Tatbestand
Streitig ist die Höhe der dem Kläger zu gewährenden Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Kosten der Unterkunft für den Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 31. Juli 2019.
Der 1956 geborene, im streitgegenständlichen Zeitraum erwerbsfähige Kläger bezog in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau
aufstockend zu Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Bis Mitte Juni 2015 bewohnte das Ehepaar eine Wohnung in der F. in H.. Mit Bescheid vom 5. Dezember 2014 in der Fassung
des Änderungsbescheids vom 1. Juni 2015 bewilligte der Beklagte dem Ehepaar Leistungen für den Zeitraum vom 1. Januar 2015
bis zum 30. Juni 2015 unter Berücksichtigung von Unterkunftskosten für die Monate Januar bis April 2015 in Höhe von monatlich
845,36 Euro (515,26 Euro Grundmiete, 183,- Euro Heizkosten und 147,10 Euro Nebenkosten) und für die Monate Mai und Juni 2015
in Höhe von insgesamt 799,36 Euro (515,26 Euro Grundmiete, 183,- Euro Heizkosten und 101,10 Euro Nebenkosten). Bei der Anspruchsberechnung
wurde ein Einkommen des Klägers aus seiner Erwerbstätigkeit in Höhe von 800,- Euro brutto bzw. 636,60 Euro netto berücksichtigt,
ferner Einkommen der Ehefrau aus Arbeitslosengeld.
Im Juli 2015 bezog das Ehepaar keine Leistungen, erst am 24. August 2015 wurde ein Weiterbewilligungsantrag gestellt. Anlässlich
dessen wurde mitgeteilt, dass sich die Anschrift geändert habe. Vorgelegt wurde ein Mietvertrag über eine Wohnung in der E.
in H. ab. Ausweislich des Mietvertrags betrug die Nettokaltmiete für diese Wohnung 746,- Euro sowie die Vorauszahlung auf
die Betriebskosten (inklusive Heizkosten) 180,- Euro. Der Mietbeginn war mit dem 15. Juni 2015 angegeben, über der Unterschrift
des Vermieters ist als Datum der 11. Juni 2015 vermerkt. Vorgelegt wurde außerdem eine Meldebestätigung des Bezirksamts Hamburg-Nord,
die als Tag des Einzugs des Klägers und seiner Ehefrau in die neue Wohnung den 1. August 2015 nennt.
Der Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 9. September 2015 für den Zeitraum vom 1. August 2015 bis zum 31. Januar
2016 Leistungen unter Berücksichtigung von Unterkunftskosten in Höhe von insgesamt 637,20 Euro (Nettokaltmiete 418,20 Euro,
Nebenkosten 219,- Euro). In der Begründung heißt es unter der Überschrift „Sonstige Gründe“: „Die Miete wird gem. § 22 Abs. 2 i.V.m. § 22 Abs. 4 SGB II und unter Beachtung der Fachlichen Hinweise zu § 22 SGB II nur in Höhe der angemessenen Unterkunftskosten (2 Personen-Haushalt 418,20 Euro) erbracht.“
Nachdem der Kläger Gehaltsabrechnungen für die Monate Januar bis August 2015 vorgelegt hatte, hob der Beklagte mit Bescheid
vom 16. September 2015 die bewilligten Leistungen für Januar bis April 2015 teilweise und für Mai und Juni 2015 in voller
Höhe auf, weil der Kläger höheres Einkommen als bisher angerechnet erzielt habe.
Mit Schreiben vom 16. September 2015 wandte sich der Kläger an den Beklagten und wies darauf hin, dass im Bescheid vom 9.
September 2015 die Unterkunftskosten zu niedrig berechnet worden seien. Außerdem sei der Monat Juli 2015 vergessen worden.
Er bitte um Behebung der Fehler. Der Beklagte antwortete hierauf mit Schreiben vom 17. September 2015 und teilte mit, die
Miete sei nur in Höhe der angemessenen Unterkunftskosten zu erbringen, wörtlich heißt es hierzu: „Im Bewilligungsbescheid
vom 09.09.2015 teilte ich Ihnen mit, dass die Miete gem. § 22 Abs. 2 i.V.m. § 22 Abs. 4 SGB II und unter Beachtung der Fachlichen Hinweise zu § 22 SGB II nur in Höhe der angemessenen Unterkunftskosten (2 Personen-Haushalt 418,20 Euro) erbracht wird.“ Eine Berücksichtigung für
Juli 2015 sei nicht erfolgt, da der Weiterbewilligungsantrag erst im August 2015 gestellt worden sei und der vorangegangene
Bewilligungszeitraum zum 30. Juni 2015 geendet habe.
Am 18. September 2015 erließ der Beklagten einen Änderungsbescheid für den Zeitraum vom 1. Oktober 2015 bis zum 31. Januar
2016. Die bei der Leistungsberechnung berücksichtigten Unterkunftskosten blieben allerdings unverändert. Mit Schreiben vom
24. September 2015 erhob der Kläger Widerspruch gegen die Bescheide vom 9. September 2015 und 18. September 2015 hinsichtlich
der Unterkunftskosten. Der Mietvertrag sei am 15. Juli 2015 abgeschlossen worden und damit zu einem Zeitpunkt, an dem er nicht
im Leistungsbezug gestanden habe. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2016 zurück. In
der Begründung heißt es: „Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit
diese angemessen sind [...]. Die Nettokaltmiete für die neue Wohnung beträgt 746,00 € und ist damit erheblich teurer als die
bisherige Miete. Nach den fachlichen Vorgaben der Freien und Hansestadt Hamburg ist für einen 2-Personen-Haushalt eine Nettokaltmiete
von bis zu 418,20 € monatlich angemessen. Da der Widerspruchsführer ohne vorherige Zustimmung von Jobcenter team.arbeit.hamburg.umgezogen
ist, kann nur die angemessene Nettokaltmiete von 418,20 € berücksichtigt werden. Hinzu kommen Nebenkosten von 219,00 €, so
dass sich zu berücksichtigende Unterkunftskosten von 637,20 € errechnen“. Klage wurde nicht erhoben.
Mit Bescheid vom 22. Januar 2016 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 9. März 2016 und 10. Mai 2016 wurden dem Kläger
und seiner Ehefrau Leistungen für den Zeitraum vom 1. Februar 2016 bis zum 31. Juli 2016 bewilligt. Ab April 2016 wurde dabei
eine Nettokaltmiete von 448,20 Euro berücksichtigt wegen einer Anpassung der Höchstwerte für die Kosten der Unterkunft in
der maßgebenden Fachanweisung. Mit Bescheid vom 13. Juli 2016 bewilligte der Beklagte Leistungen für den Zeitraum vom 1. August
2016 bis zum 31. Januar 2017, wobei als Unterkunftskosten eine Grundmiete von 448,20 Euro und Nebenkosten in Höhe von 219,-
Euro berücksichtigt wurden.
Im August 2017 reichte der Kläger beim Beklagten eine Kopie einer Seite des Mietvertrags ein, auf der der Mietbeginn handschriftlich
von „Juni“ auf „Juli“ geändert wurde und teilte dazu mit, das Mietverhältnis habe erst zum 15. Juli 2015 begonnen. Er habe
daher Anspruch auf die Übernahme der vollen tatsächlichen Unterkunftskosten. Der Beklagte übersandte dem Kläger mit Schreiben
vom 29. August 2017 das Formular „Hinweise zur Anmietung von Wohnraum“ und wies darauf hin, dass maßgeblich immer die Bruttokaltmiete
sei.
Mit Bescheid vom 20. Dezember 2017 bewilligte der Beklagte dem Kläger und seiner Ehefrau vorläufig Leistungen für den Zeitraum
vom 1. Februar 2018 bis zum 31. Juli 2018, wobei Unterkunftskosten in Höhe von insgesamt 637,20 Euro berücksichtigt wurden.
Mit Schreiben vom 2. Januar 2018 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 20. Dezember 2017. Mit Schreiben vom
4. Januar 2018 beantragte der Kläger beim Beklagten die Übernahme der Unterkunftskosten in voller Höhe. Es fielen derzeit
an: Grundmiete in Höhe von 746,- Euro, Nebenkosten in Höhe von 80,10 Euro sowie Heizkosten in Höhe von 133,55 Euro. Unter
dem 4. März 2018 schrieb der Kläger den Beklagten erneut an und beantragte eine Übernahme der Unterkunftskosten in voller
Höhe.
Anfang Januar 2018 reichte der Kläger beim Beklagten die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2016 ein. Aus dieser ergibt sich,
dass die Wasserkosten (Warmwasser, Kaltwasser, Abwasser) als Teil der Heizkosten ausgewiesen und abgerechnet werden. Die tatsächlichen
Heizkosten für das Jahr 2016 betrugen insgesamt 1.602,63 Euro (umgerechnet auf zwölf Monate: 133,55 Euro monatlich).
Nachdem am 29. Januar 2018 ein endgültiger Bewilligungsbescheid sowie am 13. März 2018 und 10. April 2018 Änderungsbescheide
betreffend den Zeitraum vom 1. Februar 2018 bis zum 31. Juli 2018 ergangen waren, wies der Beklagte den Widerspruch gegen
den Bescheid vom 20. Dezember 2017 mit Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2018 zurück. Hinsichtlich der Unterkunftskosten führte
der Beklagte aus, für den Monat Februar 2018 seien insgesamt 703,86 Euro zu berücksichtigen, davon 448,20 Grundmiete, 133,56
Euro Heizkosten und 122,10 Euro Nebenkosten (inklusiver einer Pauschale für die Wasserkosten in Höhe von 42,- Euro). Für die
Zeit ab März 2018 seien insgesamt 710,76 Euro Unterkunftskosten zu berücksichtigen, da infolge einer Erhöhung der Angemessenheitsgrenze
nunmehr eine Grundmiete von 455,10 Euro anzuerkennen sei. Klage wurde nicht erhoben.
Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 25. Juni 2018 bewilligte der Beklagte dem Kläger und seiner Ehefrau mit Bescheid vom
28. Juni 2018 für den Zeitraum vom 1. August 2018 bis zum 31. Juli 2019 monatliche Leistungen in Höhe von 1.183,40 Euro und
berücksichtigte hierbei eine Grundmiete von 455,10 Euro, Heizkosten von 133,56 Euro und Nebenkosten von 122,10 Euro. Gegen
diesen Bescheid wurde kein Widerspruch erhoben.
Mit Änderungsbescheid vom 24. November 2018 bewilligte der Beklagte für den Zeitraum Januar bis Juli 2019 Leistungen in Höhe
von 1.199,40 Euro monatlich. Im Tenor des Bescheids wird der monatliche Gesamtbetrag sowie die Aufteilung auf die Mitglieder
der Bedarfsgemeinschaft genannt. Darunter heißt es wörtlich „Die bisher in diesem Zusammenhang ergangenen Bescheide werden
insoweit zum 01.01.2019 aufgehoben“. In der Begründung heißt es: „Ihr Leistungsfall wird ab dem 01.01.2019 aufgrund folgender
Änderungen neu berechnet: Zum 01.01.2019 werden die Regelbedarfe [...] neu festgesetzt.“ Dem Bescheid war ein Berechnungsbogen
beigefügt, in dem die komplette Leistungsberechnung dargelegt war. Aus diesem ist ersichtlich, dass Unterkunftskosten in gleicher
Höhe wie bisher berücksichtigt wurden.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 13. Dezember 2018 Widerspruch ein. Es sei rechtswidrig, dass die Kosten der Unterkunft
nicht in voller Höhe berücksichtigt würden. Er sei infolge der rückwirkenden Leistungsaufhebung zum Zeitpunkt seines Umzugs
mehrere Monate nicht im Leistungsbezug gewesen und habe deshalb ohne Zustimmung des Jobcenters seinen Wohnort wechseln dürfen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. April 2019 wies der Beklagte den Widerspruch als unzulässig zurück. Änderungsbescheide könnten
nur soweit angefochten werden, wie die Änderung reiche. Der angefochtene Änderungsbescheid hätte nur einen eingeschränkten
Regelungsgehalt und umfasse gerade nicht die Frage der grundsätzlichen Anspruchsvoraussetzungen der Bedarfsgemeinschaft. Er
regele lediglich die Anpassung der Regelbedarfe für den Zeitraum Januar bis Juli 2019 und enthalte insoweit keine Beschwer
für den Kläger.
Am 10. Mai 2019 hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Klage zum Sozialgericht Hamburg erhoben. Die
tatsächliche Miete für die Wohnung in der E. sei angemessen und vom Beklagten zu übernehmen. Er sei zu keinem Zeitpunkt aufgefordert
worden, seine Miete zu reduzieren oder umzuziehen. Er sei seit Mai 2015 einige Monate nicht im Leistungsbezug gewesen. In
dieser Zeit sei der neue Mietvertrag abgeschlossen worden. Der streitgegenständliche Bescheid vom 24. November 2018 belaste
ihn und seine Ehefrau, sein Widerspruch sei deshalb nicht unzulässig gewesen.
Der Beklagte hat am 26. Juni 2019 einen Änderungsbescheid erlassen, mit dem dem Kläger und seiner Ehefrau für den Zeitraum
vom 1. Juni 2019 bis zum 31. Juli 2019 Leistungen in Höhe von insgesamt 1.225,60 Euro (pro Person 612,60 Euro) bewilligt wurden.
Dies basierte auf der Anerkennung höherer Unterkunftskosten (insgesamt 736,56 Euro, davon 522,90 Euro Grundmiete, 133,56 Euro
Heizkosten und 80,10 Euro Nebenkosten) infolge neuer Angemessenheitsgrenzwerte.
Mit Schreiben vom 5. August 2020 hat der Kläger beim Beklagten einen Überprüfungsantrag gem. § 44 SGB X für sämtliche Bescheide betreffend die Zeiträume 1. August 2018 bis 31. Juli 2019, 1. August 2019 bis 31. Juli 2020 und 1.
August 2020 bis 31. Juli 2021 gestellt. Inhaltlich machte er einen Anspruch auf höhere KdU geltend. Der Beklagte hat diesen
Antrag mit mehreren Bescheiden vom 1. September 2020 abgelehnt. Widerspruch hat der Kläger nicht eingelegt.
Am 15. Januar 2021 hat das Sozialgericht einen Erörterungstermin durchgeführt, zu dem der Kläger persönlich in Begleitung
seines Prozessbevollmächtigten erschienen war. Die Beteiligten haben sich in dem Termin mit einer Entscheidung des Rechtsstreits
durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt.
Mit Gerichtsbescheid vom 16. Februar 2021 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, soweit
der Kläger die Berücksichtigung höherer Kosten für Unterkunft und Heizung begehre, sei die Klage bereits unzulässig. Denn
in Bezug auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung sei mit dem Änderungsbescheid vom 24. November 2018 keine neue Regelung
getroffen, sondern nur unverändert die Regelung im Bescheid vom 28. Juni 2018 wiederholt worden. Soweit sich die Klage nicht
auf höhere Kosten für Unterkunft und Heizung richte, sei sie nicht begründet. Der Änderungsbescheid vom 24. November 2018
regele lediglich eine Erhöhung des Regelbedarfs. Hierdurch sei der Kläger nicht beschwert. Zu Recht habe der Beklagte daher
den Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen.
Der Gerichtsbescheid wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 22. Februar 2021 zugestellt. Am 22. März 2021 hat der Kläger
Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sein Prozessbevollmächtigter aus, der Kläger habe den Erörterungen im Termin wegen
fehlender Sprachkenntnisse nicht folgen können. Auch der Bevollmächtigte habe sich mit dem Kläger nicht verständigen können.
Ein Dolmetscher sei nicht hinzugezogen worden. Hierdurch sei der Grundsatz rechtlichen Gehörs verletzt. Zudem habe das Sozialgericht
ausschließlich auf den Grundbescheid abgestellt und sich nicht mit der Frage beschäftigt, ob die Höhe der Kosten für Unterkunft
und Heizung gerechtfertigt sei. Im Erörterungstermin am 27. September 2022 hat der Kläger persönlich vorgetragen, es gehe
ihm vor allem auch um Zeiträume vor 2019, nämlich um die Unterkunftskosten für die gesamte Zeit ab dem Umzug 2015.
Der Kläger hat im Berufungsverfahren keinen ausdrücklichen Antrag gestellt.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Gerichtsbescheid.
Der Senat hat am 27. September 2022 einen Erörterungstermin durchgeführt. In diesem Termin haben sich die Beteiligten mit
einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des
Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Leistungsakte des Beklagten verwiesen,
die bei der Entscheidung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe
I.
II.
Der Kläger hat im Berufungsverfahren keinen ausdrücklichen Antrag formuliert. Sein Vorbringen war dahingehend auszulegen,
dass er eine Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Februar 2021 beantragt sowie eine Verpflichtung
des Beklagten, ihm unter Abänderung des Bescheids vom 24. November 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. April
2019 und des Änderungsbescheids vom 26. Juni 2019 für den Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 31. Juli 2019 höhere Leistungen
nach dem SGB II unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft zu gewähren. Die genannten Bescheide sind Gegenstand
des Verfahrens.
Soweit der Kläger im Erörterungstermin zum Ausdruck gebracht hat, dass er mit der Klage auch höhere Leistungen für Unterkunftskosten
für Zeiträume vor 2019 begehre, kann dies nicht zulässig zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden. Die Klage war allein
gegen den Bescheid vom 24. November 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. April 2019 erhoben worden, der lediglich
den Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 31. Juli 2019 umfasst. Die Bescheide betreffend die Leistungsbewilligung für frühere
Zeiträume sind im Übrigen mangels Widerspruch bzw. Klage auch bestandskräftig geworden. Die Bescheide vom 1. September 2020,
mit denen die Überprüfungsanträge des Klägers abgelehnt wurden, sind nicht gem. §
96 SGG Gegenstand des hiesigen Rechtsstreits geworden, da sie den Bescheid vom 24. November 2018 weder ersetzen noch ergänzen.
III.
Die Berufung ist statthaft (§§
143,
144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§
151 SGG) erhoben. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
1.
Soweit der Kläger seine Berufung damit begründet, ihm sei im erstinstanzlichen Verfahren nicht ausreichend rechtliches Gehör
gewährt worden, da er aufgrund unzureichender Sprachkenntnisse dem Erörterungstermin am 15. Januar 2021 nicht habe folgen
können, kann er damit keinen Erfolg haben. Es ist bereits nicht erkennbar, dass das Sozialgericht gegen den Grundsatz des
rechtlichen Gehörs verstoßen haben könnte. Der Kläger war in dem Erörterungstermin am 15. Januar 2021 durch seinen Prozessbevollmächtigten
vertreten. Weder im Vorfeld des Termins noch in dem Erörterungstermin selbst hat der Bevollmächtigte auf die unzureichenden
Sprachkenntnisse und die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Dolmetschers hingewiesen. Zudem haben ausweislich des Protokolls
die Beteiligten in dem Termin um eine Entscheidung des Gerichts gebeten und sich mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid
ausdrücklich einverstanden erklärt. Im Übrigen würde aber auch ein Gehörsverstoß der ersten Instanz als solcher keinen Erfolg
der Berufung begründen. Das Landessozialgericht hat als zweites Tatsachengericht den Sachverhalt und die Rechtslage umfassend
zu prüfen.
2.
Entgegen der Auffassung des Beklagten und des Sozialgerichts ist die Klage zulässig. Der Änderungsbescheid vom 24. November
2018 stellt nicht lediglich eine wiederholende Verfügung in Bezug auf den bestandskräftigen Bewilligungsbescheid vom 28. Juni
2018 dar.
Eine sog. wiederholende Verfügung ist deshalb nicht anfechtbar, weil sie keine erneute Regelung enthält, sondern lediglich
eine bereits getroffene Entscheidung wiedergibt. Ob dies der Fall ist oder ob eine neue – wenn auch in der Rechtsfolge gleichlautende
– Regelung getroffen werden sollte, ist durch eine Auslegung des Bescheids zu ermitteln, wobei es auf den objektiven Empfängerhorizont
ankommt, also darauf, wie der Adressat den Bescheid bei verständiger Würdigung der Umstände des Einzelfalls objektiv verstehen
musste (zur Abgrenzung von wiederholender Verfügung und Zweitbescheid vgl. BSG, Urteil vom 7.4.2016 – B 5 R 26/15 R und Urteil vom 29.11.2012 – B 14 AS 6/12 R; vgl. auch Luthe in: jurisPK-SGB X, § 31 SGB X, Rn. 45 ff.).
Gemessen an diesen Maßstäben kann hier der Änderungsbescheid vom 24. November 2018 nicht lediglich als eine wiederholende
Verfügung angesehen werden. Zwar sind in ihm im Vergleich zu dem Bewilligungsbescheid vom 28. Juni 2018 in der Tat nur die
bewilligten Regelbedarfe geändert, während die Kosten für Unterkunft und Heizung in unveränderter Höhe berücksichtigt werden.
Auch stellen die Kosten für Unterkunft und Heizung einen eigenständigen Streitgegenstand dar und ist die Verfügung über sie
eine abtrennbare Verfügung des Gesamtbescheides (vgl. BSG, Urteil vom 7.11.2006 – B 7b AS 8/06 R, Rn. 18). Entscheidend ist jedoch, dass der Änderungsbescheid vom 24. November 2018 seinem gesamten Erscheinungsbild nach
für die Zeit ab dem 1. Januar 2019 eine neue, eigenständige Regelung der gesamten Leistungsbewilligung an den Kläger und dessen
Ehefrau trifft, mithin auch bezogen auf die Kosten für Unterkunft und Heizung. Der Verfügungssatz des Bescheids und die kurze
Tabelle, die dieser enthält, entsprechend denen im ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 28. Juni 2018. Wie dieser benennt
der Änderungsbescheid vom 24. November 2018 im Verfügungssatz den monatlichen Gesamtbetrag an bewilligten Leistungen und differenziert
sodann zwar zwischen den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft, jedoch nicht zwischen Regelbedarf und Bedarfen für Unterkunft
und Heizung. Auch die Berechnung des bewilligten Gesamtbetrags wird in dem beigefügten Berechnungsbogen vollständig neu dargelegt,
sie beschränkt sich nicht auf die Änderung des Regelbedarfs, sondern umfasst auch die Kosten für Unterkunft und Heizung. Es
ist für den Empfänger mithin nicht erkennbar, dass der Beklagte hier nur eine Sachentscheidung über den Regelsatz getroffen
haben wollte. Eine Beschränkung der Sachentscheidung auf den Regelsatz ergibt sich auch nicht aus dem in dem Änderungsbescheid
unter der Angabe des Gesamtbetrags sowie der Auszahlungsweise stehenden Hinweis, die bisherigen Bescheide würden „insoweit“
aufgehoben, denn es ist nicht näher dargelegt, worauf sich der Begriff „insoweit“ bezieht. Nach dem Gesamtbild des Bescheids
kann er z.B. im Zusammenhang mit dessen zeitlichen Regelungsgehalt (der Änderungsbescheid umfasst nur die Monate Januar bis
Juli 2019, während der vorangegangene Bewilligungsbescheid daneben auch die Monate August bis Dezember 2018 betraf) zu lesen
sein. Der Hinweis in der Begründung des Bescheids, Grund der Neuberechnung sei die Neufestsetzung der Regelbedarfe zum 1.
Januar 2019, bringt eine Beschränkung der Regelung auf die Regelbedarfe ebenfalls nicht deutlich zum Ausdruck, zumal es explizit
heißt: „Ihr Leistungsfall wird [...] neu berechnet“ (und nicht „der Regelbedarf wird neu berechnet“). Bei verständiger Würdigung
der Umstände des Einzelfalls musste der Kläger den Änderungsbescheid vom 24. November 2018 daher als eine umfassende Neuregelung
des Leistungsfalls für den Zeitraum Januar bis Juli 2019 verstehen.
Soweit das Sozialgericht sich für seine abweichende Auffassung auf das Urteil des Senats vom 24. April 2014 (L 4 AS 372/13) beruft, ergibt sich daraus für den hiesigen Fall kein anderes Ergebnis. Bei dem zitierten Urteil handelt es sich um eine
nicht verallgemeinerungsfähige Einzelfallentscheidung.
3.
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger, der unstreitig die allgemeinen Leistungsvoraussetzungen des § 7 SGB II erfüllt, hat für den streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf höhere Leistungen für die Kosten von Unterkunft
und Heizung.
a.
Die verschiedentlich thematisierte Frage, ob der Kläger vor dem Umzug im Jahr 2015 gehalten war, die Zustimmung des Beklagten
zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einzuholen (§ 22 Abs. 4 SGB II) ist hier nicht entscheidungserheblich. Denn auch wenn die Ausführungen des Beklagten z.T. in diese Richtung deuten, hat
der Beklagte hier bei der Leistungsbewilligung die Unterkunftskosten nicht auf die vor dem Umzug berücksichtigten Bedarfe
begrenzt (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II), sondern auf die nach den fachlichen Vorgaben als angemessen geltenden Kosten. Lediglich der Vollständigkeit halber sei
daher darauf hingewiesen, dass der Kläger nicht gehalten war, vor dem Umzug eine Zusicherung des Beklagten zur Übernahme der
neuen KdU einzuholen. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 22 Abs. 4 SGB II trifft die Obliegenheit zur Einholung einer Zusicherung nur Leistungsberechtigte (vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 30.8.2010 – B 4 AS 10/10 R Rn. 18). Bei Abschluss des Mietvertrags im Juni 2015 war der Kläger aber nicht hilfebedürftig und damit nicht Leistungsberechtigter.
Dass er für Juni 2015 zunächst Leistungen bezogen hatte und diese erst nachträglich, nach Bekanntwerden des im Juni 2015 erzielten
Einkommens, aufgehoben wurden, ändert daran nichts. Entscheidend ist der Status als Leistungsberechtigter (vgl. BSG, Urteil vom 30.8.2010, aaO), nicht der – rechtswidrige – Bezug von Leistungen.
b.
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit sie angemessen sind. Die
tatsächlichen Aufwendungen des Klägers beliefen sich im streitgegenständlichen Zeitraum auf insgesamt 926,- Euro monatlich.
Der Mietvertrag weist nicht aus, welcher Anteil davon auf die Heizkosten entfällt, er benennt lediglich die Nettokaltmiete
mit 746,- Euro sowie eine Vorauszahlung auf die Betriebskosten inklusive Heizkosten von 180,- Euro. Aus der Anfang 2018 erstellten
Nebenkostenabrechnung des Vermieters für das Jahr 2016 ergeben sich Heizkosten – inklusive Kosten für Warm-, Kalt- und Abwasser
– von insgesamt 1.602,63 Euro, entsprechend hat der Beklagte monatliche Kosten von 133,56 Euro berücksichtigt.
Diese tatsächlichen Kosten übersteigen die Angemessenheitsgrenze der im streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fachanweisung
der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration der Freien und Hansestadt Hamburg (Fachanweisung zu § 22 SGB II Kosten der Unterkunft und Heizung vom 1. September 2015 in der jeweils geltenden Fassung, für die Zeit bis zum 31. Mai 2019
im Zusammenspiel mit der ab 19. Januar 2017 bis zum 31. Mai 2019 geltenden Arbeitshilfe Gz. SI 211/113.20-3-1-3; 112.22-1-1-10
und SI 215/113.20-3-1-8). Danach galt für einen Zweipersonenhaushalt im Zeitraum Januar bis Mai 2019 eine Bruttokaltmiete
von bis zu 577,20 Euro (Höchstwerte in der ab 1.3.2018 geltenden Fassung) und ab dem 1. Juni 2019 von bis zu 603,- Euro als
angemessen. Diese Beträge (zuzüglich der Heizkosten) hat der Beklagte bewilligt.
Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 9. September 2021 (L 4 AS 163/19) befunden, dass diese Fachanweisung die abstrakte Angemessenheitsgrenzen zutreffend bestimmten, insbesondere auf einem schlüssigen
Konzept basierten. Es ist nicht erkennbar, dass aufgrund von Besonderheiten des Einzelfalls die konkrete (= subjektive) Angemessenheit
abweichend zu bestimmen wäre.
c.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Übernahme der vollen tatsächlichen Kosten auf der Grundlage von § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II. Danach sind Aufwendungen, die den angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf so lange anzuerkennen, wie eine Kostensenkung
nicht möglich ist, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Es ist nicht ersichtlich und auch nicht substantiiert vorgetragen, dass dem Kläger und seiner Ehefrau eine Kostensenkung grundsätzlich
nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen wäre. Der Kläger hat zwar vorgebracht, dass günstigere Wohnungen nicht zu finden
gewesen seien, er hat jedoch nicht dargelegt (geschweige denn nachgewiesen), sich tatsächlich um eine günstigere Wohnung bemüht
zu haben. Soweit der Kläger ferner vorgetragen hat, der Umzug aus der Wohnung in der F. sei aus gesundheitlichen Gründen (Schwierigkeiten
beim Treppensteigen) erforderlich gewesen, fehlt es zum einen an Nachweisen und würde dies zudem allenfalls die Notwendigkeit
eines Umzugs belegen können, nicht aber, dass keine günstigere Wohnung hätte gefunden werden können.
Der Kläger hatte im streitgegenständlichen Zeitraum auch seit mehr als sechs Monaten ausreichend Kenntnis davon, dass die
Kosten für die Wohnung unangemessen hoch waren und es war ihm auch bekannt, welche Kosten der Beklagte für angemessen hielt
(vgl. zur Notwendigkeit einer solchen Kenntnis BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09, Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 78/09 R und Urteil vom 10.9. 2013 - B 4 AS 77/12 R). Er war vom Beklagten seit September 2015 in diversen Schreiben und Bescheiden wiederholt darauf hingewiesen worden, dass
die Miete der neuen Wohnung unangemessen hoch sei, dies mehrfach auch unter Angabe der als angemessen anzusehenden Höchstwerte.
So heißt es bereits im Bewilligungsbescheid vom 9. September 2015: „Die Miete wird gem. § 22 Abs. 2 i.V.m. § 22 Abs. 4 SGB II und unter Beachtung der Fachlichen Hinweise zu § 22 SGB II nur in Höhe der angemessenen Unterkunftskosten (2 Personen-Haushalt 418,20 Euro) erbracht“. Der Widerspruchsbescheid vom
2. Februar 2016 teilt ebenfalls ausdrücklich mit, welche Unterkunftskosten der Beklagte als angemessen anerkennt. Der Kläger
war sich auch durchaus bewusst, dass seine Unterkunftskosten das Angemessene überstiegen, er hat sich in Schreiben an den
Beklagten wiederholt darauf berufen, die Fachanweisung und die darin geregelten Höchstwerte würden für ihn nicht gelten. Eine
– zudem nicht durch den Beklagten verursachte – fehlerhafte Einschätzung der Rechtslage vermag aber keine subjektive Unmöglichkeit
der Kostensenkung zu begründen. Folglich kommt eine Übernahme der vollen tatsächlichen Unterkunftskosten im Jahr 2019 nicht
in Betracht.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG nicht vorliegen.