Unzulässigkeit der isolierten Beschwerde gegen die Kostenentscheidung und die Auferlegung von Verschuldenskosten im sozialgerichtlichen
Verfahren
Gründe:
I. Die Antragstellerin wendet sich dagegen, dass ihr im Beschluss des Sozialgerichts Hannover (SG) vom 17. November 2015 Verschuldenskosten i.H.v. 150,- Euro auferlegt worden sind.
Mit diesem Beschluss hat das SG (auch) einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes mangels Rechtschutzinteresses abgelehnt, nachdem der Antragsgegner
der Antragstellerin mit Bescheid vom 09. Oktober 2015 ab September 2015 Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende gewährt
hat und die Antragstellerin trotz gerichtlicher Aufforderung nicht mitgeteilt hat, welche Einwendungen sie gegen die erfolgte
Bewilligung habe.
Gegen den ihr am 19. November zugestellten Beschluss richtet sich die am 01. Dezember 2015 eingelegte Beschwerde, mit der
begehrt wird, den Beschluss des SG "insoweit aufzuheben, als der Antragstellerin eine Missbrauchsgebühr auferlegt wurde."
II.
Die Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht statthaft ist.
Eine auf die Auferlegung von Verschuldenskosten nach §
192 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 Sozialgerichtsgesetz -
SGG - beschränkte Beschwerde ist auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes in entsprechender Anwendung des §
144 Abs.
4 SGG ausgeschlossen.
Nach §
144 Abs.
4 SGG ist die Berufung ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt. Diese Vorschrift findet entsprechende
Anwendung auf Beschlüsse nach §
86b SGG (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Auflage 2014, §
142 Rn. 3a und §
144 Rn. 48a), so dass eine Beschwerde auch dann ausgeschlossen ist, wenn im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes allein
die Kostenentscheidung des Eilbeschlusses angegriffen wird (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29. September 2014 - L
5 AS 1005/13 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. Dezember 2013 - L 9 KR 204/13 B; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. April 2007 - L 19 B 7/07 AS ER; Sächsisches LSG, Beschluss vom 21. November 2005 - L 3 B 144/05 AS ER). Denn auch das
SGG postuliert den Grundsatz, dass, soweit in Urteilen oder diesen gleichstehenden Beschlüssen neben der Hauptsache auch über
die Kosten entschieden wird, die Kostenentscheidung nur zusammen mit der Hauptsache anfechtbar ist (Leitherer, aaO., § 172
Rn. 5). Es besteht deshalb kein sachlicher Grund, die Anfechtbarkeit der Kostenregelung als Nebenentscheidung im Urteils-
und Beschlussverfahren nach §
86b SGG unterschiedlich zu behandeln. Die Vorschrift des §
144 Abs.
4 SGG soll die Gerichte der höheren Instanzen von Rechtsmitteln entlasten, die nur wegen der Kosten eingelegt werden (BT-Drucks.
12/1217, S. 52; BSG, Beschluss vom 5. August 2008 - B 13 R 153/08 B). Zum anderen soll verhindert werden, dass das Rechtsmittelgericht eine rechtskräftig und damit bindend gewordene Hauptsacheentscheidung
im Rahmen der Kostenentscheidung inzident nachprüfen muss, weil von dieser letztlich auch die Kostenentscheidung abhängt (BSG, Beschluss vom 13. Juli 2004 - B 2 U 84/04 B). Ist die Hauptsache rechtskräftig, gebietet es der Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung, dass im Rahmen der Nebenentscheidung
eine abweichende Beurteilung der Hauptsache ausgeschlossen ist (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29. September 2014
- L 5 AS 1005/13 B ER; LSG NRW, Beschluss vom 4. April 2007 - L 19 B 7/07 AS ER; Sächsisches LSG, Beschluss vom 17. Oktober 2007 - L 28 B 1630/07 AS ER). Diese Erwägungen gelten gleichermaßen für Eilverfahren nach §
86b SGG. Der Rechtsmittelausschluss ist auch deshalb angezeigt, weil kein sachlicher Grund besteht, gegen eine Kostenentscheidung
in Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes weitergehenden Rechtschutz zu gewähren, als in der Hauptsache selbst. Der Ausschluss
eines Rechtsmittelverfahrens allein wegen der Kosten nach §
144 Abs.
4 SGG umfasst nicht nur die allgemeine Kostenentscheidung nach §
193 SGG, sondern auch die spezielle Kostenvorschrift des §
192 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG (vgl. BSG, Beschluss vom 13. Juli 2004 - B 2 U 84/04 B). Der Ausschluss eines Rechtsmittels allein wegen der Kosten soll stets das Rechtsmittel ausschließen, wenn es sich nur auf
die Kosten des Verfahrens bezieht (vgl. BSG, Beschluss vom 5. August 2008 - B 13 R 153/08 B). Dies ergibt sich auch aus §
192 Abs.
3 Satz 2
SGG, wonach eine Entscheidung nach §
192 Abs.
1 SGG nur durch eine Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden kann. Das Rechtsmittelgericht hat eine solche
Entscheidung aber nur dann zu treffen, wenn es im Rahmen eines statthaften und auch sonst zulässigen Rechtsmittels neben der
Hauptsache auch die Kostenentscheidung der angefochtenen Entscheidung zu prüfen hat (vgl. BSG, Beschluss vom 28. Oktober 2010 - B 13 R 229/10 B). Eine isolierte Beschwerde gegen Verschuldenskosten im Sinne des §
192 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG ist daher nach allgemeiner Ansicht ausgeschlossen, wenn das Sozialgericht diese Kosten im Urteil auferlegt hat (vgl. Leitherer,
aaO., § 192 Rn. 20; Beschluss des Senats vom 5. April 2012 - L 11 AS 160/12 B; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Februar 2012 - L 19 AS 197/12 B). Dies muss aber auch dann gelten, wenn das Sozialgericht die Kosten nach §
192 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG in einem Beschluss des einstweiligen Rechtschutzes verhängt hat und die Beschwerde auf die Kostenentscheidung beschränkt
wird (a.A. Sächsisches LSG, Beschluss vom 21. Januar 2013 - L 7 AS 413/12 B).
Dies zugrunde gelegt ist die ausschließlich gegen die Auferlegung der Verschuldenskosten durch das Sozialgericht gerichtete
Beschwerde der Antragstellerin nicht statthaft und daher als unzulässig zu verwerfen. Diese Entscheidung hat das Sozialgericht
auch nicht in einem gesonderten Beschluss getroffen, sondern zusammen mit der Entscheidung in der Sache über den Antrag auf
Erlass einer einstweiligen Anordnung (vgl. zur Anfechtbarkeit einer isolierten Auferlegung von Verschuldenskosten: Leitherer,
aaO., § 192 Rn. 21).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).