Erinnerung gegen eine Kostenfestsetzung
Höhe der Verfahrensgebühr für eine Untätigkeitsklage
Erledigung eines Verfahrens durch Anerkenntnis
1. Für eine Untätigkeitsklage kommt aufgrund des eingeschränkten Streitgegenstandes und des mit ihr regelmäßig verbundenen
unterdurchschnittlichen anwaltlichen Arbeitsaufwands nur eine unter der Mittelgebühr angesiedelte Gebühr in Betracht.
2. Eine Untätigkeitsklage hat für einen Kläger aufgrund ihres eingeschränkten Streitgegenstands nur erheblich unterdurchschnittliche
Bedeutung.
3. Eine Erledigung eines Verfahrens durch ein angenommenes Anerkenntnis setzt voraus, dass ein Beteiligter einen prozessualen
Anspruch durch eine Prozesserklärung gegenüber dem Gericht anerkennt und der andere Beteiligte das Anerkenntnis durch eine
Prozesserklärung gegenüber dem Gericht annimmt.
Gründe
Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Entscheidung des Sozialgerichts Detmold über eine Erinnerung
gegen einen Kostenansatz der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
Die Beschwerde ist unbegründet.
Eine über die Festsetzung hinausgehende Vergütung steht den Beschwerdeführern nicht zu. Als gesetzliche Gebühr ist eine Verfahrensgebühr
nach Nummer 3102 VV RVG i.H.v. 80,00 EUR angefallen. Weitere Gebühren, insbesondere eine Terminsgebühr, sind nicht entstanden.
Die Höhe der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 RVG im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit
der anwaltlichen Tätigkeit, der Vermögens und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers sowie seines besonderen Haftungsrisikos
(§ 14 Abs. 1 S. 3 RVG). Die von einem beigeordneten Rechtsanwalt im Verfahren nach §§ 55f RVG getroffene Bestimmung ist nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 S. 4 RVG). Deshalb ist der Urkundsbeamte bzw. das Gericht verpflichtet, die Billigkeit der Gebührenbestimmung durch den Rechtsanwalt
zu prüfen. Bei Angemessenheit der angesetzten Gebühr hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle bzw. das Gericht den Kostenansatz
zu übernehmen. Bei Unbilligkeit hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Höhe der Betragsrahmengebühren festzusetzen.
Vorliegend ist der Ansatz einer Verfahrensgebühr von 250,00 EUR durch den beigeordneten Rechtsanwalt unbillig. Nach Auffassung
des Senats kommt für eine Untätigkeitsklage aufgrund des eingeschränkten Streitgegenstandes und des mit ihr regelmäßig verbundenen
unterdurchschnittlichen anwaltlichen Arbeitsaufwands nur eine unter der Mittelgebühr angesiedelte Gebühr in Betracht. Zur
Überzeugung des Senats ist bei einer durchschnittlichen Untätigkeitsklage nach §
88 SGG - wie hier - der Ansatz der doppelten Mindestgebühr, d.h. von 80,00 EUR, gerechtfertigt (vgl z.B. LSG NRW, Beschluss vom
05.05.2008, L 19 AS 24/08 B). Denn eine Untätigkeitsklage hat für einen Kläger aufgrund ihres eingeschränkten Streitgegenstands nur erheblich unterdurchschnittliche
Bedeutung. Gegenstand einer Untätigkeitsklage ist allein die Vornahme eines Verwaltungsakts gleich welchen Inhalts. Sie zielt
nur auf die Erzwingung des Fortgangs des Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahrens ab. Die begehrte Sachentscheidung kann mit
der Untätigkeitklage hingegen nicht erreicht werden. Daher hat die Untätigkeitsklage für einen Kläger in aller Regel weniger
Bedeutung als eine Klage, die auf ein konkretes materielles Ziel ausgerichtet ist. Ebenfalls sind der Umfang und die Schwierigkeit
einer anwaltlichen Tätigkeit bei einer durch Erlass des begehrten Verwaltungsaktes ohne gerichtliche Entscheidung beendeten
Untätigkeitsklage als erheblich unterdurchschnittlich einzustufen; der anfallende anwaltliche Arbeitsaufwand ist grundsätzlich
gering. Dies zeigt sich auch vorliegend. Die Klagebegründung beschränkte sich auf wenige Zeilen und das Verfahren war nach
etwas mehr als drei Monaten beendet.
Daneben sind auch im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte ersichtlich, die den Ansatz einer höheren Verfahrensgebühr rechtfertigen
würden.
Weitere Gebühren sind nicht angefallen. Eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG ist nicht entstanden. Danach fällt eine sogenannte fiktive Terminsgebühr bei Beendigung eines erstinstanzlichen Verfahrens
durch ein angenommenes Anerkenntnis an. Mit dem Rechtsbegriff "angenommenes Anerkenntnis" ist die Erledigung nach §
101 Abs.
2 SGG gemeint. Die Beendigung einer Untätigkeitsklage nach §
88 SGG durch den Erlass des begehrten Verwaltungsaktes bzw. Widerspruchsbescheids und der darauf folgenden einseitigen Erledigungserklärung
des Klägers - wie hier - ist aber nicht als angenommenes Anerkenntnis im Sinne der vorgenannten Vorschrift zu werten. Eine
Erledigung eines Verfahrens durch ein angenommenes Anerkenntnis setzt vielmehr voraus, dass ein Beteiligter einen prozessualen
Anspruch durch eine Prozesserklärung gegenüber dem Gericht anerkennt (BSG, Beschluss vom 21.06.2000, B 12 RJ 3/00 B) und der andere Beteiligte das Anerkenntnis durch eine Prozesserklärung gegenüber dem Gericht annimmt. Vorliegend hat die
Beklagte ein solches Anerkenntnis nicht abgegeben. Vielmehr hat sich die Angelegenheit durch eine außergerichtliche Handlung
eines Beteiligten, nämlich den Erlass des begehrten Widerspruchsbescheides durch die Beklagte, materiell erledigt. Mit dessen
Erlass entfiel das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage (vergleiche Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Auflage, §
88 Rz. 10), sie wird unzulässig und der Kläger ist, will er eine Verwerfung seines Begehrens mit entsprechender negativer Kostenfolge
verhindern, veranlasst, das Verfahren durch einseitige Erledigungserklärung, die einer Klagerücknahme gleichkommt, zu beenden.
Vorliegend erließ die Beklagte den begehrten Widerspruchsbescheid am 08.11.2013. Die Erledigungserklärung erfolgte am 12.11.2013.
Das vorliegende Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei (§ 56 Abs. 2 S. 2 RVG). Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2 S. 3 RVG.
Eine Beschwerde gegen diesen Beschluss findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).