Tatbestand:
Zwischen der Klägerin und der Beklagten ist streitig, ob und inwieweit die Beklagte einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung
der Klägerin im Hinblick auf gepfändete Arbeitslosenhilfezahlungen an den Beigeladenen nachkommen muss, insbesondere ist streitig,
ob die Pfändungsfreigrenze unterschritten werden darf.
Der im Oktober 1960 geborene Beigeladene war Asylsuchender aus Zaire. Von der Beklagten erhielt er bis zum 16. April 1997
Arbeitslosengeld, danach bezog er ab dem 19. April 1997 Arbeitslosenhilfe (Alhi). Bis zum 18. April 1999 erhielt er 224,28
DM wöchentlich (971,88 DM monatlich), ab 19. April 1999 222,04 DM wöchentlich (962,17 DM monatlich) ab 1. Januar 2000 227,01
DM wöchentlich (983,71 DM monatlich). Diese Zahlungen erstreckten sich bis zum 18. April 2000.
Ab dem 19. April 2000 bis zum 24. Juli 2000 war der Beigeladene auf der Expo in Hannover beschäftigt. Er wurde fristlos gekündigt,
weil ihm aufgrund seiner Aufenthaltsregelung nunmehr jegliche Erwerbstätigkeit untersagt worden war. Der Fortzahlungs-Alhi-Antrag
des Beigeladenen wurde dementsprechend abgelehnt.
Der Beigeladene war seit 1997 in einer Obdachlosenunterkunft der Klägerin untergebracht. Die monatliche Nutzungsgebühr dafür
war mit 365,00 DM festgesetzt, die der Beigeladene allerdings nicht an die Klägerin entrichtete. Er wurde mit bestandskräftigen
Leistungsbescheiden aufgefordert, die Nutzungsgebühr zu zahlen und vergeblich gemahnt.
Die Klägerin erließ eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 10. März 1999, gestützt auf die Vorschriften des Niedersächsischen
Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (NVwVG). Damit wurden einerseits rückständige Nutzungsgebühren gefordert sowie in der Anlage
eine Dauerpfändung angeordnet, fällig zum 5. April 1999, die sich auf die künftigen Alhi-Zahlungen erstreckte. Der Drittschuldnerin
(der Beklagten) wurde aufgegeben, dass der Dauerpfändungsbetrag von monatlich 365,00 DM dem im allgemeinen unpfändbaren Teil
(Pfändungsfreibetrag gemäß §
850c Zivilprozessordung -
ZPO -) zu entnehmen sei. In den Hinweisen zur Dauerpfändung wurde eine rechtliche Begründung für die Unterschreitung des Pfändungsfreibetrages
gegeben. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung (Klage zum Verwaltungsgericht).
Klage erhob die Beklagte gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung nicht, sondern teilte mit Schreiben vom 17. März 1999
der Klägerin mit, dass sie die Forderung anerkenne, aber zur Zahlung nicht bereit sei, weil die Höhe der Geldleistung (die
monatliche Alhi) den unpfändbaren Betrag nicht übersteige. Die Alhi wurde weiterhin in bewilligter Höhe an den Beigeladenen
ausgezahlt. Die Klägerin legte Widerspruch mit der Begründung ein, dass bei Fallgestaltungen der vorliegenden Art der Pfändungsfreibetrag
unterschritten werden dürfe und verwies auf entsprechende Rechtsprechung. Als wirtschaftliche Gegenleistung erhalte der Beigeladene
von ihr - der Klägerin - Wohnraum in der Obdachlosenunterkunft. Der hier einzubehaltende monatliche Betrag belasse dem Beigeladenen
mehr als den Regelsatz der Hilfe zum Lebensunterhalt, der Beigeladene werde also durch die Unterschreitung der Pfändungsfreigrenze
nicht sozialhilfebedürftig. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 1999 wurde der Widerspruch als unzulässig verworfen, weil
es sich bei dem Schreiben vom 17. März 1999 nicht um einen Verwaltungsakt handele.
Die Klägerin hat am 17. August 1999 Klage beim Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Sie hat vorgetragen, dass der Beigeladene seit dem Jahr 1997 in einer Obdachlosenunterkunft zu ihren Lasten
untergebracht sei. Für die Zeit vom 5. April 1997 bis 28. Februar 1999 seien Rückstände in Höhe von 8.181,29 DM aufgelaufen.
Der Pfändungsfreibetrag der
ZPO dürfe aus den im Widerspruch genannten Gründen unterschritten werden. Die Beklagte ist dem entgegengetreten, weil die Vorschriften
der
ZPO eine Unterschreitung der Pfändungsfreigrenze hier nicht zuließen.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 25. November 2002 stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin monatlich 365,00
DM seit dem 5. April 1999 für die Dauer der Unterbringung des Beigeladenen auf Kosten der Klägerin aus der Pfändungs- und
Einziehungsverfügung vom 10. März 1999 zuzüglich 4 % Zinsen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt der jeweiligen
Fälligkeit zu zahlen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das SG sachlich und örtlich zuständig sei. Die Pfändung und Einziehung der Alhi-Forderung bewirke, dass die Vollstreckungsbehörde
- die Klägerin - die Forderung im eigenen Namen im Wege der Klage gegen die Drittschuldnerin - die Beklagte - geltend machen
könne. Der Klageweg richte sich nach der Rechtsnatur der gepfändeten Forderung. Für die Geltendmachung von Alhi-Forderungen
sei gemäß §
51 Abs
1 Nr
4 Sozialgerichtsgesetz -
SGG - das SG zuständig. Richtige Klageart sei die Leistungsklage gemäß §
54 Abs
5 SGG sowie die Anfechtungsklage, soweit sie sich gegen den Widerspruchsbescheid richte. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung
sei formell rechtmäßig und widerspreche auch nicht §
850c ZPO. Gemäß §
45 NVwVG enthalte die Pfändungsverfügung das schriftliche Verbot der Vollstreckungsbehörde an den Drittschuldner, an den Vollstreckungsschuldner
zu zahlen und gleichzeitig das schriftliche Gebot an den Vollstreckungsschuldner, sich jeder Verfügung über die Forderung,
insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten. Die Pfändung sei bewirkt, wenn die Pfändungsverfügung dem Drittschuldner zugestellt
sei. Die an den Drittschuldner zuzustellende Pfändungsverfügung bezeichne den beizutreibenden Geldbetrag ohne Angabe des Schuldgrundes.
Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung sei auch materiell rechtmäßig. Gemäß §
54 Abs
4 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (
SGB I) könnten Ansprüche auf laufende Geldleistungen wie Arbeitseinkommen gepfändet werden; die Vorschrift verweise damit auf die
Pfändungsschutzvorschriften der §§
850 ff
ZPO. Die Pfändungsgrenze habe bei 1.209,00 DM netto monatlich gelegen. Die monatliche Alhi des Beigeladenen habe die Pfändungsfreigrenze
nicht überschritten. Dennoch sei die Beklagte zur Zahlung verpflichtet. Denn in Fällen der vorliegenden Art, in denen Obdachlose
auf Kosten einer Kommune untergebracht würden, gleichzeitig Alhi bezögen und den geforderten Unterbringungsbeitrag nicht entrichteten,
sei es zulässig, von einer strikten Anwendung der Pfändungsfreigrenzen abzusehen. Die Pfändungsfreigrenzen dienten ua auch
dem Unterkunftsbedarf. Dieser sei bereits dadurch gedeckt, dass eine Kommune diese Kosten trage. Es entspreche daher dem Zweck
des §
850c ZPO, die Pfändungsfreigrenze um den Betrag der Unterbringungskosten zu mindern, weil der Pfändungsbetrag nur der Sicherung des
Wohnraumes diene (Hinweis auf Rechtsprechung des OVG Lüneburg). Der Zinsanspruch bestimme sich nach §
44 Abs
1 SGB I.
Das Urteil wurde der Beklagten am 12. Dezember 2002 zugestellt.
Die Beklagte hat am 10. Januar 2003 Berufung eingelegt. Sie trägt nunmehr vor, dass sie dem Urteil - auch im Hinblick auf
Rechtsprechung des OVG Lüneburg - grundsätzlich zu folgen bereit sei. Nach ihrer Berechnung sei allerdings nur ein monatlicher
Betrag von 152,88 DM pfändbar (monatlicher Freibetrag gemäß §
850c ZPO in Höhe von 1.209,00 DM abzüglich 390,00 DM für Wohnraumkosten = neuer Pfändungsfreibetrag in Höhe von 819,00 DM; Differenz
zum monatlichen Leistungssatz von 971,88 DM = 152,88 DM).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25. November 2002 zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit sie - die Beklagte
- verurteilt worden sei, einen 152,88 DM übersteigenden Betrag monatlich an die Klägerin zu zahlen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil des SG.
Der Beigeladene hat sich nicht geäußert. Er ist nicht mehr aufzufinden. Eine Anschrift hat sich nicht ermitteln lassen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogen Verwaltungsvorgänge verwiesen, die Gegenstand der
mündlichen Verhandlung und Beratung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist gemäß §§
143,
144,
151 SGG zulässig.
Streitig ist der Zeitraum vom 5. April 1999 bis zum 18. April 2000 (Ende der Alhi-Zahlungen an den Beigeladenen). Die Berufung
betrifft damit wiederkehrende bzw laufende Leistungen für mehr als ein Jahr, §
144 Abs
1 Satz 2
SGG. Es ist daher nicht zu prüfen, ob die Zulassungsvoraussetzungen des §
144 Abs
1 Satz 1 Nr
1 bzw Nr
2 SGG vorliegen (Berufungsbeschwerdewert von 500,00 EUR bzw 5.000,00 EUR bei einem Erstattungsstreit zwischen juristischen Personen
des öffentlichen Rechts oder Behörden).
Die Berufung ist nicht begründet.
Die Zulässigkeit des Rechtswegs ist in der Berufungsinstanz nicht weiter zu überprüfen, da das SG erstinstanzlich in der Hauptsache entschieden hat. Nach §
17a Abs
5 Gerichtsverfassungsgesetz (
GVG) prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht, ob der beschrittene
Rechtsweg zulässig ist. Da das Gericht erster Instanz den Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit bejaht hat, ist das Berufungsgericht
daran gebunden.
Abgesehen davon hat auch der Senat keine Zweifel daran, dass wegen der streitigen Forderung der Klägerin der Rechtsweg zur
Sozialgerichtsbarkeit gemäß §
51 Abs
1 Nr
4 SGG gegeben ist. Die Art einer Streitigkeit bestimmt sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klaganspruch hergeleitet
wird. Die Klägerin macht den Anspruch des Beigeladenen auf Alhi aufgrund der Pfändungs- und Einziehungsverfügung im eigenen
Namen geltend. Die sozialrechtliche Natur eines Anspruchs wird nicht durch seine Pfändung und Überweisung geändert; die Frage
des Rechtsweges ist allein nach der Natur des anspruchsbegründenden Rechtsverhältnisses zu beurteilen (vgl Bundessozialgericht
- BSG -, Urteil vom 18. März 1982 - 7 RAr 14/81 - BSGE 53, 182, 183). Es ist daher entscheidend, dass der Streit um die Auszahlung der Alhi eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit der
Bundesanstalt für Arbeit bzw Bundesagentur für Arbeit ist, die §
51 Abs
1 Nr
4 SGG den Sozialgerichten zuweist.
Das SG ist weiterhin zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin ihr Begehren auf Auszahlung eines Teiles der Alhi des Beigeladenen
mit einer Leistungsklage iS des §
54 Abs
5 SGG zu verfolgen hat. Denn die Alhi ist dem Beigeladenen bereits durch Bescheid - also durch Verwaltungsakt - bewilligt worden.
Der vorliegende Rechtsstreit betrifft nur noch den Auszahlungsvorgang, der sich nach der Pfändungs- und Einziehungsverfügung
richtet. Dies ist eine tatsächliche Handlung, ein Realakt, dem Regelungswirkung iS des § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) nicht zukommt, so dass in der reinen Auszahlung ein Verwaltungsakt nicht liegt (vgl zum Vorstehenden: rechtskräftiges Senatsurteil
vom 9. Dezember 1993 - L 8 Ar 96/93 - Seite 6 des Urteilsabdrucks; s.a. LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 29. November 2001
- L 5 RI 26/01 - Breithaupt 2002, 382 = Neue Zeitschrift für Sozialrecht [NZS] 2002, 278).
Die Beklagte ist an die Regelung in der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 10. März 1999 gebunden, weil diese bestandskräftig
geworden ist. Denn die Beklagte hat gegen diese Pfändungs- und Einziehungsverfügung einen Rechtsbehelf nicht eingelegt. Aufgrund
der Bestandskraft der Pfändungs- und Einziehungsverfügung ist die Beklagte nur noch in beschränktem Umfang zur Prüfung berechtigt,
ob sie den in der Anlage zur Pfändungs- und Einziehungsverfügung konkret benannten Betrag von 365,00 DM monatlich an die Klägerin
oder den Beigeladenen auszukehren hat.
Die Nutzungsgebühr für die Obdachlosenunterkunft wird durch Leistungsbescheid festgesetzt, wie es die Klägerin hier getan
hat. Diese Bescheide sind bestandskräftig geworden. Die Klägerin war daher berechtigt, den Leistungsbescheid im Wege der Verwaltungsvollstreckung
durchzusetzen, §§ 3, 4 NVwVG.
Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung erlässt die Klägerin gemäß §§ 45, 50 NVwVG selber, wie es hier geschehen ist.
Durch die Pfändungsverfügung gemäß § 45 NVwVG wird dem Drittschuldner (der Beklagten) schriftlich verboten, an den Vollstreckungsschuldner
(Beigeladener) zu zahlen, und dem Vollstreckungsschuldner schriftlich geboten, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere
ihrer Einziehung zu enthalten. Durch die Einziehungsverfügung gemäß § 50 NVwVG überweist die Vollstreckungsbehörde dem Vollstreckungsgläubiger
die gepfändete Forderung zur Einziehung, gemäß § 50 Abs 2 NVwVG kann die Einziehungsverfügung mit der Pfändungsverfügung verbunden
werden.
Aus diesen Regelungen in §§ 45, 50 NVwVG ergibt sich, dass es sich bei der Pfändungs- und Einziehungsverfügung um einen Verwaltungsakt
iS des § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) handelt. Danach ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung
eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkungen nach außen gerichtet
ist. Diese Tatbestandsvoraussetzungen werden durch die Pfändungs- und Einziehungsverfügung erfüllt. Mit ihr wird der Beklagten
in einem Einzelfall aufgegeben, einen Teil der dem Beigeladenen zustehenden Alhi statt an diesen an die Klägerin zu zahlen.
Die Verwaltungsaktqualität der Pfändungs- und Einziehungsverfügung liegt daher vor (vgl Klein/Brockmeyer, Kommentar zur
Abgabenordnung, 7. Auflage 2000, §
281 Rdnr 3, siehe auch BVerwG, Urteil vom 16. September 1977 - VII C 13.76 - BVerfGE 54, 314; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Band 2, 6. Auflage 2000, § 64 III 4, Seite 460 Rdnr 52; siehe auch Kopp/Ramsauer, Kommentar zum VwVfG, 8. Auflage 2003, § 35 Rdnr 67).
Danach sind Maßnahmen zur Vollstreckung von Verwaltungsakten selbst Verwaltungsakte, soweit sie selbständig über die Art und
Weise der Vollstreckung entscheiden. Demzufolge ist eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung Verwaltungsakt, weil sie über
Art und Weise der Vollstreckung entscheidet. Denn durch die Pfändungs- und Einziehungsverfügung wird festgelegt, dass eine
Geldforderung des Schuldners vom Drittschuldner nicht an diesen, sondern an den Gläubiger des Schuldners gezahlt werden muss.
Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung ist als Verwaltungsakt mit Widerspruch bzw Klage anfechtbar. Von diesem Rechtsbehelf
hat die Beklagte keinen Gebrauch gemacht. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung ist daher bestandskräftig geworden und bindet
die Beklagte mit dem Inhalt, mit dem sie ihr bekannt gegeben worden ist, § 43 Abs 1 VwVfG, und zwar unabhängig von der materiellen Rechtslage, ähnlich wie ein rechtskräftiges Urteil (vgl Kopp/Ramsauer, Kommentar
zum VwVfG, aaO, § 43 Rdnr 3a). Diese rechtliche Bindung führt hier dazu, dass die Beklagte aufgrund der bestandkräftig gewordenen Pfändungs- und
Einziehungsverfügung verpflichtet war, die darin angeordnete monatliche Zahlung von 365,00 DM aus der Alhi des Beigeladenen
an die Klägerin zu leisten.
Zwar können grundsätzlich gemäß § 54 Abs 4 SGB X Ansprüche auf laufende Geldleistungen - hier Alhi - nur wie Arbeitseinkommen und damit bis zur Pfändungsfreigrenze des §
850c ZPO gepfändet werden. Die Anlage zur Pfändungs- und Einziehungsverfügung enthält jedoch die Anordnung für die Dauerpfändung,
dass der jeweilige pfändbare Betrag dem ansonsten unpfändbaren Teil des Einkommens des Schuldners zu entnehmen ist. Mit diesem
Inhalt war die Pfändungs- und Einziehungsverfügung der Beklagten bekannt gegeben worden, so dass die Beklagte, ohne eine eigene
Berechnung anzustellen, ab dem in der Verfügung genannten Termin vom 5. April 1999 die Zahlung an die Klägerin leisten musste.
Es ist daher rechtlich unerheblich, dass die Beklagte die Alhi in dem bewilligten Umfang weiterhin an den Beigeladenen ausgekehrt
hat. Nachdem die Pfändungs- und Einziehungsverfügung zugestellt und damit bekannt gegeben worden war, durfte die Beklagte
von der ihr auferlegten Verpflichtung der monatlichen Zahlung von 365,00 DM nicht mehr abweichen. Die Beklagte muss daher
den geforderten Betrag, wie er im Urteil des SG näher festgelegt worden ist, an die Klägerin zahlen.
Der Senat selber könnte im Übrigen die Richtigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung nicht überprüfen. Denn für die
Überprüfung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung, welche die Klägerin nach dem NVwVG erlassen hat, ist der Rechtsweg zu
den Verwaltungsgerichten gegeben, weil es sich um eine öffentlich-rechtliche Vollstreckung in eine Geldforderung handelt (vgl
BVerwG, Urteil vom 23. März 1997 - 9 C 10/86 - BVerwGE 77, 139).
Aufgrund der soeben dargestellten Rechtslage bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob bei Fallgestaltungen der vorliegenden
Art der Pfändungsfreibetrag der
ZPO unterschritten werden darf (bejahend: OVG Lüneburg, Urteil vom 17. März 1997 - 9 L 5445/95 - Kommunale Kassenzeitschrift 1997, Seite 134 und Beschluss vom 30. September 1999 - 9 L 2602/99 - für niedersächsisches Vollstreckungsrecht; verneinend: OVG Münster, Urteil vom 17. November 1998 - 9 A 3822/97 - OVGE 47, 103 = NVwZ 1999, 1120 = Kommunale Kassenzeitschrift 1999, 113 zum nordrhein-westfälischen Vollstreckungsrecht).
Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass dem Beigeladenen bei der Vorgehens- und Berechnungsweise der Klägerin von seiner
monatlichen Alhi ein größerer Betrag als der Regelsatz der Sozialhilfe - Hilfe zum Lebensunterhalt -, der den notwendigen
Bedarf für einen Hilfesuchenden umschreibt, verbleibt. Der Regelsatz betrug für die Zeit vom 1. Juli 1998 bis 30. Juni 1999
540,00 DM und für die anschließende Zeit 547,00 DM. Demgegenüber verblieben dem Beigeladenen selbst bei dem geringsten monatlichen
Zahlbetrag an Alhi von 962,17 DM immer noch 597,17 DM zur Bestreitung seines Lebensunterhalts (962,17 DM monatliche Alhi -
365,00 DM monatliche Nutzungsgebühr). Mithin verblieb dem Beigeladenen sogar noch ein Anteil über den Regelsatz hinaus zur
Bestreitung einmaliger Bedürfnisse, die nicht mit dem Regelsatz als abgegolten gelten. Bei dieser Sachlage ist nicht zu entscheiden,
ob die Beklagte verpflichtet ist, im Rahmen des §
54 SGB I auch zu prüfen, ob der Beigeladene sozialhilfebedürftig würde.
Die Beklagte muss daher dem sozialgerichtlichen Urteil Folge leisten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision bedarf der Zulassung (§
160 SGG). Diese ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und das Urteil nicht von höchstrichterlichen
Entscheidungen abweicht.