Tatbestand
Der Kläger begehrt Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom 12. November 2014 bis zum 31. Oktober 2015 als Zuschuss ohne Berücksichtigung seiner Wohnimmobilie als Vermögen.
Der 1954 geborene Kläger war zuletzt in den 1990er Jahren berufstätig und bezog seit Januar 2005 Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Nach dem Tod seiner Mutter erbte er deren Wohngrundstück R.. Mitte 2009 zog in das geerbte Haus ein. Es verfügt über eine
Wohnfläche von 103 qm bei einer Grundstücksgröße von 629 qm. Die Immobilie war zum Zeitpunkt des Erbfalles noch mit Verpflichtungen
von mehr als 100.000 Euro belastet.
Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache am 18. Dezember 2012 und mit Schreiben vom 19. Dezember 2012 wurde der Kläger hingewiesen,
dass es ihm nach Ansicht des Beklagten möglich und zumutbar sei, sein Haus zu verkaufen. Es sei unangemessen groß, so dass
die Verwertung erforderlich sei. Danach bewilligte der Beklagte Leistungen noch darlehensweise vom 1. Juni 2013 bis zum 31.
Mai 2014.
Ausweislich eines Aktenvermerks vom 29. April 2014 wurde der Kläger im Rahmen einer persönlichen Vorsprache erneut aufgefordert,
Schritte zur Verwertung des Hausgrundstückes einzuleiten, woraufhin er klar und eindeutig erklärt habe, dass er das Haus nicht
verkaufen wolle und nichts in dieser Angelegenheit unternehmen werde.
Am 15. Mai 2014 beantragte der Kläger die Weiterbewilligung von Leistungen. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 22. Mai 2014
abgelehnt. Hiergegen erhob der Kläger am 12. Juni 2014 Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 2014 zurückgewiesen
wurde. Zur Begründung hieß es, der Kläger verfüge über Vermögen in Form einer Immobilie. Eine weitere darlehensweise Bewilligung
komme nicht in Betracht, weil der Kläger Verkaufsbemühungen nicht nachgewiesen habe.
Ein Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Beklagten blieb ohne Erfolg vor dem Sozialgericht
Hamburg (Beschluss vom 24.7.2014 – S 32 AS 2422/14 ER). Die Beschwerde des Klägers wies das Landessozialgericht mit Beschluss vom 2. Oktober 2014 (L 4 AS 308/14 B ER) zurück. Das Haus sei im Hinblick auf seine Wohnfläche unangemessen groß und müsse daher verwertet werden.
Am 29. September 2014 schloss der Kläger mit der a. GmbH, Geschäftsführerin Frau M., vertreten durch Herrn W., einen Grundstückskaufvertrag.
Die Käuferin sollte 1/2 Miteigentumsanteil an dem Grundstück zu einem Kaufpreis von 60.000 Euro erwerben, um auf dem hinterer
Grundstücksteil ein Einfamilienhaus zu errichten. Mit dem Kaufpreis sollten Grundschulden abgelöst werden. Schriftverkehr
mit der H. ergibt, dass die monatlichen Verpflichtungen des Klägers auf den vom Beklagten als angemessene Wohnkosten akzeptierten
Betrag gesenkt werden sollten (Blatt 585 der Verwaltungsakten). Den Schriftverkehr führte auf Seiten des Klägers dessen Bekannter
Herr W., der mit dem weiteren Bekannten Herrn D. und deren Partnerinnen Frau M. und Frau R1 in die Grundstücksgeschäfte des
Klägers eingeschaltet war.
Am 16. Oktober 2014 beantragte der Kläger die Weiterbewilligung von Leistungen. Er gab an, die Grundstücksgröße betrage jetzt
noch 314,5 qm, der Verkehrswert 220.000 Euro, die Wohnfläche nach wie vor 103 qm inklusive Nebenflächen. Die Belastung belaufe
sich noch auf 92.000 Euro.
Mit Bescheid vom 23. Oktober 2014 lehnte der Beklagte den Antrag auf Bewilligung von Leistungen vom 16. Oktober 2014 ab. Zur
Begründung hieß es, die vom Kläger bewohnte Immobilie habe eine Wohnfläche von mehr als 90 qm und sei daher unangemessen groß
und grundsätzlich zu verwerten. Eine besondere Härte sei nicht ersichtlich.
Am 12. November 2014 beantragte der Kläger erneut den Erlass einer einstweiligen Anordnung (S 32 AS 3950/14 ER). Zur Begründung trug er vor, die Verwertung seines Vermögens sei aufgrund seiner psychischen Verfassung nicht möglich.
Der behandelnde Arzt des Klägers, G., bestätige einen drohenden Suizid bei Verkauf des Hauses. Im Verfahren des einstweiligen
Rechtsschutzverfahrens holte das Gericht einen Befundbericht des behandelnden Arztes ein. Er bestätigte eine Konsultation
des Klägers am 10. November 2014. Es bestünden Suizidgedanken.
Mit Beschluss vom 15. Dezember 2014 lehnte das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Zur Begründung
hieß es, der Kläger habe auch in diesem Verfahren die vom Gericht angeforderten Kontoauszüge nicht eingereicht und die geforderte
Erklärung, womit er seinen Lebensunterhalt seit Einstellung der Leistungen durch den Beklagten finanziert habe, nicht übermittelt.
Schon aus diesem Grund habe er seine Hilfebedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht. Außerdem sei die Zahlung des Kaufpreises
von 60.000 Euro entweder bereits erfolgt oder unmittelbar bevorstehend. Darüber hinaus handele es sich bei der Immobilie nach
wie vor um verwertbares Vermögen. Eine besondere Härte sei auch im Hinblick auf die behauptete psychische Verfassung des Klägers
nicht ersichtlich. Die nunmehr vorgetragene schlechte psychische Verfassung sei erstmals in diesem Verfahren thematisiert
worden und aus der Verwaltungsakte nicht ersichtlich.
Am 5. Februar 2015 sprach der Kläger beim sozialmedizinischen Dienst, Fachamt Gesundheit vor. Nach der Bescheinigung von Frau
Dr. H1 vom 5. Februar 2015 war der Kläger nur gering belastbar. Eine suizidale Dekompensation sei bei Verlust des Hauses nicht
auszuschließen.
Im Beschwerdeverfahren verpflichtete der Senat den Beklagten mit Beschluss vom 27. Februar 2015 (L 4 AS 510/14 B ER) im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig, dem Kläger darlehensweise Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
ab dem 11. November 2014 ohne Berücksichtigung seines Vermögens zu gewähren. Angesichts der ärztlich festgestellten kritischen
Verfassung des Klägers könne ihm derzeit die Veräußerung seines Hauses nicht zugemutet werden. Es bestehe hinsichtlich der
psychischen Situation weiterer Aufklärungsbedarf, der im gerichtlichen Eilverfahren nicht geleistet werden könne.
Der Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 4. März 2015 (und nachfolgenden Änderungsbescheiden) Leistungen vorläufig
darlehensweise für die Zeit vom 11. November 2014 bis zum 30. April 2015.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2015 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 23. Oktober
2014 zurück. Zur Begründung hieß es, dem Widerspruch sei mittlerweile abgeholfen.
Hiergegen hat der Kläger am 8. April 2015 Klage erhoben (S 32 AS 1279/15). Der Bescheid vom 4. März stelle allenfalls eine Teilabhilfe dar. Er sei zudem seelisch schwer erkrankt und nicht in der
Lage, das Grundstück zu verkaufen.
Mit Bescheid vom 24. April 2015 (und weiteren Änderungsbescheiden) bewilligte der Beklagte zunächst vorläufig darlehensweise
Leistungen für den Zeitraum vom 1. Mai 2015 bis zum 31. Oktober 2015.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 10. August 2015 wies der Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 4. März
2015 und 24. April 2015 zurück. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine endgültige Bewilligung von Leistungen. Die Verwertung
des Vermögens sei aktuell noch unzumutbar. Deshalb seien darlehensweise Leistungen zu erbringen.
Gegen beide Widerspruchsbescheide hat der Kläger am 1. September 2015 Klage erhoben und sein Begehren weiterverfolgt (S 32 AS 3288/15 und S 32 AS 3289/15). Das Sozialgericht hat sämtliche Verfahren verbunden. Ein weiteres Begehren nach Bescheidung seines Weiterbewilligungsantrages
vom 31. März 2016 hat der Kläger für erledigt erklärt.
Am 11. März 2016 schloss der Kläger einen notariellen Kaufvertrag über den bebauten Teil des Grundstücks R. mit Frau M. und
Frau R1, Kaufpreis 150.000 Euro. Er schloss mit ihnen zugleich einen Mietvertrag ab dem 1. Mai 2016 und beantragte gegenüber
dem Beklagten die Übernahme der Mietzinsverpflichtung. Aus dem Kauferlös sollte nach einem Schreiben des beurkundenden Notars
vom 23. Mai 2016 ein Restbetrag von 5.000 Euro an den Kläger gehen, der allerdings wegen von diesem zu tragender Kosten einbehalten
werden müsste.
Ebenfalls am 11. März 2016 schloss der Kläger einen notariellen Kaufvertrag über den hinteren, unbebauten Teil des Grundstücks
R. mit einer Frau B., Kaufpreis 79.000 Euro.
Etliche Nachfragen des Beklagten ergaben, dass der Kaufvertrag mit der Fa. a. vom aus dem Jahr 2014, ebenso wie ein weiterer
Kaufvertrag mit dieser Firma aus dem Jahr 2015, nicht zur Ausführung gelangt und durch Rücktritt erloschen sei.
Das Sozialgericht hat eine ärztliche Stellungnahme des Fachamtes Gesundheit beim Bezirksamt Harburg sowie einen Befundbericht
von G., Facharzt für Nervenheilkunde, eingeholt und zudem eine psychiatrische Untersuchung des Klägers durch Frau Dr. M1,
Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, veranlasst. Das Gutachten wurde am 26. April 2016 erstattet. Auf diese medizinischen
Unterlagen wird ergänzend verwiesen und Bezug genommen.
Darüber hinaus hat das Sozialgericht den Kläger u.a. aufgefordert, zu den Kaufverträgen bezüglich der Immobilie und der Zahlung
der Kaufpreise näher Stellung zu nehmen. Dem ist der Kläger nicht nachgekommen. Aus einem Schreiben des beurkundenden Notars
vom 30. Mai 2017 ergibt sich, dass lediglich der Kaufvertrag mit Frau B. tatsächlich durchgeführt worden war. Die Zahlungen
waren ausweislich eines weiteren Schreibens des Notars vom 24. Mai 2016 zur Tilgung von Krediten und Kosten bestimmt, ein
Restbetrag sollte an Frau M. geleistet werden.
Mit Urteil vom 15. September 2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe seine Hilfebedürftigkeit nicht
belegt, da er angeforderte Unterlagen nicht, zumindest nicht vollständig, eingereicht habe. Darüber hinaus verfüge der Kläger
über verwertbares Vermögen in Form seiner Wohnimmobilie im R. in H2. Das Grundstück sei nach Überzeugung des Gerichtes entweder
ganz oder auch teilweise verwertbar, wie die diversen Kaufverträge zeigten, die der Kläger und zum Teil auch Dritte bezüglich
darüber abgeschlossen hätten. Der werthaltigere vordere Teil des Grundstücks sei im Übrigen vom dem nicht zur Ausführung gelangten
Kaufvertrag mit der Fa. a. gar nicht betroffen gewesen, sondern im Eigentum des Klägers verblieben. Ein Vermögensschutz für
das Hausgrundstück nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4, S. 2 SGB II scheide aus, weil dieses von unangemessener Größe sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ergebe sich für einen
Einpersonenhaushalt ein Grenzwert von 90 qm. Auch die Anwendung einer gewissen Toleranz, wie sie bei Überschreiten der Wohnflächengrenze
um nicht mehr als zehn Prozent erwogen worden sei, würde vorliegend an der unangemessenen Größe des Hausgrundstücks des Klägers
nicht ändern. Eine Unwirtschaftlichkeit der Veräußerung (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 1 SGB II) sei ebenfalls nicht erkennbar, denn unter Berücksichtigung des im Jahr 2013 im Zwangsvollstreckungsverfahren festgestellten
Verkehrswertes von 275.000 Euro wäre nach Abzug der Verbindlichkeiten ein Betrag von erheblicher Höhe zur Bestreitung des
Lebensunterhaltes übriggeblieben. Im Hinblick auf die Entwicklung des Immobilienmarktes ab 2013 dürfte im streitigen Zeitraum
von einem noch höheren Verkehrswert auszugehen sein. Schließlich liege auch keine besondere Härte in der Verwertung des Grundstücks.
Insbesondere sei die geltend gemachte Suizidgefahr nicht substantiiert. Dies ergebe sich aus dem Gutachten von Frau Dr. M1.
Sie begründe das schlüssig und nachvollziehbar damit, dass der Kläger selbst erklärt habe, dass er zu keinem Zeitpunkt konkrete
Suizidgedanken gehegt und auch nie geplant habe, sich umzubringen. Da der Kläger bisher nicht in durchgehender neuropsychiatrischer
Behandlung gewesen sei, könne auch allenfalls der Verdacht einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung geäußert werden.
Eine manifeste depressive Störung bestehe nicht. Auch die Suizidanamnese des Klägers sei leer. Grundsätzlich ist zwar einzuräumen,
dass der Verlust der eigenen Immobilie einen gravierenden Umstand darstelle, nach den Feststellungen der Gutachterin treffe
dies den Kläger aber in gleicher Weise wie andere. Dies stehe auch in Übereinstimmung mit den Feststellungen der Frau Dr.
H1, die keine depressive Störung beim Kläger festgestellt habe. Zwar könne eine Dekompensation nicht sicher ausgeschlossen
werden, dies betreffe jedoch auch nicht beeinträchtigte und belastbarere Persönlichkeiten.
Das Sozialgericht hat weiter ausgeführt, dass der Kläger offenbar nicht ernsthaft eine Verwertung betreibe. Zwar habe er nach
dem hier streitigen Zeitraum, wie aus weiteren Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz im Jahr 2016 bzw. 2017 bekannt geworden
sei, weitere Kaufverträge über die Immobilie abgeschlossen; die bisher bekannten Informationen dazu seien jedoch unvollständig
und würfen weitere Fragen auf. Nicht erklärlich sei etwa, wieso der Kläger, der wegen der Nichtzahlung des Kaufpreises vom
Kaufvertrag mit der Fa. a. zurückgetreten sei, danach u.a. mit der die a. vertretenden Frau M. einen Kaufvertrag über die
vorderen Grundstückshälfte geschlossen habe. Auch dieser Kaufvertrag vom März 2016 sei mangels Zahlung des Kaufpreises nicht
durchgeführt worden. Trotzdem habe der Kläger keine Vollstreckungsversuche unternommen. Er sei auch nicht vom Kaufvertrag
zurückgetreten. Unverständlich sei insbesondere, warum der Kläger Teile des Kaufpreises der hinteren Grundstückshälfte an
Frau M. auszahlen habe lassen und darüber hinaus mit ihr einen Mietvertrag über die Immobilie geschlossen habe, obwohl sie
wegen Nichtzahlung des Kaufpreises nicht Eigentümerin geworden sei. Mit dem Mietvertrag wiederum habe der Kläger dafür gesorgt,
dass der Beklagte zwischenzeitlich verpflichtet worden sei, Unterkunftskosten für den Kläger an Frau M. zu zahlen.
Gegen dieses seinem Prozessbevollmächtigten am 29. September 2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Oktober 2017 Berufung
eingelegt. Er macht geltend, dass mit der Suizidgefahr durchaus ein Verwertungshindernis bestehe. Auch ergebe eine Entscheidung
des Landessozialgerichts NRW (Urteil vom 5.5.2014 – L 20 SO 58/13), dass die Größe des Wohnhauses durchaus noch als angemessen
betrachtet werden könne und damit ein Schonvermögen vorliege.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 15. September 2017 aufzuheben sowie
1. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Oktober 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2015
zu verurteilen, ihm Leistungen ab dem 12. November 2014 bis zum 31. Oktober 2015 als Zuschuss, hilfsweise als Darlehen zu
gewähren;
2. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 24. April 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2015
zu verurteilen, Leistungen für den Zeitraum vom 1. Mai 2015 bis zum 31. Oktober 2015 nicht als Darlehen, sondern als Zuschuss
in gesetzlicher Höhe zu bewilligen, hilfsweise ein höheres Darlehen entsprechend dem tatsächlichen Bedarf zu gewähren;
3. den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 4. März 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2015
zu verurteilen, Leistungen für die Zeit vom 12. November 2014 bis zum 30. April 2015 nicht nur als Darlehen, sondern als Zuschuss
in gesetzlicher Höhe zu gewähren, hilfsweise ein höheres Darlehen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten
zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er stützt sich auf den Inhalt der erstinstanzlichen Entscheidung.
In einem nachfolgenden gerichtlichen Eilverfahren vor dem Sozialgericht (S 32 AS 4316/18 ER) hat der Kläger eine notarielle Urkunde vom 24. Oktober 2018 (Nr. 774/2018 des Notars K., B1) vorgelegt, aus der sich
ergibt, dass die Eigentumsumschreibung zugunsten der Käuferinnen Frau M. und Frau R1 schon endgültiger Kaufpreiszahlung erfolgen
sollte und zugleich zugunsten des Klägers ein Wohnungsrecht sowie zugunsten der Käuferinnen eine Grundschuld eingetragen werden
sollte. Das ist im Anschluss auch im Grundbuch durchgeführt worden. Der Senat hat im entsprechenden Beschwerdeverfahren mit
Beschluss vom 3. Mai 2019 (L 4 AS 31/19 B ER) den Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, dem Kläger Leistungen nach dem SGB II ab dem 18. Dezember 2018 zu gewähren, und ausgeführt:
„Nach dem Vorbringen im Beschwerdeverfahren dürfte es aber nunmehr als überwiegend wahrscheinlich anzusehen sein, dass der
Antragsteller mit einem Teil des Veräußerungserlöses die Verbindlichkeiten bei der H. getilgt hat (Anlage 1 des Schriftsatzes
des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 12.3.2019: Zahlung vom 22.2.2019 über 76.844,99 Euro; Zahlung vom 23.6.2016
über 67.985,25 Euro). Ein weiterer Teil des Veräußerungserlöses dürfte für die Begleichung von Notarkosten verwendet worden
sein (Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 5.12.2018). Schließlich dürfte das Wohnrecht des Antragstellers
in Abzug gebracht worden sein (Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 11.4.2019). Der Senat kann danach
nicht davon ausgehen, dass dem Antragsteller noch größere, seine Hilfebedürftigkeit ausschließende Beträge zur Verfügung stehen.
Ob die vorliegenden vertraglichen Abreden über den Grundstücksverkauf wirtschaftlich nachvollziehbar sind oder eine Übervorteilung
des Antragstellers darstellen, kann nicht geklärt werden und dürfte für die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers
auch unerheblich sein.“
Im Erörterungstermin am 15. Dezember 2020 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit dem schriftlichen Verfahren erklärt.
Nachfolgend haben sie einer Entscheidung durch den Vorsitzenden als Berichterstatter zugestimmt. Hinsichtlich des Sachverhalts
im Übrigen wird auf die Prozessakte, die weiteren Verfahrensakten den Kläger betreffend und die Sachakten des Beklagten verwiesen.
I.
Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Streitgegenstand ist der Leistungsanspruch des Klägers nach dem SGB II für den Zeitraum vom 12. November 2014 bis zum 31. Oktober 2015.
Der Kläger besitzt keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 12. November 2014 bis 31. Oktober 2015. Das hat das Sozialgericht zu Recht entschieden.
Der Kläger war nämlich nicht hilfebedürftig, wie es § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II aber für eine Leistungsberechtigung voraussetzt. Insbesondere stand das Immobilienvermögen des Klägers einer Hilfebedürftigkeit
entgegen, die nach § 9 SGB II ausgeschlossen ist, wenn der Lebensunterhalt aus dem zu berücksichtigenden Vermögen bestritten werden kann. Dies war hier
der Fall.
Nach § 12 Abs. 1 SGB II sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Das Hausgrundstück R. war ein solcher verwertbarer Vermögensgegenstand.
Der Senat ist davon überzeugt, dass unter den zum damaligen Zeitpunkt herrschenden Verhältnissen auf dem Immobilienmarkt eine
Veräußerung des Hausgrundstücks bei angemessener Preisforderung ohne weiteres und zügig realisiert werden konnte. Nach den
– vom Senat nicht bezweifelten – Angaben des Klägers in den Leistungsanträgen überstieg der Wert des Grundstücks die darauf
ruhenden Belastungen ganz erheblich, und die im Jahr 2016 abgeschlossenen Kaufverträge über insgesamt 229.000 Euro belegen
die Werthaltigkeit des Grundstücks. Dass dem Kläger letztlich offenbar aus den Veräußerungen über die Schuldentilgung hinaus
nichts zufloss, ändert an dieser Einschätzung nichts. Vielmehr war dem Kläger offenbar allein an seinem Verbleib in dem Haus
gelegen und hatte er kein Interesse an einer lohnenden Verwertung der Immobilie. Nur so lässt sich nachvollziehen, dass er
– jedenfalls über den bebauten Grundstücksteil – allein mit seinen Bekannten diverse Verträge schloss, gegenüber diesen sogar
vor Eigentumsübergang bereits Mietzinsverpflichtungen einging und Erlöse aus dem Verkauf des hinteren Grundstücksteils an
diese leiten ließ und schließlich ein wertminderndes Wohnungsrecht zu seinen Gunsten eintragen ließ. Angesichts dieses Vorgehens
des Klägers, dass keine ernsthaften Verwertungsbemühungen dokumentiert und letztlich als ein Ausdruck seiner ursprünglichen
Verweigerung einer Verwertung verstanden werden muss, kommt es auf die Frage, ob innerhalb des Bewilligungszeitraums eine
Verwertung hätte erfolgen können, nicht an; gleichwohl steht dies unter Berücksichtigung der damaligen Verhältnisse auf dem
Immobilienmarkt außer Frage.
Das Hausgrundstück war nicht als sogenannte Schonvermögen von der Berücksichtigung auszunehmen. Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II ist ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe als Vermögen nicht zu berücksichtigen. Hier aber übersteigt
das Hausgrundstück des Klägers die Grenze der Angemessenheit, die für eine einzelne Person bei 90 qm liegt, bei weitem. Auch
wenn in der Rechtsprechung noch ein Zuschlag von bis zu 10 Prozent akzeptiert wird, liegt das Hausgrundstück des Klägers über
dem Wert von 99 qm. Der Senat macht sich nicht die vom Kläger angeführte Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen
(a.a.O.) zu eigen, nach der noch höhere Abweichungen als angemessen akzeptiert werden müssten; der Verhältnismäßigkeit ist
mit dem 10 Prozent-Zuschlag bereits Genüge getan und der Grenzwert von 90 qm erscheint durchaus großzügig und soll nicht aufgeweicht
werden. Das entspricht auch der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, die nur eine Überschreitung der angemessenen Wohnfläche
„um nicht mehr als“ zehn Prozent unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit hinnimmt (BSG, Urteil vom 24.5.2017 – B 14 AS 16/16 R, m.v.N.). Es ist nur ergänzend darauf hinzuweisen, dass der Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen ein
nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zu beurteilender Fall zugrunde lag, der auch im Sachverhalt erheblich von dem hier zu entscheidenden Fall abwich – das hat
der Beklagte bereits herausgearbeitet (Schriftsatz vom 20. 3.2018).
II.