Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Rente wegen Erwerbsminderung gemäß §§
43,
240 SGB VI.
Der 1949 geborene Kläger absolvierte in der damaligen DDR von 1965 bis 1968 eine Ausbildung zum Tiefbauarbeiter und arbeitete
zuletzt bis 1994 im Straßenbau bei der Firma I. Bauunternehmen, J ... Später war er als selbständiger Immobilienmakler tätig
und ist seither arbeitslos. Mit Bescheid vom 15. Januar 2003 bewilligte die Beklagte ihm für die Zeit vom 1. Dezember 1998
bis 31. Mai 2001 Rente wegen Berufsunfähigkeit. Seit 1. Mai 2009 erhält der Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen
(Bescheid vom 29. April 2009).
Nachdem ein früheres Rentenverfahren für ihn ohne Erfolg geblieben war (Klagerücknahme in dem Rechtsstreit vor dem Sozialgericht
Braunschweig zum Az.: S 2 RJ 221/02), beantragte der Kläger im Februar 2004 erneut Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog den ärztlichen Entlassungsbericht
über ein dem Kläger vom 4. bis 25. November 2003 gewährtes stationäres Heilverfahren bei. Hierin wurde der Kläger bei den
wesentlichen Diagnosen einer Lumboischialgie mit Claudicatio spinalis bei Spondylolisthese L 3/4 Grad Meyerding I, einer Depression,
einer asthmoiden Bronchitis und einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit Stadium Fontaine I für - eventuell nach operativer
Behandlung noch in der Lage erachtet, sechs und mehr Stunden täglich körperlich leichte Arbeiten, überwiegend im Sitzen, ohne
Wirbelsäulenzwangshaltungen, Anforderungen an die Gang- und Standsicherheit und häufige Exposition gegenüber inhalativen Belastungen
zu verrichten. Sodann holte die Beklagte ein Gutachten des Orthopäden Dr. K. vom 30. März 2004 ein, in dem dieser auf seinem
Fachgebiet die wesentliche Diagnose eines chronischen Lendenwirbelsyndroms bei Spinalkanalstenose in den Segmenten L 3/4,
L 4/5 und L 5/S 1 mitteilte und den Kläger unter Beachtung der sonstigen Diagnosen einer Abstinenz bei Alkoholkrankheit, eines
Asthma Bronchiale, einer Störung der Persönlichkeitsentwicklung und eines Tinnitus für noch in der Lage hielt, vollschichtig
körperlich leichte Arbeiten bei Meidung von Kälte-, Nässe und Zugluftexpositionen zu verrichten. Der Kläger sei auch noch
in der Lage, viermal täglich Gehstrecken von jeweils 500 m in unter 20 Minuten zurückzulegen. Die Beklagte schloss sich dieser
Bewertung an und lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 28. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.
September 2004 ab.
Im nachfolgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Braunschweig hat der Kläger den Rentenantrag unter Hinweis insbesondere
auf seine Schmerzen im Rücken und im linken Bein weiter verfolgt. Das Sozialgericht hat Befundberichte der den Kläger behandelnden
Ärzte beigezogen und ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. L. vom 10. Januar 2007 eingeholt. Der Sachverständige
hat im Wesentlichen die Diagnosen einer gehstreckenabhängigen Schmerzsymptomatik im Bereich der Lendenwirbelsäule bei Einengung
des Wirbelsäulenkanals mit linksseitigem Bandscheibenvorfall im Bereich L 3/4, eine Dysthymie mit Somatisierungstendenz, eine
Persönlichkeitsstörung mit mangelhafter Impulskontrolle und Suchtneigung, einer Alkoholkrankheit mit derzeit glaubhafter Abstinenz
und eines beidseitigen Ohrgeräusches mitgeteilt. Der Kläger sei noch für leichte, ganz überwiegend sitzend ausgeübte Tätigkeiten
vollschichtig belastbar, nicht jedoch für Arbeiten unter Zeitdruck, im Akkord oder in Nachtschicht sowie in Zwangshaltungen.
Aufgrund der Einengungen des Rückenmarkkanals und der hieraus resultierenden Claudicatio-Symptomatik sei der Kläger jedoch
nicht mehr in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von 600 m mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zurückzulegen. Einschließlich
der erforderlichen fünfminütigen Pausen zur Rückbildung der Beschwerden ergebe sich für eine Wegstrecke von 600 m ein Zeitbedarf
von etwa 40 Minuten. Das Sozialgericht hat die Klage nach Einholung weiterer ärztlicher Befundberichte mit Urteil vom 4. April
2008 abgewiesen. Der Kläger sei weder erwerbsgemindert i.S. von §
43 SGB VI noch berufsunfähig gemäß §
240 SGB VI, denn er könne noch täglich mindestens sechs Stunden die ihm auch sozial zumutbaren Tätigkeiten eines Pförtners, Sortierers
oder Verpackers von Kleinteilen verrichten. Ob angesichts der eingeschränkten Gehfähigkeit des Klägers eine sozialrechtlich
relevante Einschränkung der Wegstrecke vorliege, könne dahingestellt bleiben, denn er besitze nach eigenen Angaben ein Kraftfahrzeug,
das er auch regelmäßig benutze, sodass er in der Lage sei, eine Arbeitsstelle zu erreichen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 18. April 2008 zugestellte Urteil am 19. Mai 2008 Berufung eingelegt. Er verfolgt seinen Rentenanspruch
unter Hinweis darauf weiter, dass ihm wegen der vorliegenden Beeinträchtigungen nicht einmal mehr eine dreistündige, leichte,
sitzende Tätigkeit möglich sei. Im Übrigen genieße er durchaus den Berufsschutz eines Facharbeiters.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 4. April 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 28. April 2004 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 24. September 2004 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihm von Februar 2004 bis April 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 4. April 2008 zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre mit ihm überprüften Bescheide für zutreffend.
Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. M. vom 28. März 2009 mit Ergänzung
vom 3. Juni 2009 eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Gutachtens Bezug genommen.
Dem Senat haben außer den Prozessakten die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten des Sozialgerichts Braunschweig
zum Az.: S 2 RJ 221/02 vorgelegen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren
Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet
und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und der angegriffenen Bescheide sowie zur Verurteilung der Beklagten zur
Gewährung der beantragten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die mit der Klage angegriffenen Bescheide des Beklagten sind entgegen der Auffassung des Sozialgerichts rechtswidrig. Dem
Kläger steht gemäß §
43 Abs.
2 SGB VI Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit von Februar 2004 bis April 2009 zu.
I. Das Sozialgericht ist auf der Grundlage der im Verwaltungsverfahren und im ersten Rechtszug durchgeführten Beweisaufnahme
zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger in der Zeit zwischen Stellung des Rentenantrags und Ergehen der Entscheidung
im Klageverfahren nicht rentenrelevant in seinem quantitativen Leistungsvermögen beeinträchtigt war. Insbesondere aus dem
von der Beklagten beigezogenen Reha-Entlassungsbericht vom November 2003, dem orthopädischen Gutachten des Dr. K. vom März
2004 und dem Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. L. vom Januar 2007 ergibt sich auch zur Überzeugung des erkennenden
Senats, dass der Kläger noch in der Lage gewesen ist, wenigstens sechs Stunden täglich körperlich leichte Arbeiten zu verrichten,
wobei die dabei einzuhaltenden qualitativen Leistungseinschränkungen keine schwere spezifische Leistungsbehinderung und auch
keine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen darstellen, weil der Kläger durch sie nicht wesentlich weiter
in seinem beruflichen Leistungsvermögen beeinträchtigt wird, als dies bereits durch die Begrenzung auf körperlich leichte
Tätigkeiten geschehen ist.
Dass sich das Restleistungsvermögen während des Berufungsverfahrens unter die nach §
43 Abs.
3 SGB VI maßgebliche Sechs-Stunden-Grenze verringert hätte, ist nicht festzustellen. Vielmehr hat auch der vom Senat als Sachverständiger
gehörte Orthopäde Dr. M. in seinem Gutachten vom 28. März 2009 den Kläger für noch fähig erachtet, körperlich leichte Arbeiten
vollschichtig zu leisten. War und ist der Kläger danach in der Lage, die von der Beklagten und dem Sozialgericht benannten
Verweisungstätigkeiten eines Pförtners, Sortierers oder Verpackers von Kleinteilen zu verrichten, so hat das Sozialgericht
insoweit auch zutreffend das Vorliegen der Voraussetzungen von Berufsunfähigkeit i.S. von §
240 Abs.
2 SGB VI verneint, denn diese Tätigkeiten heben sich durch qualitative Merkmale ohne Weiteres von den Arbeiten einfachster Art ab,
sodass sie dem Kläger, der ausweislich der tariflichen Einstufung bei seiner letzten Tätigkeit im Straßenbau allenfalls als
angelernter Arbeiter im oberen Bereich angesehen werden kann, auch sozial zumutbar sind. Insoweit nimmt der Senat, um Wiederholungen
zu vermeiden, auf die zutreffenden Ausführungen auf Seiten 6 und 7 der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug.
II. Der Kläger ist jedoch voll erwerbsgemindert i.S. von §
43 Abs.
2 SGB VI, weil er nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme nicht über die erforderliche Wegefähigkeit verfügt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen.
Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines
Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des nach §
43 SGB VI versicherten Risikos. Fehlt es daran, liegt volle Erwerbsminderung vor. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die es dem
Versicherten nicht erlaubt, täglich viermal eine Fußstrecke von mehr als 500 m in jeweils weniger als 20 Minuten zurückzulegen
und täglich zweimal während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, stellt nach dem im Hinblick
auf die Erfordernisse einer Massenverwaltung wie der gesetzlichen Rentenversicherung anzuwendenden generalisierenden Maßstab
eine derart schwere Leistungseinschränkung dar, dass der Arbeitsmarkt trotz vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögens
als verschlossen anzusehen ist. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn der Versicherte einen Arbeitsplatz innehat, der
in zumutbarer Entfernung liegt oder mit einem vorhandenen Kraftfahrzeug erreichbar ist oder wenn ihm ein entsprechender Arbeitsplatz
angeboten wird (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Dezember 1991, Az.: 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10; Urteil vom 28. August 2002, Az.: B 5 RJ 12/02 R; zuletzt: Urteil vom 21. März 2006, Az.: B 5 RJ 51/04 R - SozR 4-2600 § 43 Nr. 8 - jeweils mit zahlreichen Nachweisen).
Der erkennende Senat ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Kläger bereits seit jedenfalls
Mai 2003 nicht mehr in der Lage ist, viermal täglich Fußwege von mehr als 500 m in weniger als jeweils 20 Minuten zurückzulegen.
Dies ergibt sich insbesondere aus den Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. L. und des Orthopäden Dr. M ... Beide Sachverständige
haben aufgrund der im Lendenwirbelbereich des Klägers bestehenden Spinalkanalstenose und des dadurch bedingten gehstreckenabhängigen
lumbalen Schmerzsyndroms nachvollziehbar und überzeugend eine entsprechende Wegstreckenbeschränkung des Klägers angenommen.
Der Senat folgt dieser Einschätzung und sieht die gegenteilige Auffassung des Orthopäden Dr. K. als widerlegt an. Bestätigt
wird dies auch durch die Bewertung des Neurologen und Psychiaters Dr. N. in seinem unter dem 9. Mai 2003 in dem Rechtsstreit
vor dem Sozialgericht Braunschweig zum Az.: S 2 RJ 221/02 erstatteten Gutachten. Dieser Sachverständige hatte bei seiner Untersuchung des Klägers im Mai 2003 bei gleicher Befundlage
eine Einschränkung der Gehfähigkeit aus neurologischer Sicht als begründet angenommen und es als eher unwahrscheinlich bezeichnet,
dass der Kläger regelmäßig täglich Wegstrecken von viermal 600 m zurücklegen könne. Vor diesem Hintergrund geht der erkennende
Senat davon aus, dass die von den Sachverständigen Dr. L. und Dr. M. festgestellte Wegstreckenbeschränkung i.S. einer Wegeunfähigkeit
bereits im Mai 2003 vorgelegen hat, denn für die Folgezeit sind ausweislich der eingeholten Gutachten und beigezogenen ärztlichen
Befundberichte diesbezüglich Befundveränderungen nicht festzustellen.
Der Umstand, dass der Kläger nach Feststellung des Sozialgerichts nach eigenen Angaben ein Kraftfahrzeug besitzt und dieses
auch regelmäßig benutzt, steht der Annahme einer die volle Erwerbsminderung begründenden Wegeunfähigkeit nicht entgegen. Das
wäre wohl der Fall, wenn der Kläger einen Arbeitsplatz innehätte, den er mittels eines Kraftfahrzeuges trotz seiner Wegstreckenbeschränkung
tatsächlich erreichen könnte, oder wenn ihm ein solcher Arbeitsplatz konkret angeboten würde. Der Kläger hat jedoch in der
streitigen Zeit bis April 2009 nicht in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden, und ein mittels eines Kraftfahrzeuges erreichbarer
Arbeitsplatz ist ihm nach Aktenlage auch nicht angeboten worden. Es ist auch nicht anzunehmen, dass die Verfügbarkeit eines
Kraftfahrzeuges im Hinblick auf das Vermögen, einen Arbeitsplatz zu erreichen, die aus gesundheitlichen Gründen bestehende
Wegstreckeneinschränkung ausgleichen könnte. Wohl könnte die Nutzung eines Kraftfahrzeugs das gesundheitlich begründete Unvermögen
kompensieren, zweimal täglich zur Hauptverkehrszeit öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Die fehlende Fähigkeit, viermal
täglich Fußwege von mehr als 500 m in jeweils weniger als 20 Minuten zurückzulegen, kann indessen durch die Nutzung eines
Kraftfahrzeugs grundsätzlich nicht ausgeglichen werden. Das für die Annahme von Erwerbsfähigkeit erforderliche Vermögen, viermal
täglich die genannten Fußwege in der genannten Zeit bewältigen zu können, ergibt sich daraus, dass der Versicherte für den
Weg von seiner Wohnung zu seinem Arbeitsplatz und zurück die Wege zurücklegen können muss, die zwischen der Wohnung bzw. dem
Arbeitsplatz und der nächsten Haltestelle des erreichbaren öffentlichen Verkehrsmittels liegen (vgl. Bundessozialgericht,
Urteil vom 17. Dezember 1991, a.a.O.). Entsprechende Fußwege fallen grundsätzlich auch an, wenn der betreffende Versicherte
anstelle eines öffentlichen Verkehrsmittels ein Kraftfahrzeug benutzt. Dass der Versicherte sein Kraftfahrzeug in unmittelbarer
Nähe sowohl seiner Wohnung als auch seines Arbeitsplatzes abstellen kann, ist zwar denkbar, stellt aber nach Überzeugung des
erkennenden Senats keinesfalls den Regelfall dar. Insbesondere bei Wohnungen in größeren Wohneinheiten und bei in Innenstädten
gelegenen Arbeitsplätzen sind typischerweise sowohl zwischen Wohnung und Pkw als auch zwischen dem Standort des Fahrzeugs
und dem Arbeitsplatz Fußwege zurückzulegen, die durchaus den Wegen zur nächsten Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels
entsprechen. Um auch hier den Erfordernissen einer Massenverwaltung durch Schaffung eines generalisierenden Maßstabes zu genügen,
erscheint auch insoweit die Fähigkeit, viermal täglich zu Fuß eine Gehstrecke von mehr als 500 m in angemessener Zeit zurückzulegen,
erforderlich. Entgegenstehendes ist der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht zu entnehmen. Insbesondere hat das Bundessozialgericht
- soweit ersichtlich - in keinem Fall eines gesundheitlich bedingten Unvermögens, viermal täglich Fußwege von mehr als 500
m in weniger als 20 Minuten zurückzulegen, das Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit bzw. voller Erwerbsminderung bei einem nicht
in einem Arbeitsverhältnis stehenden Versicherten allein wegen der Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeuges verneint. Wollte man
dies gleichwohl annehmen, bestünde im Übrigen zum Einen die Gefahr, dass Versicherte durch einfache Dispositionen, etwa das
Übertragen eines Kraftfahrzeugs innerhalb der Familie, über das Vorliegen einer rentenrelevanten Erwerbsminderung verfügen
könnten. Zum Anderen würden den Rentenversicherungsträgern und Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit umfassende und im Einzelfall
eher kaum leistbare Aufklärungsmaßnahmen auferlegt, ob und in welchem Umfang einem Versicherten ein Kraftfahrzeug tatsächlich
zur Verfügung steht.
Ist der Kläger infolge Wegeunfähigkeit voll erwerbsgemindert i.S. von §
43 Abs.
2 SGB VI, so liegen auch die weiteren Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rente wegen voller Erwerbsminderung vor. Die allgemeine
Wartezeit von 60 Kalendermonaten mit Beitragszeiten ist ohne Weiteres erfüllt, und auch die übrigen versicherungsrechtlichen
Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erwerbsminderungsrente sind, wie die Beklagte in dem Widerspruchsbescheid vom 28. April
2004 festgestellt und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal bestätigt hat, gegeben.
Die dem Kläger aufgrund eines Leistungsfalls im Mai 2003 zustehende Rente wegen voller Erwerbsminderung ist gemäß §
102 Abs.
2 SGB VI auf Zeit zu leisten. Eine ausnahmsweise unbefristete Rentenleistung gemäß §
102 Abs.
2 Satz 5
SGB VI kommt nicht in Betracht, weil es nicht unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann.
Der Sachverständige Dr. M. hat in seinem Gutachten in Einzelnen dargelegt, dass eine Besserung der lumbalen Schmerzsymptomatik
und damit der Gehfähigkeit durch eine konsequente physikalische Therapie, ein Akupunkturverfahren oder eine operative Revision
durchaus in einem Zeitraum von einem halben bis einem dreiviertel Jahr möglich sei.
Die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist dem Kläger entsprechend seinem Antrag gemäß §
99 Abs.
1 SGB VI ab 1. Februar 2004 zu gewähren. Dem steht nicht entgegen, dass gemäß §
101 Abs.
1 SGB VI befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung
der Erwerbsfähigkeit geleistet werden, denn diese Frist war nach Eintritt des Leistungsfalls im Mai 2003 am 1. Februar 2004
bereits abgelaufen. Eine in die Zukunft gerichtete Befristung der Rente wegen voller Erwerbsminderung brauchte der Senat nicht
zu bestimmen, nachdem der Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung nur bis zum Beginn seiner Altersrente für schwerbehinderte
Menschen am 1. Mai 2009 geltend gemacht hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Die Revision war gemäß §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, denn der Senat erachtet die Frage, ob das bloße zur Verfügung
stehen eines Kraftfahrzeugs bei einem rentenrelevant in seiner Wegefähigkeit eingeschränkten, nicht erwerbstätigen Versicherten
der Annahme von voller Erwerbsminderung aufgrund Wegeunfähigkeit entgegensteht, durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
als nicht eindeutig geklärt an.