall sind aber die folgenden Besonderheiten zu berücksichtigen. Die Wohnung der Antragstellerinnen
ist ihnen nach Aktenlage bereits im "Rahmen des geschützten Marktsegments" vermittelt worden. Nach fernmündlicher Auskunft
des die Antragstellerin zu 1) unterstützenden Sozialarbeiters der Stadtmission ist anzunehmen, dass die Antragstellerinnen
bei Verlust ihrer Wohnung auf längere Dauer wohnungslos werden. Da sich die Antragstellerin zu 2) derzeit in Ausbildung zur
Mediengestalterin befindet, ist zu befürchten, dass diese Ausbildung nicht erfolgreich beendet werden kann. Zudem sind beide
Antragstellerinnen nach Aktenlage psychisch erkrankt. Die Antragstellerin zu 1) befindet sich deshalb in regelmäßiger ärztlicher
Behandlung. Die Antragstellerin zu 1) wurde deshalb bereits in der Vergangenheit stationär behandelt. Schließlich erhält die
Antragstellerin zu 1) Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach §§ 67 ff. Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch.
Diese Hilfen werden erbracht, wenn Personen diese Schwierigkeiten nicht aus eigener Kraft überwinden können. Der insoweit
vorgenannte Sozialarbeiter hat die Situation der Antragstellerinnen in seinem Schreiben vom 11. Dezember 2009 geschildert
und fernmündlich bestätigt, dass die Antragstellerin zu 1) die Hilfe in Anspruch nimmt. So finden nunmehr regelmäßig 1 x wöchentlich
Besprechungen und Hausbesuche statt, in dem die Probleme erörtert und Lösungen gesucht werden. Der Sozialarbeiter hat insoweit
eine positive Prognose gestellt.
Vor diesem Hintergrund war der Beklagte im vorliegenden Einzelfall zur Gewährung eines Darlehens zu verpflichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des §
193 SGG.
Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war kein Raum. Im Hinblick auf den in diesem Beschluss
ausgesprochenen Kostenerstattungsanspruch des Antragstellers für das einstweilige Rechtschutzverfahren besteht kein Rechtsschutzbedürfnis
mehr an der Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).