Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Leistungsausschluss für Ausländer bei Aufenthalt zur Arbeitsuche; Fehlen einer
tatsächlichen Verbindung zum inländischen Arbeitsmarkt
Gründe:
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts ist statthaft und zulässig (§ 172 Abs. 1 und Abs.
3 Nr. 1 in Verbindung mit §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1, §
173 des
Sozialgerichtsgesetzes -
SGG). Sie ist auch begründet. Nicht der Antragsgegner ist gegenüber der Antragstellerin zur Sicherung des Lebensunterhalts verpflichtet,
sondern die Beigeladene als Trägerin der Sozialhilfe.
Einem Anspruch der Antragstellerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach den §§ 19 ff. des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) steht jedenfalls der Ausschlusstatbestand in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entgegen, wonach Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, vom
Leistungsbezug nach dem SGB II ausgenommen sind. Nach einer im Beschwerdeverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung gehört die Antragstellerin
zu diesem Personenkreis. Der Senat nimmt insoweit nach §
142 Abs.
2 Satz 3
SGG auf den Beschluss des Sozialgerichts Bezug.
Auch die gebotene Auslegung von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II im Lichte des Gemeinschaftsrechts - insbesondere im Lichte von Art. 45 Abs. 2 des Vertrages für die Arbeitsweise der Europäischen Union - und der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofs (EuGH) zwingt nicht zu einer anderen Betrachtungsweise. Wie der Senat wiederholt entschieden hat, ist die Vorschrift
dahingehend auszulegen, dass sie Staatsangehörige von Mitgliedsstaaten der Europäischen Union nur dann dem Grunde nach von
der Leistungsberechtigung ausschließt, wenn diese - obwohl sich ihr Aufenthaltsrecht aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt
- nicht in einer tatsächlichen Verbindung zum inländischen Arbeitsmarkt stehen (grundlegend Beschluss des Senats vom 2.3.2010,
L 5 AS 54/10 B ER, und Beschluss des Senats vom 11.3.2010, L 5 B 181/09 ER AS; aus neuerer Zeit etwa Beschluss vom 6.12.2012, B 4 AS 308/12 B ER). Eine solche tatsächliche Verbindung zum inländischen Arbeitsmarkt besteht bei den Staatsangehörigen von EU-Mitgliedstaaten
in der Regel dann, wenn sie entweder bereits erwerbstätig waren oder während eines angemessenen Zeitraums tatsächlich ernsthaft
eine Beschäftigung gesucht haben (vgl. auch EuGH, Urteil vom 4.6.2009, C-22/08 und C-23/08; Beschluss des Senats vom 11.3.2010, aaO.).
Bei der Antragstellerin lässt sich eine derartige Verbindung im streitgegenständlichen Zeitraum nicht feststellen. Eine in
der Vergangenheit - hier durch mehrmonatige Beschäftigung als Saisonarbeiterin - möglicherweise hergestellte Verbindung zum
inländischen Arbeitsmarkt fällt jedenfalls solange weg, wie sich der (arbeitslose) Betroffene selbst vom Arbeitsmarkt löst,
indem er erklärt, nicht nach einer Beschäftigung zu suchen. Die Antragstellerin hat auf die Nachfrage des Sozialgerichts,
ob sie sich derzeit auf Arbeitsuche befinde und welche Bemühungen sie in dieser Richtung unternehme, mitgeteilt, sie nehme
an einem Integrationskurs teil, in dem sie Deutsch lerne. Weitere Bemühungen könnten nicht mitgeteilt werden. Dieses Verhalten
ist nicht als Suche nach einer Beschäftigung zu verstehen, sondern nur als Vorbereitung auf eine zukünftige Beschäftigungssuche.
Der Ausschlusstatbestand in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II wird im vorliegenden Fall auch nicht durch Art. 1 des Europäischen Fürsorgeabkommen (vom 11.12.1953, EFA) verdrängt. Zwar hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 19. Oktober
2010 (B 14 AS 23/10) entschieden, dass der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II für Staatsangehörige von Vertragsstaaten des Europäischen Fürsorgeabkommens keine Anwendung findet, da sich nach Art. 1 EFA
jeder der Vertragschließenden verpflichtet hat, den Staatsangehörigen der anderen Vertragschließenden, die sich in irgendeinem
Teil seines Gebietes, auf das dieses Abkommen Anwendung findet, erlaubt aufhalten und nicht über ausreichende Mittel verfügen,
in gleicher Weise wie seinen eigenen Staatsangehörigen und unter den gleichen Bedingungen die Leistungen der sozialen und
Gesundheitsfürsorge zu gewähren, die in der in diesem Teil seines Gebietes geltenden Gesetzgebung vorgesehen sind. Die Bundesrepublik
Deutschland hat jedoch am 19. Dezember 2011 einen Vorbehalt zum EFA notifiziert, wonach ihre Regierung keine Verpflichtung
übernimmt, die im SGB II in der jeweils geltenden Fassung vorgesehenen Leistungen an Staatsangehörige der übrigen Vertragsstaaten in gleicher Weise
und unter den gleichen Bedingungen wie den eigenen Staatsangehörigen zuzuwenden (so die Übersetzung des Vorbehalts in der
Bekanntmachung zum Europäischen Fürsorgeabkommen vom 31. Januar 2012, BGBl. II, 144). Der Senat kann sich im Rahmen des vorliegenden
Eilverfahrens nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon überzeugen, dass dieser Vorbehalt - wie dies verschiedentlich
in der Rechtsprechung (zum Streitstand vgl. die Nachweise bei LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 2.10.2012, L 19 AS 1393/12 B ER, L 19 AS 1394/12) vertreten wird - unwirksam wäre. Das EFA räumt den Vertragschließenden - in Abweichung von Art. 19 und Art. 2 Abs. 1 Buchstabe
d des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969, wonach Vorbehalte nur bei der Unterzeichnung, Ratifikation,
Annahme oder Genehmigung eines Vertrags oder beim Beitritt zu einem Vertrag möglich sind - ausdrücklich die Möglichkeit eines
Vorbehaltes ein. Nach Art. 16 Buchstabe b Satz 2 EFA ist es den Vertragschließenden möglich, gleichzeitig mit der in Satz
1 der Vorschrift vorgesehenen Mitteilung aller neuen Rechtsvorschriften an den Generalsekretär des Europarates Vorbehalte
hinsichtlich der Anwendung dieser neuen Rechtsvorschriften auf die Staatsangehörigen der anderen Vertragschließenden machen.
Wie sich aus der Liste der Erklärungen zum EFA ergibt, hat die Bundesrepublik Deutschland am 19. Dezember 2011 gleichzeitig
Mitteilung vom SGB II als Rechtsvorschrift im Sinne von Anhang I zum EFA gemacht und ihren Vorbehalt gemäß Art. 16 Buchstabe b Satz 2 EFA erklärt.
Eine Unwirksamkeit des Vorbehalts wegen Verstoßes gegen die Bestimmungen des EFA käme nur unter dem Aspekt in Betracht, dass
der - offensichtlich durch Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 2010 motivierte - Vorbehalt zeitgleich mit
der Mitteilung nach Art. 16 Buchstabe b Satz 1 EFA erfolgt ist, obwohl das SGB II (in seinem maßgeblichen leistungsrechtlichen Vorschriften) zu diesem Zeitpunkt bereits seit beinahe sieben Jahren in Kraft
war. Art. 16 Buchstabe b Satz 2 EFA ist indes nicht im Sinne einer Frist zur Notifizierung des Vorbehalts nach Inkrafttreten
eines nicht schon in Anhang I des EFA erfassten Gesetzes auszulegen. Die Verpflichtung zur Mitteilung nach Art. 16 Buchstabe
b Satz 1 EFA ist nicht fristgebunden (hat insbesondere nicht etwa unverzüglich zu erfolgen o.ä.), zumal unklar wäre, welche
Folgen eine Fristverletzung haben sollte. Auch die Bezugnahme auf eine "neue" Regelung in Art. 16 Buchstabe b EFA meint nicht
deren Alter, sondern stellt - wie sich aus dem maßgeblichen englischen und französischen Wortlaut ergibt ("any new law or
regulation not already included in Annex I", "tout règlement non encore couvert par l'annexe I") - allein darauf ab, ob das
Gesetz bereits in Anhang I zum EFA aufgeführt ist (zum Ganzen LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6.8.2012, L 5 AS 1749/12 B ER).
Der Senat vermag auch keinen Verstoß gegen Art.
59 Abs.
2 Satz 1 des
Grundgesetzes (
GG) zu erkennen, wonach Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung
beziehen, der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form
eines Bundesgesetzes bedürfen. Die hiernach erforderliche Zustimmung zum EFA selbst ist in Gestalt des Gesetzes zu dem Europäischen
Fürsorgeabkommen vom 11. Dezember 1953 und dem Zusatzprotokoll zu dem Europäischen Fürsorgeabkommen (vom 15. Mai 1956, BGBl.
II, 563) erfolgt. Der durch die Bundesregierung erklärte Vorbehalt ist selbst kein Vertrag im Sinne von Art.
59 Abs.
2 Satz 1
GG (auch hierzu LSG Berlin-Brandenburg, aaO.). Völkerrechtlicher Vertrag im Sinne von Art.
59 Abs.
2 Satz 1
GG ist eine durch übereinstimmende Willenserklärungen erzielte Einigung zwischen zwei oder mehr Völkerrechtssubjekten (BVerfG,
Urteil vom 12.7.1994, 2 BvE 3/92, 2 BvE 5/93, 2 BvE 7/93, 2 BvE 8/93, BVerfGE 90, 286). Ein Vorbehalt, der nach dem eindeutigen Wortlaut von Art. 16 Buchstabe b Satz 2 EFA einseitig erklärt werden kann, ist
mithin kein völkerrechtlicher Vertrag im diesem Sinne. Akte der auswärtigen Gewalt, die vom Tatbestand des Art.
59 Abs.
2 Satz 1
GG nicht erfasst werden, fallen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich in den Kompetenzbereich
der Regierung (BVerfG, aaO.). Eine analoge oder erweiternde Auslegung der Vorschrift dahingehend, dass für jedes Handeln der
Bundesregierung im völkerrechtlichen Verkehr, das die politischen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland regelt oder Gegenstände
der Bundesgesetzgebung betrifft, die Form eines der gesetzgeberischen Zustimmung bedürftigen Vertrages gewählt werden müsste,
hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich abgelehnt (BVerfG, aaO.).
Aus weitgehend denselben Gründen ist auch ein Verstoß gegen den Parlamentsvorbehalt im Bereich der Gewährleistung eines menschenwürdigen
Existenzminimums (dazu BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010, 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, BVerfGE 125, 175) nicht erkennbar (so aber SG Berlin, Beschluss vom 25.4.2012, S 55 AS 9238/12). Der Ausschluss von Staatsangehörigen der übrigen vertragschließenden Staaten von den Leistungen nach bestimmten neuen Rechtsvorschriften
ist in Art. 16 Buchstabe b EFA von vornherein angelegt und war somit auch vom Zustimmungsgesetz (vom 15. Mai 1956, BGBl. II,
563) erfasst. Hinzu kommt gerade angesichts der Vorgaben aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010
(aaO.), dass nicht das EFA die wesentlichen gesetzgeberischen Entscheidungen zu den Ansprüchen der Staatsangehörigen anderer
Vertragsstaaten enthält. Dies ist vielmehr Sache der insoweit primär einschlägigen Bücher des Sozialgesetzbuches, die dann
im Lichte des Gemeinschaftsrechts und der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auszulegen sind, wenn
- wie hier - der Hilfesuchende Angehöriger eines Staates ist, der nicht nur zu den vertragschließenden Staaten des EFA gehört,
sondern auch Mitglied der Europäischen Union ist (zum Vorrang gemeinschaftsrechtlicher Regelungen vor denen des EFA vgl. Frings,
ZAR 2012, 317, 326). Eine Entscheidung des Parlamentsgesetzgebers, wonach Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der
Arbeitsuche ergibt, von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sein sollen, ist bereits in Gestalt der Änderung von § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (vom 24.3.2006, BGBl. I 558) erfolgt und unterlag bereits zum damaligen Zeitpunkt gemeinschaftsrechtlichen
Modifikationen. Schränkt nun die Bundesregierung aufgrund einer im EFA schon angelegten Möglichkeit den Anwendungsbereich
dieses ebenfalls im Rang einfachen Gesetzesrechts stehenden Abkommens weiter ein, so liegt hierin jedenfalls insoweit keine
wesentliche Entscheidung, wie sich die Betroffenen (völlig ungeachtet des EFA) grundsätzlich auch auf den Schutz des Gemeinschaftsrechts
berufen können. Bei der Antragstellerin als portugiesischer Staatsangehöriger ist letzteres der Fall. Dass ihr das Gemeinschaftsrecht
in der vorliegenden Einzelfallkonstellation keinen Schutz gewährt, ist insoweit nicht ausschlaggebend.
Die Antragstellerin hat jedoch Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII). Dass sie - wie es § 27 Abs. 1 SGB XII voraussetzt - ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten kann,
ist nicht streitig und angesichts dessen, dass sie in der Vergangenheit die ebenfalls bedürftigkeitsabhängigen Leistungen
des Antragsgegners bezogen hat, auch nicht zu bezweifeln. Ein Anspruch gegen die Beigeladene scheitert auch nicht etwa an
§ 21 Satz 1 SGB XII, wonach Personen, die nach dem SGB II als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen für den Lebensunterhalt
nach dem SGB XII erhalten. Hierbei braucht der Senat nicht zu untersuchen, ob die Antragstellerin tatsächlich erwerbsfähig im Sinne der Vorschrift
(und somit i.S.d. §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 8 SGB II) ist. Vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II betroffene Ausländer sind nämlich nicht nach § 21 Satz 1 SGB XII von Ansprüchen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII ausgeschlossen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 2.10.2012, aaO.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20.7.2012,
L 9 AS 563/12 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.6.2012, L 14 AS 933/12 B ER; Eicher, in: jurisPK-SGB XII, 2011, § 21 Rn. 27; vgl. auch Groth, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck scher Online-Kommentar Sozialrecht, § 21 SGB XII Rn. 3). § 21 Satz 1 SGB XII ist nicht dergestalt auszulegen, dass sich die Sicherung des Lebensunterhalts Erwerbsfähiger stets nach dem SGB II richtete. Gegen eine solche Auslegung spricht bereits der Wortlaut der Vorschrift, der nicht allein das Vorliegen von Erwerbsfähigkeit
genügen lässt, sondern ausdrücklich einen dem Grunde nach bestehenden Anspruch nach dem SGB II verlangt (LSG Berlin-Brandenburg, aaO.; zur Funktion von § 21 Satz 1 SGB XII bei Anspruchseinschränkungen der Höhe nach vgl. Grube, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl. 2012, § 21 Rn. 5). Im Rahmen der erforderlichen funktionsdifferenten Auslegung danach, welchem System der Gesetzgeber bestimmte Personengruppen
zuweisen wollte (hierzu Eicher, aaO., Rn. 20), zeigt sich, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass der Lebensunterhalt der
vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II betroffenen Ausländer durchaus den Vorschriften des SGB XII unterfallen kann. Hierfür spricht insbesondere der Umstand, dass der Gesetzgeber in Gestalt von § 23 SGB XII eine eigene Regelung zur Eingrenzung von Ansprüchen dieser Personengruppe geschaffen hat, derer es andernfalls nicht bedurfte
hätte. Auch dass § 23 Abs. 3 Satz 1 zweite Alternative SGB XII hierbei gezielt Ausländer anspricht, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, legt zumindest
nahe, dass deren bestehende Erwerbsfähigkeit einem Anspruch nach § 27 SGB XII nicht entgegensteht.
Einem Anspruch der Antragstellerin auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII steht auch nicht § 23 Abs. 3 Satz 1 zweite Alternative SGB XII entgegen, wonach Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, keinen Anspruch auf
Sozialhilfe haben. Dieser Ausschlusstatbestand findet im vorliegenden Fall wegen Art. 1 EFA, der auch für das Sozialhilferecht
gilt (BVerwG, Urteil vom 18.5.2000, 5 C 29/98, BVerwGE 111, 200), keine Anwendung (ausführlich LSG Nordrhein-Westfalen, aaO.; LSG Berlin-Brandenburg, aaO.). Die aus der Zeit vor Notifikation
des Vorbehalts durch die Bundesregierung am 19. Dezember 2011 herrührende Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Ausschlusstatbestand
nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II (BSG, aaO.) ist insoweit übertragbar. Die Bundesrepublik Deutschland hat auch keinen entgegenstehenden Vorbehalt im Sinne von
Art. 16 Buchstabe b Satz 2 EFA erklärt. Sie hat am 19. Dezember 2011 Mitteilung vom SGB XII als Rechtsvorschrift im Sinne von Art. 16 Buchstabe b Satz 1 EFA gemacht und zugleich erklärt, die Regierung der Bundesrepublik Deutschland übernehme keine Verpflichtung,
die im SGB XII in der jeweils geltenden Fassung vorgesehene Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten an Staatsangehörige
der übrigen Vertragsstaaten in gleicher Weise und unter den gleichen Bedingungen wie den eigenen Staatsangehörigen zuzuwenden,
ohne jedoch auszuschließen, dass auch in diese Hilfen in geeigneten Fällen gewährt würden (so die Übersetzung in der Bekanntmachung
zum Europäischen Fürsorgeabkommen vom 31. Januar 2012, BGBl. II, 144). Der Vorbehalt beschränkt sich demnach auf Leistungen
nach dem Achten Kapitel des SGB XII und lässt Ansprüche nach dem Dritten Kapitel unberührt (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, aaO.). Dass die Antragstellerin
in den persönlichen Anwendungsbereich von Art. 1 EFA fällt, d.h. sich insbesondere erlaubt im Inland aufhält, ist nicht zu
bezweifeln.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von §
193 SGG. Einen Anspruch auf Erstattung - etwaiger - außergerichtlicher Kosten hat die Antragstellerin nicht, denn ihr gegen den Antragsgegner
gerichteter Eilantrag ist erfolglos geblieben, und die anstelle des Antragsgegners zur Leistung verpflichtete Beigeladene
hat keine Veranlassung zur Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes gegeben.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§
177 SGG).