Tatbestand:
Im Streit steht, ob eine der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten, die AOK Berlin, eine Qualitätsvereinbarung mit der Klägerin
wirksam gekündigt hat.
Zwischen der Klägerin, einem Unternehmen der häuslichen Krankenpflege, und der beklagten Krankenkasse bestand bzw. besteht
ein Vertrag betreffend die Versorgung der Versicherten der Beklagten mit häuslicher Krankenpflege gemäß §
132 a Abs.
2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) (Rahmenvertrag)und eine diesen Vertrag ergänzende Vergütungsvereinbarung vom 25. Juni 2004. Der Vertrag nach §
132 a Abs.
2 SGB V kann gemäß §
20 Abs.
1 mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden. Die Vergütungsvereinbarung war zunächst befristet bis zum 30. November
2006.
Als drittes Regelungswerk wurde am gleichen Tag wie die Vergütungsvereinbarung schließlich eine Qualitätsvereinbarung abgeschlossen.
Diese lautet auszugsweise wie folgt:
"Die Vertragsparteien haben im Vertrag nach §
132a Abs.
2 SGB V vereinbart, dass die Versicherten der AOK Berlin mit den gesetzmäßigen Leistungen der Hauskrankenpflege in der fachlich gebotenen
Qualität, entsprechend dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen und pflegefachlichen Erkenntnisse und auf wirtschaftliche
Weise versorgt werden. Mit vorliegender Vertragsergänzung treffen die Vertragsparteien zum Wohle des krankenpflege bedürftigen
Versicherten zusätzliche Vereinbarungen, die zu einer kontinuierlichen Weiterentwicklung in der Qualität der Versorgung mit
häuslicher Krankenpflege beitragen.
§ 1 permanente Ergebnis Qualitätskontrolle in der Prozesssteuerung
§ 2 Internes Qualitätsmanagement
§ 3 AVG — Qualitätsanalyse
§ 4 Zufriedenheitsabfrage
§ 5 Patienten — Beschwerdemanagement
§ 6 Bericht und Vergütung
(1)
(2) Auf der Basis der mit den Berichten eingehenden Ergebnisse nach Absatz 1 vereinbaren die Vertragsparteien die Gewährung
von Qualitätszuschlägen (siehe Anlage 4)
§ 7 Inkrafttreten/Laufzeit
(1) diese Qualitätsvereinbarung tritt am 01.06.2004 in Kraft. Die Laufzeit wird an die der Vergütungsvereinbarung gekoppelt.
(2) Es besteht Einvernehmen, rechtzeitig vor Ablauf dieser Qualitätsvereinbarung Gespräche über eine eventuelle Fortführung
aufzunehmen.
(3) Mit der Beendigung der Qualitätsvereinbarung endet auch die Vereinbarung über Qualitätszuschläge nach § 6 Absatz 2.
(4)
§ 8 Kündigung
(1) Diese Qualitätsvereinbarung kann von jedem Vertragspartner mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden.
(2) Das Recht zur außerordentlichen Kündigung dieser Qualitätsvereinbarung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist bleibt unberührt.
(3) Diese Qualitätsvereinbarung endet darüber hinaus unabhängig von der vorstehenden Kündigungsmöglichkeit zeitgleich mit
der Beendigung des Vertrages gemäß §
132a Abs.
2 SGB V.
(4)
(5) Die Kündigung hat schriftlich durch eingeschriebenen Brief zu erfolgen.
§ 9 Sonstiges
(1) Änderungen, Ergänzungen oder Erweiterungen dieser Qualitätsvereinbarung bedürfen der Schriftform."
Die Qualitätsvereinbarung wurde seitens der Beklagten unterzeichnet mit "i.A. B".
In der der Vereinbarung beigefügten Anlage 4 sind die Qualitätszuschläge aufgeführt, die bis zu 3 % der Vergütung betragen.
Am 17. Oktober 2006 vereinbarten die Beteiligten eine neue Vergütungsvereinbarung. Die Vergütung wurde um 3 % gesenkt. Die
neue Vergütungsvereinbarung galt ohne Kündigungsmöglichkeit befristet bis zum 31. Oktober 2010.
Am selben Tag übersandte die Beklagte allen Pflegediensten ein Schreiben zusammen mit der "einvernehmlich abgestimmten Neufassung
der Vergütungsvereinbarung häuslicher Krankenpflege". In diesem heißt es: "Die mit den Mitgliedern des Avereinbarten Inhalte
und Verfahren der zum 30.11.2006 durch Fristablauf endenden Qualitätsvereinbarung werden bis zum Neuabschuss einer weiterentwickelten
Qualitätsvereinbarung weitergeführt. Mit Beginn des Jahres 2007 werden Absprachen gemäß Verhandlungen zur Qualitätsvereinbarung
zwischen dem A und der AOK Berlin aufgenommen. Ziel ist es, auf der Grundlage der Qualitätsanalyse des A einvernehmlich neue
Bewertungsmaßstäbe zur erbrachten Pflegequalität und der Bemessung der Qualitätszuschläge zu erarbeiten und zeitnah bis Mitte
2007 in die Praxis umzusetzen. Diese modifizierte Qualitätsvereinbarung löst die bis dahin prolongierte Vereinbarung nahtlos
für die verbleibende Restlaufzeit der Vergütungsvereinbarung bis 31.10.2010 ab."
Mit förmlich zugestelltem Schreiben vom 20. Juli 2007 kündigte die Beklagte die Qualitätsvereinbarung ohne Angabe von Gründen
fristgemäß zum 31. Januar 2008. Die Kündigung wurde von dem Leiter des Pflegebereichs der Beklagten, Herrn B, unterzeichnet
mit "i.A. B".
Die Klägerin widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 7. August 2007.
Da die Beklagte an der Kündigung festhielt, hat die Klägerin am 28. Dezember 2007 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben, mit der sie die Feststellung des Fortbestehens der Qualitätsvereinbarung mindestens bis zum 31. Oktober 2010 begehrt.
Sie hat vorgebracht, die Kündigung der Beklagten vom 20. Juli 2007 sei aus materiellen und formellen Gründen unwirksam. Die
Laufzeit der Qualitätsvereinbarung sei nach § 7 an die Laufzeit der Vergütungsvereinbarung gekoppelt und die Qualitätsvereinbarung
könne daher erstmals zum 31. Oktober 2010 gekündigt werden. § 8 der Vereinbarung könne nur dahingehend ausgelegt werden, dass
eine Kündigung des Qualitätszuschlages erstmals sechs Monate nach der Befristung bis zum 31. Oktober 2010, also erstmals zum
31. Mai 2011 möglich sei. Dies bestätige auch ein Schreiben der Beklagten vom 17. Oktober 2006, in dem diese selbst davon
ausgehe, dass die Qualitätsvereinbarung für die verbleibende Restlaufzeit der Vergütungsvereinbarung bis zum 31. Oktober 2010
gelte. Auch nach dessen Sinn und Zweck könne § 8 der Qualitätsvereinbarung nicht anders ausgelegt werden, da mit der Vereinbarung
des Qualitätszuschlages eine extreme Absenkung der Grundvergütung einhergegangen sei. Für bestimmte Pflegedienste, die Qualitätsmerkmalen
entsprochen hätten, habe der Anreiz geschaffen werden sollen, einen Absenkungsausgleich zu erhalten. Wäre vereinbart worden,
dass der Qualitätszuschlag unabhängig von der Vergütungsvereinbarung mit einer Frist von sechs Monaten hätte gekündigt werden
können, wäre diese Regelung nur einseitig zu Lasten der Klägerin gegangen, was nicht gewollt gewesen sei. Zudem stelle die
Kündigung des Qualitätszuschlages eine unzulässige Teilkündigung dar, da die Qualitätsvereinbarung und die Vergütungsvereinbarung
als Gesamtwerk zu sehen seien. Eine isolierte Betrachtung der Vergütungsvereinbarung ohne den Qualitätszuschlag hätte eine
unangemessene Benachteiligung der Klägerin zur Folge. Die Kündigung beruhe auch nicht auf sachlichen Gründen. Die diesbezüglichen
Behauptungen der Beklagten hinsichtlich der angeblichen Weiterentwicklung im Pflegewesen seien nicht belegt und stünden leer
im Raum. Zudem dürfe eine derartige Weiterentwicklung nicht zur Absenkung der Gesamtvergütung führen. Die Kündigung sei darüber
hinaus mangels Einhaltung der vertraglich geregelten Schriftform auch formell unwirksam, da sie lediglich mit "i.A. B" unterzeichnet
worden sei und hieraus nicht erkennbar werde, dass Herr B in Vertretung der Beklagten gehandelt habe. Der Zusatz "i.A." könne
aus Sicht eines Dritten lediglich als Botenhandlung verstanden werden, womit nur eine fremde Willenserklärung übermittelt
und keine eigene abgegeben werde. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG)
zur Wirksamkeit von Prozesshandlungen durch Behördenvertreter bei Unterzeichnung mit "i.A." sei vorliegend nicht anwendbar,
weil diese auf den für die Vertretung in Gerichtsverfahren geltenden Sonderregelungen beruhe, wonach Bedienstete von Behörden
grundsätzlich dann zur Vertretung in Prozessen berechtigt seien, wenn sie die Befähigung zum Richteramt hätten. Insoweit bedürfe
es keiner gesonderten Unterschrift, da die Bediensteten schon auf Grund des Gesetzes wirksam vertreten könnten. Auch habe
das BVerwG ausdrücklich festgestellt, dass dies nur für die prozessuale und nicht auch für die materiell-rechtliche Vertretung
gelte. Ferner handele es sich bei einer Kündigung um eine einseitige, zum Nachteil des Empfängers abgegebene Willenserklärung,
bei der der Empfänger besonderes schutzbedürftig sei. Zudem würden bei einer prozessualen Vertretungshandlung keine juristischen
Laien auftreten. Schließlich könne auch nicht aus den Umständen geschlossen werden, dass eine Vertretungshandlung des Herrn
Ba vorliege, denn es sei nicht allgemein bekannt, dass er wesentliche Schriftstücke mit "i.A." unterzeichne.
Die Beklagte hat die Kündigung der Qualitätsvereinbarung für wirksam gehalten. Die formelle Wirksamkeit scheitere nicht an
dem Zusatz "i.A.". Insofern sei im Rahmen der Auslegung dieser Erklärung zu beachten, dass es vorliegend um die Kündigung
eines öffentlich-rechtlichen Vertrages durch eine Behörde gehe. Ein Mitarbeiter einer Behörde bringe mit dem Kürzel "i.A."
lediglich zum Ausdruck, dass er im behördeninternen Auftrag und damit in amtlicher Eigenschaft handele. Dass es sich um eine
bloße Botenhandlung handele, sei diesem Kürzel dagegen nicht zu entnehmen. Dies ergebe sich vorliegend auch daraus, dass Herr
B üblicherweise wesentliche Schriftstücke, unter anderem auch die Qualitätsvereinbarung selbst, mit "i.A." unterschrieben
habe.
Die Kündigung sei auch materiell-rechtlich wirksam. § 7 Abs. 1 der Qualitätsvereinbarung regele lediglich die Laufzeit des
Vertrages, worunter nach allgemeinem Sprachgebrauch lediglich die reguläre Geltungsdauer zu verstehen sei. Wäre eine Kündigung
erst nach Ablauf dieses Zeitraums möglich, würde die Kündigungsregelung in § 8 Abs. 1 der Qualitätsvereinbarung keinen Sinn
machen, da es dann der Kündigung ohnehin nicht mehr bedürfte. Gerade der Vergleich mit der Vergütungsvereinbarung mache deutlich,
dass sich die Vertragsparteien hinsichtlich der Qualitätsvereinbarung — anders als hinsichtlich der Vergütungsvereinbarung
— bewusst für ein ordentliches Kündigungsrecht entschieden hätten. Dafür spreche auch, dass die Qualitätsvereinbarung ausweislich
deren Präambel eine freiwillige Zusatzvereinbarung und keinen Teil eines Gesamtvertrages darstelle und dass die Klägerin durch
zusätzliche Pflichten im Rahmen der Qualitätssicherung eine zusätzliche Vergütung erlangen könne. Zum Zeitpunkt des Abschlusses
der Qualitätsvereinbarung sei nicht absehbar gewesen, wie lange es erforderlich und angemessen sein würde, solche Qualitätssicherungsmaßnahmen
zusätzlich zu vereinbaren und mit einem besonderen Qualitätszuschlag zu vergüten. Hinzu komme, dass kostenträchtige Zusatzverträge
ohnehin einer ständigen Überprüfung bedürften. Die Vereinbarung eines besonderen Kündigungsrechts sei daher auch interessengerecht
gewesen. Der Qualitätszuschlag sei nicht Teil einer "Gesamtvergütung", sondern es seien vielmehr ausweislich der Vergütungsvereinbarung
sämtliche Leistungen der Klägerin grundsätzlich durch die vereinbarte Vergütung abgegolten, während der Qualitätszuschlag
eigenständigen Charakter habe, der Aufwendungen für zusätzliche Anstrengungen der Qualitätssicherung abgelten solle. Dass
bereits die Vergütungsvereinbarung eine angemessene Vergütung enthalte, werde bereits daran deutlich, dass ein großer Teil
der Vertragspartner der Beklagten die Qualitätsvereinbarung gar nicht abgeschlossen hätten. Schließlich beruhe die Kündigung
auch auf sachlichen Gründen, da sich die Rahmenbedingungen im Hinblick auf die Qualitätssicherung geändert und sich insbesondere
das professionelle Selbstverständnis im Bereich der Pflege deutlich weiterentwickelt habe. Eine Umsetzung und Fortentwicklung
der Qualitätsstandards sei nunmehr auch ohne zusätzliche finanzielle Mittel in Gestalt eines Qualitätszuschlags möglich.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage hat mit Urteil vom 27. November 2008 abgewiesen.
Es hat sie auf Feststellung gerichtet angesehen, dass die am 20. Juli 2007 zugegangene Kündigung der Beklagten die Qualitätsvereinbarung
vom 25.Juni 2004 nicht beendet habe und die Beklagte auch über den 31. Januar 2008 hinaus mindestens bis zum 31. Oktober 2010
verpflichtet sei, die Vergütungszuschläge, soweit die vertraglichen Voraussetzungen vorliegen, nach der Qualitätsvereinbarung
an die Klägerin zu zahlen habe.
Die auf Fortbestehen der Qualitätsvereinbarung vom 25. Juni 2004 gerichtete Feststellungsklage sei zulässig nach §
55 Abs.
1 Nr.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG). Der Durchführung eines Vorverfahrens und der Einhaltung einer Klagefrist habe es nicht bedurft, da sich die Beteiligen
aufgrund des zwischen ihnen geschlossenen Vertrages nach §
132 a Abs.
2 SGB V in einem Gleichordnungsverhältnis gegenüber gestanden seien.
Die Kündigung mit Schreiben vom 20. Juli 2007 sei indes wirksam. Das Recht der Beklagten zur Kündigung ergebe sich aus § 8
Abs. 1 der Qualitätsvereinbarung. Danach könne diese von jedem Vertragspartner mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt
werden, ohne dass ein Kündigungsgrund vorliegen müsse. Das Kündigungsrecht bestehe jederzeit und nicht erst nach Ablauf der
Vergütungsvereinbarung. Zwar sei die Vertragslaufzeit der Qualitätsvereinbarung nach § 7 Abs. 1 Satz 2 an die - unkündbare
- Vergütungsvereinbarung gekoppelt. Jedoch könnten § 7 Abs. 1 Satz 2 und § 8 Abs. 1 der Qualitätsvereinbarung nur dahingehend
verstanden werden, dass das Kündigungsrecht unabhängig von der Laufzeit der Vergütungsvereinbarung bestehe. § 7 Abs. 1 Satz
2 regele nur ein automatisches Ende der Qualitätsvereinbarung, sofern diese nicht vorher von einem der Beteiligten gekündigt
worden sei. § 8 Abs. 1 der Vergütungsvereinbarung hätte keinen Anwendungsbereich, wenn die Kündbarkeit an das Auslaufen der
Vergütungsvereinbarung gekoppelt wäre. Es könne nicht angenommen werden, dass dies vereinbart worden sein sollte. Die Annahme
einer Kündigungsmöglichkeit entspreche zudem der gängigen Vertragsgestaltung bei Dauerschuldverhältnissen, etwa bei Arbeits-
oder Mietverträgen, die auch im Falle einer zeitlichen Befristung häufig zusätzliche Kündigungsregelungen enthielten.
Die Beteiligten hätten auch nicht nur einen Gesamtvertrag abgeschlossen. Beide Vereinbarungen seien nach ihrem Regelungsgehalt
ohne weiteres getrennt betrachtbar. Die Qualitätsvereinbarung sei lediglich an die Vergütungsvereinbarung gekoppelt, was in
§ 7 Abs. 1 Satz 2 der Qualitätsvereinbarung ausdrücklich klargestellt sei. Umgekehrt bestehe dagegen keine Abhängigkeit der
Vergütungsvereinbarung vom Bestand der Qualitätsvereinbarung. Eine solche Abhängigkeit ergebe sich auch nicht nach dem Inhalt
der Vereinbarungen. Bei objektivierter Betrachtungsweise folge aus § 8 Abs. 1 der Qualitätsvereinbarung vielmehr die Kündigungsmöglichkeit.
Aber auch inhaltlich bestehe keinerlei Abhängigkeit der Vergütungsvereinbarung von der Qualitätsvereinbarung. Letztere habe
einen eigenständigen Regelungsgehalt. Für bestimmte zusätzliche Anstrengungen im Rahmen der Qualitätssicherung werde ein Vergütungszuschlag
von 3 % gewährt. Gelte diese Vereinbarung nicht mehr, sei einerseits die Klägerin nicht mehr zu zusätzlichen Maßnahmen im
Hinblick auf die Qualitätssicherung verpflichtet und erhalte andererseits auch nicht mehr den Qualitätszuschlag. Die Klägerin
könne auch nicht erfolgreich vortragen, dass sie die Vergütungsvereinbarung im Oktober 2006 in Kenntnis der späteren Kündigung
der Qualitätsvereinbarung nicht geschlossen hätte und die mit der neuen Vergütungsvereinbarung verbundene Verringerung der
Vergütung ohne den Qualitätszuschlag nicht akzeptiert hätte. Eine solche Koppelung hätte sie vertraglich vereinbaren müssen.
Die Kündigung sei auch vertragsgemäß binnen einer Frist von sechs Monaten zum 31. Januar 2008 erfolgt.
Das Kündigungsschreiben habe auch die nach § 8 Abs. 5 der Qualitätsvereinbarung erforderliche Schriftform gewahrt. Die vom
Gesetz geforderte eigenhändige Unterzeichnung nach §§
126,
127 Abs.
1 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) sei erfolgt. Der Unterzeichner B sei nach den Angaben der Beklagten, welchen die Klägerin insoweit nicht entgegengetreten
sei und an denen kein zu zweifeln kein Anlass bestehe, im Rahmen seines Aufgabenbereichs als Leiter des Bereichs Pflege der
Beklagten zur Kündigung befugt gewesen. Dem stehe nicht entgegen, dass seiner Unterschrift (nur) der Zusatz "i. A." hinzugefügt
sei. Dieser Zusatz weise nicht auf bloße Botenstellung bzw. die Überbringung einer fremden Erklärung hin, sondern vielmehr
auf eine Beauftragung entsprechend § 11 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch. Die Vertretung einer Behörde sei nach
dieser Vorschrift ihrem Leiter oder deren Vertreter vorbehalten. Eine Unterzeichnung mit "i. V." eines sonstigen Behördenmitarbeiters
sei im Gegenteil eher missverständlich. Hinzu komme im vorliegenden Falle, dass Herr B alle vorliegend relevanten Verträge,
nämlich den Vertrag nach §
132 a Abs.
2 SGB V, die Vergütungsvereinbarungen und die Qualitätsvereinbarung selbst ebenfalls mit "i. A. B" unterzeichnet habe. Die Klägerin
habe nicht ernsthaft davon ausgehen können, dass er jeweils nur eine fremde Erklärung übermittelt habe, zumal er als Leiter
des Pflegebereichs der Klägerin bzw. deren Geschäftsführer auch persönlich bekannt gewesen sei, wie dies den Äußerungen der
Prozessbevollmächtigten der Klägerin und des Vertreters ihres Berufsverbandes in der mündlichen Verhandlung entnehmbar gewesen
sei.
Die Kündigung sei schließlich auch nicht rechtsmissbräuchlich erfolgt. Insbesondere könne die Klägerin nicht vorbringen, dass
die Beklagte in ihrem Schreiben vom 17. Oktober 2006 der Klägerin mitgeteilt habe, dass mit Beginn des Jahres 2007 zwischen
der Beklagten und dem Berufsverband A absprachegemäß Verhandlungen zur Qualitätsvereinbarung aufgenommen würden mit dem Ziel,
durch eine "modifizierte Qualitätsvereinbarung (...) die bis dahin prolongierte Vereinbarung nahtlos für die verbleibende
Restlaufzeit der Vergütungsvereinbarung bis 31.10.2010" abzulösen. Dieser Erklärung lasse sich lediglich entnehmen, dass eine
Absicht zur Verhandlung über eine neue Qualitätsvereinbarung bestanden habe. Es sei seitens der Beklagten weder ein Abschluss
zugesagt worden, noch lasse sich dem Schreiben eine irgendwie geartete Erklärung entnehmen, dass die Beklagte von dem ihr
nach § 8 Abs. 1 der Qualitätsvereinbarung zustehenden Kündigungsrecht keinen Gebrauch machen werde. Auch lasse sich dem Schreiben
nicht entnehmen, dass die Beklagte selbst davon ausgegangen sei, dass die Qualitätsvereinbarung vor dem 31. Oktober 2010 unkündbar
sei. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung gemutmaßt habe, dass seitens der Beklagten bereits im Zeitpunkt des
Abschlusses der Vergütungsvereinbarung im Oktober 2006 beabsichtigt gewesen sei, die Qualitätsvereinbarung zu kündigen und
dies gegenüber der Klägerin bzw. deren Verband bewusst verschwiegen worden sei, handele es sich um eine reine Vermutung. Die
Klägerin habe sie nicht durch Tatsachen belegt. Sie sei durch die Beklagte auch ausdrücklich bestritten worden. Im Übrigen
würde ein derartiges Vorgehen möglicherweise ein Anfechtungsrecht hinsichtlich der Vergütungsvereinbarung oder einen Schadensersatzanspruch
aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen (§§
280 Abs.
1,
241 Abs.
2 BGB) begründen, hätte aber auf die Wirksamkeit der Kündigung der Qualitätsvereinbarung keinen Einfluss.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin vom 07. Januar 2009.
Sie bleibe bei ihrer Auffassung, dass die Kündigung bereits formell unwirksam sei. Selbst bei einer Kündigung mit dem Kürzel
"i. V." sei eine Vollmacht im Original beizufügen.
Angesichts der Monopolstellung der Beklagten sei die Kündigung rechtsmissbräuchlich.
Die Qualitätsvereinbarung habe auch nicht isoliert gekündigt werden können, weil es sich um ein Gesamtvergütungssystem gehandelt
habe. Die Einheitlichkeit ergebe sich ferner auch daraus, dass die Beklagte die Prüfung der Einhaltung der Qualitätsvereinbarung
nicht nur auf das Wundmanagement bzw. das Dekubitusmanagement beschränkt, sondern die Gesamteinrichtung überprüft habe (Bezugnahme
auf das Verfahren des Sozialgerichts Berlin - S 81 KR 185/08). Auch aus den Akten der Beklagten ergebe sich, dass bei den Verhandlungen immer nur von einem Gesamtpaket ausgegangen worden
sei.
Die Beklagte habe bereits 2006 ein neues Vergütungssystem einführen wollen. Dem hätten die Verhandlungsführer der Pflegedienste
zugestimmt, jedoch nur bei einer langen Laufzeit und der Maßgabe, dass eine neue Qualitätsvereinbarung die alte ablöse, jedoch
bis dahin Gültigkeit entfalten solle. Es sollte also die Kündigung ausgeschlossen sein, um die Absenkung um 3 % abzufangen.
Bei manchen Pflegestationen sei nicht nur eine Absenkung um 3 % zur Disposition gestanden, sondern de facto sogar um 8 % bis
10 %. Es habe keinen Grund gegeben, die alte Qualitätsvereinbarung mit einer zusätzlichen Kündigungsfrist nach Ablauf der
jeweiligen Vergütungen gemäß § 8 der Qualitätsvereinbarung zu ändern. Die Verhandlungsführer, welche die Klägerin vertreten
hätten, hätten auf diesen Umstand auch vertrauen können, da selbst die Beklagte diese vorhandenen Eckpunkte in ihrem Schreiben
vom 17. Oktober 2006 gegenüber allen Pflegestationen, d. h. auch gegenüber der Klägerin, angeführt habe. Einzig und allein
in diesem Vertrauen sei die gleichzeitig mit diesem Schreiben übersandte neue Vergütungsvereinbarung unterschrieben worden.
Auch aus dem (von den Vertretern des A erstellten) Protokoll vom 11. September 2006 gehe hervor, dass bei dem Abschluss der
neuen Vergütungsvereinbarung die streitbefangene Qualitätsvereinbarung mit Inhalt gewesen sei und weitergewährt werde.
Das Vorbringen der Beklagten, die Qualitätsvereinbarung sei als Anschubfinanzierung gedacht gewesen, mache keinen Sinn. Die
Qualitätsvereinbarung habe sich nämlich nur auf die Bereiche Wundversorgung und Dekubitusversorgung bezogen. Diese Bereiche
hätten jedoch nur zirka 5 bis 10 % der Leistungen häuslicher Krankenpflege nach dem
SGB V ausgemacht. Insoweit sei nichts anzuschieben gewesen. Deutlich werde vielmehr, dass es um eine Verbesserung der Gesamtleistungserbringung
gehen sollte.
Die Klägerin bleibe weiter bei ihrer Auffassung, dass die Beklagte bei den Verhandlungen zur neuen Vergütungsvereinbarung
jedenfalls die Hinweispflicht gehabt hätte, auf die in Betracht gezogene Kündigung der Qualitätsvereinbarung hinzuweisen.
Die Kündigung verstoße auch gegen Treu und Glauben, weil die Beklagte den Verhandlungsführern einen anderen Sachverhalt vermittelt
habe. Die Beklagte habe jedenfalls moralisch nicht integer gehandelt, indem sie mündliche Zusagen nicht einhalte. Sie wolle
das bisherige Gewohnheitsrecht unterlaufen. Die Beklagte habe sachliche Kündigungsgründe nie dargelegt.
§ 8 der Qualitätsvereinbarung stehe ferner im Widerspruch zu § 7 Abs. 1. Ein eindeutiger Parteiwille lasse sich den Vertragsregelungen
nicht entnehmen. Bei der deshalb anzustellenden Auslegung sei regelmäßig die Interessenlage bei Abgabe der Willenserklärung,
nicht die der späteren richterlichen Entscheidung, maßgeblich. Ein vorzeitiges Kündigungsrecht habe damals alleine der Interessenlage
der Beklagten gedient. Die Annahme eines vorzeitigen Kündigungsrechts führte zu einem Ungleichgewicht zwischen den Parteien.
Zu berücksichtigen sei auch der wirtschaftliche Zweck des Geschäfts. Der wirtschaftliche Zweck der Qualitätsvereinbarung könne
nur gewährleistet sein, wenn eine isolierte Kündigung ausgeschlossen sei.
Die Klägerin beantragt,
1. unter Abänderung des am 27. November 2008 verkündeten Urteils, Aktenzeichen S 36 KR 3528/07, festzustellen, dass die am 20. Juli 2007 ausgesprochene Kündigung der Beklagten und Berufungsbeklagten die Qualitätsvereinbarung
vom 25. Juni 2004 nicht beendet hat und die Beklagte und Berufungsbeklagte auch über den 31. Januar 2008 hinaus mindestens
bis zum 31. Oktober 2010 verpflichtet ist, die Vergütungszuschläge nach der Qualitätsvereinbarung an die Klägerin und Berufungsklägerin
zu zahlen,
2. hilfsweise unter Abänderung des am 27. November 2008 verkündeten Urteils, Aktenzeichen S 36 KR 3528/07, festzustellen, dass die am 20. Juli 2007 ausgesprochene Kündigung der Beklagten und Berufungsbeklagten die Qualitätsvereinbarung
vom 25. Juni 2004 nicht beendet hat und die Beklagte und Berufungsbeklagte auch über den 31. Januar 2008 hinaus mindestens
bis zum 31. Oktober 2010 verpflichtet ist, die Vergütungszuschläge, soweit die vertraglichen Voraussetzungen vorliegen, nach
der Qualitätsvereinbarung an die Klägerin und Berufungsklägern zu zahlen,
3. hilfsweise den Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Sachverhaltsaufklärung unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts
Berlin, Aktenzeichen S 36 KR 3528/07, an das Gericht des ersten Rechtszuges gemäß §
159 SGG zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt die sozialgerichtliche Entscheidung. Ergänzend führt sie aus,
dass das von der Klägerin eingereichte Protokoll der Verhandlung vom 11. September 2006 deren Verlauf nicht zutreffend wiedergebe.
Die neue Vergütungsvereinbarung vom 17. Oktober 2006 habe eine Umstellung des Vergütungssystems zum Gegenstand gehabt. Ziel
sei es gewesen, den Leistungsaufwand angemessener zu berücksichtigen. Eine Verminderung der Gesamtvergütung sei nicht beabsichtigt
gewesen. Bereits deshalb habe die Qualitätsvereinbarung nicht den Zweck haben können, eine Vergütungseinbuße in Höhe von 3
% zu kompensieren. Dies ergebe sich auch aus dem Umstand, dass die Qualitätsvereinbarung schon weitaus älter und im Jahr 2006
lediglich prolongiert worden sei. Die Kündigung habe nicht gegen Treu und Glauben verstoßen. Freiwillige Zusatzvereinbarungen
seien ständig daraufhin zu überprüfen, ob sie im wirtschaftlichen Kontext noch gerechtfertigt seien. Erst gegen Ende des Jahres
2006 seien die Überlegungen auf Seiten der Beklagten in die Richtung gegangen, die Qualitätsvereinbarung durch Kündigung zu
beenden.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat teilt dessen Auffassung, dass die Beklagte die Qualitätsvereinbarung wirksam
gekündigt hat.
Die Kündigung ist formell wirksam und konnte auf § 8 der Qualitätsvereinbarung gestützt werden. Die Beklagte war auch nicht
aus Treu und Glauben oder ähnlichen Rechtsgrundsätzen an einer Kündigung gehindert. Auch die -im Hauptantrag enthaltenen-
Hilfsanträge sind damit unbegründet.
Die Auffassung der Klägerin, dass der leitende Mitarbeiter der Beklagten B die Kündigung habe nur als Bote mitteilen wollen,
ist eher abwegig. Die Klägerin verhält sich überdies widersprüchlich, wenn sie die Beklagte an der Pflicht zur Einhaltung
der Schriftform festhalten will. Nach dem schriftlich Vereinbarten endete nämlich der Zeitraum der Qualitätsvereinbarung vom
25. Juni 2004 mit dem Ende der damaligen Vergütungsvereinbarung. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 der Qualitätsvereinbarung war die
Laufzeit "an die der Vergütungsvereinbarung gekoppelt". Die Vergütungsvereinbarung vom 25. Juni 2004 war nur bis zum 30. November
2006 befristet. Im Rahmen der Verhandlungen über eine neue Vergütungsvereinbarung kam es nur zu einer mündlichen Einigung
über die Fortführung der Qualitätsvereinbarung. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang unwidersprochen auf ihr Angebotsschreiben
vom 17. Oktober 2006 hingewiesen, auf welches die Klägerin keine schriftliche Annahmeerklärung abgegeben hat.
Es ist aus Sicht des Senats auch eher fern liegend anzunehmen, dass die Vertragsvorschriften der §§ 7 und 8 der Qualitätsvereinbarung
in sich widersprüchlich seien.
Eines Kündigungsgrundes bedurfte es nach § 8 der Qualitätsvereinbarung nicht. Bereits deshalb kann sich die Klägerin nicht
darauf berufen, dass die Kündigung unsachlich gewesen sei. Im Übrigen ist die Kündigung zur Einsparung von Kosten erfolgt.
Ein sachlicher Grund lag also vor.
Die Argumentation der Klägerin kreist im Schwerpunkt immer wieder um die These, dass die Beklagte aufgrund der Gesamtschau
der Verhandlungen mit dem Berufsverband der Klägerin das berechtigte Vertrauen erweckt habe, dass die Qualitätsvereinbarung
- und insbesondere die dort enthaltenen Sondervergütungen - so lange Bestand hätten, wie eine Vergütungsvereinbarung bestehe.
Es gibt jedoch - unstreitig - keine übergeordnete vertragliche Vereinbarung, welcher dies entnehmbar sein könnte. Sollte der
Berufsverband der Klägerin dieser gegenüber den Eindruck eines derartigen Gesamtpaketes erweckt haben, brauchte sich dies
die Beklagte nicht zurechnen zu lassen.